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Neu: Viscount Sonus
Ich denke, aber das ist Spekulation, dass die unterschiedlichen Stimmenbibliotheken nicht nur den Zweck haben unterschiedliche Geschmäcker zu bedienen, sondern dies vertriebspolitische Gründe hat.
Die Anhaltspunkte deuten bei Viscount als Unternehmen auf das Bestreben hin, global zu agieren und dies auch in starkem Maße über neue Vertriebsstrukturen wie Onlinehändler und Großhändler im Allgemeinen. Das Engagement von Viscount in Asien ist deutlich, wie auch in USA. Das sind die großen Märkte. Anders aber als für die Konkurrenten aus USA, z. B. Allen, spielt Europa für Viscount ebenfalls eine wichtige Rolle, nicht zuletzt weil sie hier ansässig sind.
Beim globalen Handel, spielen aber ganz spezielle Faktoren eine Rolle.
So ist es für die Fabrikanten und Händler immer wieder eine Herausforderung unterschiedlichen Besteuerungen und Auswirkungen der Wechselkurse zu trotzen. Zölle können heute in Europa nicht mehr schützen. Re- und Grauimport sind Wörter welche in Kreisen der Global-Player sehr unbeliebt sind, aber Produkte enorm vom anvisierten Verkaufspreis (zu Gunsten des Verbrauchers) abweichen lassen können - dies aber als Bedrohung für das gesamte Vertriebsnetz und speziell die Händler.
Daher versucht beispielsweise die Automobilbranche schon lange länderspezifische Ausstattungen durchzusetzen, die angeblich auf das Käuferverhalten, also die Geschmäcker der Konsumenten in den verschiedenen Ländern abgestimmt sind. Die Wahrheit ist aber, dass wenn ein Fahrzeug eines deutschen Herstellers beispielsweise reimportiert wird, dieses zwar erheblich günstiger sein kann als das beim deutschen Händler angebotene gleiche Modell, aber eine deutlich andere Ausstattung aufweisen kann (z. B. weniger Airbags, usw. - also durchaus auch in relevanten Dingen "anders" sein kann). Desweiteren droht man gerne mit Problemen bei Wartung (bei Autos heute auch mit Updates), also schlicht mit Inkompatibilitäten. Die Garantie ist durch Gesetzte oft garantiert, aber was nützt es, wenn man hierzulande für das betreffende (und günstigere) Modell die Teile und Updates nicht bekommt. Das schreckt viele Käufer ab.
Zurück zum Thema.
Ich behaupte, dass die Stimmenbibliotheken der Physis-Orgeln gar nicht so unterschiedlich sind. Es ist auch aus wirtschaftlicher Sicht nicht anzunehmen, dass bei Viscount für jede Orgel das "Rad" neu erfunden wird. Diese Anzahl von Stimmenbibliotheken und damit also einzeln zu kreierende Stimmen ist absurd. Freilich werden unterschiedliche Stimmenbezeichnungen auch irgendwo unterschiedlich sein, aber ich denke, das ist nur marginal und keine grundsätzliche Klangeigenschaft.
Die Styles unterscheiden sich vielleicht eher, aber hier gilt es eben diese untereinander nicht austauschbar zu machen und dennoch eine einheitliche Firmware zu ermöglichen. Und das gelingt durch diese "künstliche Vielfalt" der Stimmenbibliotheken.
Re- oder Grauimport ist damit unmöglich (bzw. schwierig) und das Vertriebsnetz und der länderspezifische Preis geschützt, denn aus einer englisch klingenden UK-Orgel kann man keine deutsche Barockorgel machen. Die Barock-Styles in der englischen Orgel sind eben nicht mit dem Deutsch-Style oder dem deutschen Barock-Style des anderen Ländermodells vergleichbar.
Durch diese Vorgehensweise sind auch händlerspezifizierte Orgeln (Concerto) gesichert – so wie es bei händlerspezifischen Ausstattungspaketen bei Autos auch ist.
Die Parallelen sind einfach zu deutlich, als dass man sich dem Glauben hingeben dürfte, Viscount hätte die Absicht "nur" auf unterschiedliche Geschmäcker einzugehen.
Insofern wird Sonus nicht aus der Reihe schlagen, denn gerade dieses Preissegment ist es, was den Umsatz macht und vor "Verbilligung" geschützt werden muss.
Man könnte jetzt als Käufer traurig sein, dass dies alles eine eigentlich einfache Sache sehr verkompliziert, aber andererseits ist es genau dieses auf den Weltmarkt, bzw. die Weltmärkte angelegte Vorgehen welches Viscount vielleicht vor einer Pleite bewahren könnte und was diese Orgeln "langzeitstabil" auch im Werterhalt machen könnte.
VG
Michal
Sie ist wieder online: http://www.physisorgans.com/de/prodotto09.asp - allerdings nicht für alle Länder/Regionen.
Zitat von Gemshorn
Sie ist wieder online: http://www.physisorgans.com/de/prodotto09.asp - allerdings nicht für alle Länder/Regionen.
Allerdings leider ohne die Liste(n?!) der "alternative Voices" , so daß man über 'localization' nichts aussagen kann. Womöglich beläßt man es bei einer; das würde für alle - Hersteller, Händler, Kunden - vieles vereinfachen und wäre deshalb zu begrüßen. Der Pool ist groß genug.
Wie ich vermutete, wird mit "Sonus" eine eigene Produkschiene neben "Unico" innerhalb der Physis-Technologie aufgemacht.
Vertreten in: AT, ES, PL, IT, EN.
Nicht vetreten in: US, DE, FR.
Klare Logik.
Bloß Frankreich...? - Gibt's da die Concerto? :S
#126 RE: Neu: Viscount Sonus
Wieso?
In den USA war zeitweilig a organ from Beckerath, Germany or a dutch Flentrop in baroque style very trendy.
Außerdem bauen Dir Leute wie Fisk barocke Stilkopien, die so perfekt sind, dass die Windstößigkeit und die Wolfsquinten from the originally baroque tempering Dir Knoten in die Trommelfelle machen ...
LG
Michael
Zitat von PeterW
Nachdem ich etwas in meinem Kaffeesatz gerührt habe ... *hüstel* ..., sagt mir o. g. "Gefühl" ... *nochmal hüstel* ..., daß sich EU, IT, FR, UK und US nicht mehr in der Registerbibliothek, sondern nur noch maximal in der Standard-Styles-Intonation unterscheiden werden.
Spannend wäre es in der Tat, die Standard-Styles der in den unterschiedlichen Ländern vertriebenen Sonus zu erfahren.
Bei der Concerto benutzt der Style "Deutsch" ja "Samples", die genau die Bezeichnung der Registerschalter tragen - inklusive Neuschöpfungen wie dem Kleingedackt, dass vorher ja wohl noch nicht in einer Unico-Registerdatenbank mit drin war. Da fragt man sich schon, was sonst an deren Stelle eingesetzt wird, da die Dispo ja wohl überall (vgl. die Physis-HP) identisch ist.
LG,
Martin
Edit: Gerade sehe ich, dass ausgerechnet besagtes Kleingedackt bei der Sonus 60 zur Gedacktflöte mutiert ist [grin] Diese ist in den Concerto-Samples wiederum nicht zu finden...
Zitat von Martin78
Gerade sehe ich, dass ausgerechnet besagtes Kleingedackt bei der Sonus 60 zur Gedacktflöte mutiert ist Diese ist in den Concerto-Samples wiederum nicht zu finden...
Das »Kleingedackt 4'« ist auch in AT disponiert, während »Gedacktflöte 4'« in UK, PL und ES auftreten. In IT heißt das Ding »Flauto in VIII 4'« .
In der Concerto-Bibliothek sind auf der Kleingedackt-4'-Wippe hinterlegt:
Blockflöte4A, Blockflöte4B, Blockflöte4C, BlockFlute 4, Fernflöte 4, Flauto 4, FlautoCamin4,
FlöteDouce 4, Fl?teChemin4, Fl?teDouce 4, Fl?teHarmon4, Fl?teOctav4A, Fl?teOctav4B, Gemshorn 4, Hohlflöte 4, Kleingedac4A, Kleingedac4B, Nachthorn 4, Offenflöte 4, Rohr Flute 4, Rohrflöte 4A, Rohrflöte 4B, Spillflöte 4, Spitzflöte 4, Traversflöt4, WaldFlute 4A, WaldFlute 4B - - - (Fettschrift von mir).
Übrigens sind »Kleingedac4A« und »Kleingedac4B« wirklich neu, von den üblichen Verdächtigen den Galantis im Montainoer Klanglabor aus dem Kreuz geleiert, bzw. nachdrücklich zu dieser Kreation angestiftet.
Für AT nehme ich an, daß eine mit der Concerto-Bibliothek möglicherweise gleiche/ähnliche Sonus-DE-Bibliothek zum Einsatz kommt. Doch auch die »Gedacktflöte« fände in diesem DE-Registerzoo für die anderen "localizations" genügend Repräsentanten.
Was ist eigentlich eine "Gedacktflöte"? Ein Pleonasmus?
#130 RE: Neu: Viscount Sonus
Smets und Mahrenholz definieren die Gedacktflöte (gelegentlich auch als Flötgedackt angezeichnet) als weites Metallgedackt mit relativ schmalem, hoch aufgeschnittenem Labium. Das erzeugt einen ruhigen, flötigen Ton, der durch die weite Mensur sehr ergiebig ist. Ein typisches Kind der Orgelbewegung, vor allem in Brustwerken verwendet, in denen Höhe knapp war. Ein Weitgedackt hingegen hat das für Gedeckte typische, breitere Labium und einen etwas niedrigeren Aufschnitt, der es geräuschhafter macht und - durch entsprechende Positionierung des Kerns - das ausgeprägte Vorläufergeräusch verursacht - relativ niedrigen Winddruck vorausgesetzt.
Eine besonders interessante Variante dieser Familie ist der Kleinpommer 2', den Gerhard Schmid (Kaufbeuren) gern in seine Nebenwerke stellte. Entgegen dem Lehrsatz, dass flötige 2'er mindestens halboffen, besser offen zu bauen seien,
stellte er ein enges Gedackt in die 2'-Lage. Der geräuschaft-glockenhafte, etwas magere Ton war eine sehr reizvolle Farbe in seinen Orgeln. Schmid baute und intonierte auch die Hochaliquoten bis zur Non im Manual nicht auf Verschmelzung, sondern als schmal labiierte Magerflöten mit ausgeprägten unharmonischen Teiltönen. Eine sehr dezente Intonation gab solchen Exoten über einem 8' einen feinen, gläsern-zerbrechlichen Ton.
Natürlich eine der gegenwärtig herrschenden Neoromantik diametral entgegengesetzte Ästhetik, die farbenreiche Polyphonie förderte. Schmid gehörte für mich zu den wenigen Orgelbauern des 20. Jh., die ernsthaft versuchten, sich von der Stilkopie zu lösen und das Instrument ästhetisch weiter zu entwickeln.
Hätte ich Zugriff auf alle Ebenen von Physical Modelling, wäre es mir eine reizvolle Aufgabe, mal eine typische Disposition und Intonation von Schmid zu basteln.
LG
Michael
#132 RE: Neu: Viscount Sonus
Zitat von Wichernkantor
Schmid baute und intonierte auch die Hochaliquoten bis zur Non im Manual nicht auf Verschmelzung, sondern als schmal labiierte Magerflöten mit ausgeprägten unharmonischen Teiltönen. Eine sehr dezente Intonation gab solchen Exoten über einem 8' einen feinen, gläsern-zerbrechlichen Ton.
Natürlich eine der gegenwärtig herrschenden Neoromantik diametral entgegengesetzte Ästhetik, die farbenreiche Polyphonie förderte.
Hätte ich Zugriff auf alle Ebenen von Physical Modelling, wäre es mir eine reizvolle Aufgabe, mal eine typische Disposition und Intonation von Schmid zu basteln.
Volle Zustimmung!
Ich habe zwar noch keine Orgel von Schmid live gehört, aber eine CD von der Orgel in der Altöttinger Wallfahrtsbasilika, auf der diese nicht schlecht klingt.
Die von dir beschriebene bewusst auf Nicht-Verschmelzung ausgerichtete Intonation von Aliquoten bezog sich doch aber sicher nur auf Hochaliquote, wie du ja schriebst, d.h. z.B. Septime 8/7' oder None 8/9'?
Bei akustischen Bassregistern wäre das doch wenig sinnvoll, eher eine Verschwendung. Taugen die Schmid-Akustikbässe was, z.B. der akustische 64' in Altötting?
Schönen Abend
Martin
Zitat von Martin78
Ich habe zwar noch keine Orgel von Schmid live gehört, aber eine CD von der Orgel in der Altöttinger Wallfahrtsbasilika, auf der diese nicht schlecht klingt.
Ich habe diese Orgel letztes Jahr mal spielen dürfen bzw. eher müssen. Das was von der Orgel funktionierte, gab einen sehr klaren, feinen Klang. Den 32" im Pedal hatte ich damals nicht weiter genutzt, ich weiss leider nicht mehr genau wieso und ob es am Klang oder sonst einer Marodität lag.
#135 RE: Neu: Viscount Sonus
Ja, das bezog sich nur auf die Hochaliquoten. In den Bässen legte Schmid natürlich Wert auf gutes Verschmelzen. Allerdings pflegte er in kleineren Orgeln (anstelle einer 16'-Zunge) im Baß gerne einen dreifachen Baßzink 5 1/3', 3 1/5', 2 2/7' zu bauen. Der erzeugte einen überzeugenden "Fast-Zungenklang" in der 16'-Lage.
Ich habe vor Urzeiten mal an einem einwöchigen Improvisationskursus mit Hans Haselböck in Altötting teilgenommen und habe die beiden Orgeln von Schmid in der Anna-Basilika und in der Pfarrkirche Neuötting gespielt, letztere konzertant. Das waren damals, in den frühen 80ern, neue und ausgezeichnet klingende Instrumente. Allerdings hatte die Fünfmanualige in AÖ keinerlei Koppelhilfe - ALLES mechanisch.
Da hast Du Dir sorgfältig überlegt, ob du zu zwei Manualkoppeln noch eine dritte ziehst. Schwellwerk und Pedal enthielten noch Originalregister der Vorgängerin von Koulen - u.a. ein durchschlagendes Kontrafagott 32' - damals eine kleine Sensation. Das Pedal hatte außerdem eine Großquinte 21 1/3', eine Terz 6 2/5', eine Septime 4 4/7' und auch in den Manualen war ein riesiger Aliquotenfundus. Da waren synthetische Farbnuancen vom feinsten möglich.
Wenn die Orgel noch steht, ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis sie durch einen Hochdruck-Brüller aus der Schweiz mit Episkopaltuben, Stentorflöten und anderen Meeresungeheuern ersetzt wird. Ich empfand ihre Klangwirkung in diesem Riesenraum damals als ungemein stimmig - vor allem ob des gravierenden Baßfundamentes. Wer hatte schon einen 32' daheim ...
LG
Michael
P.S. und @Martin. Wo gibt's denn eine CD von der Altöttingerin? *habenwill*
Ich habe nur eine von der neuen Jann in der Wallfahrtskirche.
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