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Warum ist die Frauenkirche eigentlich so scheckig ?
Gerade beim Adventkonzert aus Dresden ist es mir wieder aufgefallen:
Die Fassade der Frauenkirche ist uneinheitlich betreffend Farbton und v.a. Helligkeit, ein paar dunkle Fassadensteine stechen aus der grundsätzlich hellen Fassade grob hervor. Warum eigentlich ?
Ich kann mir schon denken, dass die dunklen Steine wohl die älteren sind, die noch aus der Zeit vor dem 2. WK übrig sind, aber warum konnte man diese Steine nicht entsprechend aufhellen bzw. einfärben (oder die neuen dunkler machen) und so ein einheitliches Erscheinungsbild schaffen ?
Ich bin überzeugt, mit einer einheitlichen Fassade wäre die Kirche noch viel schöner !
Hmmmh, das würde so ziemlich sämtlichen denkmalpflegerischen Grundsätzen widersprechen, nicht nur im speziellen Fall in Dresden, wo man sicher stolz ist, dass noch zwei Ecken der Kirche (ruinös) stehengeblieben waren.
Altem Bestand sollte man bitte das Alter auch ansehen dürfen, gegen Patina ist doch nichts zu sagen. Ich finde es so viel interessanter, alte Steine erzählen die lebhafte Geschichte des Gebäudes. Vergleiche die wunderbare Amalienorgel (das Bild unten).
Umgekehrt ist auch ein denkmalpflegerischer Grundsatz, dass Ergänzungen als solche sichtbar bleiben müssen. Bei der berühmten Trost-Orgel in Waltershausen also eine perfekte verkleinerte Stilkopie des Hauptgehäuses als "passende" Erweiterung (Rückpositiv, was es nie gegeben hat) zu installieren, würde zu Recht Proteste der Denkmalpflege hervorrufen. Das gilt meines Erachtens auch für rekonstruierende Erweiterungen.
Ich verstehe ja, dass die Steine denkmalgeschützt sind, aber auch die Farbe ? Ist das überhaupt die ursprüngliche Farbe ? Waren die Steine immer schon dunkelgrau oder sind sie es erst nach dem Bombardement geworden ?
Und die neuen Steine dunkler zu machen, wäre nicht gegangen ? Dann wäre zwar die ganze Kirche dunkelgrau, auch das finde ich immer noch besser als das Durcheinander von hell-beige+dunkelgrau.
Wenn man schon unbedingt an den 2. WK erinnern will, hätte man dann nicht wenigstens eine Bombarde in der Orgel disponieren können ?
Ja, Ästhetik ging mir schon immer über Denkmalschutz:
Das ist jetzt vielleicht ein extremes Beispiel, aber am liebsten würde ich bei unserem Stephansdom den Nordturm in der ursprünglich geplanten Form (baugleich mit dem hohen SüDturm) ausbauen lassen, das wäre viel ästhetischer als der abgeschnitten aussehende Stummel-Turm mit der mickrigen Renaissance-Kuppel. [sad]
Außerdem würde ich die neueren Fenster-Gläser optisch den gotischen (und ebenfalls im 2.WK zerstörten) Originalfenstern angleichen.
In Trier stellt sich jedenfalls nicht die Frage, ob man das schwarze Tor sandstrahlen sollte ...
Zitat von Martin78
In Trier stellt sich jedenfalls nicht die Frage, ob man das schwarze Tor sandstrahlen sollte ...
Der Kontrast ist in Trier wenigstens nicht so extrem wie bei der Frauenkirche, das schwarze Tor kann von mir aus so bleiben.
Machthorn
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gelöscht
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#6 RE: Warum ist die Frauenkirche eigentlich so scheckig ?
Zitat
Ich bin überzeugt, mit einer einheitlichen Fassade wäre die Kirche noch viel schöner !
Man vergesse nicht, dass die Frauenkirche nicht (nur) aus rein ästhetischer Sicht wieder aufgebaut wurde. Sie ist auch eine Erinnerung an die Schrecken des Krieges und ein Mahnmal für Frieden und Völkerverständigung. Nicht umsonst ist sie auch Teil der Nagelkreuzgemeinschaft. Gerade an der Frauenkirche finde ich das besonders wichtig, nachdem die Deutschen die Kathedrale von Coventry und die Briten die Frauenkirche zerstört hatten.
Ja, dieses schwärzeste Kapitel unserer Geschichte liegt in der Vergangenheit und ich trage selbst nicht die geringsten Schuldgefühle, ich war ja noch gar nicht dabei. Aber gerade weil es Teil unserer Geschichte ist, dürfen wir nie vergessen. Denn vergessen macht unvorsichtig und so etwas darf nie wieder passieren!
Klassikfreund
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gelöscht
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#7 RE: Warum ist die Frauenkirche eigentlich so scheckig ?
Vieles ist hier schon richtig gesagt worden. Aus meiner Sicht ist es für mich unverständlich, warum man die Silbermannorgel nicht wieder rekonstruiert hat. Das wäre ohne weiteres möglich gewesen, weil auf Grund der vielen erhaltenen Silbermannorgeln die Bauweise bekannt war (Silbermann hatte seinerseits schon "modular" gearbeitet).
Rauschbass
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gelöscht
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#8 RE: Warum ist die Frauenkirche eigentlich so scheckig ?
Zur Frauenkirche schreibt Silke Arnold-De Simine in Ihrem Aufsatz &bdquoDie Konstanz der Ruine. Zur Rezeption traditioneller ästhetischer Funktionen der Ruine in stäDtischer Baugeschichte nach 1945“. Sie beschreibt die dunklen Steine als „Narben einer verheilten Wunde“. Diese konservatorische Haltung wird im Übrigen noch deutlicher im konservatorischen Konzept des von Chipperfield renovierten „Neuen Museums“ in Berlin, wo die KriegsschäDen noch eindrucksvoller integriert wurden.
Also nicht Denkmalschutz, sondern Integration der Geschichtlichkeit in ein Gebäude, Denkmalschutz hat andere Zielsetzungen und Wirkweisen. Die Rekonstruktion des Stadtschlosses ist da allerdings wieder etwas anderes...
Zitat von Romanus
Wenn man schon unbedingt an den 2. WK erinnern will, hätte man dann nicht wenigstens eine Bombarde in der Orgel disponieren können ?
... manche Dinge muss man nicht mal kommentieren, das Zitat reicht.
Zitat von Rauschbass
Zitat von: Romanus am 04. Dezember 2016, 21:14:00
Wenn man schon unbedingt an den 2. WK erinnern will, hätte man dann nicht wenigstens eine Bombarde in der Orgel disponieren können ?
... manche Dinge muss man nicht mal kommentieren, das Zitat reicht.
Das war ein (wenn auch etwas makaberer) Witz ! (Ich dachte, das müsste schon allein an den Smilies unverkennbar sein.) [sad]
Romanus
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gelöscht
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#11 RE: Warum ist die Frauenkirche eigentlich so scheckig ?
Zitat von Klassikfreund
Aus meiner Sicht ist es für mich unverständlich, warum man die Silbermannorgel nicht wieder rekonstruiert hat. Das wäre ohne weiteres möglich gewesen, weil auf Grund der vielen erhaltenen Silbermannorgeln die Bauweise bekannt war (Silbermann hatte seinerseits schon "modular" gearbeitet).
Ich würde das im Krieg zerstörte 5-manualige, pneumatische, 85-registrige Sammelsurium nicht mehr als Silbermann-Orgel bezeichnen, es gibt übrigens sogar noch Aufnahmen davon:
https://www.amazon.de/Orgelkonzert-Frauenkirche-Ander-Donath-Hanns/dp/B00002DFH0/ref=pd_sim_sbs_15_2?_encoding=UTF8&psc=1&refRID=W2HQY0BMVRECHKHBFKCW
Mit Silbermann hatte das nicht mehr allzuviel zu tun und nach dem Bombardement war sowieso nichts brauchbares mehr davon übrig.
Aber du meinst wahrscheinlich Rekonstruktion des Status von 1750. Kann man nach über 250 Jahren so einfach "Silbermann bauen" ? Wenn man das könnte, gäbe es wohl viele rekonstruierte Silbermann-Orgeln, denn wer will sowas nicht haben ? Es wäre - wie auch immer man dieses Unterfangen betitelt hätte - sowieso nur eine historisierende Imitation der einstigen Silbermann-Orgel geworden.
Darüber hinaus findet sich zu den meisten in der Silbermann-Orgel disponierten Registern auch in der neuen Kern-Orgel entsprechendes wieder, man kann also, wenn man will, bei entsprechender Registrierung damit durchaus einen Silbermann-ähnlichen Klang generieren, der aus einer "rekonstruierten Silbermann-Orgel" heraus auch nicht viel anders klingen würde.
Die neue Kern-Orgel steht rein optisch der einstigen Silbermann-Orgel in fast nichts nach und stellt klanglich und vom Gesamtkonzept her eine äußerst gelungene Lösung zwischen Silbermann-Imitation und moderner Universalorgel dar. Dafuer:
Machthorn
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gelöscht
)
#12 RE: Warum ist die Frauenkirche eigentlich so scheckig ?
Zitat
Aus meiner Sicht ist es für mich unverständlich, warum man die Silbermannorgel nicht wieder rekonstruiert hat.
Das war seinerzeit eine sehr heiße Diskussion. Die Entscheidung für "Silbermann Plus", wie die umgesetzte Lösung auch genannte wurde, hat sogar einige Sponsoren vertrieben. Ich war damals auch etwas enttäuscht, halte es aber inzwischen genau so wie Romanus: Mit dem neuen Instrument lässt sich alles machen, was 1750 authentisch gewesen wäre, aber eben noch viel mehr. Die Kirche dient ja in nicht unerheblichem Maße auch als "Konzerthaus" mit entsprechenden Anforderungen an die Orgel.
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