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Eine Lanze für Johannus
Man glaubt es kaum, aber heute musste ich meine langjährige Meinung über Johannus ein wenig zurechtrücken; ich hatte nämlich Gelegenheit, im Klavierhaus Reisinger (Wien) einen Teil der aktuellen Johannus-Orgeln probezuspielen. Ich muss sagen: Ich war positiv überrascht!
Das kleinste Modell - eine Studio I - klang angenehm und gar nicht nach dem, was ich noch von einem mehr als 2 Jahre zurückliegenden Durchprobieren erinnere. Bei einzelnen Registern klang die kleine Studio sogar charakteristisch, kernig. Wie man mir mitteilte (und wie es auch hier schon einmal im Forum gesagt wurde), wird die Technologie bei einem Generationensprung ja an die nächstkleinere Modellserie weitergereicht, sodass die Studio von heute bereits klingt wie eine Opus von gestern. Klanglich durchaus kein "Gouda" mehr, auch wenn ich mir eine etwas kräftigere und farbigere Mixtur gewünscht hätte.
Die Opus 25 klang durchaus wertig und spürbar anders - besser! - als meine vormalige Opus 15; der Unterschied zu einer Gloria ist zwar nach wie vor gegeben, aber nicht mehr so riesig. M.E. hat sich Johannus deutlich an das barocke Klangideal deutscher und österreichischer Provenienz angenähert - auch wenn es nicht restlos eingeholt werden konnte.
Sodann: Die zweimanualige Ecclesia T25 mit Lautsprechern in einem "Fernwerk". Schöne Register, vor allem im historischen Sampleset. Das Quintatön läDt zum schwärmen ein!
Und dann die Krönung in Gestalt einer Symphonica 35: Traumhafter Hall, tatsächlich monarkeähnlicher Klang, durchaus differenziert im Plenum, wunderschöne Einzelregister. Alles in allem keineswegs mehr das, was ich früher unter dem Namen "Johannus" kannte. Lediglich die Mixturen konnten mich nicht wirklich überzeugen. Aber das trübt den mehr als guten Gesamteindruck nicht wirklich; ich glaube, dass ein wenig Nachintonation hier restlose Zufriedenheit schaffen könnte.
Zitat von Gemshorn
Man glaubt es kaum
In der Tat,
Was würdest Du jetzt für Dein - nur mal angenommen - 50-m²-Musikzimmer auswählen wollen, wenn Dir Dein - auch nur mal angenommen - texanischer Öl-Onkel (nicht BP!) 20 Riesen auf den Tisch legt?
So scherzhaft die Frage auch klingen mag, Bauchschmerzen bereitet sie allemal.
Und nun hat's Dir (wie Laurie) auch noch die Symphonica schwer angetan. Während Du sie kennst und ich nicht, muß ich mich noch mit meinem Cameron-Film-geprägten Vorurteil als Ersatz für meine Unwissenheit abplagen. Aber vielleicht nicht mehr lange...
So, wie sich das alles anhört, wird's für die Heim-Monarkes wohl verdammt eng?
Ich würde bei Gloria bleiben - und als Zweitinstrument fürs Experimentieren wohl eine Unico anschaffen.
Die Symphonica hat mich in der Tat beeindruckt ... aber nicht in allen Punkten. Das Gehäuse finde ich nach wie vor grauenhaft, und die Plastik-Registerzüge passen einfach nicht zu einer Orgel dieser Preisklasse. Und - last not least - gibt es auch klangliche Aspekte, die noch verbessert gehören, so zB die Mixturen.
Vielleicht hast du ja auch mal Gelegenheit, zu Reisinger zu schauen. Ich neige zu der Ansicht, dass die dortige Studio-I besser klingt als deine in die Jahre gekommene Opus. Und: Mittlerweile - also nach aktuellem Stand der Produktpflege - würde ich eine Johannus Studio bzw. umso mehr eine Opus klanglich einer Viscount Vivace vorziehen. Das war schon mal umgekehrt. Irgendwo erschreckend...
Nun ja, so war meine Testreihenfolge nicht.
Ich hörte erst die Vivace und erlebte - gloriaverwöhnt - sofort eine herbe Enttäuschung. Tags darauf hörte ich die Studio, dann Opus, Ecclesia, Symphonica - und dann nochmal die Studio.
Und: Es war eine deutsche Symphonica 35, an der ich oberflächlich alle Samplesets durchprobierte und mich dann erst wieder für das historische (ebenso wie früher an der Vivaldi und später an der Ecclesia) entschied.
Kann man Aussagen zur "Polyphonie" von Symphonica und Ecclesia machen?
Vielleicht ist der Vergleich auch nicht so einfach, da einerseits Faltungshall, andererseits multiple externe Abstrahlung einen zu unterschiedlichen Höreindruck ergeben. Wie dadurch unserem Gehör "betrügerisch" geschmeichelt werden kann, ist hinlänglich bekannt. Nichts gegen Ohrenscheichelei, dann aber bitte genial.
Eins verstehe ich nicht: Den Modellen der Sym und Ecc für den festlandeuropäischen Markt steht eine wesentlich üppiger ausgestattete Variante im Hinblick auf Disposition und Spielhilfen für den anglo-amerikanischen gegenüber.
Hallo,
Zitat von Gemshorn
Nun ja, so war meine Testreihenfolge nicht.
Ich hörte erst die Vivace und erlebte - gloriaverwöhnt - sofort eine herbe Enttäuschung. Tags darauf hörte ich die Studio, dann Opus, Ecclesia, Symphonica - und dann nochmal die Studio.
Und: Es war eine deutsche Symphonica 35, an der ich oberflächlich alle Samplesets durchprobierte und mich dann erst wieder für das historische (ebenso wie früher an der Vivaldi und später an der Ecclesia) entschied.
was mir bei dieser und den anderen D-Orgel-Tests, die so berichtet werden, nicht so ganz klar ist: Welche Musik wird denn dabei gespielt? Wenn ich die Pfeifenorgeln vergleiche, die ich schon gespielt habe, so unterscheiden die sich ganz gewaltig, von mitteltönigen Barockorgeln über spätbarocke, frühromantische, neobarocke bis hin zu modernen Orgeln, vom kleinen 3-Register-Positiv bis hin zur kaum mehr bewältigbaren Domorgel mit 80 Registern. Die hatten alle ganz unterschiedliche Charakteristik und ich würde für Gottesdienste teilweise ganz verschiedene Literatur auswählen.
Insofern müsste man doch, abgesehen vom Geschmack, beim "Testurteil" eigentlich auch angeben, für welche Musik das gilt, oder?
Beste Grüße von der Waterkant
Christoph P.
Danke, Christoph, für die Frage, WAS beim Orgeltesten für Musik gemacht wird. Nun, ich improvisiere tatsächlich nur herum, spiele Phrasen, höre mir das Plenum an, dann verschiedene Einzelregister und Kombinationen. Dass ich nicht mit einem Stapel Noten unterm Arm zum Orgelhändler gehe, liegt auch daran, dass ich kein großer Literaturspieler bin... Gott seis geklagt.
Laurie spricht davon, dass beim Improvisieren eine Symbiose zwischen Spieler und Instrument eingegangen wird. Sehr richtig, so beobachte ich es auch. Allerdings halte ich das für einen unschätzbaren Vorteil. Und was schadet es, wenn auf einer kleinen Studio-I keine großen "Bäche" darstellbar sind (obwohl sich auch darüber trefflich streiten ließe...)? Auch für kleinere Orgeln gibt es viel schöne Literatur - und gerade an Pfeifenorgeln muss man sowieso oftmals Kompromisse eingehen, die sich aus der Größe des Raums und der Beschränkung der Register ergeben. Ich sehe das aber nicht als Nachteil. Jede Orgel begünstigt in ihrer Bauart und ihrem Standort eine bestimmte Art von Musik; bei Digitalorgeln ist das nicht anders.
Mag jemand widersprechen?
#10 RE: Eine Lanze für Johannus
Zitat von Gemshorn
Laurie spricht davon, dass beim Improvisieren eine Symbiose zwischen Spieler und Instrument eingegangen wird. Sehr richtig, so beobachte ich es auch. Allerdings halte ich das für einen unschätzbaren Vorteil. Und was schadet es, wenn auf einer kleinen Studio-I keine großen "Bäche" darstellbar sind (obwohl sich auch darüber trefflich streiten ließe...)? Auch für kleinere Orgeln gibt es viel schöne Literatur - und gerade an Pfeifenorgeln muss man sowieso oftmals Kompromisse eingehen, die sich aus der Größe des Raums und der Beschränkung der Register ergeben. Ich sehe das aber nicht als Nachteil. Jede Orgel begünstigt in ihrer Bauart und ihrem Standort eine bestimmte Art von Musik; bei Digitalorgeln ist das nicht anders.
Mag jemand widersprechen?
äh. nur indirekt
Eine Pfeifenorgel ist (oder sollte) auf den Raum abgestimmt. Und im Normalfall ist das dann auch ein entsprechend grosser Raum....
Bei der Digitalorgel - wer hat den entsprechenden Raum zuhause
Diese Komponente entfällt doch völlig, wenn man die Wohnzimmer oder Musikzimmer oder auch die meisten Demo-Räume betrachtet. Hier kommt der Klang ausschliesslich aus dem Instrument und den technischen Hilfsmitteln (Raumlautsprecher, Hall,....) Somit kann klangmässig eine Symbiose zwischen Spieler und Instrument eingegangen werden, ohne sich auf den vorhandenen Raum einzuschränken.
Einzige Einschränkung ist somit der technische Fortschritt der DO-Bauer, wie der Klang zur Geltung gebracht wird. Die Masse der Register erschlägt einen eher in einem kleinen Raum, aber lässt auf jeden Fall fast jede Art der Orgelmusik zu.
Auf kleinen Orgeln lassen sich oftmals Dinge spielen, die man garnicht erwartet - eben auch ein Bachpräludium oder eine Triosonate oder auch ein neuzeitliches Stück. Sonst wären auch viele Pfeifenorgelspieler arm dran... rgel:
Es fehlt nur oft an dem Mut oder an der eigenen Einschätzung oder am Horizont
Zitat von Laurie Phelps
Vor Jahren schrieb schon mal jemand, dass man beim Testen sich mit Improvisieren keinen Gefallen tut, denn da ginge man quasis eine Symbiose mit dem Instrument ein und spiele halt, wie es klingt, während man bei Literatur mit dem Klang auskommen muss.
Genau das ist es! Es wird unbewußt genau das improvisiert, was zum Instrument/zur Registrierung "paßt".
Ein Trio als Test hat i. A. wenig Sinn, weil das fast auf jeder Orgel mehr oder weniger gut zum Klingen zu bringen ist.
Eine triomäßige Choralbegleitung gibt, wenn man mehrfach anders registriert, schon eher einen Eindruck.
Am besten, man wählt Sequenzen aus Werken aus, die man selbst gut von unterschiedlichen Orgeln her kennt. Hier offenbart sich so etwas wie "Wiedergabetreue", wenn die Erinnerung mitspielt.
Zitat von Gemshorn
Und was schadet es, wenn auf einer kleinen Studio-I keine großen "Bäche" darstellbar sind
Wiebitte? Dagegen:
Zitat von Gemshorn
Jede Orgel begünstigt in ihrer Bauart und ihrem Standort eine bestimmte Art von Musik;
Ich denke, das kann man nicht so verallgemeinern.
Beispiel: Max Reger hat die romantischen Gerätschaften seinerzeit geradezu gehaßt, und das nicht nur aus Gründen technischer Unzulänglichkeit und oft minderwertigen Materials. Mag sein, daß er darin über Karl Straube durch die Orgelbewegung beeinflußt war. Mag aber auch sein, daß er erkannte, daß die "Nachbildung eines Orchesters"¹ - dem ausgemachten Ziel des romantischen Orgelbaus - auf eione PO(!) so eben nicht funktionieren konnte. Daß sich dieser Höreindruck (dominante Grundtönigkeit, zu Intransprarenz neigende Registerkombinationen [was zuweilen als Vorteil gefeiert wird - sic!]) im süDlichen Raum bis heute gehalten hat, tut dabei nichts zu Sache.
¹BTW: Mit der Symphonica wird ähnliches versucht, nur funktioniert das besser. Inwieweit man sich vom Instrument Orgel entfernt, steht auf einem anderen Blatt, Siehe http://www.jehmlich-orgelbau.de/deutsch/...rassimuseum.htm
Zitat von Gemshorn
bei Digitalorgeln ist das nicht anders.
Doch.
Es wird nur verwässert duch das Angebot romantisch/symphonisch/barock/klassisch (überhaupt: Was ist "Klassisch? - Die Klassik hat ja wohl kaum namhafte Orgelwerke zu bieten).
Die DO hat nun mal das Potential, eine eierlegende Wollmilchsau zu sein.
So wird es wohl heutzutage kaum stören, wenn eine barock intonierte Orgel einen Schwellkasten besitzt - sehr zu Freude der Literaturspieler. Auch die Romantik läßt sich damit sehr schön darstellen, wenn man sich von dem Gedanken löst, daß alles zu einer Soße verschmelllllllzen muß.
Meine These, wonach jedes Instrument bzw. der dazugehörige Raum eine bestimmte Art von Musik begünstigt, wird von Regers Vorliebe nicht entkräftet. Stell dir nur mal die Widor-Toccata, gespielt auf einem einmanualigen Positiv mit angehängtem Pedal in der Leichenhalle von Hintertupfing vor...
Alles klar?
Kleine Berichtigung: Johannus' neue, vierte Variante nennt sich "historisch", nicht klassisch. Was Johannus darunter versteht, weiß wohl niemand so genau. Fakt ist, dass mir das historische Sample-Set am besten gefällt; meinem Empfinden nach ist es eine naturbelassene - sprich: wenig bearbeitete - Spielart eines barocken Sample-Sets.
Zitat von Gemshorn
Stell dir nur mal die Widor-Toccata, gespielt auf einem einmanualigen Positiv mit angehängtem Pedal in der Leichenhalle von Hintertupfing vor...
Warum nicht? (Auch wenn's dabei vielleicht zu ungeplanten Auferstehungen kommt).
Am besten, Du probierst das mal aus.
Hallo,
Zitat von PeterWZitat von Gemshorn
Stell dir nur mal die Widor-Toccata, gespielt auf einem einmanualigen Positiv mit angehängtem Pedal in der Leichenhalle von Hintertupfing vor...
Warum nicht? (Auch wenn's dabei vielleicht zu ungeplanten Auferstehungen kommt).
Am besten, Du probierst das mal aus.
für mich spielen Raum und Orgel eine große Rolle bei der Auswahl der Literatur, was aber auch nicht heißt, dass man Musik nicht Raum und Orgel anpassen kann. Vor 3 Jahren gab es hier in der Region eine Reihe,in der das komplette Orgelwerk Buxtehudes auf historischen Orgeln in Dörfern und KleinstäDten unter der Perspektive historisch informierter Aufführungspraxis aufgeführt wurde (ohne Registranten oder gar Setzern und anderen Hilfsmitteln! aber mit elektrischen Gebläsen [wink] ). Da wurde dann das Orgelwerk pramatisch aufgeteilt nach Stücken, die auf einmanualigen Orgeln ohne Pedal, einmanualigen Orgeln mit Pedal, zweimanualigen Orgeln etc. darstellbar sind.
Auf vielen diesen kleinen Barock-Orgeln kling natürlich auch alle Art von Musik sehr schön, aber wenn man sich für Reger oder Widor auch nur ein bischen Dynamik vorstellt, geht das natürlich gar nicht. Genausowenig aber wie mit spätromantischen Dorforgeln. Kürzlich habe ich allerdings eine pneumatische französisch-spätromantisch-orgelbewegte Dorf-Orgel in einer relativ kleinen barocken Wallfahrtskirche gespielt (II/P 21, Hindelang, 1923), die hatte neben 2 freien Kombinationen, Walze und anderen Spielhilfen auch eine einigermaßen gestimmte Bombarde 16' im Pedal. Da wäre der Widor vermutlich schon gegangen (die Wege der Pneumatik sind dort kurz), aber so eine Dorforgel ist schon reichlich ungewöhnlich.
Beste Grüße von der Waterkant
Christoph P.
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