Bitte geben Sie einen Grund für die Verwarnung an
Der Grund erscheint unter dem Beitrag.Bei einer weiteren Verwarnung wird das Mitglied automatisch gesperrt.
So viel Orgel für so wenig Geld!
#1 So viel Orgel für so wenig Geld!
Heute hatte ich das Vergnügen, ein Viscount Cantorum duo plus anzuspielen. Mein Fazit in Werbesprech: Nie gab es so viel Orgelklang für so wenig Geld. Das Instrument (ohne jede Zutat auf einen X-Ständer aufgebockt) klingt dank Physis plus ausgezeichnet. Klar, konturiert, druckvoll und präsent. So wie ich es mag. Wie immer ist der Auslieferungszustand nicht der (bzw. mein) Optimalzustand. Aber mit Bordmenü und Gratis-Editor aus dem Netz lässt sich die voll individualisierte Wunschorgel stricken.
Als ich nach Hause kam, habe ich sofort mein Cantorum ausgepackt und nachgehört, ob es noch mithalten kann. Mein Eindruck: Den Reiz des plus-Modells macht nicht ein sensationell "besserer" Klang aus. Es sind die Gestaltungsoptionen, die wesentlich den Mehrwert für den (kundigen) Spieler ergeben. Mehr später. Autofahrten über längere Distanzen strengen mich in letzter Zeit zunehmend an und ich muss jetzt einfach mal abhängen bei BWV 132.
LG
Michael
#2 RE: So viel Orgel für so wenig Geld!
Wie ich gestern schon andeutete: Wer bisher mit seinem Cantorum Duo zufrieden war, hat m.E. jetzt keinen dringenden Handlungsbedarf, es sofort durch das Duo plus zu ersetzen. Die entscheidenden klanglichen Parameter bleiben weitgehend deckungsgleich: Disposition, interne Abstrahlung, Verstärkerleistung.
Auch das Duo plus bietet drei Styles. Allerdings ist die Anwahl von Drucknöpfen in der Vorsatzleiste ins Menü gewandert. Bei der Aufstellung in einem fremden Raum empfinde ich es bei meinem alten Duo als praktisch, mal schnell durchzuprobieren, welcher Style am besten wirkt. Das ist beim Neugerät etwas umständlicher geworden. Ansonsten sind die konkaven Drücker in Vorsatzleiste und Zwischenleiste durch die konvexen und etwas größeren Daumenpistons aus dem angelsächsischen Orgelbau ersetzt. Griffiger und dank roter Ringe besser zu lokalisieren. Ich habe zuerst mal mit dem Style "barock" probiert. Der Prinzipalchor 8' 4' 2' hat mir schon im Werkszustand ausgezeichnet gefallen. Er hat eine ordentliche Tragfähigkeit, klingt fest und kompakt, zeichnet polyphone Strukturen sehr gut durch. Nicht weit entfernt vom Klangideal, das ich zur Begleitung einer singenden Gemeinde bevorzuge. Hier erkennen feinere Hörwerkzuge auch die wesentlichen Unterschiede zwischen Sample und Physis plus. Das algorithmisch generierte Interagieren der Register macht den Klang lebendiger und authentischer. Die Mixturen entwickeln mehr Brillanz und Zugriff, ohne scharf oder gar grell zu werden. Diese Eigenschaften bleiben auch im romantischen Style erhalten. Erst im sinfonischen Style wird das alles etwas braver und runder, um nicht zu sagen: langweiliger.
Der größte Vorteil der Duo plus ist die weitestgehende Intonierbarkeit, die Physis plus bietet. Die erste Baustelle wären bei mir die Zungen des barocken Style, die im Auslieferungszustand ab Werk etwas "synthi" klingen. Die im romantischen Style entsprechen meinen Vorstellungen deutlich eher. Und natürlich muss man - wie generell bei Orgeln aus dem Hause Viscount - bei den Tremulanten die Werte für Tiefe und Geschwindigkeit jeweils halbieren, damit aus Gemeckere Klang wird.
Zweite Baustelle wäre die Disposition. Da würde ich im Pedal sofort die Zunge 4', die ich im Normalfall (dem gottesdienstlichen Einsatz) nicht brauche, gegen einen Subbass 16' austauschen. Denn der Prinzipalbass als einziger labialer 16' geht in allen Styles ziemlich saftig zu Werke und ist unter leisen Flötenmischungen einfach zu laut. Außerdem braucht das Hauptwerk eine Flöte 4'. um unter Zungen- oder Aliquotsoli in II kontrapunktische Begleitstimmen herauszuarbeiten. Desgleichen sind leise 8'er und 4'er in beiden Manualen im Triospiel unerlässlich. Dem würde ich entweder die Gamba 8' oder das Krummhorn 8' im Hauptwerk opfern. Denn II bietet ja Streicher und lyrische Solozunge.
Nun der entscheidende Knackpunkt. Wird das Instrument dauerhaft stationär verwendet, ist es kein Problem eine optimierte Intonation zu erstellen. Was aber, wenn sich bei mobilem Einsatz das wichtigste Register, der Raum, ständig ändert? Ich setze mein Duo derzeit vor allem in den beiden Kirchen und den zwei Aussegnungshallen meiner Dienstgemeinde ein. Gelegentlich an wechselnden anderen Orten. Die Parameter unserer eigenen Lokalitäten habe ich im Kopf. Mit der Wahl des Styles, der passenden Lautstärke und etwas werkweisem Equalizing lässt sich das Duo schnell und ziemlich gut an die räumlichen Charaktere anpassen. Um die neue Technologie wirklich auszureizen, müsste ich beim Duo plus für jeden Raum eine eigene Intonation erstellen und vor dem jeweiligen Einsatz aufspielen. Das ist natürlich machbar. Aber als Ersttäter in der Aussegnungshalle von Niederkleckersdorf würde ich vermutlich während der gesamten Trauerfeier dasitzen und in meinem akustischen Kopfkino liefe der Film, was ich am liebsten sofort ändern würde.
Heraus käme dann im Endeffekt wohl eine größere Dateiensammlung individualisierter Styles.
Mein Fazit: Die Möglichkeiten, das Cantorum Duo zu optimieren, sind mit dem Duo plus natürlich deutlich größer geworden. Aber nur, wenn man beabsichtigt, die Vielfalt der zusätzlichen Optionen zu nutzen, lohnt sich der Neukauf. Im mobilen Einsatz scheint mir manches entbehrlich, bei einer Dauer- oder Festinstallation führt indes an der Physis-plus-Technologie kein Weg vorbei.
Das dürfte um so mehr für ein Trio plus gelten, das ja qua Gewicht und Volumen deutlich standortgebundener ist als das Duo. Obwohl die interne Abstrahlung erfreulich gut klingt und sich dank der beiden Tweeter ein sehr plastisches und räumliches Klangbild in der Spielerposition ergibt, würde ich generell raten, mindestens ein mobiles 2.1.-System zuzukaufen - besser zwei. Mindestens eines meiner beiden Lucas Nanos geht immer mit auf Tour.
LG
Michael
Danke für die ausführliche Rezension des Geräts; als Nicht-Keyboarder habe ich damit eine ziemlich gute Vorstellung, was ich von dem Instrument erwarten könnte.
Die Wünsche an die Disposition ließen sich ja mittels Editor problemlos verwirklichen. Ob es wie bei Physis 1 ist, dass man einen kompletten Registerstandort (in allen Styles) einfach verschieben kann? Das wäre der folgenschwerste, aber zugleich auch der am einfachsten durchführbare Eingriff in die Werksdisposition.
#4 RE: So viel Orgel für so wenig Geld!
#5 RE: So viel Orgel für so wenig Geld!
Um ein Haar hätte ich's vergessen: Der fürchterliche Drahtbügel, der bisher als Notenauflage diente (bzw. nicht taugte), ist passé! Es gibt jetzt stattdessen ein Holzbrett. Es dürfte ruhig etwas breiter und höher sein. Aber immerhin bildet es eine stabile Auflage und erfüllt seinen Zweck tausendmal besser als die bisherige Drahtkrücke.
LG
Michael
Das verbesserte Notenpult ist zu begrüßen.
Aber ist es nicht zu schwer?
Ich nehme doch an, dass es - wie bei jedem anderen Keyboard auch - in zwei kleinen Löchern im Plastik des Chassis eingesenkt wird... Wie schätzt du die Gefahr des "Ausbrechens" ein? Mir ist bewusst, dass Acryl nicht lange kratzerfrei bleibt, aber wäre es nicht - unter dem Gesichtspunkt des Gewichts - hier die bessere Wahl gewesen?
#8 RE: So viel Orgel für so wenig Geld!
Es ist ein dünnes, leichtes Brett, dem der bisherige Drahtbügel als Stütze dient. Notenauflage und Haltestifte sind also - wie bisher - aus Metall. Das Gewicht ist m.E. kein Faktor, es dürfte im Bereich von 200 g liegen.
Ich habe mir aus dreilagigem Sperrholz ein richtig großes Brett geschnitten und es unten mit einer Teppich-Treppenkante aus Messing als Auflage versehen. Es geht über die gesamte Gehäusebreite und ist 40 cm hoch, oben ist noch genug Luft, meine LED-Notenlampe festzuklemmen. Das Brett wird einfach auf den Drahtrahmen aufgelegt und hält durch sein Eigengewicht (ca. 1 kg) und das der aufliegenden Noten. Kosten: unter zehn Euro. Passt zum Transport genau auf das Cantorum Duo in der Tragetasche, quasi als Deckel über den Tasten.
LG
Michael
#10 RE: So viel Orgel für so wenig Geld!
Nichts sonst würde das immense Gewicht des Kastens von 27 kg rechtfertigen. Ich sage meinen Helfern immer: "Aufpassen, das ist ziemlich schwer." Die etwas hausbackene Holzimitat-Optik verleitet zur Annahme, das sei alles billiges Plastik. Dabei verbirgt sich darunter ein (zu) massiver Stahlrahmen. Ich habe mehrfach in Mondaino gefragt, ob das nicht mit etwas mehr Alu und entsprechend leichter gehe. Vermutlich hat man einen langfristigen Vertrag mit einer Eisenschmiede.
LG
Michael
#11 RE: So viel Orgel für so wenig Geld!
#13 RE: So viel Orgel für so wenig Geld!
#14 RE: So viel Orgel für so wenig Geld!
Jetzt anmelden!
Jetzt registrieren!