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Cameron Carpenter im TV und 'in concert'
Am 24.1 hatte der US-amerikanische Organist Cameron Carpenter einen Auftritt (an einer Rodgers Trillium Masterpiece T-92 im ZDF Morgenmagazin.
Eine Aufzeichnung ist HIER zu sehen.
Am 15. Februar ist Cameron in der Harald-Schmidt Show zu Gast - darüber hinaus zu hören am 20.1. im Kuppesaal Hannover (Orgel Solokonzert) und anlässlich weiterer Konzerte und Auftritte (Kurhaus Wiesbaden, Musikfestival Trier, Schleswig-Holstein Musikfestival, Musikfest Stuttgart u.a.), jeweils mit seiner Rodgers 'Touring-Orgel'.
#4 RE: Cameron Carpenter im TV und 'in concert'
Lieber Herr Schuster,
gibt es einen Grund, daß Sie das Kölner Konzert in der Philharmonie am Donnerstag, den 9.2.2012 vergessen zu erwähnen?
Wird er sich dort an der Saalorgel versuchen, dann bin ich freudig drauf gespannt....
Klanglich habe ich mich zu seinem Auftritt im MOMA ja an anderer Stelle hier im Forum geäußert. Das Fazit ist für mich identisch wie bei seinem Auftritt im NDR. Woran lag es diesmal?
Evtl. dürfen Sie ja mal für eine Fernsehübertragung intonieren Evtl. lohnt sich ja vor der Sendung mal eine Abhörprobe, was die Tonmeister da für eine Mischung über den Äther schicken wollen.
Mit einem herztlichen Gruß aus Köln
Clemens
Ich weiß nicht... Ich glaube, es war Mikelectric, der in einem anderen Thread anmerkte, dass CC mal gut daran täte, die Töne lang genug klingen zu lassen, dass sie zu sich selbst kommen. Sein aberwitziges Spieltempo ist dem Genuss m.E. abträglich, weil man weder mit dem Hören nachkommt noch der Orgelton sich zur Gänze entfalten kann.
Damit keine Missverständnisse entstehen: Ich halte den Mann für ein Genie! Nur gefällt mir seine Kunst eben nicht immer.
#6 RE: Cameron Carpenter im TV und 'in concert'
Es sei an C.M. Widor erinnert:
Zu Albert Schweitzer soll er einmal gesagt haben:
"Man hat mich beleidigt. Man hat mich einen Virtuosen genannt. Ich bin ein ehrlicher Organist." (Wobei man den Begriff "honnete" auch mit "ehrbar" oder "ehrenhaft" übersetzen könnte.)
Bei Herrn Carpenter beobachte ich ich lediglich beeindruckende Artistik, in eine fulminante "Show" gepackt.
An ihm scheiden sich offenbar die Geister.
Wer's mag ...
FG
Michael
Es ist nicht nur für den Laien interessant bzw. beeindruckend.
Seinen Bach muß man nicht mögen, klar.
Allerdings - ich habe ihn 2011 im Geiselgasteig live erlebt - was er mit Gustav Mahler auf der Orgel vollbracht hat, war unglaublich.
Und technisch spielt er auf einem anderen Stern, das muß der Neid ihm lassen!
...und Kirchenmusiker will er ja nun mal nicht sein!
Grüße,
Matthias
#11 RE: Cameron Carpenter im TV und 'in concert'
Meine „Kritik“ richtet sich nicht gegen Meister Carpenter. Ich beglückwünsche jeden, der an keine spieltechnischen Grenzen stößt.
Aber nach meinen Beobachtungen – und ich beobachte das seit gut 40 Jahren – spielt in der amerikanischen Orgelszene die Spieltechnik eine alles beherrschende Rolle. Carpenter ist ja nur einer von vielen in der Traditionslinie Virgil Fox, Diane Bish und anderen. Ich habe bei mehreren Aufenthalten in den USA immer festgestellt, daß durchweg sehr schnell gespielt wird, durchaus auch äußerst perfekt – aber bisweilen wenig musikalisch. Der Applaus der Hörer gilt mehr der Bewältigung der technischen Probleme, weniger der musikalischen Gestaltung. Denn im Vordergrund stehen oft Effekte. (Echos der epidemischen d-moll-Toccata mit der „state trumpet“ der „Antiphonal Division“ in the side nave of the cathedral.) Pfeifen müssen möglichst in einer „organ chamber“ versteckt, Spieltische hingegen müssen sichtbar sein – wenn nicht, hat man Kamera und Großleinwand parat, um der staunenden Menge jeden Besuch eines Fußes auf einem Schwelltritt zu dokumentieren. (Ich zeichne übrigens keine Karikatur, sondern schildere live-Erlebnisse.)
Ich hatte dann mal einen amerikanischen Kollegen zu Besuch – ist wohl schon 30 Jahre her. Damals „entdeckte“ man in den USA gerade die Schleiflade (a tracker organ from Klais or Beckerath, Germany galt als schick) und barocke Musik. Ich konnte ihm nicht genug Buxtehude und barocke Franzosen vorspielen. Wir haben Nächte in der Kirche verbracht – zum Glück war Hochsommer. Er saß neben dem Spieltisch und notierte eifrig meine Finger- und Fußsätze. Was da klanglich und (hoffentlich) musikalisch passierte, interessierte ihn nicht die Bohne. Er wollte wissen, wie ich das technisch mache – und zwar ganz genau. Vor allem Läufe, 32tel-Figuren und Pedalsoli ließ er sich dutzende Male vorspielen, um die Daumenuntersätze, Handwechsel und Fußsätze akribisch zu erfassen. Er ließ das Metronom mitlaufen und notierte sich eifrig die Tempi, anstatt auf die Temporelationen zu achten. Alles mußte quantifizierbar und irgendwie meßbar sein. Am besten in „APM“ (attacks per minute).
Dabei waren meine Fingersätze alles andere als „historisch“ und meinem Pedalspiel liegt seit Studienzeiten usque ad saecula saeculorum die Dupré-Technik zugrunde. Aber wahrscheinlich hat er seiner Gemeinde später „authentic german playing“ vorgeführt – oder sich darüber mokiert.
Mein erster Orgellehrer pflegte stets zu bemerken, daß sich die Musikalität eines Organisten in Bachs Triosonaten zeige – und zwar vor allem in den langsamen Sätzen, in der Fähigkeit, die Spannung weiter und getragener Melodiebögen zu halten. Dem habe ich nach einem knappen halben Jahrhundert Orgelspielens und-hörens nichts hinzuzufügen.
Wer (evtl. gar auf einer dreimanualigen Schmid oder Schuke mit rein mechanischen Koppeln) Duprés extrem schwieriges Präludium und Fuge g-moll nach den Metronomangaben des Maitre perfekt hinlegt, vor dem ziehe ich tief den Hut. Zum überragenden Musiker würde er für mich aber erst, wenn er Bachs „O Mensch bewein“ aus dem Orgelbüchlein so spielen würde, daß ich ihm bis in den harmonisch wahrhaft „entrückten“ Schlußtakt gespannt zuhöre. (Letzeres haben u.a. Marie-Claire Alain, Franz Lehrndorfer, Karl Richter, Helmut Walcha und – ihr werdet’s nicht glauben: Albert Schweitzer geschafft. S. spielt zwar largissimo possibile, aber die Kantilene atmet!)
Zweifellos ist eine hochvirtuose Technik ein solider Baustein zum Spiel hochkomplexer Transkriptionen. Und das scheint mir ein neuer Trend, nachdem inzwischen selbst die verstecktesten genuin organistischen Repertoirenischen ausgekehrt sind. Habe ich Erwin Horns geschickt gemachte (und dem Spieler gekonnt in die Hände geschriebenen) Bruckner-Transkriptionen als wirkliche Bereicherung des Repertoires empfunden, so kann ich den zeitweise pandemisch aufgeführten „Bildern einer Ausstellung“ absolut nichts abgewinnen, obwohl sie ja sehr (und mir wohl zu) plakativ umzusetzen sind.
Die Beobachtung und Benennung solcher Trends verstehe ich durchaus als Kulturkritik, wenn auch nicht als Kulturpessimismus. Insofern ist Carpenter lediglich Exponent eines Trends, vielleicht ein Trendsetter. Trends muß man nicht mitmachen.
Für mich stellt sich da eher die Frage nach der Orgelmusik und der Orgel der Zukunft. In meiner Lebensspanne haben wir Orgeln gebaut, auf denen sich (Neo-)Barock spielen ließ. Dann mußte alles „französisch“ klingen – auch wenn sich das „Französeln“ nicht selten auf die Nomenklatur der Registerschilder reduzierte. Die Nächste Welle plätscherte &bdquoDeutsch-romantisch“ und bald ist ja wohl auch der letzte deutsche Dom mit englischen Hochdruck-Tuben ausgestattet. Kommt jetzt die „Transkriptions-Orgel“ à la americaine mit sieben Echo-Streichern in doppelter Schwellung nebst Kreuz- und Querkoppeln? Oder erlebe ich es noch, daß man zum „Anfang und Ende aller Musik“ (O-Ton Max Reger) zurückfindet?
fragt sich
Michael
Wie das mit dem Orgelbau weiter geht, frage ich mich auch. Das mit dem schnellen Spiel und der Technik bei den Amerikanern ist mir auch aufgefallen. Die sind denke ich mehr auf Publikumsunterhaltung aus und nicht künstlerische Perfektion. Aber wer von den 99% Laien legt den schon Wert auf das künstlerische? Es muss doch nur kompliziert aussehen, so wie die Großstellwerke von den Fabrikorgeln.
[schild=6,1,000000,C0C0C0]Ironie[/schild]
Aber im ernst:
Ein Großteil der Konzertbesucher sagt: Das war aber schön. Sonst nichts. Es ist ja schon schön, wenn geschätzt wird, was der Organist da bewerkstelligt, geschweige denn die Komposition. Ich habe mich mit einem Organisten nach einem Konzert über Karg-Elerts Idyllen unterhalten, welche der Organist zuvor auf einer Barockorgeln von 1757 gespielt hat. Genial wie der das alles bewerkstellitg hat: Der Registrant stößt mal eben 13 Register auf einmal ab, klettert in die Orgel um ein Register zu verstimmen, betätigt die Abstrakte von innen etc.. Der Organist schaltet im letzten Akkord die Orgel aus, stüzt sich mit beiden Armen auf der tastatur ab usw.. Einfach genial. Vor allem der Klang. Bekannte von meinen Großeltern waren mitgekommen, denen hat das gar nicht gefallen. Vor allem der Kack-Elert nicht. Daher denke ich begeistern die Ammis das Publikum eher durch Technik als durch des Komponisten geniale Klänge. Aber es gibt ja auch Konzertbesucher die sich die Hand vor Augen halten um sich ganz auf den Klang zu konzentrieren. So sagte auch schon Albert Schweitzer:
Der Organist sollte auf der Empore nicht sichtbar sein. Und wenn die Orgel ebenerdig steht, solle man einen Vorhang anbringen.
Aber jedem das seine...
Hallo,
über CC wurde ja schon öfter diskutiert, auch ich habe mich hier geäußert:
DIe Musikalität würde ich Carpenter niemals absprechen, auch wenn er für meinen Geschmack die Bach-Präludien zu schnell spielt.
Beste Grüße von der Waterkant
Christoph P.
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