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William Walond: Voluntary (Andante) in d-Moll
Ein Video dieses Stücks war in den letzten Monaten auf der englischsprachigen Johannus-Seite. Die Noten dazu (aus dem "Gauss" gibt's bei IMSLP.
Hört's euch mal an: Wie gefällt euch die Registrierung? Normalerweise hätte ich bei einem Voluntary und angesichts des Charakters des Stücks Grundstimmen 8' (und 4' erwartet. Den Kanon in der linken Hand mit einer Kornettmischung oder einer sanften Solozunge hervorheben (Tremulanten für Solo und Begleitung!) - das kann man sicher so machen. Wenn das Anfangsthema wieder in a-Moll wiederkehrt, klingt die Registrierung allerdings m.E. ziemlich grauslich: Kornettmischung und Oboe plus Tremulant. Wie findet ihr es?
P.S. Ob ein Noten-Tablet den Lapsus zwischendurch beim Blättern (ca. 1:02) verhindert hätte? [wink]
#2 RE: William Walond: Voluntary (Andante) in d-Moll
That's another world. That's America. And - I thank god - it's not "my" world ...
Especially, if it wants to get "great again" ... [grin]
Der Gauss ist eine Bearbeitung. Wie die gesamte britische Literatur der Zeit ist das Original "Dünnstimmiger" und ein reiner Manualiter-Satz. Arrangements für "pedal organ" sind in den USA aber sehr im Schwange. Urtext? Why?
Ich habe in den USA zwei Strömungen beobachtet: Historismus, oft gepaart mit Perfektionismus. Ich hatte mal einen jungen Kollegen aus den USA zu Besuch, der schrieb sich akribisch alle Fingersätze ab, die mir mein Orgellehrer in die Buxtehude-Ausgabe gemalt hatte. Für ihn war das "the german way".
Strömung zwei (und nach meiner Beobachtung die häufigere): Eklektizismus. Alles, was gefällt, wird irgendwie gemacht und solange zurechtgemischt, bis es einen Publikumsgeschmack trifft - in der vorliegenden Aufnahme geht es ja um eine "weihevolle" Atmosphäre. Und dazu ist jedes Mittel recht. Und die Mittel erster Wahl sind Tremulanten und künstlicher Hall. Europäische Registriergewohnheiten? Die Suche nach einem annähernd authentischen Klangbild? Why?
LG
Michael
Alles, was gefällt, wird irgendwie gemacht und solange zurechtgemischt, bis es einen Publikumsgeschmack trifft - in der vorliegenden Aufnahme geht es ja um eine "weihevolle" Atmosphäre. Und dazu ist jedes Mittel recht.
LG
Michael
[/quote]
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Tja Michael, das ist so eine sache die mich immer wieder beschäftig. Nur ein kleines Beispiel dazu: Mache ab und zu mal im privaten Kreis, durchmischtes Alter, ein kleines Konzert. Was ich immer wieder feststelle im Nachhören der Kritik, daß die Stücke wo ich großen Übeaufwand hatte und auch der würdigen Literatur entsprechend kommentiert werden, mit ja war gut , aber etwas schwer vom Thema (i.d.F. Adagio in D von Albinoni) aber das Stück da von xxxx Largo, das war super. Ich hätte es eher umgekehrt erwartet, sonst hätte ich mich auch nicht so lange mit beschäftigt. Aber das einfachere Werk (ich möchte das jetzt nicht abwerten, klang halt schön und ging ins Ohr).
Und genau hier beginnen meine Bedenken, ob künftig Orgel nur noch aktzeptiert wird, wenn irgenwelche Pop - Transkriptonen oder Soft - Musik benutzt wird um der Orgelmusik noch nicht so nahestehende zu begeistern.
Ich war letzes Jahr in einem Konzert - Orgel rockt .. nie wieder. Publikum wie auf dem Oktoberfest ... in der Pause Bierflasche auf der Kirchenbank. Ich denke genau hier fängt es an das Ziel zu verfehlen. Deshalb finde ich es auch immer gut wenn der Interpret zu beginn des Konzerts etwas zus einen Werken sagt um einfach einen besseren Bezug auch für Unbekanntes zu bekommen.
Vielleicht ist das ein Ziel.
#5 RE: William Walond: Voluntary (Andante) in d-Moll
Zitat von Orgelfan
Hört's euch mal an: Wie gefällt euch die Registrierung?
Spiel das immer mit 8´ern ...ist für mich klanglich die beste Wahl für das Stück. rgel:
Jo, wichtig ist der Plural. Die Engländer liebten es, zum "Open Diapason" immer noch den "Stopped Diapason" (also ein fülliges Gedackt) in Äquallage (!) zu ziehen. Das ergibt an Ihren Orgeln einen sehr ruhigen Klang, der aber nicht ermüDet. Die Mikroverstimmungen zwischen den beiden Stimmen sind dabei das "Salz in der Suppe".
LG
Michael
#6 RE: William Walond: Voluntary (Andante) in d-Moll
Zitat von Orgelfan
Ich war letzes Jahr in einem Konzert - Orgel rockt .. nie wieder. Publikum wie auf dem Oktoberfest ... in der Pause Bierflasche auf der Kirchenbank. Ich denke genau hier fängt es an das Ziel zu verfehlen. Deshalb finde ich es auch immer gut wenn der Interpret zu beginn des Konzerts etwas zus einen Werken sagt um einfach einen besseren Bezug auch für Unbekanntes zu bekommen.
Vielleicht is das ein Ziel.
Das kann ich toppen: Vor gut fünfzehn Jahren waren wir mal im Orgelkonzert in der "Grote Kerk" in Alkmaar. Schönes Programm, schön gespielt an einer schönen Orgel: Kerckhoven, Sweelinck, Scheidemann, Bach. Dann wurde in der Konzertpause im Seitenschiff eine neongrün (*würg*) ausgeleuchtete "Coffee-Bar" eröffnet. Man stand - wohlgemerkt in einem der bedeutendsten Kirchenbauten der NL - an Bistrotischen, rauchte (nicht nur Tabak, wie mir mein feines Näschen verriet) und plauderte. Wir waren doch recht irritiert. Denn bei uns ist der Kirchenkaffee besser [grin] und wird hinterher im Gemeindesaal gereicht ...
Aber das Konzert (der Hausherr spielte) war gut besucht - nach meinen Beobachtungen meistens Touris, lokaler Fanclub des Titulars und ein paar Leute, die ungestört rauchen wollten ...
Als wir am nächsten Morgen dort in den Gottesdienst gingen, war an einer Stelle, die wir vorher überhaupt nicht bemerkt hatten, (die gesamte Bestuhlung war am Abend vorher zur Orgel gerichtet) ein Altar errichtet, drumherum das, was meine Frau als "therapeutischen Stuhlkreis" zu bezeichnen pflegt. Und wenn wir nicht in voller Familienstärke gekommen wären, hätte man dort zur Eröffnung "Liebster Jesus, wir sind vier" singen können. Immerhin - an einem nahen Positiv waltete der Maestro seines liturgischen Amtes mit Kompetenz und Distinktion.
Die Predigt belegte dann, warum da niemand kommt. Inhalt: Habt Euch alle lieb, piep, piep, piep ...
Dafür muss ich nicht in die Kirche. So was steht auch auf Abreißkalendern mit schönen Tierfotos ...
Andere Länder, andere Sitten ...
So kann sich Kirche freiwillig selber in die Belanglosigkeit säkularisieren ...
LG
Michael
Zitat von Wichernkantor
So kann sich Kirche freiwillig selber in die Belanglosigkeit säkularisieren ...
LG
Michael
Ja, Michael ..... leider ist das so bei ev. wie kath. festzustellen. Bei manchen Priestern frag ich mich warum sie den Beruf erwählt haben. Die predigen kpl. an der Realität vorbei .. irgendwie eine eigene Welt. Zum Glück gibts auch noch die Realisten die einem abeitenden und in der Verantwortung stehendem Menschen noch was mitgeben können. Leider sind es aber die älteren Pfarrer, bei den Jüngeren stelle ich oft eine Tendenz vor das 2te vatikanische Konzil ... leider fest. Die Pfarrer benötigen nur noch schnelle Autos um die Seelsorgeeinheiten abzufahren und sind somit froh und dulden es, daß der Laden halt irgenwie läuft, wenn irgendwelche Halbthelogen(innen) sich dann selbsverwirklichen möchten.
Zitat von Wichernkantor
That's another world. That's America. And - I thank god - it's not "my" world ...
Especially, if it wants to get "great again" ... [grin]
Der Gauss ist eine Bearbeitung. Wie die gesamte britische Literatur der Zeit ist das Original "Dünnstimmiger" und ein reiner Manualiter-Satz. Arrangements für "pedal organ" sind in den USA aber sehr im Schwange. Urtext? Why?
Naja, passt irgendwie zur Kirche, die in ihren merkwürigen Proportionen (ein Neubau!) und der auf pseudobarock getrimmten Ausstattung für mich irgendwie das Flair einer Moskauer U-Bahn-Station hat.
Hast du zufällig das Original da? An sich finde ich die Bearbeitung (klar, dass die Bögen und Dynamikzeichen nicht vom Komponisten stammen) schon ziemlich orgelgerecht. Frag mich, was beim mutmaßlichen Original - ein Pedalwerk kannte man doch vor dem 19. Jhdt. bei englischen Orgeln noch nicht ? - rausfallen könnte, die linke Hand mit dem Kanon kann man ja nicht weglassen, und an vielen Stellen sorgt die weite Lage (wurde hier evtl. die Bassstimme nach unten oktaviert?), dass man den Satz nicht gut manualiter spielen kann.
#9 RE: William Walond: Voluntary (Andante) in d-Moll
Na ja, für "Selbstverwirklicher" (seien es Theologen oder Musiker [wink]) bieten hierarchische Institutionen eine solide Plattform. Wo kriegt man schon so viel Sozialstatus auf Vorschuss, allein durch die Uniform oder den Dienstrang?
Aber die Zeiten haben sich geändert. Als ich vor mehr als 35 Jahren ins marienfromme Unterfranken kam, glaubte ich, in eine Zeitblase geraten zu sein. Da knieten die Kühe noch auf den Feldern nieder, wenn der HH in der Soutane vorbeischlappte. Das ist auch dort längst passé. Und das ist gut so.
Denn Autorität ist das Produkt aus Fachkompetenz und Sozialkompetenz.
Und das ist die "Überlebensschance" - Luthers Apfelbäumchen sozusagen.
Wir suchen ja gerade einen neuen Pfarrer. Und vorher haben wir uns mit dem KV auf einer Klausur überlegt, was wir eigentlich wollen. Ein kluger Gemeindeberater hat uns auf das richtige Gleis gesetzt. Er fragte uns: Wollt ihr nur "volle Gottesdienste"? Oder wollt ihr, dass die Leute von Euch sagen: Die machen ernst mit dem Evangelium?
Unserer "Event"-Fraktion zog er mit einem kräftigen Ruck den Zahn, dass man "niederschwellige" Gottesdienste mit viel "Action" anbieten müsse. O-Ton: "Die interessieren kein Schwein. Und ihr verprellt Euch auch noch die, die im Gottesdienst einfach Ruhe von der Alltagshektik und rituelle Sicherheit suchen."
Er machte uns deutlich: Das "Event" liegt im Alltag, ereignet sich am Werktag - wenn die Leute aus der Gemeinde zu den anderen rundum gehen und ihnen vorleben, was sie am Sonntag im Evangelium gehört haben.
Wenn man diesen Ansatz weiterdenkt, hat man eigentlich keine Bange. Nirgendwo in der Schrift steht was von "Volkskirche" ... sauber sortiert in Konfessionen, Landeskirchen, Kirchenkreise, Dekanate, Pfarreien. Geleitet von Pfarrern, Superintendenten, Generalsuperintendenten und Feldmarschall-Superintendenten, die dann in der ewigen Herrlichkeit als Flügeladjutanten am himmlischen Thron fungieren.
Im Evangelium steht immer nur was von Lebensrelevanz ... [grin]
LG
Michael
#10 RE: William Walond: Voluntary (Andante) in d-Moll
Zitat von Martin78
Naja, passt irgendwie zur Kirche, die in ihren merkwürigen Proportionen (ein Neubau!) und der auf pseudobarock getrimmten Ausstattung für mich irgendwie das Flair einer Moskauer U-Bahn-Station hat.
Hast du zufällig das Original da? An sich finde ich die Bearbeitung (klar, dass die Bögen und Dynamikzeichen nicht vom Komponisten stammen) schon ziemlich orgelgerecht. Frag mich, was beim mutmaßlichen Original - ein Pedalwerk kannte man doch vor dem 19. Jhdt. bei englischen Orgeln noch nicht ? - rausfallen könnte, die linke Hand mit dem Kanon kann man ja nicht weglassen, und an vielen Stellen sorgt die weite Lage (wurde hier evtl. die Bassstimme nach unten oktaviert?), dass man den Satz nicht gut manualiter spielen kann.
Irgendwo habe ich das bestimmt - aber ich muss suchen. Mach' ich heute Nachmittag mal ...
LG
Michael
#12 RE: William Walond: Voluntary (Andante) in d-Moll
Nö, nur allgemeine Lebenserfahrung eines Zeitgenossen, der in seinem Erdenwallen mit ganzen Regimentern von Heißluftproduzenten aller Dienstgrade und Waffengattungen zu tun hatte ... [grin]
@ Martin: Heureka! Ich habe mehr Ordnung in meinem Chaos als vermutet.
Guckst Du in PN, hast Du Link in meine Dropbox.
LG
Michael
Zitat von Wichernkantor
@ Martin: Heureka! Ich habe mehr Ordnung in meinem Chaos als vermutet.
Guckst Du in PN, hast Du Link in meine Dropbox.
Bedankt!
Wie vermutet: Das Pedal wurde an einigen Stellen orgelmäßig zur Erzielung "Der besten Gravität" nach unten oktaviert, ansonsten ist das bei Gauss haargenau der Originalsatz (natürlich unter Hinzufügung der Vortragsangaben). Das im vorletzten Takt bei Gauss notierte d (linke Hand) muss natürlich ein e sein.
Hallo,
Zitat von Martin78
Naja, passt irgendwie zur Kirche, die in ihren merkwürigen Proportionen (ein Neubau!) und der auf pseudobarock getrimmten Ausstattung für mich irgendwie das Flair einer Moskauer U-Bahn-Station hat.
ist zwar OT, aber die Moskauer Metro ist großartig!
Beste Größe von der Waterkant
Christoph P.
Zitat von Wichernkantor
Unserer "Event"-Fraktion zog er mit einem kräftigen Ruck den Zahn, dass man "niederschwellige" Gottesdienste mit viel "Action" anbieten müsse. O-Ton: "Die interessieren kein Schwein. Und ihr verprellt Euch auch noch die, die im Gottesdienst einfach Ruhe von der Alltagshektik und rituelle Sicherheit suchen."
Sorry, OT, aber bin so 100% d'accord... Dass diese Anbiederei dann weder das "traditionelle" noch das "moderne" Publikum wirklich überzeugt, wird vielfach übersehen. Man verliert unterm Strich mehr Leute, als man gewinnt. Wie oft habe ich mich schon geärgert, wenn ich, zugegebenermaßen auch liturgisch eher konservativ geprägt, eine Stunde der Besinnung/Ruhe/Erbauung suchend, in so nem Schrumm-Schrumm-Activity-GD gelandet bin. Dann lieber eine Stunde an die frische Luft und durchs Feld marschieren, da bin ich näher beim Herrn...
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