Impressionen aus Baunatal

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12.05.2013 10:12
#1 RE: Impressionen aus Baunatal
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Moderator

Hallo Leute,

ich hatte gestern dienstlich im Raum Kassel zu tun und bin daher mal beim ersten Büchsenlicht kurz in Baunatal eingefallen. Der Seniorchef war alleine da und wir haben zunächst mal unserem Lieblingssport gefrönt: dem Ablästern über die Unfähigkeit des gemeinen Digitalorgelbauers jedweder Provenienz, einen ordentlichen, deutschen Prinzipal 8' zuwege zu bringen ... Soviel Spaß mußte einfach sein ...

Dann habe ich mich mal kurz über die neue Continuo-Truhe hergemacht. Sehr schönes, schreinermäßig hochwertig verarbeitetes Möbel, zeitlos elegant, hier unbehandeltes Naturholz, dezent lasiert oder gewachst sicher noch ansprechender. Als Tatstatur war wohl die Standard-Klaviatur der 360 mit Holzkernen verbaut, auf jeden Fall habe ich sofort heimische Gefühle entwickelt. Schöne Holzmanubrien mit langem Hub, die draussen bleiben, wenn sie gezogen sind - so wie es sich m.E. gehört.
Sample-Qualität eindeutig Premium. Intonation überzeugend - immer unter dem Aspekt einer Continuoorgel. Der 8' in gesunder Mitte zwischen Füllung und Zeichnung, der 4'-Prinzipal eher flötig-singend, mit ganz feinem Prinzipalstrich (in Richtung it. Prinzipal), die Flöte rund, der Nasard hätte etwas mehr Verschmelzungsfähigkeit vertragen, aber das geht ja sicher leicht zu ändern. Der 2' als eigentliche Klangkrone prickelnd, aber nicht zu laut, das gilt auch für die 1 1/3'-Quinte, die unaufdringlich glitzert und gut einbindet. Das Plenum füllt ein Ensemble gut auf, ohne zu dominieren.
Über die Notwendigkeit der Quinte 2 2/3' ließe sich streiten, hauen und stechen. Mir persönlich wäre ein zweiter 8' lieber, ein sanftes Salizional. Denn nach meinen Erfahrungen nehmen Gesangssolisten von einem weichen Streicher besser Ton ab als von einem Gedackt. Und beide zusammen ergäben einen diskreten Prinzipal 8', mit dem das Instrument zur Not auch mal zur Gemeindebegleitung einsetzbar wäre.
Fazit: Wiewohl mein Ideal und mein Maßstab nach wie vor die (gute) Pfeifenorgel ist, würde ich dieses kleine, feine Kistchen nahezu allen Pfeifen-Truhen vorziehen, die mir in knapp fünf Jahrzehnten unter die Finger gekommen sind. Vor allem auch, weil es immer blitzsauber stimmt...
Auf meinem Wunschzettel stünde eine noch hochwertigere Klaviatur mit dem deutlichen Druckpunkt einer sensiblen Stechermechanik. Aber das ist sicher für einen oder anderthalb Tausender mehr zu machen. Und das würde ich dafür hinlegen (lassen).

So jetzt muss ich aber los. Mehr, wenn ich aus der Kirche zurück bin. Ich habe noch die neue Gloria Klassik 352 und eine Content bespielt - Typus ist mir entfallen.

LG
Michael


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12.05.2013 14:22
avatar  Guilain
#2 RE: Impressionen aus Baunatal
Gu

Die Continuo-Truhe habe ich in Augsburg bespielt. Sehr beeindruckend!


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12.05.2013 14:52
#3 RE: Impressionen aus Baunatal
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Moderator

Hier meine Eindrücke von der Klassik 352:

Die barocke oder vielmehr "klassische" Disposition ist klug durchdacht. Wobei ich mich immer noch frage, was ein "Resultantbass" ist. Ich vermute mal, er ist aus 16' und Quinte gebastelt. Das jedenfalls wäre die PO-Erklärung. Wenn er eh nur kombiniert ist, wäre mir ein straffer, sonorer Kontrabaß als dritter 16' lieber. Mit der barocken Disposition geht enorm viel - auch französische Romantik! Das Ganze ist plastisch und farbenreich ausintoniert - schöne, differenzierte Prinzipalchöre vor allem. Ich bin nun mal Prinzipalfetischist.
Schon der (Neo-)Barockklang der 350 traf meinen Geschmack als Verfechter einer "Universalorgel" sehr. Die 352 zieht noch einen Tick deutlicher in diese neoklassische Richtung. Deutsche Polyphonie, englische und französische Registerpiècen des Barock, Triosonaten und c.f.-Bearbeitungen sind auf der 352 Orgel farbenreich und artikuliert zu spielen. Die Hochtöner im Notenpult werten die interne Abstrahlung immens auf. Bei den Bässen zeigt sich der Qualitätssprung zur Ex 360 am deutlichsten. Da stoßen die internen LS der Klassik an ihre Grenzen. Meine 360 liefert da via intern entschieden mehr "Wumms" und vor allem größere Klarheit der Baßlinie gegen die Tenorlage des Manualparts - ein wesentlicher Faktor für ein schönes polyphones Klangbild. Nichtsdestotrotz ist die Abstrahlung für ein Instrument im gehobenen Einsteigerbereich sehr gut gelöst. Und wenn man sich den Schalter für eine externe Abstahlung gönnt und ordentlich dimensionierte Boxen dranhängt, dann kriegt man zu einem relativ günstigen Preis-Leistungsverhältnis eine immens vielseitige und gut klingende Orgel für den häuslichen Gebrauch.
DIe französisch-romantische Disposition ist in sich stimmig - (fast) alles da, wo es hingehört. Stilreiner wäre im Pos. eine Trompette 8' anstelle der Musette 16' gewesen. Schöne Idee: die Unda Maris im Pos. Die "Madeleine" läßt grüßen.
Klanglich reicht die romantische Disposition nicht an die Ausdifferenziertheit der 360 heran. Das "Franck-Feeling" will sich bei mir - zugegebener und eingeräumter Maßen völlig subjektiv - nicht einstellen. Summierung der 8'er macht den Klang ziemlich schnell etwas mulmig. Gerade in den späten Instrumenten von Cavaillé und seinem Nachfolger Convers (z.B. Basilika Sacré-Coeur) klingen die Mixturen viel feiner. Sie geben nur einen Hauch von Silberglanz auf den Klang. Da ist einfach die Ästhetik nicht präzise erfasst - wie bei allem, was Johannus als "CC" liefert. Ich nehme mal an, die Samples stammen aus deren Fundus. Auch die Zungen CCs liefern einfach mehr Farbe und sind im Diskant vornehm zurückgenommen - diese Praxis steht in unmittelbarem Zusammenhang und wahrscheinlicher Wechselwirkung mit der Praxis der Widor-Schule, in den sinfonischen Plenumsätzen den Manualpart sehr hoch zu führen und ihn in der Oktave zu verdoppeln. Auch da denke ich, dass eine externe Abstrahlung die Wirkung erheblich verbessert. Und ich vermute mal, dass die komplexe Klanglichkeit einer CC-Zunge einfach eine aufwendigere Sampling-Technik bei Aufnahme und Wiedergabe erfordert.
Ich entsinne mich, dass irgendjemand schrieb, die 352 sei "Konkurrenz" für die 360. Ich sehe das eindeutig nicht so. Die 360 spielt in einer höheren Liga. Und gerade die romantischen Samples der 360 machen das hörbar. Ich bin immer wieder fasziniert von der enormen Mischungsfähigkeit der 8'er, ohne dass der Klang mulmt. Die Ästhetik der deutschen Romantik (die übrigens auch der angelsächsischen näher steht als die französische) ist deutlich besser getroffen als die französische Stilistik der 352. Möglicher Weise wäre aus der romantischen Disposition der 352 durch eine entsprechende Basisintonation viel mehr zu machen. Zum Ton-für-Ton-Durchspielen der Register blieb mir keine Zeit.
Wer eine gute Dreimanualige unter 10.000€ sucht, ist mit der 352 ohne Zweifel sehr gut beraten. Die Orgel hat einen ausgeprägten Eigencharakter, der sie von den Johannüssen und Viscounts markant abhebt und macht Spaß. Die Klaviaturen mit rauer Oberfläche spielen sich sehr angenehm und vermitteln ein gutes Druckpunktgefühl - die sehr ordentlichen Serien-Viscounts sind nicht mehr viel besser.
Ich habe ja seit einigen Jahren eine Klassik 224 im Gemeindesaal - für die Gottesdienste im Winterquartal. Und die Gemeinde lobt immer wieder den guten Klang dieser Orgel. Wenn sie mal ersetzt werden müsste, dann würde ich meine Kirchenvorsteher auf jeden Fall auf die 352 (oder eine Nachfolgerin) "scharf" machen ...

LG
Michael


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13.05.2013 12:48
avatar  Tabernakelwanze ( gelöscht )
#4 RE: Impressionen aus Baunatal
Ta
Tabernakelwanze ( gelöscht )

Vielen Dank für die Berichte! Davon gibt es hier leider viel zu wenig.


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13.05.2013 13:52
avatar  Romanus ( gelöscht )
#5 RE: Impressionen aus Baunatal
Ro
Romanus ( gelöscht )

Zitat von Wichernkantor
wir haben zunächst mal unserem Lieblingssport gefrönt: dem Ablästern über die Unfähigkeit des gemeinen Digitalorgelbauers jedweder Provenienz, einen ordentlichen, deutschen Prinzipal 8' zuwege zu bringen ...


Mit den 8-Prinzipalen hatte ich eigentlich nie größere Probleme,die kriegt man mit etwas Intonationsgeschick einigermaßen hin.

Der große Schwachpunkt (fast) aller Digitalorgeln sind die Mixturen ! :S
Die klingen fast immer steril,hart,schneidend scharf und haben kein Volumen. [sad]

Ich wünsche mir eigentlich schon immer eine kräftige,aber nicht schneidende,vollklingende Mixtur,wie man sie bei vielen original-historischen (sowohl barocken als auch romantischen !) Orgeln findet.
Eine solche Mixtur verleiht dem Plenum diesen herrlich vollen,warmen Klang,den ich so liebe !
Vom Klang her beispielhafte Orgelbauer sind für mich Karl Joseph Riepp,Johann Cyriacus Werner,Ignaz und Joseph Gatto,Johann Andreas Silbermann,die Stumm-Dynastie,Friedrich Ladegast,GebrüDer Peternell,die Breinbauer-Dynastie u.v.a.

Wie war dein Eindruck von den Mixturen der Gloria Klassik 352 und der Content ?

Bei einer Neobarock-Intonation würde ich mein Klangideal wohl vergeblich suchen,aber die Gloria hat ja noch andere Intonationen.
Die Hörproben von der Gloria 352 auf der Hersteller-Seite überzeugen mich eher nicht.


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13.05.2013 14:03
#6 RE: Impressionen aus Baunatal
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Moderator

Die Content Cantate 240 steht noch aus.
Leider tickte die Uhr unerbittlich und so kam es nur zu einer eher kurzen Berührung. Für diese Orgel müßte man sich einfach mal mehr Zeit nehmen. Aber meistens steht in Baunatal vorn schon soviel Spielenswertes, dass es einfach zu spät ist, bis man dazu kommt, mal "um die Ecke" zu gucken.
Gut gefällt mir der Prinzipalchor. In den Mittelstimmen zeichnet er saubere polyphone Strukturen nach. Er trägt gut und entwickelt angemessene Substanz. Vor allem den Mixturen fehlt das unangenehme Klirren, das bei geringwertigeren und/oder älteren Instrumenten zu hören ist, sobald Hall dazukommt. Da steckt offenbar eine hohe Samplequalität dahinter, denn die Mixturchöre singen im Ensemble und sind trotzdem gut herauszuhören.
Bei den Flöten sehe ich Verbesserungsbedarf. War es bei der ersten Generation der Digitalorgeln vor allem der Flötenchor, der gegenüber den Analoginstrumenten einen gewaltigen Qualitätssprung machte, so widmen die Intonateure dieser Registergruppe wohl inzwischen weniger Aufmerksamkeit. Die Hw.-Flöte ist eher nichtssagend, das Gedeckt im Ow. konturierter, aber sehr brav. Die 4'er sind schon etwas frecher, der flötige 2' wieder ziemlich flach. Ich weiß nicht, was intonatorisch geht, aber da würde ich als erstes dran drehen.
Die Streicher sind deutlich "neo" und mit der Zeitmaschine in eine Barockdisposition zurückversetzt. Die Grunddisposition ist so deutlich barock, dass man durchaus den Mut haben sollte, das auch bei den Streichern hörbar zu machen. Eine originale Gamba aus ca. 1750 zischelt hörbar, lässt sich sehr viel Zeit mit der Ansprache und fühlt sich am wohlsten, wenn man noch ein Gedackt oder eine Quintadena hinzuzieht. Ich fände im Interesse eines - ganz offenbar intendierten - historisierenden Klangbildes sehr stimmig.
Ausgeprägten Charakter haben die Zungen - die barocken, wohlgemerkt, denn zum Ausprobieren anderer Dispositionen bin ich leider nicht gekommen.
Man merkt beim Spiel sofort, dass die Content-Leute eine Orgel mit Eigencharakter bauen wollten. Das ist ihnen - jedenfalls im barocken Genre - durchaus gelungen. In der preislichen Mittelklasse ist die Orgel eine Größe, mit der die Konkurrenz rechnen muss.
Das minimalistische "Bauhaus"-Gehäuse des Spieltisches ist Geschmackssache. Mir persönlich gefällt es ausgesprochen gut. Ich mache meinen Spieltisch daheim nie zu, sondern lege ein passend zugeschnittenes Tuch über die Klaviaturen - Spezialanfertigung der Dame des Hauses. Schließlich soll er zum Hinsetzen und Spielen einladen, wenn man dran vorbeigeht.
Einfach pfiffig finde ich die Idee mit den Klarsichtstreifen über der Registratur. Auswechseln geht blitzschnell und das bisschen Plastik und ein paar Holzleistchen kosten nicht die Welt.

LG
Michael


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13.05.2013 19:56
#7 RE: Impressionen aus Baunatal
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Moderator

@Romanus:

Prinzipal 8, ja, aber wirklich nur EINIGERMASSEN. In den vergangenen Jahren hat mich keiner der Serien-Prinzipale in einem DO-HW so wirklich überzeugt. Der Prinzipal meiner alten Opus 30, der war wirklich gut! Und die drei Manualprinzipale meiner 360 habe ich auch ganz ordentlich hingekriegt. Was sie wirklich taugen, zeigt sich bei JEDER Orgel erst im Raum, in dem sie steht.
Die Konserven-Klangbeispiele jedweder Orgel (auch einer PO) klingen unter besten Bedingungen nie so wie das Original. Denn sie kommen nie aus der Originalen Schallquelle - und der Hörort ist nie der Standort der Orgel. Auch gute CDs von sehr guten Pfeifenorgeln bilden den Klang nicht annähernd korrekt ab. Kürzliches Erlebnis: CD von der neuen Domorgel zu Speyer gekauft und gehört - auf Top-Anlage, aus den gnadenlosen, großhubigen Nahfeldmonitoren eines unserer Tonstudios. Tolle Orgel, denke ich mir. Also nix wie hin bei nächster Gelegenheit. Orgel im Raum beim Gottesdienst gehört: total geplättet - keine tolle, sondern eine grandiose Orgel. Alles zu hören, was auf CD nicht zu hören war. Und dieses Erlebnis ist kein Einzelfall. Ich käme nie auf die Idee, eine Orgel nach einer CD oder einem File aus dem Netz zu beurteilen.

Mixturen sind natürlich ein Knackpunkt. Ich vermute mal, dass Du mit den eher milden, trotzdem silbrigen Content-Mixturen wohl am ehesten warm würdest. Da Du die Stumm-Mixturen ansprichst, die ich von Orgelsäuglingsbeinen an sehr markant im Ohr habe: Die liegen erstaunlich tief und erzielen ihre Wärme und Fülle ab der 3. Generation Stumm aus ganz mild ("hornicht" intonierten Terzen! Übrigens haben auch die berühmten "Schnitgerzimbeln", die man so gern (als Registername) in Neobarockigen findet, einen ziemlich tiefen Tonhöhenplafond. Sie repetieren oft auf Quinte und Oktav, so dass in Nebenwerken der durchlaufende 2'er im Diskant die eigentliche Krone bildet.
Das Problem bei Mixturen der DO ist m.E.: Versucht man, die natürlichen Verstimmungen zu imitieren, die diese Register bei der PO immer aufweisen, dann beginnt es schnell zu klirren und zu klingeln. Zieht man alle Chöre ordentlich rein, dann klingen sie steril. Ich habe den Klang gerne etwas lebendig. Und bei meiner 360 ist deshalb das Scharff meines Pos. gegen Mixtur und Zimbel vom Hw. leicht tiefer gelegt. Die SW-Fourniture kombiniert sehr früh auf den 16'-Ton. Das füllt das Plenum ungemein auf.
Mir gefallen die Mixturen der 352 gut. Sie bringen schon ganz schön Glanz und Kraft in das Plenum. SW-Zungenbatterie plus Mixturen, evtl. noch eine kräftige 4'-Oktave ergeben einen feurigen, dennoch schlanken Klang. Ich liebe solche Mischungen sehr, vor allem wenn man sie gegen ein saftiges Prinzipalplenum ausspielen kann.

LG
Michael


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13.05.2013 20:02
#8 RE: Impressionen aus Baunatal
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Administrator

Darf ich mich in die Prinzipal- und Mixturendebatte einbringen?
Ich kenne keine besseren als die meiner Roland C330. Aus den verschiedenen 8-Fuß-Prinzipalen sind zwei von barockem Typus und klingen wahrlich exzellent. Verbesserungsbedürftig ist einzig die Superoktave 2'; das Sample, mit dem ich am ehesten in die von mir intendierte Richtung komme, ist Fifteenth 2'.
Die Mixturen sind eine wahre Offenbarung. Besonders die Rauschpfeife IV im Hauptwerk, die Cymbale im Schwellwerk und die Grand Mixture VIII (!) im User-Pool.*) Besseres hörte ich nie - auch nicht auf Monarke.
Bei der Roland kann die "innere" Verstimmung der Chöre per zugehörigem Parameter geregelt werden. Bei bedachtvollem Umgang mit dieser Funktion lassen sich wirklich schöne Effekte erzielen.

________________________
*) Bei der Roland können Zuordnungen zu Barock/Romantik/Symphonik getrost vergessen werden. Dank der tiefgreifenden Intonationsmöglichkeiten, kann jedes Sample in die gewünschte Richtung intoniert werden - und zwar, ohne dass es dabei Qualität einbüßt.


Auf Orgelsuche.

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13.05.2013 21:14
avatar  Romanus ( gelöscht )
#9 RE: Impressionen aus Baunatal
Ro
Romanus ( gelöscht )

Zitat von Wichernkantor

Das Problem bei Mixturen der DO ist m.E.: Versucht man, die natürlichen Verstimmungen zu imitieren, die diese Register bei der PO immer aufweisen, dann beginnt es schnell zu klirren und zu klingeln. Zieht man alle Chöre ordentlich rein, dann klingen sie steril. Ich habe den Klang gerne etwas lebendig.


Auch ich mag einen lebendigen Klang mit subtilen,natürlichen Verstimmungen.
Genau das ist das Problem: Viele DO-Hersteller stellen ihre Mixturen selbst aus Einzelsamples von kleinen Prinzipalen und Aliquoten zusammen. Das Ergebnis ist fast immer unbefriedigend,weil unnatürlich. Wenn dann noch hinzukommt,daß man die einzelnen Mixturchöre nicht getrennt intonieren kann,hat man als Intonateur besonders wenig Spielraum.

Alternativ kann man eine fertige Mixtur einer klangschönen Pfeifenorgel als Ganzes sampeln und 1:1 auf die DO übertragen. Dann lassen sich die einzelnen Mixturchöre zwar nicht getrennt intonieren,dafür hat man einen weitgehend natürlichen,authentischen Mixturklang.

Das Klirren und Klingeln betrifft die hohen,scharfen Mixturen.
Ich mag z.b. tiefe,gravitätische Hauptwerksmixturen auf 2 2/3-Basis,zu finden z.b. bei der Dreifaltigkeitsorgel in Ottobeuren,bei späten Silbermannorgeln und vielen romantischen Orgeln. Die machen den Plenumklang so richtig voll und satt.

Vielleicht liegt es ja auch daran,daß ich kaum mit Prinzipal 8 allein spiele,aber ich sehe vor allem bei den Mixturen großen Verbesserungsbedarf. Feine Solo- und Charakterstimmen sind ja schön und gut,aber ein voller Plenumklang ist das Allermindeste,was ich von einer Orgel erwarte.


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13.05.2013 21:17
#10 RE: Impressionen aus Baunatal
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Moderator

Es ist zu lange her, mich detailliert an die Roland zu erinnern. Ich weiß aber noch, dass es die ersten Prinzipale von Roland/Rodgers waren, die mir wirklich gefallen haben. Die schlechte Haptik der Klaviaturen und die billige Anmutung der Registerwippen haben bei mir allerdings kräftig negativ gepunktet.
Wie Du an anderer Stelle ja ausgeführt hast, bist Du etwas enttäuscht davon, dass die versprochene Entwicklung der Modellreihe ausbleibt. Ich vermute mal, dass hinter C330/380 die Firmenpolitik steckte, mit einem sehr guten Klang bei billiger Hardware den Kunden in ein Segment mir höherwertiger Hardware und deutlich höheren Preisen zu locken. Denn will man diesen Klang und seine Gestaltungsoptionen in einem hochwertigen Spieltisch mit griffsympathischen Klaviaturen und wertigen Registerzügen, ist man schnell beim doppelten Preis einer C330, wenn ich das richtig gelesen habe.

LG
Michael


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14.05.2013 15:37
avatar  elim1701 ( gelöscht )
#11 RE: Impressionen aus Baunatal
el
elim1701 ( gelöscht )

Zitat von Wichernkantor
Wobei ich mich immer noch frage, was ein "Resultantbass" ist. Ich vermute mal, er ist aus 16' und Quinte gebastelt.



Das ist richtig. Ich habe es sehr deutlich bei der Symphonica 45 hören können. 16' + 10 2/3' = akustischer 32'


Zitat von Wichernkantor
Vor allem den Mixturen fehlt das unangenehme Klirren, das bei geringwertigeren und/oder älteren Instrumenten zu hören ist, sobald Hall dazukommt. Da steckt offenbar eine hohe Samplequalität dahinter, denn die Mixturchöre singen im Ensemble und sind trotzdem gut herauszuhören.



Könnte (aber muss nicht) das Ergebnis von mehreren Samples sein, die gleichzeitig abgespielt werden. Ich habe mal von einem Hersteller gehört, dass er die einzelnen Chöre der Mixturen aufgenommen hat und dann eben mehrere Samples klingen statt nur einem Sample mit gleich 3-6fachen Mixturen. Hat den Vorteil, dass sich die Chöre immer frisch verschmelzen und nicht ein Sample abgespielt wird bei dem die Verschmelzung bereits fest aufgezeichnet wurde. Ob das bei diesem Instrument so ist kann ich leider nicht sagen. Oder ob sich diese Technik überhaupt durchgesetzt hat.


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20.05.2013 16:31
avatar  Romanus ( gelöscht )
#12 RE: Impressionen aus Baunatal
Ro
Romanus ( gelöscht )

Zitat von elim1701

Zitat von Wichernkantor
Vor allem den Mixturen fehlt das unangenehme Klirren, das bei geringwertigeren und/oder älteren Instrumenten zu hören ist, sobald Hall dazukommt. Da steckt offenbar eine hohe Samplequalität dahinter, denn die Mixturchöre singen im Ensemble und sind trotzdem gut herauszuhören.


Könnte (aber muss nicht) das Ergebnis von mehreren Samples sein, die gleichzeitig abgespielt werden. Ich habe mal von einem Hersteller gehört, dass er die einzelnen Chöre der Mixturen aufgenommen hat und dann eben mehrere Samples klingen statt nur einem Sample mit gleich 3-6fachen Mixturen. Hat den Vorteil, dass sich die Chöre immer frisch verschmelzen und nicht ein Sample abgespielt wird bei dem die Verschmelzung bereits fest aufgezeichnet wurde.



Weißt du zufällig noch,von welchem Hersteller (welche Orgelmarke) du das gehört hast ?
Wie sollten in einer Digitalorgel die Klänge besser "frisch verschmelzen" können als in der Pfeifenorgel mit der natürlichen Akustik einer Kirche ? Dieses (Schein-)Argument eines Herstellers ist für mich nicht nachvollziehbar.
Meine Erfahrung sagt mir,daß gerade jene Mixturen,die nicht direkt gesampelt,sondern (wie z.b. bei Johannus) aus Einzelsamples zusammengestellt werden,für meine Ohren nicht richtig verschmelzen,sondern eher hart und steril klingen.
Der einzige Vorteil des getrennten Aufnehmens besteht für mich darin,daß man die einzelnen Mixturchöre getrennt intonieren kann,wodurch der Klang ev. flexibler an Kundenwünsche angepaßt werden kann. Aber dieser Gewinn an Flexibilität geht meiner Meinung nach mit einem Verlust an Authentizität einher.

Je mehr man vom Original übernimmt,desto unverfälschter und echter ist der Klang.
Ich finde,man sollte möglichst die natürliche Klangverschmelzung der Pfeifenorgel in die Samples übernehmen und gar nicht erst versuchen,mit selbstgebastelten Mixturen besser zu sein als die Pfeifenorgelbauer.

Ich kenne bis jetzt leider nur ein einziges Beispiel für überzeugenden,natürlichen Mixturenklang einer Digitalorgel:
http://www.ahlborn-orgeln.de/organum2/organum2.html
Ich vermute,daß diese Mixturen als Ganzes gesampelt und nicht künstlich zusammengebastelt wurden,korrigiert mich,wenn ich mich irre !


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21.05.2013 12:12
avatar  elim1701 ( gelöscht )
#13 RE: Impressionen aus Baunatal
el
elim1701 ( gelöscht )

Leider nicht. Das ist auch schon bestimmt 6 Jahre her als ich damals auf eine Orgelsuche ging. Ich will nichtmals abstreiten, dass es vielleicht sogar ein Hauptwerks-Sample war...

Zitat
Wie sollten in einer Digitalorgel die Klänge besser "frisch verschmelzen" können als in der Pfeifenorgel mit der natürlichen Akustik einer Kirche ?



Das habe ich auch nicht behauptet. Meiner Meinung nach verschmelzen mehrere Samples von einzelnen Chören aber besser als ein einziges aufgenommenes Sample. Nicht in der Mixtur als solo sondern in Kombination mit 8' oder gar im Prinzipal-Chor.


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21.05.2013 15:35
avatar  Romanus ( gelöscht )
#14 RE: Impressionen aus Baunatal
Ro
Romanus ( gelöscht )

Zitat von elim1701
Meiner Meinung nach verschmelzen mehrere Samples von einzelnen Chören aber besser als ein einziges aufgenommenes Sample. Nicht in der Mixtur als solo sondern in Kombination mit 8' oder gar im Prinzipal-Chor.


Wenn du damit die reine Stimmung beim Zusammenklingen der Mixtur mit den anderen Registern der Digitalorgel meinst,das liegt daran,daß man bei einzeln gesampelten Mixturchören (wenn man will) alles völlig rein stimmen und damit die natürliche Verstimmung der Pfeifenmixtur eliminieren kann.

Aber wie sampelt man eine einzelne Pfeifenreihe der Mixtur einer Pfeifenorgel ?
Das geht nur,wenn man dazu entweder die Pfeifen der anderen Mixturchöre vor dem Sampling aus der Orgel entfernt oder im nachhinein elektronisch herausfiltert und das bei jeder Mixturkomponente einzeln.
Das macht kein Hersteller,weil viel zu aufwändig !

Stattdessen werden von manchen Herstellern die Mixturen aus Samples kleiner Prinzipale und Aliquoten konstruiert,was naturgemäß nie so klingt wie eine echte 1:1 gesampelte Mixtur.

Man erreicht mit dieser ziemlich aufwendigen Technik meist nur einen sterilen,unnatürlichen Klang,den ich persönlich als unbefriedigend empfinde und braucht außerdem mehr Speicherplatz.

Hauptwerk verwendet übrigens NUR 1:1 gesampelte Originalmixturen von Pfeifenorgeln,deshalb klingt Hauptwerk auch authentischer als Digitalorgeln mit aus Einzelsamples konstruierten Mixturen.


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21.05.2013 19:23
avatar  Tabernakelwanze ( gelöscht )
#15 RE: Impressionen aus Baunatal
Ta
Tabernakelwanze ( gelöscht )

Zitat von Romanus


Aber wie sampelt man eine einzelne Pfeifenreihe der Mixtur einer Pfeifenorgel ?
Das geht nur,wenn man dazu entweder die Pfeifen der anderen Mixturchöre vor dem Sampling aus der Orgel entfernt oder im nachhinein elektronisch herausfiltert und das bei jeder Mixturkomponente einzeln.
Das macht kein Hersteller,weil viel zu aufwändig !




Ähm, es wird so sein, dass die Pfeifen, nicht "entfernt" sondern abgesteckt werden. Sonst gäbe es wohl Probleme mit dem Winddruck. Der Aufwand des Absteckens ist ja nicht sehr groß.


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