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Lingualpfeife
#4 RE: Lingualpfeife
Ja, der ist sehr unterhaltsam und die Idee ist ausgesprochen verdienstvoll. Er ist auch ein guter liturgischer Organist und versierter gottesdienstlicher Improvisator. Aber wenn er (in seinen ansonsten empfehlenswerten Clips mit Einführungen ins neue "Gotteslob" zu singen anfängt - *grusel*. [grin]
#6 RE: Lingualpfeife
Hab alle seine Einführungsvorlesungen ins neue GL "konsumiert" und war immer sehr neugierig, was ihm so alles an Ge- und Misslungenem auffällt. Nicht unsympathisch, der Kerl. Aber singen sollte man ihn nicht lassen. [grin]
Hach, da gabs doch schon mal so einen... [grin]
Das erinnert mich so an meinen Religionunterricht in der Grundschule. Da hatten wir eine Nonne die uns unterrichtete und regelmäßig auch die obligatorischen Kirchenlieder, so wie das damals bezeichnet wurde, geübt. Begleitet mit ihrem 2 oktavigem Hohner-Örgelchen. Da eine kleine Knabengruppe von ihr immer als des singens unfähig bezeichnet wurde, da wir uns nur im Tieftonbereich mit einem gewissen Untergesang bewegt haben, entschlossen wir uns künftig die Choräle mit der Stimme rhytmisch zu begleiten. Mann war das ein Spaß.
PS: da sieht man mal was so ein Bildchen doch aus dem Unterbewusstsein hervorholen kann.
#9 RE: Lingualpfeife
Jo, Generationen von "Musikpädagogen" haben in den Grundschulklassen all diejenigen als "Brummer" abgestempelt, mit denen man einfach etwas hätte üben müssen. Wieviel natürliche, vorhandene Freude am Singen da aus "pädagogischem Feingefühl", in die Tonne geklopft wurde, weiß nur der liebe Gott ...
Heute ist das umgekehrt. Da wird jeder siebenjährige "Nachwuchsstar" dazu abgerichtet, am Mikrophon zu lecken, sich beim "Kindermusical" zu produzieren und sich danach für einen "Superstar" zu halten - den Umstand ignorierend, dass ein Verstärker aus leisen falschen Tönen laute falsche Töne macht ...
Diesem Umstand werde ich in meinem "Handbuch der kirchenmusikalischen Perversitäten" einen Sonderband widmen müssen. Denn das greift immer mehr und erschreckend um sich....
LG
Michael
#11 RE: Lingualpfeife
Am "Knabenrealgymnasium", welches ich frequentierte, haben wir absichtlich falsch gesungen, um dem Schulchor von Herrn Gymnasial-Oberlehrer Wirtz zu entgehen. (Ich glaube, eigens für den hatte mein Orgellehrer das Kosewort "Obergedönsrat" erfunden, denn W. leitete auch diverse Männerchöre in der Stadt und dem Umland und gebärdete sich stets, als sei er Wilhelm Furtwängler persönlich. Allein aus dem Zurechtrücken eines Klavierschemels konnte er eine abendfüllende Veranstaltung machen. Loriot hätte darüber einen Film drehen können.)
Selbiger, aus unerfindlichen Gründen seit Vorkriegszeiten auf den Spitznamen "Tschitschi" hörend, pflegte bis zu seiner eigenen Erschöpfung und unter dem Jubel der Menge unbotmäßige Sextaner, Quintaner, Quartaner rund um den Musiksaal-Flügel zu verfolgen, um sie "abzuwatschen" - was ihm in den seltensten Fällen und nur bei völlig unsportlichen Mitschülern gelang. Wir waren aber auch wirklich "nett" zu ihm und haben ihm (lebende) Frösche in den Flügel gesetzt - oder eine Eisenkette quer über die Saiten drapiert etc ...
"Tschitschi" spielte natürlich auch im Schulgottesdienst - zweimal in der Woche, dienstags und freitags um SIEBEN Uhr - in einer nahegelegenen Kirche die Orgel. Kirche und Orgel waren neu, letztere hatte, welch' Sensation, einen sechsfachen Setzer. Auf dem ersten lag eine leise, auf dem zweiten eine etwas weniger leise, auf dem dritten eine Registrierung, die dank der schüchternen Verwendung eines 4' zum Begleiten diente.
Auf Setzer vier lag dann was zum Herumsäuseln, auf fünf die "Festgregistrierung" mit kühnem 2' und auf Nummer sechs irgendwas Tuttiartiges für Weihnachten und Osternacht. Da ich einen Schlüssel von der Orgel hatte (mein Onkel war Kirchenvorsteher in der Gemeinde) und dort in der großen Pause des Öfteren vor "fachkundigem" Publikum (den führenen Mafiosi meiner Klasse) herumklimperte, haben wir den Inhalt der Setzer sechs und drei gelegentlich vertauscht. Wenn "Tschitschi" es merkte, war es zu spät. 36 Register - über der Altarwand vorne postiert - feuerten Breitseite ...
Und der Herr Direktor, in seiner Andacht merklich gestört, schüttelte das greise Philosophenhaupt und dachte: "Der Wirtz wird auch älter ..."
LG
Michael
#13 RE: Lingualpfeife
O ja! Der arme Herr Wirtz prophezeihte uns damals, wir würden alle mal im Zuchthaus enden. Seither hießen die Mitglieder des Schulchores bei uns "Tschitschis Zuchthausmusiker" ... [grin] D
Es war - natürlich im rückblickenden Licht der Verklärung - eine herrliche Zeit. 50 Kerle in einer Klasse, da war der Bär los. Unser Motto lautete: Lieber Schule als gar nix zu lachen ...
Vor der Schule war eine unbebaute, dafür aber mit Buschwerk bestandene Wiese. Da blühte das "soziale Leben". Die älteren Semester der Berufsschule nebenan rauchten da gemütlich ihren Joint gegen den ganz normalen Wahnsinn des Alltages. Und ich hielt dort morgens ab viertel nach sieben bis zum Gong zur ersten Stunde meistens Cercle und diktierte meinen Jüngern die Latein-Hausaufgaben, einschließlich einiger Fehler-Varianten, damit Herr Jenner es nicht merkte ...
Da war John Cage mit seinem präparierten Klavier ja nur unwesentlich früher auf die Idee gekommen. Herrlich. [grin]
Bei uns im Burgenland wird traditionell langsam gesungen. Als mir - damals junger Gymnasiast - die Ehre zuteil wurde, einmal im Dom den Schulgottesdienst gemeindegesanglich zu beorgeln, fuhr der Musiklehrer mit mir und einer Solistin einige Tage davor hin, um zu sehen, ob mein Spiel auch wirklich den Erfordernissen des hehren Anlasses entsprach. Schon nach wenigen Takten von "Großer Gott, wir loben dich" unterbrach er mich und meinte: "Nein, nein. Viel zu schnell. Das musst du viel langsamer und würdevoller spielen."
Ansonsten war er aber ein fantastischer Lehrer, dem ich weiß Gott vieles zu verdanken habe. In der Klasse - es war der Musikzweig der Schule - wurde selbstverständlich im vierstimmigen Chorsatz gesungen. Bei Scheins "Deo gratias" blickte er mich und meinen Mitbassisten (jo, damals sang ich noch Bass. Tempora et voces mutantur...), beide mit recht klassisch pseudoopernhaft tönenden-dröhnenden Stimmen gesegnet, streng an und meinte: "Die Herren vom Choralfach mögen ein wenig zügiger singen!" [grin]
#15 RE: Lingualpfeife
Als "Tschitschi" dann in den Ruhestand trat, bekamen wir eine ganz junge Musiklehrerin, frisch von der Uni. Das erste weibliche Wesen an der Schule - mit Ausnahme der Direktoratssekretärin. Und Lehrer und Schüler waren sich einig: In sechs Wochen haben wir die weggeekelt ...
Es dauerte keine vier Wochen, und wir hätten für sie den Teufel samt Großmutter aus der Hölle geholt. Sie verfügte über die Gnade der lokalen Geburt, war zudem mit einem messerscharfen analytischen Verstand, Witz, Schlagfertigkeit und einem garstigen Mundwerk gesegnet. Als wir (immerhin schon Oberstufenschüler) mal keinen Bock auf Singen hatten - am Wochenende hatten wir eine Dorfkirmes aufgemischt und waren entsprechend abgeschlafft - stemmte sie die Arme in die Hüften und donnerte uns an: "Los, Männer, wer sonntags saufen kann, der kann auch montags singen - und glaubt nur net', dass ich "Tschitschi" heiß' ..."
Sie war ja zunächst noch Referendarin. Wenn sie Lehrproben halten musste, funkelte sie uns vorher an: "Männer, lasst mich bloß net hängen ..." Und wir haben ihre Beförderung zur Studienrätin mit einem Gelage gefeiert, das in den offiziellen Annalen der Schulgeschichte mit dem Attribut "ausgelassen" beschrieben wird.
Wir haben uns regelmäßig weggebrüllt, wenn sie satirisch-kritische Werkanalyse betrieb. (O-Ton über Wagner: "Mer glaubt et net, dat so ein A-Loch so geniale Musik schreiben konnte ..") Und wenn sie gelegentlich ihre geschätzten Kollegen charakterisierte bis karikierte, lagen wir unter den Bänken. Sie hieß bald mit Spitznamen "Beppchen" (der Dialekt-Kosename für Barbara). Sie trug ihn wie andere das Bundesverdienstkreuz. Vor ein paar Jahren ging sie in Pension als beliebteste Lehrkraft aller Zeiten. Wenn ich sie später traf und sie einer Begleitung hochoffiziell vorstellen wollte, kam sie mir immer zuvor und erklärte: "Eich senn dat Beppchen."
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