Seit gut 2 Wochen halte ich mich in Klaipeda/Memel auf. In der dortigen Kirche der Franziskaner befindet sich seit 2013 eine tolle Riegerin III/P/48, die ich vor 10 Tagen eine Stunde lang traktieren durfte.
Heute komme ich kurz nach 17 Uhr ahnungslos in die Kirche, um eventuell zu üben und treffe dort auf den aus Bayern stammenden Pater Leopold, der mir eröffnet, dass ich doch zur 18-Uhr-Messe zumindest ein Prae- und ein Postludium spielen könnte. Ihr wisst ja, dass ich erst vor 4 Monaten mit Orgelunterricht begonnen habe und mein Repertoire für die Orgel noch sehr übersichtlich ist. Also wollte ich zu Beginn zum Herrn Jesus Christ rufen und am Ende alle Menschen sterben lassen. Denkste!
Nach ein paar einführenden Worten kam von unten die Aufforderung, doch bitte wieder zu spielen, aber was??
Also schnell auf Rückpositiv und Brustwerk ein paar Register samt Tremolo gezogen und die Sarabande aus der 5. Französischen Suite gespielt. Später folgten noch die Sarabande aus der 5. Englischen Suite und während der Kommunion die Loure aus der 5. Französischen Suite.
Als Pater Leopold zum Schluss einen "Rausschmeisser" wünschte, vergaß ich, dass ich eigentlich alle Menschen sterben lassen wollte und spielte mit ziemlich vollem Werk das Preludio aus der 5. Englischen Suite.
Puh! Für Nervosität blieb mir keine Zeit.
Ich habe es überlebt, Bach sowieso.
Niemand ist schreiend aus der Kirche gerannt und der 79-jaehrige Franziskanerpater Leopold hat sich für eine außergewöhnliche Messe bedankt.