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Hochzeitsmusik und Liturgie
Hab heut eine kirchliche Trauung mit ein wenig Orgelmusik umrahmen dürfen.
Den Löwenanteil bestritt ein Gospelchor aus der Umgebung, der zugegebenermaßen auf recht gutem Niveau musizierte.
Dennoch: Bei aller Anerkennung der musikalischen Leistung — das Programm bestand ausschließlich aus Liedern, die mit der Liturgie nichts zu tun hatten. Gekrönt wurde das Ganze durch einen offenbar afrikanischen Song mit lautstarkem Trommelsolo — dargebracht während der Kommunion.
Als ich dann am Ende der Liturgie mit meinem Orgelsolo begann, wurde lautstark geschwätzt und sämtlicher musikalischer Apparat des Chores abgebaut. Ich empfand das als Zumutung.
Bin ich zu konservativ?
#2 RE: Hochzeitsmusik und Liturgie
So etwas ist mir zum Glück noch nie passiert - hatte aber auch bisher noch wenige Gelegenheiten auf Hochzeiten zu spielen. Aber das Thema Rücksichtnahme und dem Raum angepasstes Verhalten scheint hin und wieder schon eine Schwachstelle der Mitmenschen und Musizierenden zu sein... manchmal aber auch nur Gedankenlosigkeit.
Nein, Du bist nicht zu konservativ. Es wird immer wieder mal etwas geben, das eigentlich unter Neudeutsch "no go" einzuordnen wäre... :no:
Ich vermute, dass der Chor keine direkte Beziehung zu dem Anlass, zu dem Brautpaar oder zu den Örtlichkeiten hatte. Sonst wäre das sicher anders verlaufen.
Nein, @Gemshörchen, Du bist nicht zu konservativ., dann doch eher, wie Dir bekannt ist, ich.
Kann man eigentlich zu konservativ sein, zu sehr an tradierten Werten, die man eben auch liebt, festhalten, um sie zu bewahren?
Das Problem liegt doch an einer ganz anderen Stelle (abgesehen von dem Verhalten der Gospelchorprolls, die nicht wissen, wie man sich benimmt):
Solange die Kirche(n) sich mißbrauchen lassen, das Spazierentragen schicker Brautkleider in der Kulisse "Kirche" auszugestalten (wobei der Inhalt auch künftig für die Brautleute irrelevant bleiben wird), und sich auf eine - zuweilen sehr billige - zeitgeistige Ebene ziehen lassen, wird sich der Kirchenmusiker mit seiner Teilnahme an einer solchen Fete stets zum Klops machen lassen.
Das einzige, was man als Organist tun kann und sollte: Nicht mitspielen. Sollen doch die anderen das Gloria auf der Klampfe zupfen und dazu trommeln! Vielleicht merkt der Pfarrer dann, was geht und was nicht geht, und vielleicht besinnt sich dann der eine oder andere auch auf die hunderte von Jahren funktionierende, kulturtragende Aufgabe der Kirche(n).
War das jetzt konservativ genug?!
Komme mir nun aber niemand mit "modern", das stammt von "Mode" ab. Selbst dafür bedarf es eines Stilempfindens, wenn es mehr als nur schrill werden soll.
Tja, in solchen Erlebnissen wie bei dieser Trauung kommt wohl Mehreres zum Ausdruck:
1) Eine zunehmende Entfremdung vieler Menschen von der Kirche, die damit einhergeht, dass man nicht mehr weiß, wie man sich in einer Kirche angemessen verhält
2) Eine zunehmend verflachende musikalische Allgemeinbildung.
3) Ein starker Einfluss der Medien. So ist wohl auch der Einfluss von Hollywood &. Co. nicht zu unterschätzen, wenn es um die Gestaltung rührend kitschiger Hochzeiten/Trauungen geht.
4) Zumindest bei uns in der evangelischen Kirche ein leider stark nachlassendes Gespür der Pastoren/Pfarrer für angemessenes gottesdienstliches Geschehen, resultierend auch aus zunehmender Unkenntnis/mangelhafter liturgisch/hymnologischer Bildung
Andererseits erlebe ich - vor allem bei unseren zahlreichen Orgelführungen - immer wieder, dass auch in unserer Zeit das Instrument "Orgel" nichts von seiner Faszination verloren hat. Und in unseren sommerlichen Mittagsmusiken samstags um 12 zur Marktzeit sitzen regelmäßig bis zu 150 Zuhörer. Das ist schon beachtlich in unserer relativ kleinen Stadt. Und nach wie vor finden sich immer wieder Jugendliche, die Orgelunterricht erhalten. Drei meiner Schüler studieren selbst zur Zeit Kirchenmusik. Da finde ich, dass wir den Kopf nicht in den Sand stecken sollten.
@heidemusikant
ad 1-4: Ja, uneingeschränkt!
So wichtig Deine Orgelführungen auch sind und wie gern sie vom Publikum angenommen werden, sollten wir uns keinen Illusionen hingeben.
Deine Orgel ist nun mal schon eine museale Augenweide, die bereits achtungerheischend wirkt, wenn sie noch keinen Ton von sich gegeben hat. Erlebnis entsteht, und Freude kommt vielleicht ebenfalls auf, wenn Du sie vorspielst. Doch bedenke ich, wie klein der Anteil der daran Interessierten im Verhältnis zu denen ist, die schon mal eine Schule besucht haben...
Doch für die wenigen Promille lohnt es sich dennoch.
Bei uns im katholischen Raum orte ich (wieder einmal) Extreme:
Auf der einen Seite stehen Pfarrer, die restriktiv und rigide entscheiden; die Liturgie ist formal tadellos, nur laufen die Leute davon — und finden gewiss einen anderen Pfarrer, der es ihnen recht macht.
Auf der anderen Seite jene Pfarrer, die so gut wie alles zulassen; die Leute laufen ihnen zu — die Liturgie ist aber kaum noch zu erkennen: Unbiblische Lesungen, Profanmusik etc.
Ich geb PeterW schon Recht: Entziehen kann man sich als Organist solchem Theater nur durch Boykott/Fernbleiben.
Zitat von heidemusikant
Ja, das ist das Privileg derjenigen, die nebenberuflich oder ehrenamtlich ein Organistenamt wahrnehmen. Diejenigen, die hauptamtlich tätig sind, können sich solchen hochzeitlichen Situationen kaum entziehen. Sie sind vertraglich auf ihre Mitwirkung festgenagelt... .
Um jeden Preis, d.h. müssen die Hauptamtler IMMER und für alle Sonderwünsche (Flohwalzer zum Gloria usw.) zusagen? Das kann ich mir denn doch nicht vorstellen...
Hallo,
grundsätzlich achte ich auch darauf, dass die musikalische Gestaltung von Gottesdiensten liturgisch passend ist. Die ganz leicht empörte Schilderung des Hochzeitsgottesdienstes oben ist mir aber zu unkonkret: Waren die Lieder wirklich unpassend zu Gloria, Gabenbereitung, Sanktus usw.? Vielleicht standen da ja schon sinnvolle Überlegungen dahinter, vor allem wenn man sich die (englischen oder waren das etwa afrikanische Sprachen und Dialekte?) Texte genau ansehen könnte. "Gospel" bedeutet ja Evangelium, Gospelchöre singen biblische Themen, "Hallelujas" kommen häufig vor. Gab es vielleicht ein Liedblatt mit Übersetzung? Vielleicht war es aber auch unpassend, ich war ja nicht dabei und würde mich normalerweise dazu im Forum nicht äußern.
Etwas stutzig machen mich aber die Bemerkungen zur Kommunion und zum Orgelnachspiel. Wer sagt denn, dass das Stück zur Kommunion unpassend war? Nur weil Trommeln eingesetzt wurden? Ich kenne wunderbar meditative Musik, die sich afrikanischer musikalische Elemente bedient. Übrigends auch in Kombination mit Orgel. Gestern war ich in einem "ChoralConzert", in dem alte Choräle aus Luthers Zeiten für Orgel, Saxophon und E-Gitarre so arrangiert war, dass diese Improviationen überaus eindrucksvolle Meditationen abgaben. Das war muskalisch von hoher Qualität und druchgängig meditativ, obwohl auch schon mal im Tutti gespielt.
Zum Orgelnachspiel ist zu sagen: Der katholische Gottesdienst ist halt nach dem "Gehet hin in Frieden" einfach zu Ende, da gehen überall auf der Welt die Leute hinaus, der Pfarrer und die Minstranten ja auch, sogar als erste [wink]. Und wenn dann die Technik abgebaut wird, dann ist das prinzipiell OK. Wenn allerdings noch Leute das Nachspiel anhören möchten, dann wäre Herumlärmen denen gegenüber taktlos, nicht aber unbedingt dem Organisten oder der Liturgie gegenüber.
Im evangelischen Gottesdienst gehören Vor- und Nachspiel zur Liturgie dazu, im katholischen aber halt nicht. Ich habe mich darüber einmal gegenüber einem evangelischen Kantor beklagt, der das aber überraschender Weise gar nicht so schlecht fand: Zwar müssten im evangelischen Gottesdienst alle das Nachspiel anhören, aber dafür dürfte es auch nicht länger als 3 Minuten dauern, sonst kämen gleich die Kirchenältesten gelaufen. Er habe es früher beim Begleiten katholischer Gottesdienste immer als angenehm empfunden, dass er nur für die wirklich Interessierten spielte und auch große Bäche und anderer längere Stücke aufführen konnte.
Gerade in der katholischen Kriche gibt es weltweit ja eine bunte Vielfalt an Kirchenmusik. Das kann ja auch mal in Österreich sichtbar werden (SCNR). Mir fehlt das bei unserer Gemeinde sogar: Wir hatten schon Gottesdienste, bei denen die Hälfte des Altarpersonals (Pfarrer, Kommunionhelfer, Ministranten) schwarz waren, aber musikalisch wurde von der starken afrikanischen Gemeindegruppe leider noch nichts eingebracht (optisch besonders im Sommer natürlich schon). Gleiches gilt für die Russen und Polen...
Beste Grüße von der Waterkant
Christoph P.
Danke für den Lacher! Nein, einen Flohwalzer zum Gloria muss unsereins nicht vom Stapel lassen. Vielleicht sollte ich das nochmal etwas differenzieren:
Das, was auf der Orgel gespielt wird, liegt natürlich zuallererst in der Hand und Verantwortung des Organisten. Wenn, was immer wieder geschieht, besondere Literaturwünsche seitens der Hochzeiter an ihn herangetragen werden, so liegt es bei ihm, inwieweit er sich darauf einlässt. Selbstverständlich kann er Musikwünsche ablehnen, vor allem, wenn er nachvollziehbar begründen kann, dass bestimmte Stücke einfach nicht geeignet sind - wobei hieraus resultierende Diskussionen mit kirchenfremden Leuten meistens nicht sehr gewinnbringend sind. Als Organist kann man dann aber ja passende Alternativvorschläge machen. So handhabe ich selbst das auch immer wieder mal. Unter uns: In einem sehr schwierigen Fall habe ich auch schon mal schlicht erklärt, dass das gewünschte Stück auf der historischen Orgel unserer Stadtkirche unmöglich darstellbar ist (begrenzter Klaviaturumfang, zu große Windstößigkeit, Stimmung...).
Das, was musikalisch aber sonst noch in einer Trauung geschieht, entzieht sich im Wesentlichen dem Einfluss des Organisten. Wenn das Brautpaar nach dem Ja-Wort unbedingt zu Popklängen aus einem Cassettenrekorder im Chorraum tanzen möchte, kann ich das kaum verhindern, wenn der zuständige Pastor das originell findet ... . Das wäre kein Grund, als Organist meine Mitwirkung an diesem Gottesdienst verweigern zu dürfen.
Ich hab das Hochzeitsproblem als Nebenamtler recht elegant lösen können, nachdem ich mehrmals Krach mit völlig beratungsresitenten Brautpaaren hatte: Ich habe den gesamten Hochzeitsdienst abgegeben, um aber nicht das Gehalt zu schmälern, wurde mir dafür Zeit für die Orgelpflege vertraglich zugestanden, die ich ja auch tatsächlich durchführe. Jetzt hab ich mit dem Hochzeitskram nix mehr zu tun. Ich spiele eh lieber 3 Beerdigungen als eine Trauung.
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