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Was ist "sakral" an einer Orgel?
Sicher eine provokante Frage, doch wenn man von ihrem (in der Praxis zumeist musikalisch sehr bescheidenen, nur in seltensten Fällen allerdings künstlerisch anspruchsvollen) liturgischen Gebrauch absieht, entpuppt sich das Sakrale an diesem wunderschönen Musikinstrument als ein dürftiges Vorurteil.
Gewiß, die meisten Orgeln bzw. das, was als solche vom Laien und über die Maßen kompetenten Denkmalschützer zumindest optisch wahrgenommen wird, stehen in Kirchen und dienen im schlechtesten Falle als Vogelnest, Spinnen- und Insektenkäfig mit angeschlossenem Ausscheidungslager. Im besten Falle ertönt aus ihnen regelmäßig Musik, meist anläßlich gottesdienstlicher Verrichtungen.
Doch erinnern wir uns: Im Frühmittelalter besaß jemand eine Orgel, der es sich leisten konnte und es zeigen wollte, nämlich der betuchtere Adel. Für den gottesdienstlichen Gebrauch kam zu dieser Zeit die Orgel überhaupt nicht in Betracht, wurde geradezu als Teufelswerk betrachtet - offenbar eingedenk adelfleischlicher Lustbarkeiten (man war ja nicht schon immer so prüDe!), die wohl zuweilen mit Orgelmusik untermalt wurden.
Irgendwann, nach langem, zähem Disput gelangte die Orgel in die Kirche - unter strenger Auflage eines noch strengeren Musizierstils, wie etwa des Palästrina. Beschwingte Weisen der Stadtpfeifer blieben dem plebeischen Marktplatz vorbehalten.
Die Reformation weichte schließlich auch im katholischen Einflußbereich die musikalische Strenge auf, und heute wird gejazzt, gepopt (ein "p" vorm "t" bitte!), dieses meist ohne die Orgel, von interessanten Ausnahmen, wie Ulrich Nehls, mal abgesehen.
Wie also bezieht sich nun wirklich "Sakrales" auf das Musikinstrument Orgel?
Ist es die Tatsache einer Orgelweihe und damit die Übergabe zum gottesdienstlichen Gebrauch an die Gemeinde (und bei der traditionell den Orgelbauern die Menge Wein zu kredenzen ist, die die größte Pfeife füllt), die dem Instrument das Erhabene verleiht? Schließlich segnet der Pfarrer auch nicht den Kamm, auf dem er blasen muß, wenn der Organist vom Samstagabend noch zu besoffen ist zum Spielen...
Oder: Verliert eine Orgel das "Sakrale" an sich, wenn auf ihr in einem Konzerthaus große Werke der Orgelliteratur gespielt werden?
Wie sakral ist meine digitale Orgel bei mir im Musikzimmer? Oder ist damit eher mein zwei Handbreit über der Orgelbank heftig arbeitendes Os sacrum¹ gemeint?
Fragen über Fragen, nur sind ideologiebelastet und haben mit christlichem Selbstverständnis kaum noch etwas zu tun, wenn wir uns die Mühe der Reflexion machen.
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¹ Steißbein
Gerade noch dachte ich über die Treffsicherheit des Forennamens nach, da postest du schon in diese Richtung.
Zur Verteidigung der gewählten Forenbezeichnung: Hieße es im Titel bloß "Digitale Orgeln", könnte dies unter Umständen zur Verwechslung mit Synthesizern, Keyboards oder eben Unterhaltungsorgeln führen. Hm...
Ich bin mir wohl bewusst, dass die Pfeifenorgel nicht nur in der Kirche ihren Ort hat, aber es klänge meinem Empfinden nach etwas paradox, von "Digitalen Pfeifenorgeln" zu sprechen.
Gute Vorschläge zu einer treffenderen Benennung sind willkommen!
#3 RE: Was ist "sakral" an einer Orgel?
Ich denke, dass die meisten Nutzer mit dem Begrifft "sakral" in Bezug auf eine Orgel und auch bei einer Digitalorgel etwas anfangen könnten.
Für mich bedeutet das eine Abgrenzung zu Hammondorgeln (HemdundHosenorgeln), Kinoorgeln, Theaterorgeln und sonstigen Unterhaltungsinstrumenten mit Tastaturen...
Aus der eigenen Nutzung heraus verbinde ich dann logischerweise "sakral" mit der Nutzung in der Kirche. Dass hier auch Unterhaltungszwecke eingebunden sein können, dürfte wohl auch klar sein. Es gibt in jedem Bereich diverse Nischen und fliessende Übergänge.
Dass die Orgel historisch aus einem ganz anderen Bereich her kommt, hemmt meine "sakrale" betrachtungsweise nicht. Es kommt darauf an was man daraus (darauf) macht... [wink]
Und nachdem Digitalorgeln den echten Pfeifenorgeln nacheifern, aber doch keine echten Pfeifen haben, ist der Begriff "Digitales Pfeifenorgelimmitationsmöbelstück" oder sonstige Wortschöpfungen zwar gerechtfertigt, wird sich aber nie durchsetzten, da nur Abkürzungen überleben. Dagegen:
SDG
Ein uns gut bekannter Händler spricht von "Digitalen Kirchenorgeln".
Das ist, obwohl mein Musikzimmer keine Kirche ist, immerhin ein Tick sinnvoller als "Sakral" [lat. sacer = (u.a.) heilig]. Bei letzterem kräuseln sich mir im Zusammenhang mit einem Musikinstrument - und wenn's deren Königin ist - die Fußnägel ob solchen semantischen Schwachsinns.
#8 RE: Was ist "sakral" an einer Orgel?
Liebe Grüsse an Alle,
im Buch" Einführung in den Orgelbau" von Wolfgang Adelung (1972) findet sich im Anhang ab Seite 224 ein Artikel über die damals sicher noch wesentlich verbesserungsfähigen elektronischen Pedants zur Pfeifenorgel. Damit aber keine unzulässige Verwechslung mit der Orgel entstünde - denn der Name "Orgel" wäre nach Meinung des Autors ausschließlich einem Instrument mit originaler Klangerzeugung vorbehalten, schlägt Herr Adelung nach Aufzählung der Nachteile elektronischer Klangerzeugung (als Pfeifenorgelersatz) vor, dieses Instrument statt ... orgel "Elektrium" pa: zu nennen.
Nach meinem Gefühl ist das Orgelspiel (nicht nur das) sicher etwas "Heiliges" , zumal einem Kirchenraum mit seiner Akustik schon ein Hauch von Ewigkeit anhaftet. Umso schöner ist es, dieses Ambiente zuhause - wenn auch nicht vollkommen - zu simulieren. Auch die Hirnexpositur Ohr erhört fügt oft nicht vorhandene Töne (siehe akustischer 32 ' ) dazu.
Allerdings hält derzeit eine befriedigende Klangabstrahlung mit der restlichen Technik nicht mit. Meiner Meinung nach ist es noch immer ein Unding, zig hunderte Töne bloß über einige dm² Lautsprechermenbran hinauszupressen. Einen zaghaften Versuch habe ich bei meinem Orgelprojekt begonnen, den ich - wenn der Geldbeutel einmal reichen sollte - dahingehend erweitern möchte, die Teilwerke über eigene - wenigstens 12 Kanäle umfassende - Audiokarten (36 = Maximum bei 3 ECHO Audiofire 12 Soundkarten - getrennt nach Registerfamilien) abzustrahlen . Als Sahnehauberl wäre dann eine Lösung mit 4 x MOTU 24 Kanal Audiokarten mit insgesamt 96 Kanälen (inkl.Oropax?), aber man wird doch noch ein bißchen träumen dürfen...
Alles Gute weiterhin
Organix
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