Von Gouda und Handkäs

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09.01.2011 11:12
avatar  PeterW
#1 RE: Von Gouda und Handkäs
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+ 12.1.2018

Glattgebügelter Orgelsound mancher (nicht nur Johannus-) Orgeln erzeugt, wie immer wieder kritisiert, einen gewissen Leidensdruck und letztendes Abneigung.
Eine der Ursachen mag in der Temperierung liegen, denn nichts ist langweiliger, als wenn die Stimmung mathematisch exakt 12-te Wurzel(2) * Halbtonabstand ausgeführt ist.

BTW: Keine Pfeifenorgel ist zu fast keinem Zeitpunkt exakt temperiert gestimmt. Das macht ihren Reiz und damit auch den mancher HW-Samples aus.
Preisfrage: Warum kennt die Barockorgel keine Vox coelestis? - Klar, weil die ganze Orgel "coelestis" war, spätestens mit dem ersten Wetterumschwung nach Stimmung.


Vieles davon kann man nicht ändern: z. B. eine "Spreizung" einiger wichtiger Register von C ca. -7 Cent bis c'''' ca. +7 Cent. (Jeder Streicher [vielleicht unbewußt] und auch der gute Klavierstimmer weiß warum, Stichwort "brillieren".
Was man aber mit Intonat kompromißweise(!) ändern kann, ist der "Chorus"-Effekt (den man auch als Standard festlegen kann). Diese Verstimmung der Register untereinander sollte behutsam geschehen, schließlich wollen wir keine Kirmesorgel haben.

Im folgenden gebe ich einmal meine Intonat-Chorus-Einstellungen einer Opus 30 zur Kenntnis, die ich vor längererZeit schon als "Standard" gesetzt habe und die den Klang m. E. deutlich aufgewertet - entsterilisiert - haben:
Ped: P16 -2, S16 +2, P8 +2, Gd8 -2, P4 -1, Mix 0, T16 -2, T8 0
Pos: Bou8 +2, F4 -2, 2:2/3 -3, F2 +3, 1:3/5 0, Mix -2, VoxH8 0
HW: Bou16 -2, P8 +2, F8 +1, P4 -3, F4 +3, 2:2/3 +1, P2 +3, Kornett 0, Mix -2, T16 -1, T8 -2
SW: P8 -2, F8 -2, Gambe8 +2, VoxC8 -3, P4 -3, F4 -2, 2:2/3 +1, F2 +3, 1:1/3 0, Mix +1, Dulzian +2, Oboe -3


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09.01.2011 13:18
#2 RE: Von Gouda und Handkäs
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Administrator

Hochinteressanter Beitrag.
Sobald etwas mehr Zeit ist, werde ich deine Parameter auf meine Gloria umlegen. Ein Ab- und Anschalten der Chorus-Wippe sollte den Effekt dann hörbar machen.
Hast du die Werte eigentlich willkürlich gewählt — oder hat es damit eine besondere Bewandtnis, dass bei diesem Register ein Negativ-, bei jenem ein Positiv-Wert einzustellen wären?


Auf Orgelsuche.

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09.01.2011 14:54
avatar  PeterW
#3 RE: Von Gouda und Handkäs
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+ 12.1.2018

Zitat von Gemshorn
Ein Ab- und Anschalten der Chorus-Wippe sollte den Effekt dann hörbar machen.

Das sind die Werte bei abgeschalteter Chorus-Wippe. Die Wippe interessiert mich nun nicht mehr.

Zitat von Gemshorn
Hast du die Werte eigentlich willkürlich gewählt — oder hat es damit eine besondere Bewandtnis, dass bei diesem Register ein Negativ-, bei jenem ein Positiv-Wert einzustellen wären?

Das ist im Laufe der Zeit durch trial and error entstanden. Anfangs lagen dem auch theoretische Überlegungen zugrunde.
Die unterschiedlichen Fußtonlagen einer Gattung gehen meist in entgegengesetzte Richtung.
Beachte auch gekoppelte Manuale.


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09.01.2011 15:00
#4 RE: Von Gouda und Handkäs
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Administrator

Die Choruswippe eignet sich aber gut für den Vergleich zwischen "aalglatt" und "kunstreich verstimmt". [wink]


Auf Orgelsuche.

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09.01.2011 15:34
avatar  PeterW
#5 RE: Von Gouda und Handkäs
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+ 12.1.2018

Zitat von Gemshorn
Die Choruswippe eignet sich aber gut für den Vergleich zwischen "aalglatt" und "kunstreich verstimmt". [wink]


Besser: Vergleich zwischen eigenem Chorus ("Chorus aus" und dem johannischen ("Chorus an".


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09.01.2011 17:23
avatar  Tabernakelwanze ( gelöscht )
#6 RE: Von Gouda und Handkäs
Ta
Tabernakelwanze ( gelöscht )

Trial and Error meint vermutlich Versuch und Irrtum....

Ich würde versuchen, die Verstimmung einer Pfeifenorgel werksbezogen nachzuahmen. Während die Stimmen eines Werkes untereinander i. d. R. relativ glatt sind (mit einigen Ausrutschern, die den Klang eben interessant machen) verhalten sich die Stimmen verschiedener Werke zueinander doch oft schwebender. Ich denke beispielsweise an ein Oberwerk hoch oben in der Gewölbekappe, da wo die warme Luft sich sammelt, zum Haupt- oder Brustwerk ein bis zwei Etagen tiefer, mit entsprechend kühlerem Ambiente. Das dann zusammengekoppelt kann schon recht romantisch werden, bis hin zum Kirmess-Effekt. Bei meiner Hymnus bin ich entsprechend vorgegangen, die Register des II. Manuals sind alle im höheren positiven Bereich intoniert, als die des Hauptwerkes. Natürlich nur so, dass es bei gekoppelten Werken nicht lächerlich oder jaulig klingt.


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09.01.2011 18:49
avatar  grs
#7 RE: Von Gouda und Handkäs
gr
grs

Hallo,

die Gloria Klassik 238 ist bei "Chorus an" im Hauptwerk schon in fast ählicher Größenordung wie von Peter vorgeschlagen eingestellt. Wenn man mehr macht, wirkt es schnell synthetisch. Das Ergebnise meiner persönlichen Experimente (siehe auch Intonations-Tauschbörse): Ich habe lediglich die Zungen und das Schwellwerk etwas stärker als die Werkseinstellung "verstimmt". Vorsicht bei Flöten in gleicher Fusslage in den verschiedenen Werken, da wird die Schwebung beim Zusammenkoppeln schnell unangenehm. Beim Prinzipalchor kann man sich mehr trauen.

Gruß
Gerd


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09.01.2011 23:42
avatar  PeterW
#8 RE: Von Gouda und Handkäs
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+ 12.1.2018

@Tabernakelwanze: Gerade wenn ein Werk in sich "glatt" temperiert ist, wird's langweilig.
Verstimmungen nur auf Temperatur-(°C!)-Schwankungen zu schieben, ist zu simpel. Nach einiger Zeit tragen auch Spinnweben, von Spinnen ausgesaugte Wespen und vielleicht sogar die eine oder andere Wanze bei; selbst vitale Fledermäuse sind weitlumigen Pfeifen schon entflogen (aus der Werbung: Der Ton mit dem Blubb [wink] ), wie mir Gemshorn berichtete.

@grs: Flöten gleicher Fußlage aus unterschiedlichen Werken zu koppeln, ist mir bisher noch nicht "passiert" (ich werd's mal ausprobieren). Na gut, bei einem Tutti schon, aber wann verwendet man das? Dann aber richtig romatisch. Und wenn, dann können die Flöten auch etwas heftiger "coelistieren"; das nivellieren dann die Prinzipale im Gesamteindruck gleich wieder weg.

Sicher wird sich jeder sein eigenes Geschmacksideal zusammenstricken muessen. Die Vorlage kann daher nur Anhaltspunkte bieten. Außerdem werden unterschiedliche Modelle des gleichen Herstellers und Entwicklungsvarianten des gleichen Modells auch zu unterschiedlichen Ergebnisse führen, so daß die Angaben nicht 1:1 übernommen werden sollen.

Noch schöner wäre die Möglichkeit der Einzelton(ver)stimmung, wie unter "Spreizung" (s. u.) angeführt, doch ist mir kein Modell bekannt, das dieses erlauben würde.
Halt! Doch eins: Die Unico kann es (theoretisch) - wenn, ja, WENN die Intonationssoftware ausgeliefert werden würde und WENN eine Reihe von Parametern (a. a. O. hier schon besprochen) ebenfalls beeinflußbar wären. Auf den Punkt gebracht: WENN es sich lohnte, mal wieder über PM nachzudenken.


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09.01.2011 23:51
avatar  PeterW
#9 RE: Von Gouda und Handkäs
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+ 12.1.2018

Zitat von grs
(siehe auch Intonations-Tauschbörse)

Das ist ja gut gemeint, funktioniert aber nur bei identischen Modellen des gleichen Herstellers.
Ein echter Austausch der Intonations-Informationen wäre nur mit ASCII-Tabellen (wie auch in UNIX-Systemen üblich) möglich. Dagegen werden die Intonationstabellen immer nur in binär codierter Form, d. h. nicht menschenlesbar, gespeichert. - Bekloppt sowas!
Hat zufällig jemand einen Algorithmus (perl, python), um den Krempel auszulesen?


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10.01.2011 08:32
avatar  Tabernakelwanze ( gelöscht )
#10 RE: Von Gouda und Handkäs
Ta
Tabernakelwanze ( gelöscht )

Zitat von PeterW
@Tabernakelwanze: Gerade wenn ein Werk in sich "glatt" temperiert ist, wird's langweilig.
Verstimmungen nur auf Temperatur-(°C!)-Schwankungen zu schieben, ist zu simpel. Nach einiger Zeit tragen auch Spinnweben, von Spinnen ausgesaugte Wespen und vielleicht sogar die eine oder andere Wanze bei; selbst vitale Fledermäuse sind weitlumigen Pfeifen schon entflogen (aus der Werbung: Der Ton mit dem Blubb [wink] ), wie mir Gemshorn berichtete.




Nee, das ist nicht simpel das ist ein Faktum. Bei meinen Überlegungen bin ich von einer ("meiner" PO ausgegangen. In der Regel sind die Werke in sich einigermaßen glatt. Ich betone "einigermaßen". Die besagten Ausrutscher aufgrund von Schmutz, etc. kommen immer vor, allerdings sorge ich dafür, dass sich in "meiner" PO kein totes Getier oder sonstwas breit macht. Eine PO braucht bekanntlich viel Zuwendung. Putz: Hauptverursacher von Verstimmungen sind nun mal Temperaturschwankungen. So kommt es oft vor, dass sich bei gut gefüllter Kirche, die Prospektpfeifen zum Rest des Werkes verstimmen, besonders betroffen sind aber immer Werke, die in unterschiedlicher Höhe platziert sind.

Klar habe ich bei meiner DO auch leichte Verstimmungen innerhalb der Werke einprogrammiert, diese fallen allerdings weniger ins Gewicht als die zwischen unterschiedlichen Teilwerken.


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10.01.2011 10:21
avatar  Hymnus_IV ( gelöscht )
#11 RE: Von Gouda und Handkäs
Hy
Hymnus_IV ( gelöscht )

Zitat von Tabernakelwanze
...Bei meiner Hymnus bin ich entsprechend vorgegangen, die Register des II. Manuals sind alle im höheren positiven Bereich intoniert, als die des Hauptwerkes. Natürlich nur so, dass es bei gekoppelten Werken nicht lächerlich oder jaulig klingt.



Da ich ja eine Hymnus IV mein Eigen nennen darf, kannst Du mir Deine Werte hier mitteilen? Würde ich gerne mal ausprobieren. Danke im Voraus.

Gruß Gerd


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10.01.2011 16:46
avatar  pvh
#12 RE: Von Gouda und Handkäs
pv
pvh

Hallo,

Zitat von PeterW
@grs: Flöten gleicher Fußlage aus unterschiedlichen Werken zu koppeln, ist mir bisher noch nicht "passiert" (ich werd's mal ausprobieren). Na gut, bei einem Tutti schon, aber wann verwendet man das?


ich koppele so etwas oft, v.a. für romantische Musik zur Kommunion, auch weil ich durch das obere, schwellbare Manual ein bisschen Dynamik bekommen kann. Und beim Schubert-Heilig spanne ich alles, was 4 oder 8 Füße hat, vor den Karren...

Beste Grüße von der Waterkant
Christoph P.


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10.01.2011 17:06
avatar  PeterW
#13 RE: Von Gouda und Handkäs
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+ 12.1.2018

Auf Romantik hatte ich in diesem Zusammenhang schon Bezug genommen.

Zitat von chp
ich koppele so etwas oft, v.a. für romantische Musik zur Kommunion,


Hm, schon klar, allerdings bin ich in der katholichen Kirchenmusik nicht zu Hause... Dort läuft einiges anders [wink]


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10.01.2011 18:39
avatar  pvh
#14 RE: Von Gouda und Handkäs
pv
pvh

Hallo,

Zitat von PeterW
Hm, schon klar, allerdings bin ich in der katholichen Kirchenmusik nicht zu Hause... Dort läuft einiges anders [wink]


ähem, ich kopple die Flöten auch bei evangelisch-lutherischen, ja und sogar bei reformierten und natürlich auch bei jüDischen Komponisten, und gelernt habe ich das alles im Unterricht bei Evangelens... [wink]

Beste Grüße von der ökumenischen Waterkant, wo die evangelische Kantorin gerne mal Messiaen und Alain spielt (natürlich mit Koppeln!),
Christoph P.

P.S.: Was zur Kommunion passt, passt auch zum Abendmahl! [wink]


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10.01.2011 20:12
avatar  Tabernakelwanze ( gelöscht )
#15 RE: Von Gouda und Handkäs
Ta
Tabernakelwanze ( gelöscht )

Also ich, obwohl katholisch, örgele hauptsächlich evangelisch und das oft und gern mit allen Flöten zusammen.

@Hymnus IV:

Hier die Pitch-Daten:

Ped.
Prinz. 0
Subb. -10
Oct. 8 -6
Ged. 8 +14
Oct.4 +5
Mix. +2
Fag. +4
Regal -8

HW
Bord. +10
Prinz. 0
Rohrfl. -12
Oct.4 +4
Spitzfl. -9
Supero.2 +11
Mix.I+II +4
Mix. III+IV -4
Cornett +2
Tromp. -12

SW
Ged. +13
Gamba +4
Prinz. -8
Gemsh. +6
Nasard +3
Blockfl. +2
Terz +8
Scharff -5
Vox Cel. +11
Oboe +12

Diese Einstellungen sind allerdings im Zusammenspiel mit einem zusätzlichen Expander entstanden. Ohne diesen könnten die Werte vielleicht etwas anders ausfallen, allerdings wohl nicht viel. Choruswert ist übrigens 8.


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