Nach der Generalprobe noch üben ? Pro und Kontra

09.06.2017 18:43
avatar  Romanus ( gelöscht )
#1 RE: Nach der Generalprobe noch üben ? Pro und Kontra
Ro
Romanus ( gelöscht )

Ich erinnere mich noch gut an meine Organistenausbildung, einmal hatten wir einen Workshop zum Thema "richtig Üben".

Dabei hat uns die Vortragende empfohlen, nach der Gereralprobe (am Instrument der Aufführung) nicht mehr auf der eigenen Orgel zu üben, weil dies (aufgrund des an jeder Orgel unterschiedlichen Spielgefühles) einen "negativen Übungseffekt" zur Folge haben könnte, d.h. man hat sich bereits auf das Instrument der Aufführung eingestellt und diese Adaptation würde durch nachträgliches Üben auf der eigenen, gewohnten Orgel wieder beeinträchtigt.
Außerdem sollte man lt. besagter Lehrerin am Tag des Konzertes grundsätzlich nicht mehr üben, warum, dafür hatte sie keine plausible Erklärung.

Bisher habe ich diesen Rat so gut wie nie befolgt und mich dann meist tatsächlich über kleine Fehler geärgert.

Heute mache ich es mal anders und befolge den Rat, mal sehen, was dabei herauskommt !

Wie steht ihr dazu bzw. was sind eure diesbezüglichen Erfahrungen ?


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09.06.2017 21:28
avatar  SJL
#2 RE: Nach der Generalprobe noch üben ? Pro und Kontra
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SJL

Hallo Roman,

anbei meine Gedanken:

Zitat von Romanus

Dabei hat uns die Vortragende empfohlen, nach der Generalprobe (am Instrument der Aufführung) nicht mehr auf der eigenen Orgel zu üben, [...] , d.h. man hat sich bereits auf das Instrument der Aufführung eingestellt und diese Adaptation würde durch nachträgliches Üben auf der eigenen, gewohnten Orgel wieder beeinträchtigt.



das würde ich auch von der Literatur (wie relevant ist präzise Technik/Artikulation für das Gelingen des Stücks, Komplexität, Schwierigkeitsgrad, Routine mit dem Stück etc.) und der Unterschiedlichkeit der beiden Orgeln (Traktur, Klang, Disposition, Raumakustik etc.) abhängig machen. Tendenziell stimme ich der These der Referentin aber zu. Mich würde es auch eher irritieren, wenn sich im Konzert die Bedingungen ggü. der letzten Spielsituation verändern. Selbst "volle Kirche" vs. "leere Kirche" kann schon mal Schweißperlen auslösen...

Zitat von Romanus

Außerdem sollte man lt. besagter Lehrerin am Tag des Konzertes grundsätzlich nicht mehr üben, warum, dafür hatte sie keine plausible Erklärung.



Vielleicht, um sich nicht last minute verrückt zu machen. "Üben" im engeren Sinne würde ich sicherlich nicht, aber "spielen" m.E. schon. Mir persönlich hilft es eher, wenn ich ein Stück noch tagesaktuell "in den Fingern spüre".

LG
Stephan


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09.06.2017 23:28
avatar  pvh
#3 RE: Nach der Generalprobe noch üben ? Pro und Kontra
pv
pvh

Hallo,

ich spiele keine Konzerte und bin kein Profi. Aber wenn ich mich auf einen Gottesdienst auf Laienniveau vorbereitet habe, spiele ich, wenn dieser z.B. am Sonntag Vormittag stattfindet, morgens zu Hause alles nochmal durch, um mich warm zu spielen und nochmals die Noten gesehen zu haben. Wenn ich das nicht mache, kommen ganz spontan noch mehr Gasttöne vorbei.

Ich könnte mir vorstellen, dass Fehler und Schwierigkeiten, die sich unmittelbar vor einem Konzert zeigen, irritieren und Leistungsangst und Stress erzeugen können, was wiederum die Leistung beeinträchtigen kann. Auch bei mir kann so etwas passieren, nur streiche ich dann halt einfach spontan das neu geübte Literaturstück und greife zu einer sicheren Bank aus dem Repertoire. Für ein Konzert, mit vorab veröffentlichtem oder gedruckten Programm kann man das natürlich nicht machen.

Bei richtigen Künstlern/innen spielt die technische Seite in der Regel aber kein Problem, es geht um die Interpretation und die Anpassung der Musik an das Instrument. Da fällt mir eigentlich kein möglicher negativer Effekt dafür ein, dass man am Tag des Konzerts nochmal übt. Erfahrenen Konzertorganisten genügt es oft sogar, sich erst am Tag des Konzertes mit der Orgel vertraut zu machen, sich einzuspielen und die Registrierung zu planen.

Beste Grüße von der Waterkant
Christoph P.


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10.06.2017 00:57
#4 RE: Nach der Generalprobe noch üben ? Pro und Kontra
Ma

Auch wieder ein interessanter Fred!

Am Sonntag spiele ich in meiner alten Heimat bei einem Benefizkonzert für die geplante Reinigung der Orgel in der gotischen "Alten Kirche" (dort steht eine ehemalige Hausorgel mit 14 Registen) ein paar Orgelwerke. Das Konzert findet nebenan in der "Neuen Kirche" (50er Jahre) an der Orgel statt, an der ich das Orgelspiel lernte und über zehn Jahre eine feste Stelle als nebenamtlicher Kirchenmusiker hatte. Man sollte also meinen, dass ich das Instrument (neobarocke 25 Register) kenne. [smile]

Ich bin auch kein Profi, die Leute vor Ort wissen das, es war mir aber eine Ehre, als ich für dieses Konzert gefragt wurde, zuzusagen.

Letztes Wochenende war ich mit der dortigen Organistin die Stücke einregistrieren / durchspielen. Da flog ich plötzlich bei Bachs dorischer Toccata (Präludium d-Moll BWV 538,1) im zehntletzten Takt raus; dort macht das Pedal eine Gegenbewegung in Terzschritten abwärts zu den beiden Händen in Terzschritten aufwärts. Das ist mir an der Stelle noch nie passiert. Zweiter Versuch: wieder rausgeflogen. Dritter Versuch: etwas besser. Vierter Versuch: rausgeflogen. Irgendwann hab ich es dann aufgegeben und zu der Organistin gemeint, wenn ich es jetzt noch öfter spielen würde, würde ich mich komplett verrückt machen.

Das ist sicher eine Kopfsache. Man muss dazusagen, dass ich unmittelbar vorher, sportlich untrainiert, wie ich derzeit bin, 40 km Fahrrad gefahren war, das 30er-Pedal an besagter Orgel etwas anders mensuriert ist als mein 32er-Concerto-Pedal, das ich immer ohne Schuhe spiele ...

Hier an der Concerto hat's jetzt wieder besser geklappt. Morgen Nachmittag geht es zur Generalprobe - mal sehen, ob ich danach dann noch mal hier spielen werde. Glaube schon! [wink]

Gloria Concerto 350 Trend

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10.06.2017 07:32
avatar  SJL
#5 RE: Nach der Generalprobe noch üben ? Pro und Kontra
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SJL

Zitat von Martin78

[...] das 30er-Pedal an besagter Orgel etwas anders mensuriert ist als mein 32er-Concerto-Pedal, das ich immer ohne Schuhe spiele ...



Dann spiele doch einfach den Auftritt ebenfalls ohne Schuhe, wenn dir das hilft und du dann mehr Gefühl in den Füßen hast. Damit hast du schon mal eine Störgröße eliminiert.


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10.06.2017 10:00
#6 RE: Nach der Generalprobe noch üben ? Pro und Kontra
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Moderator

Den Rat, vor einer Aufführung kein Instrument mit anderen Abmessungen der Spielanlage (vor allem Ped.!) zu betasten, kann ich nur unterstreichen. Ich mache es so, dass ich das Programm vormittags am "Tatort" noch einmal durchspiele, vor allem, um mich mit der Lage der Registerzüge, Tritte und Taster vertraut zu machen. Dass ich ein Programm bis dahin sicher "kann", setze ich voraus. Ich spiele nicht auf "Risiko". Lieber kleinere Brötchen, die schmecken, als eine Torte, bei der die Sahne sauer wird ... [grin]
Denn vor unsicheren Stellen baut man Blockaden auf. Sie müssen im Vorfeld so bearbeitet sein, dass sie sicher sind. Blätterstellen kann ich immer auswendig.

Vor allem bei Instrumenten mit abweichender Pedalmensur ist es irritierend, die Stücke noch einmal auf einer anderen Orgel zu spielen. Bei mir tritt dieser negative Effekt auf, wenn ich unmittelbar nacheinander an zwei Instrumenten zu spielen habe. Dann ist das Hirn auf das erste Instrument genormt und muss sich erst auf das zweite umstellen.
Ich vertrete regelmäßig in einer Gemeinde, in der genau das der Fall ist. Im Kirchort A steht ein Instrument mit BDO-Normpedal in doppelter Schweifung. Superfein. Im Kirchort B wartet dann in historisches Flachpedal, gottseidank mit c0 unter c1. Wenn ich dort ankomme (nach halsbrecherischer und verbotener Fahrt über einen Feldweg), spiele ich ein paar Choralsätze oder das zur Eröffnung vorgesehene Literaturstück ein paar Minuten lang stumm an.
Außerdem verwende ich für beide Gottesdienste unterschiedliche Literatur.

Die Dienstorgel in meiner eigenen Gemeinde hat ein BDO-Flachpedal mit einfacher Schweifung. Insofern bin ich von der doppelten Schweifung nicht allzu verwöhnt, wenngleich ich lebenslang auf diesem bequemeren Pedaltyp geübt und Literatur erarbeitet habe. Um (vor allem bei unseren Aushilfen) Irritationen zu vermeiden, haben beide DO, die wir im Gemeindesaal und im Seniorenzentrum haben, dieselbe Pedalmensur. Dass in meiner Gemeindekirche das Hw oben liegt, ist eher ein sekundäres Problem.

LG und viel Erfolg
Michael


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10.06.2017 11:07
avatar  SJL
#7 RE: Nach der Generalprobe noch üben ? Pro und Kontra
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SJL

Zitat von Wichernkantor

Dass in meiner Gemeindekirche das Hw oben liegt, ist eher ein sekundäres Problem.


Aber das ist auch so ein Klassiker für Irritation. Ich bin beispielsweise 100% auf "HW = 1. Manual" konditioniert, musste aber auch immer wieder auf einer Orgel mit Rückpositiv spielen. Da ist es mir nicht selten passiert, dass ich den festlichen Einzug z.B. mit einem vollgriffigen (aber eigentlich für das leise Zwischenspiel gedachte) Solokrummhorn auf dem Positiv begonnen habe, am besten noch mit Tremulant, dafür aber begleitet vom vollen (ans HW gekoppelten) Pedal... Das sind die Momente in denen sich Improvisationstalent auszahlt.


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10.06.2017 11:19
#8 RE: Nach der Generalprobe noch üben ? Pro und Kontra
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Moderator

Ja, das ist mir auch zweimal passiert - an derselben Orgel. Die hatte auch noch ein Radialpedal (*würg*). Und an der Bank war mit Klappscharnieren ein Brett befestigt, das man über die Pedale herunterklappen konnte - für die Leute, die entweder kein Pedal spielen konnten oder nicht in Versuchung geraten wollten ...

Für die Vorbereitung tut mir da meine dreimanualige DO (mit Hw an II) gute Dienste. Bereite ich eine Gottesdienst für "Daheim" vor, übe ich auf I und II (Hw), Literatur für anderswo übe ich auf II und III. So ist im Kopf immer vorher geklärt, ob das Hw oben oder unten liegt.
Da ich allmählich etwas tüttelig werde, klebe ich mir dann zur Sicherheit immer noch die Manualverteilung mit kleinen Haftetiketten in grellem Orange vor den ersten Takt.

LG
Michael


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10.06.2017 12:31
avatar  kirchenmaus ( gelöscht )
#9 RE: Nach der Generalprobe noch üben ? Pro und Kontra
ki
kirchenmaus ( gelöscht )

Hallo Roman, ich hoffe, es hat gestern alles zu Deiner Zufriedenheit geklappt?

Ich habs leider nicht gehört - uns hatte es zu "ABBA an der Hradezky-Orgel" gezogen... Kurzer Kommentar dazu: Viele Stücke sehr gut, bei manchen etwas zu viel, zu viel Pedal, zuviel "Klangteppich"... aber vielleicht hat er das oben am Spieltisch gar nicht so mitbekommen ...

Schade, manchmal müsste man sich wirklich vierteilen können, es hätte einiges gegeben, wo ich gerne hingefahren wäre. Naja, nächste Chance in zwei Jahren - nächstes Jahr bin ich selber wieder im Einsatz...

Übrigens: Mir hilft es, wenn ich z.B. vor einer Messe manches noch einmal durchspiele. das hat aber nichts mit dem Können der Notenpassagen zu tun, sondern damit, dass ich mich gerne darauf einstelle, vor Leuten zu spielen, außerdem haben die LEute dann ein neueres Lied auch gleich im Ohr . Und meistens klappt es dann auch recht gut.


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10.06.2017 15:50
avatar  Romanus ( gelöscht )
#10 RE: Nach der Generalprobe noch üben ? Pro und Kontra
Ro
Romanus ( gelöscht )

Zitat von kirchenmaus

Hallo Roman, ich hoffe, es hat gestern alles zu Deiner Zufriedenheit geklappt?


Hallo,
danke der Nachfrage, ehrlich gesagt war ich selbst überrascht, wie sicher und souverän ich gestern in der Kirche mein Programm spielen konnte, ich habe es direkt genossen ! Normalerweise baue ich sonst fast immer irgendwo einen kleinen Fehler ein, entweder die "Übungsstopp-Methode" (die ich diesmal eher aus Zeitmangel als aus Überzeugung angewandt habe) ist wirklich gut oder die "Orgelführung" vor dem ca. 35-minütigen Konzert hat mir dabei geholfen, mich warm zu spielen.
Wir hatten gestern die "Lange Nacht der Kirchen" mit abendfüllendem Programm von 18:00 - ca. 00:00 (von Jugendmesse bis Mitternachts-Gulasch, Ausstellungen, Vorträge, verschiedenste Musik, tw. sogar mit Lasershow + Nebelmaschine (wer auch immer auf diese verrückte Idee gekommen ist !), ich hoffe, die Pfeifen haben nicht zu sehr unter der Feuchtigkeit gelitten, das werde ich ja heute bei der Abendmesse merken.

Nachher habe ich zuhause meiner Mutter, die das Konzert nicht besuchen konnte, mein Programm auf der Concerto vorgespielt, da sind mir dann ein paar kleine Fehler passiert.

Zitat von kirchenmaus

Ich habs leider nicht gehört - uns hatte es zu "ABBA an der Hradezky-Orgel" gezogen... Kurzer Kommentar dazu: Viele Stücke sehr gut, bei manchen etwas zu viel, zu viel Pedal, zuviel "Klangteppich"... aber vielleicht hat er das oben am Spieltisch gar nicht so mitbekommen ...



Interessante Kombination, ich mag die Klassiker von ABBA teilweise sehr, bin aber noch nie auf die Idee gekommen, das auf der Orgel zu spielen.
Gibt´s davon Mitschnitte auf YT ? Dafuer:


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10.06.2017 21:05
avatar  kirchenmaus ( gelöscht )
#11 RE: Nach der Generalprobe noch üben ? Pro und Kontra
ki
kirchenmaus ( gelöscht )

Du hast eine PN [wink]!


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