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Alles Clavier?
Nachdem ich bequemen Zugang zur Bach-Gesamtausgabe der alten Bach-Gesellschaft (Wilhelm Rust, Moritz Hauptmann & Co.) aus der 2. Hälfte des 19. Jhdts. auf meinem Tablet habe, wühlte ich mich durch die "Klavierwerke" (BWV 772-994). Obwohl diese Ausgabe der heutigen Editionstechnik wohl nicht mehr entspricht, deren Manko neuere Ausgaben wettzumachen versprechen, sind sie eine (P)Fundgrube, die meinen Erinnerungen von Neuem auf die Sprünge hilft.
Da als Clavier jedes Tasteninstrument zählt, stellt sich die Frage, ob o. g. BWV 772-994 auch auf der Orgel authentisch darstellbar sind.
Positiv beantwortet werden kann das m. E. für fast alle der polyphon, jedoch weniger für die rezitativisch intendierten Stücke bzw. Sätze.
Wer auf seiner Digitalorgel Cembalo 8' und 4' hat, ist natürlich besonders fein raus.
Vielleicht eignet sich das Thema für einen schönen Streit über den Tellerrand hinaus.
#2 RE: Alles Clavier?
Na, wenn die Bach-Söhne Papas Triosonaten auf dem Pedalcembalo spielten, dann liegt der Umkehrschluss nahe. Ich spiele die "Clavier"-Fantasie a-moll sehr gern an der Orgel. Dazu habe ich mir eine Pedalstimme eingerichtet. In der Breitkopf-Ausgabe ist sie unter die Orgelwerke einsortiert -ebenso wie die beiden jedem Klavierschüler bekannten C-Dur-Fugen.
Bachs Polyphonie ist immer orgeltauglich, finde ich.
Das mit dem Cembalo ist eine Idee. Der Hoffrichter SE24 hat eines integriert ...
Bisher habe ich es eher stiefväterlich behandelt. Nur mal etwas herumgeklimpert ...
LG
Michael
Bach´s Klavierwerke klingen eigentlich alle auf der Orgel fast noch besser und meiner Meinung nach sogar authentischer als auf dem modernen Klavier und wer hat denn heutzutage noch ein Cembalo zuhause ?
Okay, die Concerto hat unter den Orchestrals auch brauchbare Cembalo-Sounds, denen ich trotzdem Orgelklänge vorziehe.
Das gilt auch und gerade für die kleinen Präludien und Fughetten, die Inventionen und Sinfonien, die englischen und französischen Suiten und erst recht für das "Wohltemerierte Clavier".
Ich erinnere mich noch gut an mein allererstes Probespiel für eine Reserve-Organistenstelle in meiner Heimatstadt MöDling im zarten Alter von 13 Jahren. Nachdem ich damals noch keine Vollpedal-Orgel zum Üben hatte, waren mir Bach´s Klavierwerke für solche Gelegenheiten höchst willkommen:
Reinmar Wolf, damals schon Organist in St. Othmar, war sehr "vorsichtig" und ließ mich zuerst nur ganz leise spielen, weil er mich noch nicht kannte und aufgrund meines jugendlichen Alters wohl fürchten musste, die Ohren der nach der Abendmesse noch verweilenden Kirchenbesucher könnten durch allzu amateurhaftes Spiel brüskiert werden. [grin]
Also spiellte ich zunächst eine Eigenkomposition, ein kleines Präludium in g-Moll mit Gedackt 8´allein, das Wolf´s Bedenken zerstreute.
Danach durfte ich mit vollem Werk loslegen und spielte das kleine Präludium in C-Dur BWV 933 (laut Bach "für Anfänger auf dem Clavier", das klang für meine damaligen Ohren einfach herrlich, überzeugte auf ganzer Linie und ich bekam meine Chance, Messen zu begleiten.
Auch heute spiele ich gelegentlich noch Präludium und Fuge c-Moll BWV 847 zum Auszug und es kommt erstaunlich gut an.
Ein weiterer Geheimtip für die Orgel ist das Menuett aus der 3. französischen Suite in h-Moll, der Rahmenteil als Bicinium registriert und der Mittelteil mit Flötenchor.
Nicht umsonst heißt ein nicht unwichtiger Teil von Bach´s Orgelwerken "3. Theil der Clavierübung". [wink]
#4 RE: Alles Clavier?
Aus dem Zauberreich der Claviermusiquen, gibt es morgen als Nachspiel:
Aria A-Moll mit 15 Variationen von Johann Christoph Bach (1642-1703). Die Satzweise läDt bei einigen Variationen den Organisten sofort zur Pedalverwendung ein [wink].
Besonders die Schlußvariation greift einem Max Reger recht kühn vor. Schade, daß ich keine mitteltönige Stimmung in der Kirche habe.... da wirken diese Harmonien noch wesentlich erschütternder...
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