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"Der erste Synthesizer der Welt ist die Orgel"
Liebe Forumsgemeinde,
bevor sich bei Einigen die Gefäße verengen [wink] : So wie der Betreff lautet lediglich die Überschrift eines Zeitungsartikels der NRZ ("Neue Rhein Zeitung Düsseldorf" vom 10.09.14.
Hier der dazugehörende Artikel der Autorin Sarina Zink:
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Düsseldorf. "Wir müssen die Orgel entstauben!" sagt Herbert Ludwig, Intendant des 9. Internationalen Düsseldorfer Orgelfestivals (IDO). In Düsseldorf gäbe es immerhin mehr als 200 Orgeln, aber wenn von diesem Instrument die Rede ist, denken viele nur an Gottesdienste und Johann Sebastian Bachs klassische Orgelchoräle. Die "Königin der Instrumente" könne aber weit mehr.
"Deshalb bieten wir ein Kontrastprogramm", erklärt Mirjam Schenke, Leiterin des diesjährigen Festivals. "Von den 80 Konzerten in der ganzen Stadt sind nur 22 klassische Orgelkonzerte. Dazu kommen fünf weitere Kategorien, von "Modern" bis "Jazz".
Ganz besonders stolz sind die Veranstalter aber auf die Kategorie "Cross": Kooperationen von Organisten mit Künstlern, Videoinstallateuren oder Synthesizer-Artisten sollen den verstaubten Ruf der Orgel retten. "Dieses Jahr gibt es doppelt so viele Veranstaltungen von dieser Art wie im vergangenen Jahr", so Schenke. "Junge Menschen zu Orgel-Liebhabern zu machen, liegt uns am meisten am Herzen."
Gero Körner ist einer der Interpreten der Kategorie "Cross". Eigentlich ist er ausgebildeter Pianist, aber sowohl die Orgel als auch die elektronische Musik begeistern ihn besonders: "Viele denken, die Orgel kann mit der modernen Musik nicht vereint werden, dabei sind sie sich ähnlicher als gedacht", erklärt er. "Die modernen Synthesizer sind alle nach dem Vorbild der Orgel aufgebaut, die Programme funktionieren nach dem gleichen Prinzip wie die Register."
Wie man eine Orgel traditionell zu spielen hat, das hat er nie gelernt. "Die klassischen Spielweisen interessieren mich nicht. Ich lieb es, neue Klänge und Möglichkeiten auf dem vielfältigen Instrument zu entdecken und damit zu arbeiten", sagt Körner. Dieses Jahr zeigt er unter anderem das Spektakel "Shri: Nova", eine Kooperation mit Videokünstlerin Ruja Kiss. zeigen werden die beiden ein audiovisuelles Erlebnis. Orgel, Synthesizer und Projektion sollen das Publikum in eine andere Dimension entführen. Am 10. Oktober ist es soweit.
Starten wird das Festival am 26. September mit einem großen "Orgel und Popmusik"-Eröffnungskonzert von und mit Dieter Falk und seinen Söhnen. bis zum 3. November gibt es dann 80 Konzertveranstaltungen. Darunter sind auch Jazzkonzerte, Musik für Kinder oder aus dem Mittelalter; für jeden ist etwas dabei.
Die Konzerte kosten an der Abendkasse von null bis 20 Euro. Schüler, Studenten, Behinderte, Rentner und Mitglieder des Vereins "Psallite.Cabtate" erhalten eine Ermäßigung. ab vier Konzertbesuchen lohnt sich der 20 Euro teure "IDO-Button", mit dem man an den Abendkassen nur den halben Preis zahlt.
Das vollsttändige Programm und weitere Informationen gibt es unter http://www.ido-festival.de. Auch Tickets sind online im ermäßigten Vorverkaufspreis erhältlich.
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Also: Dies ist kein Aufruf zu neuen Grundsatzdiskussionen sondern vielmehr der Hinweis darauf, dass das Thema Orgel durchaus präsent ist bzw. hoffentlich weiter an Leben gewinnt. "Junge Menschen zu Orgel-Liebhabern zu machen, liegt uns am meisten am Herzen." zitiere ich hier besonders gerne. Dafuer:
Vielleicht ist ja jemand in Düsseldorf oder Umgebung und hat Interesse an einem der vielen Konzerte oder neu"Deutsch" "Events"
Ich liefere mal den Link zum Artikel in der NRZ mit.
Ansonsten denke ich mir meinen Teil.
Tabernakelwanze
(
gelöscht
)
#3 RE: "Der erste Synthesizer der Welt ist die Orgel"
Denken ist immer gut [grin]
Wenn noch sieben (Teil)Denker dazu kommen, gebe ich beim nächsten Forumstreffen ne Flasche Rotbäckchensaft und ein Krönchen mit güldener Beschriftung "Ich denke, also bin ich" aus, welches wechselweise unter dem tosenden Beifall der Umstehenden aufgesetzt werden darf und gleichsam straffrei dazu berechtigt, bei Nutzung der Worte "Orgel und Synthesizer" innerhalb eines Satzes durch einen Nichtkrönchenträger Verwünschungen übelster Art auszusprechen und seiner Empörung durch gleichzeitigen rhythmischen Anschlag von C und Cis oktavgekoppelt entsprechenden Ausdruck zu verleihen.
Ich hoffe, dies spornt an [grin] [wink] [wink]
#5 RE: "Der erste Synthesizer der Welt ist die Orgel"
Ich habe das Programmheft mit Interesse gelesen und war besonders angetan von "Orgelmusik in der JVA". Da steht aber leider: "nichtöffentliche Veranstaltung" - honni soit ....
Ich plane nun einen Banküberfall in Düsseldorf, dass ich noch rechtzeitig hineinkomme .... (Nein, holde Mitleser von NSA, BND oder AOK - ich verrate nicht, welche Bank. Also - passt gut auf!)
Nee, ganz ohne GeblöDel: Ich finde dieses Festival erfrischend anders. Die Mischung macht's und für jeden ist was dabei. So eine Initiative kann der Orgel nur Freunde gewinnen.
Morgen früh werde ich die gute Frau vor's Mikrophon zerren. Mal sehen (und vor allem hören), was sie so erzählt.
LG
Michael
Ich habe an meine Unico (leider immer noch kaputt) zwei Synthesizer Clones via Midi angeschlossen. Einen Minimoog und einen ARP Odyssey. Gerade der Moog harmoniert mit der Orgel dermaßen hervorragend, dass es mich wundert, dass nicht mehr Musiker Synth und Orgel kombinieren. Die Dennerlein hat das gemacht – allerdings gefällt es mir bei ihr nicht so sehr, was aber eher an den außerdem vorhandenen Gitarren liegt, die m. E. zur Orgel überhaupt nicht passen.
Mit der Orgel lassen sich so viele Dinge machen – vor allem Crossover – dass es wirklich schade ist wenn man nur auf den Carpenter und seine neuen Orgelklänge setzt um jüngere Generationen von der Orgel zu begeistern. Es braucht aber ganz neue Ansätze. Anleihen aus dem Jazz, Gospel oder irgendwelche sphärischen Klangexperimente genügen nicht. Es braucht frische Ideen. Und natürlich muss für heutige Ohren die Orgel etwas Unterstützung erfahren. Junge Ohren brauchen immer einen gewissen "Drive" in der Musik und das kann die Orgel nicht ganz überzeugend liefern da sie ja eher ein Instrument des gehaltenen Tons ist (ja ich weiß, dass das BlöDsinn ist – aber der Orgelgesamtklang ist doch eher eine Durchgehender, wenn auch von Melodien durchwanderter Tonbrei). Synthesizer sind hier sicher eine Lösung. Sei es einerseits für schneidende Leadstimmen oder aber viel mehr für einen wuchtigen Bass-Groove. Und ja, obwohl ich Schlagzeuggehämmere nicht so sehr mag, aber ohne Percussion geht es nicht. Ich bin nur für einen sparsamen Einsatz und vor allem keine Drumcomputer. Ja und noch was braucht das heutige Ohr – nämlich eine prägnante und faszinierende Menschenstimme. Man muss es zugeben, die menschliche Stimme ist noch weit faszinierender als jede Orgel. Und ja, ohne Lightshow geht gar nichts. Die Augen wollen bedient werden. Aber das ist das geringste Problem.
Man kann die Orgel retten – aber da müssten viele von denen, die Zugang zu echten Orgeln haben die Zähne kräftig zusammenbeißen. Da dies unwahrscheinlich ist muss die Orgel eben elektronisch sein und raus aus der Kirche. Nur leider geht dabei etwas verloren was auch durch den besten DO-Sound nicht wieder gut zu machen ist. Viele junge Leute spüren eine gewisse Leere (na ja, es gibt gerade keinen essentiellen Überlebenskampf in den Industrieländern) und genau hier könnte ein Zugang zu spirituellen Dingen eröffnet werden, den leider diese verstaubten Kirchenleute nicht nützen wollen. Die machen lieber Schlagzeilen mit haarsträubenden Finanz- oder Sexgeschichten statt die Jugend (z. B. über die Musik) in ihre Häuser zu holen. Ich wünschte Franziskus wäre etwas musikalischer – der hätte das Zeug dazu. So aber bleiben die jungen Leute weg. Schade. Denn wenn ich einen ganz klassischen Bach "integriere", dann sind auch die Elektro- und Industrial-Typen stets begeistert. Bach fasziniert immer noch. Aber rein traditionelle Aufführungen locken heute halt nur noch die Geronten in die Konzerte (also z. B. mich). Schade, schade.
VG
Michal
Ja, LAUTund HIP muss es sein... dann trifft man vielleicht den Geschmack einer bestimmten (möglicherweise mehrheitlich 'jungen' Zielgruppe. Da frage ich mich doch, ob man mit Gewalt jedem noch so verbildeten Geschmack hinterherlaufen muss. Steht irgendwo geschrieben, dass jeder Punkrocker plötzlich Orgel lieben muss?
Ich frage mich, warum in aller Welt immer der Gedanke aufkommt, man müsse mit der Orgel neue Dinge tun, um sie jungen Musikern nahezubringen. Haltet mich für doof, aber der Gedankengang erschließt sich mir nicht. Eine Orgel ist und bleibt eine Orgel. Wenn jemand sie für neue Stilrichtungen entdeckt, ist das gut. Wenn nicht, stört mich das auch nicht. Sie ist halt ein altes Instrument, welches ihren Platz in der Musikgeschichte hat, und der ist wahrlich nicht klein. Und sie hat ihren Platz in Kirchen und Konzerten. Es ist wie mit allem, was alt wird: Die Zahl der Interessenten sinkt, aber ihr durchschnittliches Kennertum steigt. Alles ist OK...
Tabernakelwanze
(
gelöscht
)
#10 RE: "Der erste Synthesizer der Welt ist die Orgel"
Ich glaube, die Orgel war nie ein Instrument, das die Massen von den Stühlen gerissen hat. Muss sie auch nicht. Bei dem Sinkflug der Kirchen stellt sich aber doch die Frage, wie es mit den Instrumenten weitergehen wird, wie es um die Zukunft der Orgel bestellt ist. An welchen Stellen rückt sie noch ins Bewusstsein der Menschen? In den Konzertsälen schlummern sie häufig einen Dornröschenschlaf. Bei Hochzeiten u. Beerdigungen verliert sie auch an Bedeutung. Bei den abstrusen Musikwünschen drängen sich mehr und mehr andere Instrumente in den Vordergrund.
Die gewohnte Schwarzmalerei, der ich zuzustimmen mir so schwer tue. [wink]
Habe in meiner Laufbahn als ungelernter Organist nicht erst einmal von jungen Menschen gehört, wie toll sie meine Musik finden - und ich bin alles andere als ein beschwingter Jazzer an der Orgel. Die Pfarrband fuhr bei just jenen Jungen hingegen ein vernichtendes Urteil ein: Das seien die "Schrumm-Schrumm", die sich wieder einmal wichtig machen wollten. Singen könne dort ohnedies niemand und die Lieder seien einfach nur peinlich.
Ich fühlte mich voll bestätigt. Niemand geht zur Kirche, um dort eine Verdopplung seines Alltags mit Mainstream-Musik wie man sie aus dem Radio und von YT kennt, vorzufinden. Der Reiz der Kirche bleibt auch das "Andere"... nennt es wie ihr wollt: Das Numinose, das Altertümliche, das Fremde, das Erhabene. Ja, es gibt diese Kategorien noch.
Ich bleibe dabei: Wer meint, die Orgel mit willfähriger Anpassung an den dumpfen Geschmack eines Durchschnitts-Teens retten zu können, der trägt sie zu Grabe. - Ich werde mich an diesem Requiem gewiss nicht beteiligen; und sollte eine meiner Gemeinden einmal zu dem Schluss kommen, dass sie gänzlich andere Musik und Lieder braucht, dann braucht sie auch einen neuen Organisten - oder einen Späthippie aus der Schrumm-Schrumm-Fraktion.
Ich sehe das ähnlich wie Gemshorn. Zum einen ist der Musikgeschmack heute vielseitiger denn je. Die Zeit, wo im Autoradio des Organisten nur Klassisches lief ist doch vorbei, ähnlich geht es dem durchschnittlichen Kirchgänger. Und Rock und Pop bekommt eben dieser außerhalb der Kirche in weit besserer Qualität geliefert.
Dazu kommt, dass Kirche etwas ist, was dem Besucher ein wenig geistige Erholung und eine wenig "Absonderung" vom zunehmend stressiger werdenden "Draußen" bieten soll. Da hilft eine andere Musik ebenfalls weiter. Wer Kirche wirklich will und nicht nur das "Event", der wird auch die klassische Orgel wollen.
Und da stimme ich mit Laurie überein: Die Zahl der Kirchgänger schrumpft und es wird zu weiteren Gemeindefusionen kommen. In den verbliebenen Kirchen werden die (dann weniger gewordenen) Orgeln aber durchaus bleiben.
Ich möchte da nur die Konzerte mit Matthias Eisenberg nennen.
Seine Programme sind immer Bach, Buxtehude, Mendelssohn, mal Rheinberger oder nen Reger.
Seine Improvis sind sicherlich geliebt, aber vollkommen nahe am polyphonen Satz. Nicht selten improvisiert er Praeludium und Fuge , meist aber im fugierten Style... , mal auch ein Walther oder Brahms..., insgesamt erprobtes Zeug,( und bitte nicht wieder die leier von den zerspielten Orgeln, das muss sich Eisenberg, Koopmann und CC anhören....)
Aber alle Konzerte sind voll. Selbst Apkalna ihre Konzerte sind gut besucht. Ist aber eine andere Baustelle .
Ich gestehe, dass mir die Konzerte von Eisenberg am besten gefallen, gerade wegen der klassischen Strenge.
Wie schon dargelegt, wird es CC im Alter wie Virgil Fox händeln: auf einmal steigt der alte BACH wieder aus der Mottenkiste auf.... Garantiert!! Wobei Fox immer und gerade mit Bach die Jugend begeistert hatte. Jedenfalls kann man über sein Entertainer Gehabe empört sein, nicht aber darüber dass er in vielen Konzerten für die Jugend ausschliesslich Bach und nicht die schöne blaue Donau, Pomp and all so n Zeug, oder wonach gerade hinterhergelaufen werden soll.....
Was richtig ist, ist dass wir Organisten den kirchenfernen die Musik beibringen die uns bewegen soll und Musik für den Raum Kirche ist. Ganz einfach deshlab, weil im Theater niemand einen Choral aus dem Gesangbuch vortragen würde oder die hohe Messe. Aber in der Kirche soll Theater und Jahrmarkt stattfinden.
Hier in München an unserer Matthäuskirche haben wir in den 1997-2000 versucht mit Popgodi, Schlagzeug, Jugend-naja Chor und Synth. ,Sakropop::: Trotz aller Freiheiten, hatten die nach bereits 3 Monaten zur Hälfte schon wieder andere "Interessen" , es schlief ein nachdem die Besucher sich nach 9 Monaten von anfänglich etwa 120 auf etwa 2 -5 reduzierte.....
Ich halte es mit einem abgewandelten Spruch von Straube:" Eines Tages wird den Mensch der gleichförmige , nervtötende Klangmatsch auf die Nerven fallen und sie werden wieder die feineren , aufeinander abgestimmten Linien(Polyphonie)
suchen.
Wie jetzt? Welche Schwarzmalerei? Bisher war die übliche Zukunftserwartung immer nur "Besucherschwund". Nun komm ich mal mit einer hemmungslos positiven Alternativsicht. Aber scheinbar ist die Sich-Zu-Eigen-Machung der Kirche durch die Generation Y noch apokalyptischer als der Besucherschwund? Nur weil die Dich vielleicht als Organisten heimschicken oder wie? [wink] Aber bei soviel Fans besteht für derartige Befürchtungen doch garkein Anlass.
Um es nochmal zu verdeutlichen: bei JEDEM orgelfremden Menschen, mit dem ich spreche, wird die erlebte Orgelmusik als "furchtbar" charakterisiert. Ja, Fluchtimpuls auslösend! Es tut mir sehr leid, aber nirgendwo in der Welt funktioniert es, wenn man ein Produkt anbietet, dass nur im Doppelpack zu haben ist mit etwas, das man definitiv nicht haben will.
Um missverständnisfördernde Generalisierungen zu vermeiden, mal eine Positiv-Definition:
Würden Ein- und Ausgang überall im weitesten Sinne in dieser Art beorgelt, wäre IMHO ein Großteil des Publikums schon nicht mehr dauerhaft vor den Kopf gestoßen:
https://www.youtube.com/watch?v=yhLzzE1-c...kFNwYBBm1PgAHCh
https://www.youtube.com/watch?v=ruYjtiHbI...kFNwYBBm1PgAHCh
https://www.youtube.com/watch?v=VnmRHHKi_...kFNwYBBm1PgAHCh
(hach, wie schöne wäre es, wenn man da mal eben das Parameter "Detune" hätte einstellen können).
https://www.youtube.com/watch?v=ON9iL6nlC...PgAHCh&index=43
Die Kritikpunkte sind immer dieselben:
"Orgelmusik klingt immer gleich" = es gibt an der Orgel offenbar nur die Knöpfe Plenum / Tutti / Säusel.
oder = Der Organist spielt immer die gleichen Sachen aus irgendwelchen alten Büchern, wie "Orgelstücke Alter Meister" rauf und runter. Weil er es nicht will, nicht kann oder keinen Bock hat?
"Atonaler Lärm" = Klangteppiche komplexester Harmonien jenseits von Dur und Moll. Organist zu lange in höhere musikalische Sphären entrückt, in denen artistische Spieltechnik mit der unendlichen Begeisterung an der Verkomplexizierung von Harmonien mit ihm durchgehen? Technisch brilliant, ohne Frage! Aber man kommt ja jetzt auch irgendwie nicht auf die Idee, im tiefsten Hessen eine Messe auf Suaheli oder Altfriesisch zu halten. Ganz einfach, weil die Verständigung nun mal über eine gemeinsame Sprache läuft. Das ist in der Musik auch nicht anders, wobei gelegentlich eingestreute kurze fremdsprachliche Zitate ja immer eine gewisse Gebildetheit siganlisieren können. Wohlgemerkt "kurz" und "Zitate"... [wink]
"Es klingt so trauermäßig". Ich wiederhole mich hier und zerre nochmals den Kollegen hervor, der in mehreren Christmetten ca. sieben Minuten lang "präludierte", als werde dort jetzt gleich eine Beerdigung begangen. Oder den Kollegen, der meinte unbedingt Vierne am Heiligabend spielen zu müssen. Warum geht einigen Musikern offenbar völlig ein Gespür für den Anlass und das Publikum ab?
Es gibt seit einigen Jahren wirklich zahlreiche Neuerscheinungen der Verlage, die im breitest definierten "CrossOver" klassische Musik mit ein wenig Hörbarkeit verbinden. Man muss ja nicht gleich auf der Orgelempore das gesamte Verlagsprogramm von Kevin Mayhew verfügbar machen. Zahlreiche Sammlungen für den Alltagsgebrauch wurden in den letzten Jahren neu herausgebracht und durchweg mit "verständlichen" Stücken. Schon damit wäre viel für die Orgel gewonnen.
Und wem Gunsenheimer, Leibe, Mans, Macchia, Teeuw, Michel oder Schütz nicht anspruchsvoll genug sind, der kann sich doch an Hans-Andre Stamms wachsendem Notenprogramm austoben. Die Beine und Finger werden da garantiert immer genügend gefordert. Beispiel:
https://www.youtube.com/watch?v=X6p1m5gYoAc
Auf einen sehr kurzen Nenner gebracht: Abwechslung und echte Spielfreude würden für die Orgel schon sehr viel Türen in die Zukunft zumindest nicht verschließen.
Natürlich, es geht jazziger und poppiger oder rockiger. Allein das Einstreuen solcher Werke, etwa als Kontrast zu einem schönen echten Bach oder Mendelssohn, würde das Bewusstsein der Zuhörer dafür schärfen, dass die Orgel wirklich ein sehr vielseitiges Instrument ist und eben auch für den Normalo gut klingen kann. Wenn ich bei meinen Besuchern an der C-380 schon mit einem einzigen solchen Stück grenzenloses Erstaunen, dass die Orgel so klingen kann, auf die Gesichter zaubere, dann frage ich, warum es nicht möglich sein soll, die Menschen an Sonntagen in der Kirche viel öfter zu überraschen.
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