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Bischofsweihe in Mainz
#1 RE: Bischofsweihe in Mainz
Gestern hat der hr in seinem Fernsehkanal die Weihe des neuen Mainzer Bischofs übertragen. Ich hätte Euch das gern verlinkt, aber die Mediathek des hr enthält den Beitrag (noch?) nicht.
Ich habe mir das Ganze angesehen. Eine würdige Feier mit sehr stimmiger Liturgie samt einer gelungenen Mischung aus Chor- und Gemeindegesang.
Der arme Daniel Beckmann musste den bisher wohl gewichtigsten "Großeinsatz" seiner Mainzer Amtszeit mit einem Orgeltorso bewältigen. Wenn ich das richtig herausgehört habe aus der (orgeltechnisch suboptimalen) Mikrophonierung, waren lediglich die (eigentlich nicht übel klingenden, nur falsch aufgestellten) Klais-Teile über dem Chorgestühl (gaaanz hinten im Westchor, quasi Fernwerk) und an der Nordwand der Vierung beteiligt. Die Ostchororgel scheint mittlerweile völlig unbrauchbar zu sein. Schon in meinen Mainzer Studienjahren Ende der 70er gab es mit den damals keine 20 Jahre alten Taschenladen von Kemper im Ostchor ständig Probleme.
"Raumfüllende" Begleitung mit den verwendbaren Teilorgeln an Standorten, die im günstigsten Fall 20 bis 25 Meter von der ersten Bankreihe im Hauptschiff entfernt sind und deren Klänge die letzte Reihe vor dem Ostchor mit einer Drittelsekunde Verzögerung erreichen, konnte man vergessen.
Beckmann, den wir ja mal im Hauskonzert bei Jörg Glebe als brillanten, in jeder Hinsicht überzeugenden Interpreten gehört haben, machte aus der Not eine Tugend und verzichtete darauf, die Gemeinde mit Non-Legato-Spiel anzunerven und mit Gewalt in ein metrisches Korsett zu zwängen. Er setzte klare Zäsuren auf die Zeilenschlüsse, spielte innerhalb der Phrasen ein singendes Legato, gewürzt mit aparter Harmonik. Gemeindebegleitung comme il faut unter den Rahmenbedingungen eines überlangen und überakustischen Großraumes, dessen Orgeln eigentlich im "Nebenzimmer" stehen.
Die Mikrophonierung war auf die Chöre und die Träger der "Sprechrollen" ausgerichtet. Der Gemeindegesang und die Orgelbegleitung divergierten, wie leider so oft bei Fernsehton.
Für die Tonmeister der jüngeren Generation scheint die Synchronizität zwischen Orgel und Gemeindegesang eine untergeordnete Rolle zu spielen. Zwei Mikrophone im Westchor, auf jeder Seite des Chorgestühls eines, hätten wahrscheinlich genügt ...
Schade ...
Auf jeden Fall hat mir die Aufnahme wieder deutlich gemacht, dass in Mainz dringend eine ordentliche Orgellösung her muss - mit mindestens einem von mehreren substantiellen Klangkörpern mitten im Raum, gewissermaßen "unter den Leuten". Beim postkonzertanten Palaver im Hause Glebe vor einem Jahr hatte Beckmann ja bereits angedeutet, dass da Bewegung in der Sache ist.
Derzeit jedenfalls ist Daniel Beckmann nicht zu beneiden. Und vermutlich gibt es wieder irgendwo irgendwelche Besserwisser, die ihm den tontechnischen Fauxpas anhängen und behaupten werden, er könne nicht begleiten ... [sad]
LG
Michael
Der SWR hat den Gottesdienst im Angebot:
https://www.swr.de/swraktuell/rp/der-fes...nxm0/index.html
Gruß, fawe
#4 RE: Bischofsweihe in Mainz
Ich rate eher zur Lektüre dieser Seite:
http://www.danielbeckmann.de/geschichte6_ausblick.html
Da steht alles konzentriert und unkommentiert aus erster Hand - bis auf den gewählten Orgelbauer. Aber dass Goll und Rieger den Zuschlag bekommen haben, hat Beckmann seinerzeit ja schon in Jörg Glebes Wohnzimmer verraten.
LG
Michael
#5 RE: Bischofsweihe in Mainz
Albert Schönberger, Daniel Beckmanns direkter Amtsvorgänger, hat übrigens vor mehr als 20 Jahren zusammen mit den Dombläsern (die in Mainz eine lange und gute Tradition haben) bei Motette diese CD eingespielt:
https://www.jpc.de/jpcng/classic/detail/-/art/Mainzer-Dombl%E4ser/hnum/6817457?iampartner=spon6&awc=150&awa=1261&gclid=EAIaIQobChMIx5ezkcSD1gIV7pPtCh2nnApeEAQYAiABEgKEI_D_BwE
Mir gefällt sie sehr gut. Die Domorgel (bzw. die funktionsfähigen Klais-Teilwerke rund um die westliche Vierung) ist auf der Scheibe angemessen abgebildet. Und da ist zu hören, wie gut sie eigentlich in den vorderen Raumteilen (bei Nahfeldmikrophonierung) klingt.
Beckmanns Benefiz-CD zugunsten der Orgelrestautierung habe ich leider noch nicht. Aber rund um den Dom gibt es sie sicher zu kaufen. Und beim nächsten Besuch in Mainz steht sie auf der Speisekarte.
Schönbergers CD war m.W. die allererste, die in diesem Raum von der Orgel gemacht wurde.
Ich entsinne mich, dass in meinen Studienjahren einmal der damalige Freiburger (und ehemalige Speyerer) Domorganist Ludwig Doerr in Mainz konzertierte. Das war eine kleine Sensation, denn es war das erste und einzige Dom-Orgelkonzert seit Jahren. Der Dom war deshalb proppevoll und wir bekamen gerade noch "Sitzplätze" auf den Stufen des Ostchores. Doerr, der als absoluter Präzisionsfanatiker und Perfektionist in jedem Examen gefürchtet war, spielte eines der damals üblichen "bunten" Programme, zum Schluss natürlich eine Improvisation. Ich erinnere mich noch an Bastis "Komm, Heliger Geist" aus den Leipzigern, das einfach "Durchrauschte". Da war nix zu hören außer einem gewaltigen Schlauch aus Tönen. Petr Ebens "Sonntagsmusik" zehrte von den schillernden Klangflächen, die das Instrument hergab, aber auch hier legten sich Orgelstandorte und Akustik gegen jeden Versuch quer, Strukturen offenzulegen. Und das war genau das, was Doerr von seinen Studiosi stets einforderte und selber überzeugend vormachen konnte. Im Mainzer Dom war da aber nix zu wollen. Auch Kommilitonen, die vorne gesessen hatten, bestätigten das. Sie hatten vor allem das "Leitwerk" am Spieltisch gehört und aus dem Querhaus rechts das überlaute (weil auf die Gesamtorgel und auf den Klang im Langhaus hin intonierte) Poltern der Bässe.
Ich gestehe, dass wir uns damals eine gewisse Schadenfreude nicht verkneifen konnten ... [grin]
LG
Michael
#6 RE: Bischofsweihe in Mainz
Inzwischen hab' ich mir Daniel Beckmanns CD besorgt.
https://www.jpc.de/jpcng/classic/detail/-/art/Daniel-BeckmannOrgel/hnum/2872698?iampartner=spon6&awc=150&awa=1261&gclid=EAIaIQobChMIgeefi8eN1gIVo7DtCh0jTgA1EAYYASABEgLjPfD_BwE
Schon die Auswahl der Werke bestätigt, dass da der richtige Mann am richtigen Platz ist. Denn Liszts BACH, die Mendelssohn-Sonaten 1 und 3 und Mozarts f-moll-Fantasie sind in diesem Raum und auf diesem Orgeltorso gut zu machen. Und Beckmann spielt mit beidem souverän. Das alte Klais-Material aus der Zwischenkriegszeit klingt m.E. hervorragend. Die großen "Universalorgeln" von Hans Klais (auch zu hören in Münsterschwarzach/Abteikirche, Trier/St. Martin, Ludwigshafen/Herz Jesu) zählen handwerklich, klanglich und ästhetisch zum Besten, was die frühe Orgelbewegung hervorgebracht hat. Diesen "rheinisch-sinfonischen" Stil hat das Bonner Haus durch alle zwischenzeitlichen Modetorheiten hindurch gerettet. Es ist gut, zu wissen, dass das alles erhalten bleibt.
Bei der Aufnahme hat man offenbar versucht, die unterschiedlichen Standorte der nutzbaren Teilwerke auf der SüDchorette, im nördlichen Querhaus und im Westchor weitgehend zu egalisieren. Der Klang kommt immer "von vorn", was vor allem der BACH gut tut.
Ich habe schon im Hauskonzert bei Jörg Glebe Beckmanns Fähigkeit bewundert, große Spannungsbögen zu musizieren. In Medelssohns A-Dur-Sonate ist ihm das erneut in Perfektion gelungen.
Wenn man diese CD hört, fragt man sich, wieso der Mainzer Dom eine neue Orgel braucht ...
Da empfiehlt es sich dann, schnell wieder die Aufzeichnung der Bischofsweihe anzuhören, damit die Notwendigkeit einer raumfüllenden Lösung einleuchtet ... [grin]
LG
Michael
#7 RE: Bischofsweihe in Mainz
#8 RE: Bischofsweihe in Mainz
Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen. Wenn das anvisierte Konzept aufgeht (woran ich nicht zweifle), kann der Mainzer Dom zu einer Pflanz- und Pflegestätte des konzertanten Orgelspiels werden, zum "Leuchtturm" in der Rhein-Main-Region.
Einen exzellenten Organisten haben sie ja schon. Jetzt brauchen sie nur noch eine Orgelanlage, an der er sich entfalten kann ...
LG
Michael
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