St. Heinrich, Bamberg

08.07.2016 20:39
avatar  Romanus ( gelöscht )
#1 RE: St. Heinrich, Bamberg
Ro
Romanus ( gelöscht )

So sehr ich historische Orgeln liebe gibt es doch auch jüngere Instrumente (Kann man eine 65-jährige Orgel noch dazu rechnen ? Wo fängt bei Pfeifenorgeln eigentlich "historisch" an ? :kratz, die meinem Klangideal weitgehend gerecht werden:
Ein nettes YT-Video demonstriert Klänge der 1951 erbauten Walcker-Orgel von St. Heinrich in Bamberg:
https://www.youtube.com/watch?v=vHteI9hp9z4

Man beachte die angenehmen, vollklingenden, hell-leuchtenden, aber nie aggressiv-scharfen Mixturen, die mit den Prinzipalen zu einem vollen und klaren Plenumklang verschmelzen, im Gegensatz zu den meisten Digitalorgeln, bei denen die Mixturen das Plenum eher verderben, anstatt es zu krönen, weil sie eben NICHT mit den Prinzipalen verschmelzen, sondern unangenehm-schneidend hervorstechen. Ausnahmen (z.b. Johannus LiVE III, Ahlborn Organum/Praeludium ...) bestätigen wie immer die Regel.

Ich wünsche mir von den Digitalorgel-Machern aufmerksameres Hinhören und stärkere Orientierung an derartigen Pfeifenorgeln, die nicht zwangsläufig historisch sein müssen ! Dafuer:


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06.10.2016 18:30
#2 RE: St. Heinrich, Bamberg
Ma

Mit 58 Registern schon eine richtige Großorgel; Zungenchöre 16', 8', 4' auf jedem Mannual, auch neobarocke Aliquote wie None und Septime sind drin(geblieben), aber ansonsten würde ich nicht meine Hand dafür ins Feuer legen, dass sie exakt so klingt wie zur Erbauungszeit. Zumindest der Spieltisch sieht definitv nach den späten 80er oder auch den 90er Jahren aus.

Gloria Concerto 350 Trend

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07.10.2016 01:24
#3 RE: St. Heinrich, Bamberg
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Intonationsmeister

Ein schönes Video wo auch mal Einzelstimmen gespielt werden. Fast noch beeindruckender als die Mixturen fand ich aber die Zungenstimmen. Das Regal 4' war zwar etwas verstimmt aber trotzdem eine gute Verschmelzung.
Ich wußte gar nicht das es eine Nachthornterz gibt. [wink]

LG
Frank

Gloria Concerto 355cc

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07.10.2016 10:17
#4 RE: St. Heinrich, Bamberg
cl

Der Prospekt erinnert mich übrigens in seinen Gestaltungsformen sehr an die Marienorgel (Steinmeyer) in Ottobeuren. An diesem Instrument entdecke ich sehr viele Steinmeyerparallelen. So wage ich den Tipp, daß Steinmeyer mit im Angebotsboot gesessen haben könnte. Ob die Intonation wirklich noch original ist, wage ich zu bezweifeln. Zu der Erbauungszeit haben Walcker´s Intonateure garantiert ein Nachthorn 16´ höchstens pommern (leichtes Anklingen der Oberquinte) lassen, geschweige denn eine Quintade 16 davon gemacht. Das zur Quintade mutierte Nachthorn läßt auf eine Erhöhung des Winddrucks schließen, wie auch das Einschwingverhalten der Zungen. Das Nachthorn 16´hatte offensichtlich im Mensurkonzept (jetzt wäre interessant wer sie gemacht hat) eine maßgebende Rolle. Denn darauf bezieht sich die Nachthornterz ( in der Literatur zu finden bereits im frühen 20. Jhdt. z.B. bei Löffelholz, Ellerhorst, Bornefeld, Hans Henny Jan, Klotz...) in der Mensurenweite. Man träumte wahrscheinlich von einem Cornet auf 16´ Basis, traute sich aber nicht mehr an die Großaliquoten heran aber der färbende 5 1/3´ist ja schon (pommern) vorhanden.

Liebe Grüße vom Clemens

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07.10.2016 10:36
#5 RE: St. Heinrich, Bamberg
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Moderator

Das war die Zeit, als bei Walcker an vier Standorten mehr als 70 Meister umeinanderwerkelten. Für jedes Projekt war ein eigenes Team zuständig mit einem eigenen Intonateur. Außer vielen "Fabrik"orgeln entstanden da Instrumente von beachtlicher klanglicher und handwerklicher Qualität - je nachdem, welche Gruppe daran arbeitete. In einer kath. Kirche im hessischen Altenstadt z.B. steht eine ungemein stimmige Walckerin aus den 60ern mit II/20, hier in Wetzlar in der Hospitalkirche eine mit II/31 aus den 30ern, die in den späten 50ern (noch auf Kegellade) erweitert wurde - sehr puristisch ohne SW und Tremulanten. Die zwischen den Kriegen auch in orgelbewegten Instrumenten weit gewählten Prinzipalmensuren (z.T: in Zink!) sorgen für einen vollen, tragenden Klang ohne Schärfe. Zu enge Prinzipale und der Verzicht auf die Prinzipalbasis 8' im Hw waren Sackgassen, in die die Orgelbewegung erst in den Nachkriegsjahren gelaufen ist. Wobei es Firmen gab (Klais, Seifert, Steinmeyer, Zeilhuber - wo weit mensurierte Prinzipale zur Hausästhetik gehörten), die da einfach nicht mitgelaufen sind.

LG
Michael


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25.10.2016 15:20
#6 RE: St. Heinrich, Bamberg
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Ob eine Orgel unter "Denkmalschutz" hängt u.a. davon ab, ob künstlerische, sonstige kulturelle und geschichtliche Gründe dieses Instrument als besonders erhaltenswert einstufen. Vor ca. 30 Jahren standen Orgeln, die vor 1900 gebaut wurden unter Denkmalschutz. Mittlerweile dürfte sich diese Grenze bereits nach oben verschoben haben.

Eine besonders schöne Walcker-Orgel aus 1974 befindet sich in der Wallfahrtskirche Maria Schutz/Semmering im historischen Hencke-Gehäuse mit 25 Registern. Sehr edler Klang und keine schreienden Mixturen. Wirklich zu empfehlen dieses Instrument.

Johannes


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