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Besuch beim Eminent-Händler in München
Vorgestern nutzte ich meinen Urlaubstag für einen Tagesausflug nach München, um endlich einmal die aktuellen Eminent-Orgeln hautnah kennenzulernen, die es in Österreich leider (noch ?) nicht gibt.
Um 17:00 kam ich endlich in der Herzog-Wilhelm-Straße Nr. 12 an, wo der Geschäftsführer, Herr Schellkopf, mich bereits erwartete und mir das Portal zur Mitarbeiter-Parkgarage öffnete, die ich als Gast gratis benutzen durfte.
Dann ging es in das Geschäftslokal des Musikhauses Hieber-Lindberg in der Sonnenstraße Nr. 15, wo viele Klaviere, Keyboards und Sakralorgeln ausgestellt sind. Das Lokal ist größenmäßig etwa mit dem Musikhaus Reisinger in Wien vergleichbar.
Eminent arbeitet ja als einziger Hersteller mit dem Verfahren der „Obertonrekonstruktion“, wobei Pfeifenorgelklänge anhand ihrer Obertöne analysiert und rekonstruiert werden. Laut Hersteller können bis zu 120 Obertöne pro Register getrennt wiedergegeben werden.
Darüber hinaus sind mittels der Software „Maestro tonalis“ (lt. Video auf der deutschen Eminant-HP) über 1000 Parameter pro Register (was ich selbst nicht ganz glauben kann !) editierbar, was die Intonationsmöglichkeiten von Physis weit übersteigen würde. Außerdem steht noch eine Registerbibliothek mit > 700 Registerdateien zum Download zur Verfügung. Damit müsste alles in allem wirklich jeder gewünschte Klang machbar sein.
Die 1. Orgel, die mir Herr Schellkopf vorstellte, war eine E 380 (II/42) mit Holztastaturen, rein optisch nicht mein Geschmack – eine dieser Kleinholz-Orgeln, wie ich „moderne“ Spieltische ohne Seitenwangen und ohne Rollverdeck nach Art der Johannus Studio zu nennen pflege, aber Herr Schellkopf versicherte mir, man könne die E 380 auch in ein klassisches Spieltischgehäuse einbauen. Na dann !
Die E 380 hat „nur“ 3 intern gespeicherte Intonationen, 2 barocke (&bdquoDeutsch-Barock“ und „Europäisch-Barock“ (gehört Deutschland nicht auch zu Europa ? [wink] ) und eine romantisch-symphonische.
Die Holzkerntastaturen spielen sich sehr angenehm und tragen zum authentischen Pfeifenorgel-Feeling bei.
Wie immer spielte ich zuallererst mein „Teststück“ für das kleine Hauptwerksplenum (Ihr wißt bestimmt schon, welches !), zunächst in den barocken Intonationen mit nur ganz wenig Hall, um den puren Orgelklang beurteilen zu können, die &bdquoDeutsch-Barocke“ klingt eine Spur heller und strahlender als die "Europäisch-Barocke", aber nie scharf oder agressiv, die erstere der beiden gefällt mir persönlich besser.
Und dann dasselbe nochmal in der romantisch-symphonischen Intonation und siehe da, nachdem ich mir zuerst beim Hören des Barockklanges nur „nicht schlecht“ gedacht hatte, erfüllte die romantische Intonation nahezu vollständig meine Klangvorstellungen:
Ein voller, runder, satter, warmer, perfekt ausgewogener Plenumklang mit sehr angenehmer, unaufdringlicher Mixtur, die perfekt mit den Prinzipalen verschmilzt. Wunderschön ! Das Plenum ist so voll, klar und natürlich, ganz ohne den sonst bei Digitalorgeln fast immer spürbaren, leichten Hauch von Kälte und Sterilität.
Dieser erstaunlich schöne Klang lud mich dazu ein, noch ein paar Stücke aus Simon Sechter´s Präludienbuch und eine Eigenkomposition zu spielen, wobei ich auch die Flöten und die Streicher-Schwebung (Vox Coelestis) ausprobierte. Die Flöten klingen sehr sanft und natürlich mit diskretem „Spuck"-Anblasegeräusch, die Streicherschwebung ebenfalls sehr überzeugend, ätherisch-fein, fast überirdisch.
Routinemäßig unterziehe ich jede Digitalorgel meinem obligaten Polyphonie-Test, der mich bei diesem immerhin 16 480 EU teuren Modell allerdings schwer enttäuschte: Nur 9 Töne pro Register gleichzeitig spielbar Das kann doch nicht sein ! Das konnte auch Herr Schellkopf nicht glauben und versicherte mir, diesen Mangel an den Technik-Spezialisten weiterzuleiten, der sich darum kümmert wird.
Zum Vergleich probierte ich eine E 370 (II/33) in einem klassischen Gehäuse, das eine Besonderheit hatte:
Die Klangabstrahlung war nicht in Richtung Hosenbeine, sondern über die Rückwand in die entgegengesetzte Richtung (auf Wunsch des zukünftigen Besitzers, der sie im Abstand von ca. 1 m zur Wand aufzustellen beabsichtigt, damit sich der Klang im Raum gut entfaltet), zudem hatte sie noch 2 Seitenlautsprecher (ebenfalls nicht serienmäßig).
Der Klang war (wie zu erwarten) entsprechend indirekt und kam im Schauraum meiner Meinung nach im Vergleich zur E 380 weniger gut zur Geltung. Ihre optimale Wirkung wird sie wohl erst im privaten Musikzimmer des zukünftigen Besitzers entfalten, der wird schon wissen, warum er sie mit genau dieser Abstrahlung bestellt hat.
Zum Vergleich wieder der Polyphonietest und wieder durchgefallen ! [sad] Für mich und Herrn Schellkopf unerklärlich, er meinte: &bdquoDiese Orgeln müßten eigentlich voll poyphon sein !“ Ich wäre sehr gespannt auf die Ursache.
Zum Abschluss spielte ich noch ein paar Takte auf dem nächstkleineren Modell, der E 26/30 (II/31), diesmal mit interner + externer Abstrahlung (2 säulenförmige Lautsprecher von der Länge eines mittleren Regenschirmes). Nun ja, die Familienähnlichkeit war zu erkennen, wenngleich ich den Klang der E 380 mit rein interner Abstrahlung fetter fand. Vielleicht hätte man die externe Abstrahlung noch etwas nachjustieren sollen ?
Als Schlusstück spielte ich einmal mehr BWV565, auch die Posaune im Pedal klang für mich sehr echt und überzeugend.
Und dann auch hier wieder der Polyphonie-Test: Und diesmal: Bestanden !
Prinzipal 8, Pedalkoppel, dann Doppelpedal + alle 10 Finger am Manual angeschlagen, kein Ton ausgefallen !
Warum das kleinere Modell diesen Test betand, die 2 größeren aber nicht, würde ich wirklich gern wissen.
Herr Schellkopf meinte, bei den beiden anderen (neueren !) Orgeln wäre irgend etwas falsch programmiert worden.
Was mich interessieren würde: Hat Herr Hans-Dieter Karras vor dem Verfassen seiner Testberichte der „Cantate 30 CX“ sowie „Capella Concerto“ für das Okey-Magazin, die übrigens ganz hervorragend ausfielen, auch den Polyphonie-Test gemacht und wenn ja, wie ist er ausgefallen ?
Zum Abschied überreichte mir Herr Schellkopf noch eine Anstecknadel in Form einer (klingenden !) Orgelpfeife, also ein „Schmuckstück mit Pfiff“ und einen aktuellen Eminent-Prospekt samt Preisliste.
Alles in allem hat sich die Reise trotz aller Widrigkeiten (beim 1. Wegfahren hatte ich den Reisepass vergessen, bin bei Melk umgekehrt, zurückgefahren, habe den Pass gesucht und schließlich gefunden, bin um ca. 12:00 nochmal losgefahren, mein noch fast neuer TTS hat auf der Autobahn einen kleinen Steinschlag auf die Frontscheibe abgekriegt, dann wurde der Pass an der Grenze gar nicht kontrolliert, der Stau war trotzdem vorhanden, bei Beginn der Rückfahrt hat mein Navi total gesponnen und sagte trotz korrekter Ausführung aller Anweisungen mehrmals hintereinander „bitte wenden“, bis ich es neu startete, diesmal mit Erfolg, kurz vor Wiederankunft in Wien wurde ich von einem LKW so brutal geschnitten, dass ich es nur meinen exzellenten Bremsen und einem Heer von Schutzengeln zu verdanken habe, dass nichts passiert ist ! ) auf jeden Fall gelohnt:
Ich weiß jetzt ganz genau, welche Orgel ich kaufen würde, wenn Geld keine Rolle spielte und das ist seit vorgestern die Eminent E 380, aber unbedingt im klassischen Spieltischgehäuse und vorausgesetzt, dass das Polyphonie-Problem bis dahin gelöst wird !
Eminent-Orgeln sind im Vergleich zu Konkurrenzprodukten nicht gerade preisgünstig, trotzdem habe ich seit 1996 keine andere Digitalorgel kennengelernt, die bereits im serienmäßigen Zustand meinem Klangideal so verdammt nahe kommt. Dafuer: Wenn ich sie dann auch noch ein bisschen nachintoniere, habe ich wirklich den perfekten Klang, von dem ich seit so vielen Jahren träume !
Vielen Dank für die sehr interessanten Eindrücke von einem Hersteller, von dem hier im Forum sonst fast nichts zu hören ist ...
Was soll die 380 denn kosten?
Ich glaube allerdings nicht, dass dein Polyphonieproblem ("Krakenorganist" so einfach von einem Techniker zu lösen ist, wie es dir der Verkäufer andeutete ...
Hallo Romanus,
vielen Dank für den ausführlichen und aufschlussreichen Bericht.
Ich erinnere mich an unseren Besuch im Musikhaus Förg vor x Jahren. Ich erinnere mich, dass es dort ebenfalls eine Eminent mit der von Dir beschriebenen Klangbibliothek zu betasten galt. Ich erinnere mich ferner, dass ich fast der einzige Fan des Instruments war.
Leider weiß ich keine Einzelheiten mehr, aber ich erinnere mich daran, dass mir der Klang auch sehr gut gefallen hatte. Aufgrund des eng gefüllten Ausstellungsraums (durch Instrumente und durch Foristen...) sowie der Allgegenwart eines notorischen Klavier-Kunden war nur Kopfhörer möglich.
Aber mir hat sie einfach gefallen - die Eminent. Leider war kaum Dokumentation über das Klangkonzept vorhanden bzw. vielleicht war sie zu der damaligen Zeit auch noch gar nicht verfügbar.
Bin in der zweiten Augusthälfte in der Nähe von München für ein paar Tage. Vielleicht schneie ich einfach mal vorbei...
VG
Aeoline
Zitat von Romanus
16 480 EU (rein serienmäßig, ohne irgendwelche Extras !)
Oje... - was mag dann die 480CX kosten??
[sad]
VG
Aeoline
Zitat von Aeoline
Bin in der zweiten Augusthälfte in der Nähe von München für ein paar Tage. Vielleicht schneie ich einfach mal vorbei...
Ich würde mich vorher unbedingt per Mail anmelden, sonst kann es passieren, dass Herr Schellkopf nicht da ist und du für´s Parken zahlen musst und dann im Geschäft durch Klaviergeklimper gestört wirst !
Übrigens, es gibt auch Hörproben, die allerdings schon ein paar Jahre auf dem Buckel haben:
https://www.eminent-orgeln.de/downloads.html
Zitat von Aeoline
Oje... - was mag dann die 480CX kosten??
22 390 EU
#7 RE: Besuch beim Eminent-Händler in München
Hatte vor Jahren eine voll ausgestattete DCS 370C vor einer Insolvenz bewahrt.
Die Zungen waren unintoniert echt klasse. Geniales Schnarren wo nötig.
Die wäre aus meiner Sicht auch wirklich eine Sünde wert. Sie war damals einfach nur:
Zu schnell verkauft [wink]
Zitat von Romanus
22 390 EU
Dann liegt sie listenpreismäßig auf einer Ebene mit der Gloria Concerto 355cc. Wundert mich etwas. Im Verhältnis ist die kleinere Eminent also viel teurer. 16500€ für 42 Register II/P im schlanken Klavier-Design oder 54 Register III/P im ACC-Look für schlappe 7K mehr? - wo wir doch alle wissen, dass der mächtige Spieltisch alleine schon fast die 7K Mehrkosten produziert... - Mehr Material und vor allem: weniger Stückzahlen...
Mmmmhh...
Würd' mich schon interessieren, wie das Schlachtschiff klingt. War denn eine in der Ausstellung?
VG
Aeoline
Zitat von Aeoline
Würd' mich schon interessieren, wie das Schlachtschiff klingt. War denn eine in der Ausstellung?
Die Frage nach dem "Schlachtschiff" ist gar nicht so leicht zu beantworten:
Von der Größe/Registeranzahl/Abstrahlung her wäre die E 480 CX D (III/54) das Schlachtschiff.
Preislich wird diese aber von der Positief III CX D (III/51, kunstvolles Design und Pfeifenprospekt serienmäßig) noch fast verdoppelt, diese kostet stolze 44 990 EU !
Für diesen Betrag würde ich bereits ernsthaft über eine gebrauchte Pfeifenorgel nachdenken !
Mir ist vorgestern im Geschäft keine von den beiden aufgefallen, ich habe aber auch nicht darauf geachtet, weil sie mir beide schlicht und einfach zu teuer wären und daher sowieso nicht in Frage kommen.
Zitat von Romanus
...weil sie mir beide schlicht und einfach zu teuer wären und daher sowieso nicht in Frage kommen.
Naja - ich dachte halt, dass bei einem TTS auch noch 7K für das Schlachtschiff übrig wären... [wink]
Nix für ungut...
Prost:
VG
Aeoline
#11 RE: Besuch beim Eminent-Händler in München
Wie ich gerade sehe, gibt es die aktuelle Preisliste bei Eminent im Downloadbereich (nach unten scrollen).
Viele Grüße
Trompetendulzian
Ja - aber gerade der Link zur Preisliste für Zubehör - die mich besonders interessiert - führt ins Leere...
Dagegen:
VG
Aeoline
Zitat von Aeoline
Naja - ich dachte halt, dass bei einem TTS auch noch 7K für das Schlachtschiff übrig wären... [wink]
Nein, gerade deshalb bleibt z.Z. kein Cent mehr für eine neue Orgel. [sad]
Und selbst wenn ich dieses Geld hätte, würde ich mir "nur" die E 380 in ein klassisches Gehäuse einbauen lassen und auch das nur unter der Bedingung, dass diese garantiert voll polyphon ist wie eine Physis-Orgel, aus Prinzip, denn ich finde, > 40 000 EU für eine Digitalorgel sind einfach zu teuer. Dagegen:
Da wäre schon eine gebrauchte Pfeifenorgel drin, die ist langlebiger und eben echt Pfeife, ich denke, da steht auch bei der augeklügeltsten Digitaltechnik und Luxusausstattung immer noch außer Frage, was für einen Organisten mehr wert ist !
#14 RE: Besuch beim Eminent-Händler in München
Zitat von Aeoline
Ja - aber gerade der Link zur Preisliste für Zubehör - die mich besonders interessiert - führt ins Leere...
Die vom Januar gibt's noch. Schau mal hier.
Viele Grüße
Trompetendulzian
Danke für den ausführlichen Bericht, lieber Roman.
Mein erster Gedanke war: Es gibt sie also doch - jene Orgel, die deinem ästhetischen Empfinden Rechnung trägt.
Ausgehend von dieser „Erkenntnis“ steigt in mir die Frage hoch, ob du nicht langfristig doch den Erwerb einer Eminent (es muss ja nicht das Schlachtschiff sein...) anstreben möchtest. Vielleicht wärst du mit so einer Orgel für lange Zeit zufrieden; das ist doch auch ein hohes Gut.
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