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Wie intoniert man eine Digitalorgel?
Nachdem einige User hier berichtet haben, dass sie bei der Orgelintonation durch den Techniker nicht allzu viel mitbekommen haben, aber in diesem Forum ganz viel von Intonation geredet wird, stelle ich doch mal die Sommerferien-füllende Frage:
WIE intoniert man denn nun eine Orgel selbst? Wir gehen mal von neuzeitlichen Instrumenten aus, die mindestens mit Intonat nachjustiert werden können. Aber: WIE, ohne dass man mehrere Wochen lang nicht vom PC weg kommt?
Was hat sich bei Euch bewährt, wie gehen Profis vor? Welche Fehler sollte man besser bleiben lassen? Mit welchem Register fängt man an?
Ich schlage vor, dass dieser Thread vielleicht später auch angepinnt wird, damit sich Selbst-Intonierer hier dauerhaft Rat holen können. Es wäre also schön, wenn wir beim Thema bleiben können und jeder vor allem seine eigene Erfahrung schildert und wenn es sein muss, Gemshorn einen zusätzlichen Thread für Diskussion über Einzelheiten abzweigt.
Ergänzende Frage: immer mehr Orgeln verfügen auch über Equalizer. Sollte man die vorher einstellen? Und wenn ja, an welchem / welchen Registern und wie einstellen?
an alle, die mithelfen hier einen Praxisleitfaden zu erstellen.
Laurie
Auf die Gefahr hin, mich gleich mal schön zu blamieren, fange ich mal an.
Am Beginn jeder Intonation steht für mich die Entscheidung, welcher Stilepoche meine Orgel zugezählt werden soll: Möchte ich ein barockes oder ein romantisches Instrument haben — oder verzichte ich bewusst auf so eine Zuordnung?
Erst wenn diese Grundsatzfrage geklärt ist, begebe ich mich auf die nächste Ebene und beschäftige mich mit der Auswahl der Samples, beginnend mit dem Prinzipalchor des Hauptwerks. 8 - 4 - 2 - Mixtur - (16) - 2 ²/3: Das ist für mich die Reihenfolge, in der ich die (Prinzipal-)Samples auswähle. Wenn die Samples es zulassen, ist es ein Vorteil, wenn die Quinte sich klanglich gut mit der Mixtur mischen lässt. Ich intoniere die Quinte meistens so, dass sie mit der Mixtur klanglich verschmilzt, so als hätte die Mixtur den 2 ²/3-Chor dazu bekommen. Die Oktave 2' stellt eine besondere Herausforderung dar; einerseits soll sie über den beiden Prinzipalen 8' und 4' noch gut hörbar sein, andererseits soll sie auch imstande sein, die Flöten 8' und 4' unaufdringlich zu krönen. Zudem soll sie sich — ähnlich wie die Quinte — gut mit der Mixtur vertragen (im Plenum also nicht aus dem Mixturenklang hervorstechen).
Ist die grundsätzliche Sampleauswahl abgeschlossen, kann mit der Feinarbeit begonnen werden, sprich: Intonation der Einzelregister hinsichtlich Lautstärke und Klang. Hier wird je nach Orgelmodell anders vorzugehen sein; in der Intonationssoftware für meine Gloria Klassik habe ich nur den Höhen- und Tiefenregler, um den Klang eines Registers zu beeinflussen. Je nachdem, wieviel ich von den Höhen und/oder Tiefen wegnehme — desto mehr ändern sich Klangcharakter und zwangsläufig auch Volumen des jeweiligen Registers, sodass die Lautstärke immer wieder nachjustiert werden muss, nachdem ein Eingriff in die Höhen und/oder Tiefen eines Samples erfolgt ist.
Ansonsten gelten für mich durchaus klassische Grundsätze der Intonation, etwa, dass das c' der Oktave 4' von der Lautstärke her dem c'' des Prinzipal 8' zu entsprechen habe. Die Mixtur darf nicht auf Lautstärke hin intoniert werden, sondern soll auch vom Gedackt 8' noch gut getragen werden können, usw. usw.
Ich fasse meine ersten Schritte zusammen:
1. Entscheidung für eine Stilepoche
2. Sampleauswahl und Bearbeitung des Klanges
3. Lautstärkeabgleich der einzelnen Register untereinander
Hut ab, Gemshorn. Deine konkreten Ideen zeugen von einer gründlichen Auseinandersetztung mit dem Problem, so wie ich es mir nicht zutraue.
Ich sehe zwei Aufhängepunkte, so wie ich sie beim Techniker beobachtet habe:
1. Wie klingt das einzelne Register in der gewünschten Stilepoche? Gerade bei Zungenstimmen sind natürlich die Unterschiede zwischen Barock und Symphonik z.B. krass, aber auch ein barockes Prinzipal und eine symphonische Montre sind unterschiedlich. Das verlangt allerdings, dass man die Klangfarbe des einzelnen Registers pro Stilepoche konkret im Ohr hat und ihn "analytisch" anderen Stilepochen entgegenstellen kann. Man sollte auch wissen, welcher Orgelbauer in der jeweiligen Epoche etwas spezifisches geschaffen hat - so wie z.B. die Flûte harmonique von ACC in der Symphonik.
2. Wie ist der Gesamtklang der Orgel bei dynamisch zugezogenen Registern in der jeweiligen Klangepoche? Dazu gehört aber auch z. B die Bedeutung eines Registers in der jeweiligen Stilepoche. Eine Oboe im Barock und in der Symphonik haben eine völlig verschieden Rolle. Und damit auch bei der Dynamik. Das verstehe selbst ich. Allerdings sollte man vor der Intonation dieselbe Ahnung nicht nur bei den Haupt- sondern auch bei den Nebenregistern haben... Die Lautstärke des einzelnen Registers ist auch je nach Stilepoche unterschiedlich. Wobei mir z.B. einfällt, dass bei der Intonation der Mixturen je nach Stilepoche jeder einzelne Rang verschieden geregelt wurde. Dafür muss man auch mal ein Ohr entwickeln.
Fazit : Bevor man intoniert, sollte man Orgelbau etwas analytisch studieren und möglichst Hörbeispiele haben. Traut man sich das zu? Ansonsten: Finger weg...
Die Intonation ist pro Register sehr subtil, da es nicht um Unterschiede wie zwischen Renaissancepositiv und Hammondorgel geht. Wenn ich die einzelenen Register auf meiner DO in verschiedenen Stilepochen spiele und vergleiche, sind die Klangunterschiede manchmal krass, manchmal gering. Und trotzdem ist das Gesamtergebnis pro Stilepoche sehr einschneidend, wie ich es selber bezeugen kann.
Bevor man also loslegt gibt es einen einfachen Test: Man esse in einem leckeren Restaurant eine hervorragende Speise und versuche hrauszuschmecken, welche Zutaten drinnen sind. Kann ich das? Macht mir das Spass? Das ist ein sehr einfacher Test um zu sehen, wie gross die eigene analytische Begeisterung ist. Prost:
Ich suche schon lange nach etwas Schriftlichem, was mir bei der Intonation meiner DO (Gloria Optimus 238) hilft. Zwar lassen sich die Register nur lautstärkemäßig einstellen, doch damit möchte ich den Besonderheiten der verschiedenen Epochen halt auch gerecht werden.
Gemshorn, Du schreibst in Deinem interessanten Beitrag am Schluss "usw. usw.". Das würde ich auch noch gerne wissen und deshalb nachlesen können: Ist Dir diesbezügliche Literatur bekannt?
Harzliche Grüße an alle von dem Forum-Neuling
orgelditi
Hallo Orgelditi,
an Literatur fällt mir Hans Klotz’ „Buch von der Orgel“ ein, wo man sich einiges über Register- und Klangcharakteristik und wohl auch ein paar Hinweise zur Intonation von Pfeifenorgeln anlesen kann. Unter Beachtung der Unterschiede beider Instrumentengruppen kann die eine oder andere Erkenntnis aber auch auf die Intonation digitaler Orgeln umgelegt werden.
Die (leider beachtliche) Einschränkung deiner Gloria Optimus hast du selber genannt: Es kann nur die Registerlautstärke angepasst werden. Wenn ich mich nicht irre, kann auch der interne Equalizer angesteuert werden, allerdings auch nur global, d.h. für die ganze Orgel.
Die Stärke der Optimus liegt m.E. darin, dass sie ein „Instrument zum Spielen“ ist. Die Werksintonationen (darunter auch die üblichen Klangideale wie Barock, Romantik usw.) sind ausgereift und klingen in meinen Ohren sehr schön. Da mag es nur wenig Nacharbeitsbedarf geben.
Gutes Gelingen!
Vielen Dank, Gemshorn, das war ja eine schnelle Antwort.
Ja, die Optimus gefällt mir klanglich auch recht gut, obwohl ich bis heute nichts auf eine vernünftige Pfeifenorgel kommen lasse und mir vor Jahren absolut noch keine EO vorstellen konnte. Ich habe aber leider keine mechanische mehr zur Verfügung.
Die Intonation fand ich auch recht gelungen, lediglich die barocken Prinzipale waren mir zu schwach und zu wenig charakteristisch. Den typischen Klang konnte ich aber doch etwas deutlicher hörbar machen, als ich die Lautstärke erhöhte, was naturgemäß weitere Lautstärkeveränderungen der anderen Register zur Folge hatte.
Aus meiner diesbezüglichen Fachliteratur (Klotz, Adelung und Matthaei) hab ich wohl das eine oder andere verwenden können, solche ganz praktischen Tipps und Tricks aber, wie Du sie erwähnt hast, die sind kaum zu finden, So bin ich also auf Dein "usw. usw." neugierig geworden.
Es ist ein sehr "weites Feld". Und um allein ein Plenum für eine Silbermann-Mixtur oder eine Schnittger-Mixtur richtig zu intonieren, verlangt es ja schon mehr, als nur die Lautstärken zu verändern. (Auf diesen beiden barocken Stilen liegt im Moment mein Hauptaugenmerk.)
Vielleicht hast Du doch noch ein paar praktische Vorschläge, die Du auch verraten kannst, ich würde mich sehr darüber freuen.
Harzliche Grüße
Orgelditi
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