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Eminent - Viscount Physis
Wenn ich das auf http://www.eminent-orgeln.de/ Gelesene richtig deute, verwendet Eminent ein Verfahren, das wohl auf der Sampling-Technologie aufbaut, diese aber per Obertonanalyse erweitert. Inwieweit das mit dem von Viscount verwendeten PM "verwandt" ist, kann ich nicht sagen. Eminent-Orgeln klingen nicht so übel, sind aber preislich in relativ hohen Regionen angesiedelt, sodass sie für mich nie ernsthaft in Frage kamen - zumal man um weniger Geld durchaus mehr Klang haben kann, wenn man sich so auf dem Markt umschaut.
In der Schweiz gibt es meines Wissens nicht einmal (mehr) eine Generalvertretung für Eminent Orgeln. Es wäre interessant zu wissen, wo Eminent den stärksten Absatz erzielt. Wenn man von den holländischen Sakralorgelherstellern spricht, werden vielfach nur Johannus und Content erwähnt - Eminent fristet offenbar ein weniger bekanntes Dasein.
"Physical Modeling" halte ich für einen schwammigen Propagandabegriff, der mehr verschleiert denn erhellt.
Und richtig: Eminent ging von der Fourier-Analyse aus und hat daraus wieder zusammenaddiert.
Inwieweit dem PM ähnelt oder beide gemeinsame Schnittmengen haben, kann ich nicht einschätzen. Das Ergebnis ist für musikalische Ohren in beiden Fällen... sagen wir mal: sonderbar. Der Grund liegt gleichermaßen in der Begrenzung der Rechenkapazität und einer logarithmischen Anhängigkeit der "Auflösung" von CPU-Power. Sicher kommen noch einige andere Faktoren, wie Latenzzeit, hinzu.
Ich halte den Begriff nicht für schwammig, denn das Ablegen eines Tons als mathematische Gleichung macht durchaus Sinn.
Ich erinnere mich an das PM in meiner Ausbildung. Während komplexe Rechenaufgaben damals noch mehrere Stunden brauchten, erledigt sich das heute in einem Bruchteil der Zeit. Die Leistung moderner Prozessoren hat sich enorm rasch entwickelt, was sich schon im Home PC Bereich zeigt. Beim Digitalisieren einer VHS zum Beispiel nahm der Down Mix noch vor ein paar Jahren die ganze Nacht in Anspruch, heute wird in Echtzeit konvertiert.
Mit Hilfe mehrerer Variablen kann auf diese Weise ein Ton "stufenlos" verändert werden. Variablen können durch den Organisten bestimmbare Parameter sein, aber auch Faktoren, welche die physiologischen Toneigenschaften einer Orgel charakterisieren wie z.B. Windschwankungen, das Ziehen mehrerer Register oder das Schliessen und Öffnen des Schwellers.
Der Anspruch an die Technik liegt bei einer Tonerzeugung auf Basis von PM vermutlich vorrangig bei der Rechenleistung, bei der Sampling Technologie wohl eher bei den Speichermedien und dem raschen Zugriff auf jene.
Hier setzt natürlich die Diskussion um die Qualität der mathematischen Nachbildung ein, die wir vor Gründung dieses Forums schon da und dort geführt haben.
Viscounts PM ist mMn noch unausgegoren. Ich vermute, dass einige Aspekte des Orgeltons nicht hinreichend in die Gleichungen einbezogen wurden. Wie ich schon anderswo äußerte, bleibt sowohl das Ansatz- als auch das Windgeräusch dem Ton merkwürdig äußerlich. Möglicherweise wird es bei Viscounts PM-Orgeln auch nur einfach zum "eigentlichen" Ton hinzugemischt; das macht schon bei Verwendung nur eines Registers kein besonders schönes Klangbild - so richtig ungut wird es aber, wenn eine Vielzahl von Registern gleichzeitig genutzt wird.
Noch vor Monaten war ich ja "stolzer" Besitzer eines CM-100, von dem ich anfangs ja noch recht angetan war (vermutlich aufgrund der kaum Wünsche offenlassenden Registerbibliothek). Als ich auf Bernds Anregung aber versuchte, mit den 12 gleichzeitig verwendbaren Registern ein kleines Plenum herzustellen, merkte ich, dass ich auf unüberwindliche Schwierigkeiten stieß. Schöne Flöten und Zungen, gewiss. Aber kaum brauchbare Prinzipale und irgendwie fad klingende Mixturen, die zu allem Überfluss auch noch völlig orgeluntypisch repetierten und nicht annähernd den silbernen Glanz einer Sampling-Mixtur verströmten. Ja, schade.
89@Micha:
Du hast sicher a. a. O. die Unico-Diskussion miterlebt, wo ich versucht habe, die Unlösbarkeit des Problems zu begründen. (Sorry, Gemshorn ):
Es geht bei PM um die Nachbildung des Pfeifen-Orgeltons als Formel.
Nun ist ein PO-Ton aber kein statischer, sondern dieser verändert sich durch unterschiedliche Einflüsse (z. B. Interferenzen durch andere Töne, die ebenfalls Eigendynamiken haben, die wiederum durch den hier betrachteten Ton modifiziert werden) auf der Zeitskala (das betrifft nicht nur die Anblasphase, sondern die gesamte Lebensdauer des Tones). Um also das Original richtig nachzubilden, müßte die Schwingungsformel in jedem "Zeitquant" (hörphysiologisch zu verstehen, nicht physikalisch [z. B. wie Martin Bojowald]) modifiziert werden. Wie unschwer zu erkennen ist, resultiert daraus ein System nichtlinearer Differentialgleichungen, das zeitkritisch - selbst mit einer Vielzahl von Prozessoren - nicht gerechnet werden kann. Also behilft man sich bei PM, indem man ab n-ter Ebene mit Rechnen aufhört. Das Resultat dieser Modellierung ist dann eben nicht die originale Klang. Und dann klingt es halt so langweilig, wie eine Unico klingen muß. Daran kann ich auch nichts mehr großartig herumintonieren, weil die Basis schon langweilig und nicht natürlich schmutzig ist.
Hmm - harte Worte... Ich werde konkret darauf eingehen können, wenn mein neues Instrument eingetroffen ist.
Im Essay "Physical Modelling in Digital Organs" erklärt der fachkundige Autor Colin Pykett, dass Blas- und Streichinstrumente wesentlich schwieriger wiederzugeben sind als die Pfeifenorgel, da der Ton dieser Instrumente ungleich stärker variiert werden kann als der Orgelton. Er bezeichnet das PM als sehr guten Weg zur Nachbildung von Blas- und Streichinstrumenten. Lediglich als einen anderen Weg der Tonerzeugung, aber nicht zwingend einen besseren, beurteilt er diese Technik bei der Digitalorgel, zumal dem vergleichsweise einfachen Orgelton auch ein Sample genügen könne.
Neulich habe ich mich mit einem Orgelbauer über ein Zungenregister des Pedals unterhalten. Was ich als charakteristische Vielfalt empfand, sieht der Orgelbauer als Imperfektion. Ein Orgelbauer möchte z.B. Winddruckschwankungen sowie Unstetigkeiten des Pfeifentons so gut wie möglich reduzieren. Bei der Digitalorgel beobachte ich, dass diese Imperfektionen zur Maxime erhoben werden. Sicher tragen sie zur Lebendigkeit des Klanges bei, aber wie der oben erwähnte Autor meint, kann selbst das geschulte Gehör diese Nuancen im Kirchenraum kaum mehr bemerken.
Ich erinnere mich noch, wie im Lehrbuch von Klotz ganz klar zu Gunsten der Tonkanzelle argumentiert wurde, da hier quasi eine Klangweiterleitung an die anderen Pfeifen einer Kanzelle erfolge. In einem kürzlich gelesenen Artikel (muss die Quelle wieder suchen) wird dieses Verhalten als nicht existent erwähnt.
Ich glaube, es ist sehr schwer zu sagen, was wir wirklich hören und was wir zu hören glauben. Nicht nur unser Sehen und Riechen, auch unser Hören ist stark subjektiv. Die heutige Technik ist sehr weit fortgeschritten. Wir sollten wohl beginnen, den Ton von Digitalorgeln nicht mehr auf einer Skala "gut" bis "schlecht" zu beurteilen, sondern - wie auch ihr Vorbild die Pfeifenorgel - nach den klar als subjektiv einzuordnenden Empfindungen "gefällt mir" bis "gefällt mir nicht".
Zitat von micha
Hmm - harte Worte... Ich werde konkret darauf eingehen können, wenn mein neues Instrument eingetroffen ist.
Was wird denn das für eins werden?
Tendentiell hat Pykett natürlich recht. Ein Streichinstrument zu PM-en scheint mir nahezu unmöglich, weil der Vortrag stark von der gespielten Literatur abhängig ist. Aber in einem teile ich seine Auffassung nicht, denn die Orgel ist in großen Teilen ein (Holz-)Blasinstrument(enorchester). Sein Ansatz geht vom Orgelbauer-Ideal der größtmöglichen Störungsarmut als Perfektion aus, und das ist ja richtig. Aber die Rest-"Störung" (Imperfektion), die auch bei der besten PO nicht beseitigt werden kann, macht gerade der Charme aus, den PM nicht abbilden kann.
Zitat von micha
Lediglich als einen anderen Weg der Tonerzeugung, aber nicht zwingend einen besseren, beurteilt er diese Technik bei der Digitalorgel,
Wie recht er hat!
Zitat von micha
zumal dem vergleichsweise einfachen Orgelton auch ein Sample genügen könne.
Und hier irrt er. In einem guten long-loop-Sample ist so viel schöner, zauberhafter Schmutz drin, den wir nicht bewußt hören, auf den jedoch unser Gefühl reagiert.
Zitat von micha
Bei der Digitalorgel beobachte ich, dass diese Imperfektionen zur Maxime erhoben werden. Sicher tragen sie zur Lebendigkeit des Klanges bei, aber wie der oben erwähnte Autor meint, kann selbst das geschulte Gehör diese Nuancen im Kirchenraum kaum mehr bemerken.
Eine Maxime (auch im Sinne von Maximierung) stellt bei der DO die Imperfektion nicht dar, nur "ein bißchen vorhanden sein" muß sie.
Ob ein geschultes Gehör (eigentlich Gehirn) diese Imperfektion im einzelnen "bewußt" bemerkt, wieviel von "zuviel" in der Formatio reticularis (Hirnareal, das die Informationen, die an die RInde gehen, filtert - sonst würden wir sicher verrückt werden) unterdrückt werden, ist weniger wichtig, bei grobem "Schmutz" sogar störend. Das Gesamtsignal jedoch macht die Wirkung auf unser Gehör. Oben schrieb ich, daß nach der n-ten Ebene das Rechnen aus technischen abgebrochen werden muß. Genau dahinter entsteht der Charme.
Zitat von micha
Ich erinnere mich noch, wie im Lehrbuch von Klotz ganz klar zu Gunsten der Tonkanzelle argumentiert wurde, da hier quasi eine Klangweiterleitung an die anderen Pfeifen einer Kanzelle erfolge. In einem kürzlich gelesenen Artikel (muss die Quelle wieder suchen) wird dieses Verhalten als nicht existent erwähnt.
Ja, sowohl den Klotz habe ich gelesen als auch entweder den Artikel oder einen anderen über die Versuche, nach denen der resultierende Ton irgendwo im Raum vor den Pfeifen entsteht. Ich glaube, daß beides zu gewissen Anteilen stimmt, kann es aber nicht belegen.... [smile]
Zitat von micha
Ich glaube, es ist sehr schwer zu sagen, was wir wirklich hören und was wir zu hören glauben. Nicht nur unser Sehen und Riechen, auch unser Hören ist stark subjektiv. Die heutige Technik ist sehr weit fortgeschritten. Wir sollten wohl beginnen, den Ton von Digitalorgeln nicht mehr auf einer Skala "gut" bis "schlecht" zu beurteilen, sondern - wie auch ihr Vorbild die Pfeifenorgel - nach den klar als subjektiv einzuordnenden Empfindungen "gefällt mir" bis "gefällt mir nicht".
Das ist auch meine prinzipielle Auffassung, doch hat darin für mich ein "ganz schlecht" einen großen Platz.
Keine Frage, unsere Wahrnehmung ist subjektiv und wird schon allein durch Erfahrung gefärbt. Doch während unsere chemischen Sinne ausschließlich durch "Samples" (Duftstoffe) darstellbar sind, kann das musikalische Hören als eine physikalische Betrachtung von Wellen in Zeit und Raum beschrieben. Daß diese Wellen, wenn sie denn zu Musik werden, in ihrer Gesamtheit ein System chaotischer Zustände darstellen, ist halt das Problem. pa:
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