Expertenfrage zu Johannus Sweelinck

15.08.2011 20:26
avatar  Romanus ( gelöscht )
#1 RE: Expertenfrage zu Johannus Sweelinck
Ro
Romanus ( gelöscht )

Ich habe eine wichtige Frage an die Johannus-Experten unter euch:

Ihr werdet mein Vorhaben möglicherweise für verrückt halten,aber ich habe ein für mich sehr wichtiges Anliegen,aus Verständnisgründen muß ich hier etwas weiter ausholen:

Ich habe im September 1996,noch vor dem Kauf meiner 1. Digitalorgel,eine Orgel ausprobiert,die den für meinen Geschmack (bis heute !) schönsten Klang hatte,den ich je bei einer Digitalorgel gehört hatte:
Es war eine Johannus Sweelinck 10. Das Hauptwerks-Prinzipalplenum (mit 5-facher Mixtur) in der Romantik-Intonation klang für meine damaligen Ohren einfach perfekt,wie die schönste Pfeifenorgel,ganz im Ernst !

Leider konnte ich mir damals als armer Medizinstudent das gute Stück nicht leisten und begnügte mich stattdessen mit der billigeren Wesley Allegro 30.

4 Jahre später kaufte ich mir eine neue Orgel und entschied mich aufgrund des Preis-Leistungsverhältnisses für eine Johannus Sweelinck 20.

Nun sollte man meinen,daß ich damit das bessere Instrument als die 96er Sweelinck 10 habe.
Trotzdem konnte ich bei dieser Orgel nicht denselben schönen,vollen Klang mit dem realistischen "Einschwingen" und den deutlichen Vorläufer- und Ausläufer-Tönen wiederfinden,der mich 4 Jahre zuvor so sehr beeindruckt hatte.
Schon beim Probespielen beim Händler fiel mir der deutliche Unterschied im Klang auf,das Hauptwerksplenum war viel dünner,steriler,künstlicher,einfach nicht mein Geschmack.
Eigentlich hätte mich das vom Kauf abbringen sollen,aber,nachdem mein Händler nur Johannus hatte und ich damals grundsätzlich viel von Johannus hielt,sah ich kaum Alternativen. Außerdem versprach ich mir von einer Nachintonation die gewünschte Klangfülle. Aber selbst die maximale Ausreizung der Intonationsmöglichkeiten brachte zwar große Verbesserung,aber bis heute nicht den perfekten Klang.

Es gab zwischen 1996 und 1999 mindestens einen Generationswechsel bei Johannus. Die damals neuen Sweelinck-Modelle hatten zwar ein schöneres,verziertes Gehäuse,aber leider den (für meinen Geschmack) schwächeren Klang,warum auch immer.

Die 1996er Prestige 300 (einst das Flaggschiff von Johannus),die ich vor 4 Jahren bei Ebay ersteigerte,klingt zwar viel schöner und voller als die 2000er Sweelinck 20,hat aber auch nicht dieses milde,ausgewogene Hauptwerksplenum,was ich aber auf die 7-fache Hauptwerks-Mixtur der Prestige 300 zurückführe,die naturgemäß schärfer und aggressiver klingt als die 5-fache der Sweelinck 10.
(Auch meine Sweelnck 20 hat eine 7-fache Mixtur,die mir überhaupt nicht gefällt.)
Und nachdem die (ansonsten sehr schöne) Prestige 300 leider nicht intonierbar ist (das Intonations-Feature wurde erst irgendwann Mitte 1996 eingeführt),kann ich die Mixtur auch nicht entschärfen und meinem Geschmack anpassen.

Deshalb plane ich nun allen Ernstes,meine 2000er Sweelinck 20 gegen eine 96er (oder ev. 97er) Sweelinck 10 einzutauschen. Für den (für mich) optimalen Klang würde ich sogar auf das stilvolle Gehäuse verzichten und die "nur" 38 (statt 47) Register in Kauf nehmen !

Ich hätte jetzt ein Angebot für eine Sweelnck 10,spätes 1997er-Baujahr und intonierbar.
(Diese Orgel steht aber leider nicht in Österreich,deshalb kann ich sie nicht vorweg ausprobieren.)

Deshalb meine Frage:
Könnte das 97er-Modell aufgrund eines Generationswechsels bereits anders klingen als das 96er-Modell,das den (für mich) einfach perfekten Klang hatte ?
Und welcher Preis ist für eine so alte Sweelinck 10 angemessen bzw. akzeptabel ?

Wer kennt sich bei Johannus gut aus und kann diese Fragen beantworten


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15.08.2011 22:41
avatar  Anonymous ( gelöscht )
#2 RE: Expertenfrage zu Johannus Sweelinck
An
Anonymous ( gelöscht )

Da gibt es nur eins: bei Johannus anfragen. Am Anfang wurde bei der Sweelinck viel geändert. Es war auch nicht jede Sweelinck intonierbar und die Schnittstelle dafür ist NICHT nachrüstbar! Lass Dir am besten von dem Verkäufer die Seriennummer schicken. Dann können die im Archiv nachsehen, was die Orgel genau ist.

Ich würde wirklich eher versuchen, eine der heutigen Orgeln zu nehmen und die so zu intonieren, wie es damals geklungen hat. Ich empfehle da das Modell 380 eines gewissen japanischen Herstellers... [wink]

Und noch eins: Eindrücke können einen verdammt täuschen! Ich hab das mehrfach mit Orgeln erlebt und bin teils schon übel reingefallen damit (ohne Geld zu verlieren). Man hat einen ganz festen Eindruck im Kopf und dann klingt das Örgelchen ganz anders. Man geht hin und ist dann enttäuscht, dass die Orgel anders klingt. Orgelhören ist auch abhängig von der Tagesform und der Entwicklung Deines Gehörs! Ich wette darauf, dass Du selbst die Orgel, die Du damals gehört hast heute nicht wiedererkennen würdest.

Ich sag auch nochmal, dass mir die Opus910 ca. 1990 wie die Offenbarung vorkam und ich sie heute mit den wesentlich besseren Samples anderer Orgeln nicht mal mehr eines Blickes würdigen würde. Du hast die Sweelinck damals gehört und hattest andere Digitalorgeln und Analogorgeln jener Jahre als Vergleich. Heute kann Dein eindruck ganz anders ausfallen.

Einfacher Rat: ohne Dir die Orgel selbst anzuhören geht es nicht.


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06.09.2011 22:32
avatar  Anonymous ( gelöscht )
#3 RE: Expertenfrage zu Johannus Sweelinck
An
Anonymous ( gelöscht )

Da der Poster in einem anderen Forum ein Frage nach den Drehreglern auf der Rückseite seiner Sweelinck 20 stellte, anworte ich ihm hier. Ich hoffe, es reicht dann mindestens mal für ein Dankeschön.

Ich kenne eine alte Sweelinck 30 von innen. Die hatte letztlich die gleichen Platinen wie die Opus-Serie. Bei der Opus-Serie hat mir mal ein Orgelhändler den Bären aufgebunden, man könne die Orgel mit diesen Drehreglern "intonieren".

Böses Foul!! Die Drehregler gelten immer für den Speicherchip, der vor ihnen sitzt. In dem Chip sitzen drei bis vier Register (bzw. deren Daten). Erstes Problem: man kommt an die Dinger sauschwer heran. Die Gefahr, dabei mit den Schraubendreher irgendwas auf der Platine zu berühren ist sehr groß. Also Orgel vorher ausschalten. Allein das heisst dann pro Intonierversuch zwei Minuten warten auf das vollständige Ausschalten (auf den kleinen Kondensatorzisch warten!) und wieder Hochfahren.

Dann muss man erstmal durch Rumprobieren herausbekommen, welche Register in dem Chip sitzen. Dabei verstellt man die Drehpotis (das ist die Miniversion seitlich drehbar mit Schraubendreher und natürlich nicht für Organistenfinger gedacht!)sowieso schon jenseits von Gut und Böse.

Sollte man überhaupt soweit kommen, dann steht man vor dem Problem, dass vielleicht eine Flöte und eine Viola auf einem Chip sitzen. Hurra. Die Viola macht man sich also schön hell. Danach kann man dann die Flöte wegschmeißen. Und wo war nun die Ausgangsposition?? Sowas Dummes aber auch....

Ich sag es mal ganz böse: man kann bei der alten Sweelinck den Bassanteil regeln. Alle 16' sitzen dahinter. Der Poti ist in genau einer Position richtig. Dreht man es höher, damit die barocke Intonation genug Bass hat, haut einen der Bass der Romantik gleich von der Orgelbank. Dreht man es etwas runter, weil man romantisch den Subbass nicht so dröhnend will, dann gibt es barock keine 16-Füßer mehr im Pedal. Und so ist es auch mit den "Potis" an den Stimmkarten! Die stehen in einer Position so, dass es für alle Register irgendwie passt. Dreh daran rum und du hast für die Winterwochenenden ausgesorgt!! Putz: Ich hab das damals gemacht und bei der kleinen Opus war das nach fünf Stunden einigermaßen wieder im Griff. Bei der größeren Sweelinck will ich mir das garnicht ausmalen.


Wenn also ein Händler so einen Schmarrn erzählt: soll er nur machen! Aber verpflichte ihn vorher schriftlich, dass er bei Nichtgefallen den Ursprungszustand wieder herstellen muss und droh ihm die Honorarkosten von einem Orgeltechniker für ein volles Wochenende als Vertragsstrafe an. Ich bin sicher, er wird nicht mehr darauf zurück kommen.


Ganz nebenbei wüsste ich dann gerne noch, wo er die andere Mixtur herhaben will. Ich hatte vor einer Weile wegen Registertausch an alter Sweelinck bei Johannus angefragt. Die Antwort war, dass man mir empfiehlt eine neue Orgel zu kaufen. An den alten Dingern wird nichts mehr verändert. Tauschteile sind da, klar für Reparatur. Aber umgebaut wird nicht mehr. Ist verständlich, da müsste man uralte Daten aus dem Archiv holen und alte Programme wieder auf die damaligen Rechner installieren. Ist alles nicht mehr da usw. usf..

Ich kann nur jedem aus Erfahrung sagen: Finger weg von den Stimmkarten im Gehäuse alter Orgeln, das bringt nur Ärger. Und am Ende ist die Orgel möglicherweise nichtmal mehr verkäuflich.


Wenn man ein Intonat an der Orgel hat, dann ist das was anderes. Aber diese kleinen Kästen konnten damals auch nicht sehr viel.

Laurie


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07.09.2011 04:56
avatar  Romanus ( gelöscht )
#4 RE: Expertenfrage zu Johannus Sweelinck
Ro
Romanus ( gelöscht )

Hallo Laurie,

erstmal Dankeschön!

Der Orgelhändler hat sowieso vor ein paar Tagen von sich aus gemailt, daß das mit den Drehreglern nichts wird, er habe sich inzwischen genauer erkundigt.

Was die Mixtur betrifft, die Information, man könne THEORETISCH das Mixturregister tauschen, stammt von Johannus selbst. Allerdings sind die Herren, abgesehen von dieser Info, nicht weiter darauf eingegangen, man spürt, daß sie nicht wirklich wollen. Ich sage mal, eine Firma, die nur für Käufer neuer Instrumente da ist und Gebraucht-Kunden im Regen stehen läßt, hat bei mir als potentieller zukünftiger Geschäftspartner schon mal ein ganz dickes Minus, denn auch eine noch so tolle neue Orgel wird schon bald wieder alt sein und ich persönlich habe nicht vor, automatisch alle 5 Jahre das Instrument zu wechseln, ich suche in Zukunft eher eines, das 100% paßt und behalte das dann viele Jahre.
Ich hätte mir diesen Registertausch auch gern etwas kosten lassen und dabei nicht auf den Preis geschaut.
Und selbstverständlich haben die mir auch zu einer neuen Orgel geraten, das hätten die wohl gern.
Aber so wie die aktuellen, vergleichbaren Modelle aussehen und klingen, können die sich diesen Rat in die Haare schmieren.

Ich habe Johannus inzwischen im Gegenzug angeboten, ein stilvolles Gehäuse für die neue Vivaldi zu entwerfen, das diesem barocken Namen gerecht wird und nicht wie ein Blockhaus aussieht, denn der Namensgeber Antonio Vivaldi, würde, wäre er noch am Leben, seinen Namen wohl nicht für diesen unförmigen Kasten hergeben.
Weiters habe ich allen Ernstes angeboten, mich an der Klanggestaltung der Neuauflage der Vivaldi aktiv zu beteiligen, denn als nicht unerfahrener Organist, der hochwertige Pfeifenorgeln gewoht ist, weiß ich ziemlich genau, wie eine Orgel für mich zu klingen hat.

Übrigens spiele ich immer noch mit dem Gedanken, meine SW 20 gegen eine noch ältere SW10 (wegen der schönen,ausgewogenen 5-fachen Mixtur) zu tauschen, allerdings habe ich keine große Lust, dafür 1000 Euro für den Transport aus Holland zu zahlen.

Davon abgesehen habe ich mit Hilfe von Intonat sogar aus meiner alten SW20 eine Menge rausgeholt, sie klingt zwar nicht restlos perfekt, aber ich kann sicher noch eine Weile gut damit leben.

Also bleibt noch alles offen, ich bin aber zuversichtlich, daß DIE RICHTIGE Orgel (wie auch immer) früher oder später ihren Weg zu mir finden wird!


Gruß aus Wien,

Romanus


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11.09.2011 21:19
avatar  Anonymous ( gelöscht )
#5 RE: Expertenfrage zu Johannus Sweelinck
An
Anonymous ( gelöscht )


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12.09.2011 00:39
avatar  Romanus ( gelöscht )
#6 RE: Expertenfrage zu Johannus Sweelinck
Ro
Romanus ( gelöscht )

Hallo Laurie,
habe vorige Woche meinem Orgelhändler einen Besuch abgestattet und dabei die aktuellen Johannüsse ausprobiert und war alles andere als begeistert:

Die Studio ist schon allein für´s Auge eine Beleidigung (für´s Ohr übrigens auch).

Die Opus kommt immer noch nicht über 8-stimmige Polyphonie pro Register hinaus, in meinem Sarkasmus sage ich nur: Modell für 2-fach fingeramputierte Organisten.

Die logische Sweelinck-Nachfolgerin "Vivaldi" fand ich auch kaum besser,die romantischen Intonationen klingen kraftlos wie weichgespülte Synthesizer in einem Francis Lai-Soundtrack, keine Spur mehr von Vorläufertönen, Einschwingen und Abblastönen (Rückschritt gegenüber 1996), die barocken hingegen steinhart und schneidend-scharf, so klingt keine historische Barockorgel, nicht mal eine neobarock-"orgelbewegte"!
Was mich am meisten wundert: Anscheinend wurde hier massiv bei den Lautsprechern gespart.
Wenn ich zuhause meine Sweelinck 20(600W Spieltischabstrahlung) nur halb aufdrehe, ist sie schon laut genug für eine kleine bis mittlere Kirche, ich kann sie gar nicht voll aufdrehen, weil es mich dann wegbläst.
Bei der Vivaldi 25 wollte ich das zart flüsternde Plenum etwas lauter drehen und stellte ernüchtert fest: Das Ding ist ja schon auf volle Lautstärke! Also: Ohne externe Abstrahlung zum Vergessen.

Nicht mal die teure Symphonica wurde ihrem Namen wirklich gerecht, die romantischen Intonationen sind in meinen Ohren gerade noch zumutbar, die barocken haben leider Ähnlichkeit mit einer Dr.Böhm von 1976.

Und du wirst es nicht glauben, sogar mein Orgelhändler gibt mir Recht, daß die alten Johannüsse von 1996-97 voller und mehr nach Pfeifenorgel klangen als die neuen und das sagt wohl alles! (Er hat in seiner Kirche eine Opus 20 von 1997 installiert, die nach seinen Worten um Klassen besser klingt als alle späteren Opus-Modelle.)

Die einzige, die in meinen Ohren halbwegs wie eine Orgel klang,mit der ich mich anfreunden könnte, war eine Ecclesia T25 mit einem sündteuren, eigens auf den Raum intonierten Pfeifen-Abstrahlsystem. Der Spieltisch stand ca. 10 Meter von der Abstrahlung entfernt, damit wird der Klang um vieles voller und plastischer.

Gratuliere übrigens zur Roland-Orgel, sicher ein vielseitiges und fortschrittliches Instrument, obwohl mir der serienmäßige Klang zu sehr in Richtung "Orgelbewegung" geht. (Das Design der C-330 ist leider stark von der Johannus Studio inspiriert) Ich schätze, ich müßte viele Stunden daran rumintonieren, damit sie so klingt, wie ich will. Kann man bei ihr auch das Chiff und Einschwingen individuell einstellen?
Hast du die 330 oder die 380?

Gruß aus Wien,
Romanus


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12.09.2011 13:25
avatar  Mathias91 ( gelöscht )
#7 RE: Expertenfrage zu Johannus Sweelinck
Ma
Mathias91 ( gelöscht )

Zitat von Romanus
... habe vorige Woche meinem Orgelhändler einen Besuch abgestattet und dabei die aktuellen Johannüsse ausprobiert und war alles andere als begeistert...

Die Studio ist schon allein für´s Auge eine Beleidigung (für´s Ohr übrigens auch).

Die Opus kommt immer noch nicht über 8-stimmige Polyphonie pro Register hinaus, in meinem Sarkasmus sage ich nur: Modell für 2-fach fingeramputierte Organisten.

Die logische Sweelinck-Nachfolgerin "Vivaldi" fand ich auch kaum besser, die romantischen Intonationen klingen kraftlos wie weichgespülte Synthesizer in einem Francis Lai-Soundtrack, keine Spur mehr von Vorläufertönen, Einschwingen und Abblastönen (Rückschritt gegenüber 1996), die barocken hingegen steinhart und schneidend-scharf, so klingt keine historische Barockorgel, nicht mal eine neobarock-"orgelbewegte"!

.../...

Bei der Vivaldi 25 wollte ich das zart flüsternde Plenum etwas lauter drehen und stellte ernüchtert fest: Das Ding ist ja schon auf volle Lautstärke! Also: Ohne externe Abstrahlung zum Vergessen.

Nicht mal die teure Symphonica wurde ihrem Namen wirklich gerecht, die romantischen Intonationen sind in meinen Ohren gerade noch zumutbar, die barocken haben leider Ähnlichkeit mit einer Dr.Böhm von 1976.

.../...




Lieber Romanus,

In meinen Augen gehen hier viele Eindrücke kreuz und quer durcheinander und die Schlussfolgerungen aus den Beobachtungen kann ich aus meiner eigenen (äusserst bescheidenen!) Erfahrung nicht völlig teilen. [smile]

Zum einen: Der Vergleich verschiedener Hersteller in derselben Preisklasse ist ernüchternd für die Preisklasse, aber gibt keine Aussage über die absoluten qualitativen Fähigkeiten des Herstellers. Die Roland C330/380 ist in der Tat verblüffend und sich dazu parallel eine Opus anzuhören beschleunigt dann in Lichtgeschwindigkeit den Kauf der Roland...

Zum anderen: Ich hatte in diesem Thread über den Kauf meiner Symphonica berichtet, bei der mir in diesem Forum und auch gerade von Laurie sehr viel geholfen wurde. Über die Intonationsphase habe ich hier etwas mehr berichtet.

Um ehrlich zu sein, bin ich über Deinen Händler etwas verdattert. Ich glaube, um DO Händler zu sein braucht es eine eigene Kompetenz (man muss sowohl Orgel- als auch Informatikfreak sein) und starke Nerven, da man von den Pfeifenorgelbauern von oben herab betrachtet wird und sich allerdings trotzdem als Orgelbauer verstehen sollte.

Aus meiner Erfahrung: Meine Symphonica stand nach Werksauslieferung erst einmal ein paar Wochen so bei mir rum, bevor der Händler zur Intonation kam.

1. Lautstärke: Die Lautstärke wird für jedes Register per Intonat eingestellt. Werkseitig sind alle Register so etwa bei halber Lautstärke, alle etwa gleich und vom tiefsten zum höchsten Ton "flach", also gleichlaut eingestellt. Ich habe also den dumpfen Eindruck, dass Du keine "nachbehandelte" Vivaldi oder Symphonica gespielt hast. Meine ist jetzt lauter eingestellt, allerdings auch nicht volle Pulle, da ich das eindeutig nicht brauche! Bei der Intonation fragte mich der Intonateur, wie laut ich sie gerne hätte.

2. Intonation: Die ist vom Geschick des Intonateurs abhängig. Nur eines steht fest: Mein eigenes Instrument hat mit dem, welches mir vom Werk ausgeliefert wurde, nicht viel zu tun. In der frz. Symphonic spiele ich z.B. gerade Widors Präludium der 1. Symphonie. Die "Fonds 8" als Gruppenzug grollen sanft, im letzten Teil bei zugekoppelten Zungenstimmen im Rezitativ, erst geschlossen, dann langsam geöffnet: Ein kleiner Feierabendorgler wie ich kann da grössenwahnsinnig werden, weil er (nur vom Klang her) den Eindruck hat Ben van Oosten an der Cavaillé Coll von St. Ouen / Rouen zu sein. Danach muss ich immer einen Grog trinken, damit ich keine Schnupfen bekomme, so läuft es mir kalt den Rücken runter...
Manchmal klimpere ich so auf gut Glück aus dem Gotteslob. rgel: Wenn ich mal nur so einfach manualiter spiele, benutze ich oft frz. Barock und Gruppenzüge Plein Jeu oder Jeu de Tierce. Da die frz. Orgelkomponisten dieser Zeitepoche kein so ausgeprägtes Pedal wie die deutschen Kollegen hatten und benutzten, klingt dann gerade auch ein manualiter ausgetragenes Stück richtig "fett" und "voll". Die deutsche Neoklassik eignet sich für ein Reger Choralpräludium (sehr viel mehr krieg ich da nicht hin...) hervorragend, Teeuw wird auf niederländischem Barock gespielt, Buxtehude auf deutschem Barock (z.B. einfach im HW Mixturen und Bombarde 16': das war vor der Intonation gräulich und klingt z.B. in der frz. Symphonic unmöglich) Wie dem auch sei: jede Intonation ist VÖLLIG individualisiert, welches das Werk des Intonateurs ist. [wink]

Last not least: Unsere Gemeinde hat ein einem völligen Irrsinn gerade eine Johannus Opus 35 gekauft, bei demselben Händler wie meine Sym und das Instrument ist vom selben Intonateur eingestimmt worden, so dass ich da gut vergleichen kann. Nun, die Opus ist im Vergleich zur C380 etwas spärlich im Klang, mal freundlich ausgedrückt. Die billige Tastatur ist auch nicht so das Gelbe vom Ei und der Klang im Vergleich zur Sym45 sehr spärlich. Verglichen mit der Sym45 ist das natürlich beruhigend, denn dann habe ich wenigstens nicht das Gefühl, mich mit dem Kauf der Sym45 daneben gesetzt zu haben. Die Samplequalität ist eindeutig anders und von der Intonation her ist es auch etwas kläglicher, was zum einen darauf verweist, dass die Möglichkeiten einer Sym45 grösser sind, und zum anderen wird der Intonateur sich bei mir mehr dahintergeklemmt haben, was bei dem höhreren Preis auch als für angemessen betrachtet werden kann. Die Opus35 bleibt eben eine elektronische Lösung, die keinen "übers Ohr" hauen wird - der Klang meiner Sym45 ist (für mich) ebenso verblüffend, aber in einem entgegengesetztem Extrem.

Fazit: Man sollte je nach Preissegment vergleichen und vor allen Dingen den Service und das Know How des Händlers, wie es in diesem Forum schon oft angeschnitten wurde.


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12.09.2011 19:52
avatar  dis ( gelöscht )
#8 RE: Expertenfrage zu Johannus Sweelinck
di
dis ( gelöscht )

Vielen Dank, Mathias, für Deine Bemerkungen zur Symphonica. Ich denke, es war nötig die Aussagen von Romanus zu kommentieren und in vielen sprichst Du mir (auch ich habe eine Symphonica) aus der Seele.

Generell gilt aus meiner Sicht: eine Digital-Orgel ist so gut wie man sie sein lässt.

Mit der Symphonica hat man unstrittig ein tolles Instrument (hatte übrigens vor dem Kauf der Symphonica auch die Roland C 380 gespielt und fand sie ebenfalls klasse). Jedem steht es aber frei, den Klang seines an sich guten Instruments durch
- schlechtes Intonieren
- schlechte Raumakustik / unglückliches Aufstellen des Instruments im Raum
- schlechtes Registrieren
- schlechtes Wählen von Parametern wie Hall, Sample-Set, Stimmung etc.
zu ruinieren.

Das ist verblüffend einfach - oder umgekehrt gesagt: Einen guten Klang hervorzubringen erfordert schon einiges an Abstimmarbeit, denn das Optimum existiert nur in einem kleinen Bereich. Kann gut sein, dass der ein oder andere Orgelhändler sich nicht die Mühe macht, für all seine Ausstellungsstücke dieses Optimum zu treffen.

Ich habe bei mir vor allem die Raumakustik optimiert. Trockene Raumakustik (den Hall soll ja das Instrument liefern) und unregelmäßig Raumgestaltung zur Minderung stehender Wellen (Raum-Moden) haben Wunder gewirkt.

Generell finde ich den Punkt Raumakustik unterschätzt und meiner Meinung nach greifen viele vorschnell (weil scheinbar einfach) zum Intonations-Werkzeug. Meine Sicht: bevor ich z.B. einen Ton, bei dem ich einen Raum-Mode treffe (bei mir das A), durch Intonation in der Lautstärke reduziere, versuche ich doch eher die Raum-Mode an der Quelle zu verhindern.

Ich spiele jetzt meist mit
- voller Lautstärke
- bewußt sparsamer Registrierung
- recht kurzem Hallprgramm
und bin sehr zufrieden.

Gruß Dirk.


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21.11.2011 21:48
avatar  Romanus ( gelöscht )
#9 RE: Expertenfrage zu Johannus Sweelinck
Ro
Romanus ( gelöscht )

Hallo Matthias und Dirk,

natürlich wollte ich stolzen Symphonica-Usern nicht zu nahe treten!

Ein paar Ergänzungen zum oben gesagten möchte ich noch loswerden:

Ja, die Vorführmodelle bei meinem Johannus-Händler sind (mit Ausnahme der Ecclesia) rein serienmäßig und nicht nachintoniert, das hat mir der Geschäftsführer bestätigt.
Klar ist die Intonation das Um und Auf bei einer Orgel, aber wenn ich mir eine neue Orgel kaufe, sollte sie schon vor meiner Intonation etwas Ähnlichkeit mit meinem Klangideal haben, sonst scheidet sie von vornherein aus (ähnlich wie eine Frau,die absolut nicht mein Typ ist), weil ich keine Lust habe, sie erst in unzähligen Stunden komplett umzuintonieren, auf daß sie mir danach vielleicht besser gefalle. Ich finde,die Intonation sollte akustisches Fine-Tuning sein und kein zweckentfremdetes, totales Umkrempeln ähnlich wie der Versuch, aus einer Demi Moore ein Marilyn Monroe-Double zu machen!
Intonat mag ein durchaus mächtiges Werkzeug sein, aber man kann damit auch nicht alles machen (z.b. Chiff,Einschwingen und Absprache einstellen oder eine schneidend-scharfe Neobarock-Mixtur gegen eine mild-volle 2 2/3-Mixtur austauschen).
Die Technologie anderer Hersteller unterstützt derartige Extrawünsche teilweise sehr wohl.

Was ich bei ALLEN aktuellen Johannus-Modellen vor allem vermisse, sind die Vorläufertöne, das Einschwingen und das Abblasen, was hingegen bei den 96er- und 97er-Modellen sehr (für manche Organistenkollegen vielleicht ZU sehr) ausgeprägt war und mir ganz besonders gefallen hat, weil genau das den Klang (trotz der damals noch in den Kinderschuhen steckenden Sampling-Technologie) viel fetter und pfeifenorgelartiger gemacht hat, ich bin ein absoluter Fan davon!

Ich sage nicht, daß die aktuellen Johannüsse grundlegend schlecht sind, aber ich finde, man könnte und sollte einiges daran verbessern.
Ich als langjähriger Johannus-Kunde (der es mit dieser Firma immer noch gut meint !) würde mir sehr wünschen, daß die unbestreitbaren Vorteile aktueller Modelle (moderne hochauflösende Sampling-Technologie und Hallgeräte mit vielseitigen Optionen) mit den Vorzügen älterer Modelle (pfeifensimulierende Ton-An- und -Absprache,edles Design) kombiniert werden und wenn meine Kritik,die ich übrigens auch direkt an Johannus herantrage, dazu beiträgt, hat sie ihren Zweck voll erfüllt!


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21.11.2011 22:12
#10 RE: Expertenfrage zu Johannus Sweelinck
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Administrator

Zitat von Romanus
wenn ich mir eine neue Orgel kaufe, sollte sie schon vor meiner Intonation etwas Ähnlichkeit mit meinem Klangideal haben, sonst scheidet sie von vornherein aus


Gut auf den Punkt gebracht. Ich sehe das exakt wie du!

Zitat von Romanus
Intonat mag ein durchaus mächtiges Werkzeug sein, aber man kann damit auch nicht alles machen (z.b. [...] eine schneidend-scharfe Neobarock-Mixtur gegen eine mild-volle 2 2/3-Mixtur austauschen).


Falls die Sample-Bänke eine solche Mixtur enthalten, kann Intonat das sehr wohl. Die Schattensamples lassen sich quer durch die Dispositionen tauschen.

Zitat von Romanus
Was ich bei ALLEN aktuellen Johannus-Modellen vor allem vermisse, sind die Vorläufertöne, das Einschwingen und das Abblasen, was hingegen bei den 96er- und 97-Modellen sehr (...) ausgeprägt war


Auch hier kann ich nur zustimmen; habe vor einiger Zeit auf einer alten Opus 1 (Vorgängerin der Studio S) gespielt: Schöner Klang, in beiden Intonationen. Dahinter blieben spätere Modellgenerationen deutlich zurück.

Zitat von Romanus
Ich sage nicht, daß die aktuellen Johannüsse grundlegend schlecht sind, aber ich finde, man könnte und sollte einiges daran verbessern.


Können tut man bei Johannus gewiss, dessen bin ich mir sicher. Die Frage scheint mir eher, ob man das auch will. Wenn ich mir die aktuelle Hintergrundmusik auf johannus.com anhöre (zu hören ist da wohl einer der neuen Vivaldis), kommen mir massive Zweifel, ob Johannus dem derzeitigen Klangideal abschwören wird... [sad]


Auf Orgelsuche.

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