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Und sie bewegt sich doch...
Bei der Herbsttagung der Österreichischen Kirchenmusikkommission stand auch das Thema Digitalorgel auf der Agenda. In der jüngst erschienen Ausgabe der Zeitschrift "Singende Kirche" wird ein Statement von Wolfgang Kreuzhuber zu diesem Thema zitiert; er sagt:
Zitat
Digitalinstrumente sind eigenständige Klangkörper, der Umgang mit ihnen unterscheidet sich von Pfeifenorgeln und muss sich an ihrer Eigenschaft als elektronisches Instrument orientieren. Eine vollständige Simulation eines Pfeifeninstruments ist durch eine elektroakustische Anlage genauso wenig möglich wie auch die Umkehrung.
Beide Instrumententypen besitzen besondere Eigenschaften, die der jeweils andere nicht oder nur in ähnlicher Form aufweist. Ein werbemäßiges Versprechen einer perfekten Imitation kann nicht eingelöst werden und stellt eher ein Totschlagargument dar, denn Imitationen haftet das Odium des Billigen und Wertlosen an. Digitalinstrumenten Qualität absprechen zu wollen, ist jedenfalls falsch, ihre Qualitäten liegen aber anders als bei Pfeifenorgeln. Es handelt sich eigentlich um klangliche Parallelwelten mit gewissen Ähnlichkeiten.
(aus: Singende Kirche, 60. Jahrgang 2013, Heft 4, S. 155)
Nun haben offensichtlich die Antworten von Gunther Rost auf die »zehn Fragen« einen reflektierten Niederschlag auch im Orgelforum gefunden. Daß gewisse Haltungen dort zu einem guten Teil angstgetriggert sind, ist verständlich, ändert aber nichts an diesem Selektionsdruck, mit dem nun mal instrumentenbauliche Entwicklungen ihre Daseinsberechtigung erobern.
Zitat
Digitalinstrumenten Qualität absprechen zu wollen, ist jedenfalls falsch, ihre Qualitäten liegen aber anders als bei Pfeifenorgeln. Es handelt sich eigentlich um klangliche Parallelwelten mit gewissen Ähnlichkeiten.
Hier spricht Kreuzhuber wohlweislich und Glatteis vermeidend die Kategorien der »Qualität« nicht vergleichend an und bleibt damit schwammig. Aber immerhin!
Die »Digitalorgel« reiht sich im Zuge der Evolution des »Claviers« folgerichtig in die Familie der Tasteninstrumente ein.
Eine einzige Reaktion... [grin] Schon spannend, aber offensichtlich nimmt die Digitalorgelfraktion kaum noch Notiz von der Kritik oder nun auch den ersten Anzeichen einer Entspannung seitens der Pfeifenorgelfraktion. Spricht m.E. für ein gewachsenes Selbstbewusstsein. Gut so. Wir sind wohl endgültig in der Postmoderne angekommen... [wink] mir soll's Recht sein.
Zitat von Gemshorn
Ich meinte deine Reaktion auf mein Posting.
Ach so.
Vielleicht hast Du Recht, und den Digitalorglern geht das ziemlich weit hinten vorbei. Andererseits leben viele Forianer in zwei Parallelwelten und können ihr subjektives Empfinden mit den identischen Sinnesorganen vergleichen. Im Laufe der Zeit fällt der Vergleich womöglich immer indifferenter aus.
Das Bemühen des Orgelforums um eine ... *hüstel* ... etwas weisere Sicht läßt indes nicht über die wirklichen Nöte des Orgelbauerhandwerks hinwegtäuschen, dem nun obendrein auch das Bleiverbot droht.
Nun ja, Traversflöten, Gamben und Krummhörner werden auch nicht mehr so viele gebaut.
Hallo,
Zitat von PeterW
Das Bemühen des Orgelforums um eine ... *hüstel* ... etwas weisere Sicht läßt indes nicht über die wirklichen Nöte des Orgelbauerhandwerks hinwegtäuschen, dem nun obendrein auch das Bleiverbot droht.
ist das nicht schon seit letzten Dezember vom Tisch? Siehe hier oder hier.
@Gemshorn: Zum Verhältnis Pfeifen- zu Digitalorgel wurde ja auch hier schon viel geschrieben und diskutiert. Das muss man ja nicht doppelt machen, wenn es nichts wesentlich Neues gibt. Ich lese daher so ein Statement mit Interesse und gut ist's.
Beste Grüße von der Waterkant
Christoph P.
Zitat von Gemshorn
Eine einzige Reaktion... [grin] Schon spannend, aber offensichtlich nimmt die Digitalorgelfraktion kaum noch Notiz von der Kritik oder nun auch den ersten Anzeichen einer Entspannung seitens der Pfeifenorgelfraktion. Spricht m.E. für ein gewachsenes Selbstbewusstsein. Gut so. Wir sind wohl endgültig in der Postmoderne angekommen... [wink] mir soll's Recht sein.
Ich glaube, man muss das säuberlich auseinanderhalten:
Im Privatsektor hat sich die Digitalorgel schon seit langem die Poleposition erkämpft, so wie es bei Piano-Liebhabern mittlerweile auch viel E-Instrumente gibt. Klar wie soll das auch anders gehen. Wer kann sich schon 70Register privat leisten und noch zu Hause unterbringen [grin]
Im Konzertleben hat sich trotzdem kein Digitalklavier durchgesetzt, ich glaube, aus gutem Grund.
Es wird wohl der Klang sein... Vielleicht halten die instrumente auch nicht so lange??
Wenn jetzt alle Kirchen nur noch billige digitale Orgeln kaufen, geht das Kunsthandwerk des Orgelbauers vor die Hunde. Wollen wir das?
ich für meinen Teil bin eher Dagegen: , privat ja!!
Was meint Ihr??
Gruß
Zitat
Wenn jetzt alle Kirchen nur noch billige digitale Orgeln kaufen, geht das Kunsthandwerk des Orgelbauers vor die Hunde. Wollen wir das?
Die Argumentation finde ich schwierig. Es kauft sich auch keiner teure handgenähte Kleidung und maßgefertigte Möbel, damit das Schneider- und Schreinerhandwerk nicht ausstirbt. Damit ein Handwerk Bestand hat, muss sein Produkt auch Vorteile haben.
Und diese hat eine PO ohne jeden Zweifel, ebenso wie Maßanzüge und -schränke. Es wird aber jeder Käufer im Einzelfall abwägen müssen, ob sein Budget den Kauf eines solchen Produktes hergibt - und ob das Produkt für ihn überhaupt sinnvoll ist. Insbesondere kleinere Gemeinden haben die nötigen finanziellen Mittel zum Bau einer "vernünftigen" PO oft nicht. Wenn dann eine angeschafft wird, ist sie mitunter unterdimensioniert oder wird auf (nie realisierten) Zuwachs gebaut. Im Alltagsbetrieb stellt sie sich als unzureichend heraus und verfügbare Organisten hätten manchmal noch nicht einmal die Fähigkeit, ein ausgewachsenes Instrument sinnvoll zu nutzen, dafür hat man aber die Wartungskosten am Bein. Mitunter wird auch hier gespart, womit die einst so viel "bessere" PO schnell schlechter wird. Das ist leider die alltägliche Realität in vielen Gemeinden.
Eine gute DO mit ordentlicher Abstrahlung erspart hier der Gemeinde eine unnütze finanzielle Belastung und in vielen Fällen kann das Projekt sogar so gut umgesetzt werden, dass im gottesdienstlichen Betrieb nur noch echten Fachleuten der Unterschied zur PO hörbar wird, es entsteht im täglichen Nutzen kein Nachteil.
Fazit: Aus reiner Kosten-Nutzen-Betrachtung ist eine DO heute schon oft die einzig rational begründbare Entscheidung. Idealistische sichtweisen helfen hier niemandem weiter. Und das bedeutet ja auch nicht, dass die PO ausstirbt, sondern lediglich, dass ihr Einsatzbereich sich auf wirklich große Kirchen reduziert, wo eine individuelle Orgel echten Nutzen bringt.
Zitat von Machthorn
Idealistische sichtweisen helfen hier niemandem weiter. Und das bedeutet ja auch nicht, dass die PO ausstirbt, sondern lediglich, dass ihr Einsatzbereich sich auf wirklich große Kirchen reduziert, wo eine individuelle Orgel echten Nutzen bringt.
Vielen Dank für die Argumente, ich stimme grundsätzlich zu.
Allerdings finde ich es zu einfach, Idealismus quasi als naiv abzutun.
Dadurch, dass heute jeder nur noch auf den Preis schaut, haben wir in einigen Sektoren mittlerweile absurde Zustände, die immer mit Konkurrenz-/Preisdruck legitimiert werden (Vorsicht jetzt wirds politisch, sorry):
1. die industrielle Fleischproduktion (Massentierhaltung)
2. Firmen wie z.B. Amazon, die ihre Arbeiter schlecht bis katastrophal behandeln/bezahlen.
Woran liegt das? Wohl an unserem Kaufverhalten. Weil alle möglichst wenig Geld für alles ausgeben wollen, selbst wenn es sich mancher teilweise sogar leicht leisten könnte, auf die teuere Variante umzuschwenken. Wir kaufen eben doch lieber im Mediamarkt als beim Einzelhändler, der die "Geiz-is-geil" Preise nicht anbieten kann.
Und diese Mentalität greift auch da um sich, wo eigenlich wirklich genug Geld vorhanden ist.
Wie wir kürzlich wieder aus den Medien erfuhren, ist die katholische Kirche nicht so arm, wie sie sich manchmal gerne darstellt. Demnach steht sie auch bei Entscheidungen wie Orgelneubauten nicht kurz vorm Hungertuch. Renovierungen [und Einbau von Doppel-Wannen] im Umfang von 30Millionen gehen doch auch. [wink]
Wenn hier nun in Zukunft nur noch Digitalorgeln angeschafft werden, ist das meiner Ansicht nach wohl eher Prioritätensache.
[Bei den Evangelen sieht das meines Wissens teilweise ganz anders aus, die haben manchmal wirklich überhaupt kein Geld.]
Sicherlich, wenn es keinen fähigen Organisten vor Ort gibt, der eine PO richtig "ausfahren" kann. Aber vielleicht findet sich ja in Zukunft mal einer junger Nachwuchskünstler, wenn ihn das Instrument fasziniert? Ich behaupte jetzt einfach, dass es Digitalorgel nicht die gleiche Wirkung auf Kinder hat wie eine komplexe Orgel mit meterhohem Gehäuse und vielen Pfeifen.
Thema "Investion": das Ergebnis ist also im vorhinein nicht komplett berechenbar.
Vor allem Institutionen, die quasi gesellschaftliche Verantwortung haben (Kirchen, Musikschulen) sollten (und können es teilweise auch wirklich) nicht nur auf Kosten schauen, sondern ein Instrument als Investion in den Kultursektor sehen. Wenn alle nur die Kosten schauen würden, gäbe es auch keine Subventionen im Kultursektor mehr. Das fände ich persönlich furchtbar.
Dass Privatleute sich eher im DO-Sektor orientieren, finde ich verständlich und völlig in Ordnung. Aber nicht die gleichen Maßstäbe für alle!
Gruss
Hallo Hartmut,
im Grunde genommen stimme ich Dir in allen Punkten zu. Dennoch, es wurde bereits geschrieben, ist der Bau einer PO oder DO in einer Kirche immer eine Einzelfallentscheidung. Wenngleich ich persönlich in einer Kirche immer der PO den Vorzug geben würde, gibt es doch auch Gründe für DO, die hier schon oft aufgezählt wurden. Ich finde wichtig, dass man in diese Entscheidungsprozesse nicht mit Scheuklappen hineingeht. Leider sind ja noch viele Kirchenmusiker in dieser Hinsicht recht verbohrt, häufig auch aus Unwissenheit. Die kennen nur die alten Dr. Böhms aus Friedhofskapellen, oder so ähnlich. Dass die DO riesige Fortschritte gemacht hat, nehmen viele nicht zur Kenntnis - vielleicht wollen sie es auch nicht. Aber ich glaube "Die Front" bröckelt.
Wenn ich persönlich einen entsprechenden Raum und das nötige Geld hätte, würde ich mir auch wohl eine PO zulegen, da ich aber beides nicht habe, danke ich Gott auf den Knien, dass es solch qualitative Alternativen gibt.
Hallo Hartmut,
du hast ja im Grunde auch völlig Recht, und darüber hinaus sollte uns die PO als Kulturgut ebenfalls wichtig sein. Ich wollte halt nochmal darauf aufmerksam machen, dass mancherorts eine DO eben auch in einer Kirche eine Berechtigung hat und dabei keine Verlegenheitslösung von minderer Gebrauchsqualität sein muss.
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