Jetzt geht es auch ...

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13.11.2018 14:28
#1 RE: Jetzt geht es auch ...
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Moderator

... bei Beerdigungen los: Zwar kein NGL, dafür aber den "Radetzkymarsch" wünscht sich eine Hinterbliebenenschaft für eine Beisetzungsfeierlichkeit. Der Verstorbene habe so gern das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker gehört ...
Puh! Die Pfarrerin will es irgendwie noch abbiegen, dass zwischen der Trauerfeier und der "künstlerischen Hauptdarbietung" eine deutlich erkennbare Zäsur gemacht wird.
Gut, dass der Verblichene kein passionierter Karnevalist war (Narrhallamarsch) oder Operettenliebhaber (Offenbachs "Cancan" ...
Die Skala der Geschmacklosigkeiten ist nach unten offen ...

LG
Michael


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13.11.2018 14:44
#2 RE: Jetzt geht es auch ...
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Administrator

Ich habe das Beorgeln von Hochzeiten schon vor Jahren eingestellt, weil ich mich außer Stande sah, die musikalischen Wünsche der Kundschaft zu befriedigen.

Wenn das auch bei Beerdigungen kommt, werde ich mich auch aus diesem Feld zurückziehen.
Friede für das eigene Herz... ist eben auch wichtig.


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13.11.2018 15:18
#3 RE: Jetzt geht es auch ...
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Moderator

Jo, ich werde das weiter aufmerksam beobachten und behutsame Gegenmaßnahmen treffen. In den Jahren an der Wichernkirche gingen solche Kelche ja an mir vorüber, weil in Gießen zentral beerdigt wurde und die beiden "Friedhofsorganistinnen" für Geld alles machten ...
Und auf den Dörfern hier, in denen ich gelegentlich ausgeholfen habe, war und ist eine Beerdigung ein öffentlicher Akt, zu dem jeder im Ort kommt und eine ganz genau definierte Erwartungshaltung ans Ritual und damit an die "Musikfarbe" hat. Da kommt wenig Experimentierfreude auf. Allein Siggi Fietz' "gute Mächte" werden gerade eben so akzeptiert. Das kennt man schließlich aus dem Jahresschlußgottesdienst ...

Dieser Ort besteht nun zu einem großen Teil aus im Alter zugezogenen Ruheständlern, die nicht lokal verwurzelt und damit auch nicht ans örtliche Brauchtum gebunden sind. Da greift der selbe Individualismus, der schon seit langem Hochzeitsfeiern prägt.

Und ich muss gestehen, dass ich mich lieber mit einem Brautpaar freundlich "anlege" als mit trauernden Hinterbliebenen.
Hier in meinem Wohnort und in den Dörfern rundum wäre der "Radetzkymarsch" monatelang Dorfgespräch.
Ich habe im Nachbarort vor Jahren einen Freund beerdigt, dessen Familie ein NGL gewünscht hatte. Da tobte hinterher der Bär. Als kürzlich eine Tochter aus dieser Familie jung starb, gab es ein "klassisches" Begräbnis ohne jeden NGL-Touch.

LG
Michael


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13.11.2018 16:18
avatar  Jesaiah ( gelöscht )
#4 RE: Jetzt geht es auch ...
Je
Jesaiah ( gelöscht )

Bei uns im Dorf ist es schon ein Bruch mit der Tradition, wenn man als Schlusslied bei der Beerdigung „Freu dich, erlöste Christenheit“ spielt (wegen Str. 4 „O Christ, nun feste Hoffnung hab...&ldquo.

Notabene: Die Leute gewöhnen sich dran.

Und die Hauptpersonen der Feier haben sich noch nie beschwert.


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13.11.2018 16:22
#5 RE: Jetzt geht es auch ...
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Administrator

Man kann's auch übertreiben...
Freu dich, erlöste Christenheit wäre mir für eine Beerdigung ebenfalls zu stark.
Alles hat seine Stunde - auch die Trauer. Da gleich in die Osterfreude umschwenken zu wollen, halte ich für den Versuch, den Weg der Trauer abzukürzen. Die Auferstehungshoffnung kann auch auf ernstere Weise vollgültig artikuliert werden. Meine Meinung.


Auf Orgelsuche.

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13.11.2018 17:02 (zuletzt bearbeitet: 20.04.2021 07:42)
#6 RE: Jetzt geht es auch ...
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Moderator

Ich denke, da ist in jedem Einzelfall eine Menge seelsorgerliches Fingerspitzengefühl gefragt. Gerade eben brachte die Post mir die Danksagung eines Trauerhauses. (Der Verstorbene war jahrzentelang ein rühriger und zuverlässiger Dorforganist gewesen.) Darin bedankt sich eine Familie ausdrücklich für den Trost, den die Musik ihr während der Trauerfeier geschenkt hat. Sowas erfüllt mich mit mehr Zufriedenheit als die konzertante Bewältigung eines großen "Schinkens" ...

Meine Schwiegermutter hatte angeordnet, dass am Schluss ihres Trauergottesdienstes als Gemeindegesang "Gloria sei Dir gesungen" ("Wachet auf, ruft uns die Stimme") erklingt. Und während der Sarg aus der Kirche getragen wurde, wollte sie BWV 645 hören ...
Jeder in der Trauergesellschaft hat das als absolut passende Unterschrift unter ihr Leben empfunden.

LG
Michael


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13.11.2018 19:26
avatar  Positiv
#7 RE: Jetzt geht es auch ...
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Hochzeit und Beerdigung halte ich für nicht vergleichbar, auch wenn die selben Kirchenlieder gelegentlich gewünscht werden.

Bei einer kürzlichen CD-Beerdigung ertönte La Pastorella von Vico Torriani. Hat mich anfangs befremdet. andererseits hatte die Verstorbene zeitlebens gerne diesen Sänger gehört, warum nicht dann sein Lied als Abschied.

https://www.youtube.com/watch?v=kyp_QxWXqe4

Da die Verblichene mit der Familie aus Ostpreußen geflüchtet war, hörte ich auch zum ersten Mal das Ostpreußenlied, welches durchaus in den Zusammenhang gepasst hat.

Die Feier war offiziell nicht kirchlich und so war ich mit meinen Orgelkünsten leider nicht gefragt, auch wenn die schöne Mathisorgel mich in den Fingern gejuckt hat:

http://www.bestattungen-frank.de/orgel.php

Michael


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13.11.2018 20:09
#8 RE: Jetzt geht es auch ...
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Administrator

Der Hinweis auf die gewählte Form der Beerdigung ist gut.
Es wird ein Unterschied sein, ob die Beerdigung in den größeren Rahmen der Liturgie eingebettet ist oder nicht.


Auf Orgelsuche.

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13.11.2018 20:22
avatar  Machthorn ( gelöscht )
#9 RE: Jetzt geht es auch ...
Ma
Machthorn ( gelöscht )

Zitat
Darin bedankt sich eine Familie ausdrücklich für den Trost, den die Musik ihr während der Trauerfeier geschenkt hat.


Das ist es doch auch letztlich, worum es bei Trauerfeiern gehen muss.

Zitat
Meine Schwiegermutter hatte angeordnet, dass am Schluss ihres Trauergottesdienstes als Gemeindegesang "Gloria sei Dir gesungen" ("Wachet auf, ruft uns die Stimme" erklingt. Und während der Sarg aus der Kirche getragen wurde, wollte sie BWV 645 hören ...
Jeder in der Trauergesellschaft hat das als absolut passende Unterschrift unter ihr Leben empfunden.


Ein starkes Zeugnis!


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13.11.2018 21:28
#10 RE: Jetzt geht es auch ...
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Administrator

Weil gerade vom Trost die Rede war: Vielleicht habe ich die Story schon mal mit euch geteilt.

Ein ortsansässiger Düsterheimer (keine Ahnung, ob Heavy-Metal-Fan oder Satanist...) verstarb vor einigen Jahren krankheitshalber und hinterließ Frau und Kind.
Zur Beisetzung wurde sein Lieblingslied eingespielt: Highway to Hell.
Die Familie war ob des eingängigen Textes gewiss sehr getröstet...


Auf Orgelsuche.

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13.11.2018 22:04
#11 RE: Jetzt geht es auch ...
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Moderator

Jo, wenn man das weiterdenkt, singt "Freddy" mit "Junge, komm bald wieder", von der Auferstehungshoffnung ...
Uh, jetzt begebe ich mich auf den schmalen Grat zum Makabren.
Nix wie weg ...

LG
Michael


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14.11.2018 05:51
avatar  Jesaiah ( gelöscht )
#12 RE: Jetzt geht es auch ...
Je
Jesaiah ( gelöscht )

ROFL....

Was bei uns verstärkt hochkommt, ist Gabalier : "Einmal sehn wir uns wieder"...

Naja. Ich spiele sowas nicht, aber wenn ich "unten" Dienst habe, kann ich es manchmal nich verhindern


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14.11.2018 09:26
#13 RE: Jetzt geht es auch ...
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Oh Leute...was bin ich froh, nicht mehr bei diesen
"etablierten", degenerierten Selbstdarstellungs-Inszenierungen mitwirken zu müssen... Die Menschen, bzw. die Angehörigen, die sich in den Gemeinden, in denen ich tätig sein darf, kirchlich trauen und beerdigen lassen, haben auch einen wirklichen Glauben, im Gegensatz zu vielen, die im "Mainstream" eine solches Ereignis als zusätzliches "Event" betrachten, ohne einen religiösen Hintergrund (ohne "pharisäisch" sein zu wollen, aber dies sind langjährige Pfarrei-Erfahrungen) .. Und die Geistlichen sind halt meistens bereit, den Bespaßungskasper zu machen... Furchtbar... [sad]

PLZ (erste zwei Ziffern): 69

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14.11.2018 10:47
#14 RE: Jetzt geht es auch ...
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Moderator

Das ist für mich eine der übelsten Erfahrungen: Dass Teile der Pfarrerschaft vor den Ansinnen der "Laufkundschaft" kapituliert haben. Daran haben die "Unternehmensberater" einen wesentlichen Anteil, die den Obergedöns- und Oberkirchenräten mit Workshops, Assessments, Meetings, Roadmaps und anderen dummdenglischen Veranstaltungen eingehämmert haben: "Eure Kirchen werden gefragt und werden voll sein, wenn ihr Euer Angebot vom Kunden her denkt."
Seit langem ist bekannt, dass die Konzepte, Gemeinden zu spirituellen Bedürfnisanstalten zu machen, hochgradig kontraproduktiv sind. Denn das Aufzeigen von Lebensrelevanz ist das genaue Gegenteil von inhaltlichem Ausverkauf und einer "Niederschwelligkeit", die ins Unterirdische abgleitet. (Wie Kirche ihre Relevanz aufzeigen kann, hatt übrigens der kath. Pastoraltheologe Paul Michael Zulehner in seinem Buch "Helft den Menschen leben!" vor 40 Jahren bereits beschrieben ...) Als erste im prot. Raum haben das übrigens die Bayern schon 1993 bemerkt und die "to-do-list" (noch so ein übles Dummschwätzer-Wort) von Mc Kinsey in die Tonne geklopft ...

Wie die Bayern damals in einem Beschlussantrag der Landessynode treffend bemerkten: "Die Ev. luth. Kirche in Bayern ist keine Non-Profit-Organisation, sondern Heilszeichen Jesu Christi in der Welt." Darauf dreimal Amen ...

LG
Michael


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14.11.2018 12:39
avatar  Speick ( gelöscht )
#15 RE: Jetzt geht es auch ...
Sp
Speick ( gelöscht )

Ich hatte das "Vergnügen", mehrere Jahre als Friedhofsorganist auf einem stäDtischen Friedhof im Ruhrgebiet spielen zu dürfen um Geld zu verdienen.
Was da so abgeht, ist schon spannend.
Es könnte für ein Buch reichen, hat aber nicht alles mit Musik zu tun.
1. "Junge, komm bald wieder" gab es tatsächlich mit Blaskapelle am Grab.
2. Top 5, weltlich: Niemals geht man so ganz,
My way, Time to say goodbye, Amoi seg mer uns wieder, Steigerlied.
3. Top 5, klassisch: Air, Largo, Ave verum, ave maria, adagio (guazotto/albinoni)

Sonderwünsche: Star Wars, Star Trek, La Paloma......

Es gibt hier einen Trauerredner, der auch DJ ist. Er hat tolle Ansprachen gemavht zu My Way und Niemals geht man..., ich habe das dann gerne gespielt, er legte Wert, dass die Musik nicht aus der Konserve kommt.

Man erlebt so einiges, z.B. eine Sargschleife mit der Inschrift: "Bier, das war sein letztes Wort....."
Den Angehörigen hat es geholfen, mit der Trauer umzugehen.

Trotzdem bin ich froh, dass ich das nicht mehr machen muss.


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