Hallo,

Gregorianik scheint bei so manchen Aktiven hier im Forum nicht sehr beliebt zu sein. In unserer ganz normalen Gemeinde gestaltet die Schola mehrmals im Jahr Gottesdienste mit gregorianischem Ordinarium, die bei den Leuten gut ankommen und die auch ich an der Orgel sehr gerne mitgestalte. Dies sieht beispielsweise so aus:

Vor dem Gottesdienst spiele ich gewöhnlich ein Stück aus der Renaissance bis zum Hochbarock (-1700). Etwa eine niederländische Fantasia, ein spanisches Tiento, etwas Italienisches oder auch süDdeutsche Meister (österreichische seien hier einmal großzügig inkludiert).

Wenn der Gottesdienst mit Gregorianik beginnt ("Asperges me", "Rorate caeli", lege ich mir eine eher kurze Intonation zurecht oder suche mir aus der Literatur (s.o.) eine passende Zeile heraus, etwa passende Skalen oder eine Harmoniesequenz nach dem barocken Muster "Spannung - Entspannung" (Dissonanz-Auflösung).

Für Kyrie, Gloria, Credo, Sanktus, Agnus Dei (Ordinarium) wird dann gewöhnlich Gregorianik verwendet (Messgesänge aus dem GL), wobei ich ganz sparsam der Schola den Ton gebe oder für den Pastor das Gloria einstimmig anspiele, also keine großartigen Vorspiele oder Intonationen spiele. Ich begleite dann nur die Gemeinde, die Schola singt a capella. Begleitung dabei in der Regel dezenter als üblich, um den Gesang mehr zu betonen, Registrierung eher schlanker, etwa ohne Flöten, die sonst Fülle geben. Die Gemeinde singt immer mit der Schola im Wechsel, Sanktus singt die Gemeinde.

Nach der 1. Lesung gibt es wie sonst auch einen Psalm auf Deutsch, vor dem Evangelium einen Halleluja-Ruf wie üblich.

Gemeindelieder gibt es zur Gabenbereitung, als Danklied und evtl. Schlusslied. Gerne nehmen wir als Schlusslied in einem solchen Gottesdienst aber auch das "Salve Regina" auf Latein.

Zur Kommunion und als Nachspiel bieten sich wieder Stücke aus der eingangs genannten Literatur an. Ich finde, dass bei einem solchen Gottesdienst die Orgel bei den Gesängen zwar zurückgenommen ist, dass Orgelmusik aber dennoch eine wichtige Rolle spielt.

Es sei mir noch ein OT-Kommentar gestattet: Ich schätze die gregorianischen Messgesänge auch deswegen besonders, weil sie in der ganzen kath. Kirche weltweit verwendet werden. Ich habe mich in London, Dublin, Paris oder Madrid immer gefreut, wenn dort die bekannten gregorianischen Messgesänge auf dem Programm standen. Damit wird eine weltumspannende Gemeinsamkeit der kath. Kirche besonders betont. Insofern ist Gregorianik und deren Pflege für mich nichts Rückwärtsgewandtes, sondern gerade Ausdruck von Internationalität. Der Kritik an lateinischen Messgesängen haftet in meinen Augen manchmal geradezu etwas Provinzielles an. Aber das hat, wie gesagt, mit der Orgelmusik nichts zu tun.

Beste Grüße von der Waterkant
Christoph P.