Einübetechniken für schwierige Orgelwerke

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30.01.2014 07:37
avatar  Kontrabombarde 32 ( gelöscht )
#1 RE: Einübetechniken für schwierige Orgelwerke
Ko
Kontrabombarde 32 ( gelöscht )

Hallo,

ich zitiere hier zunächst einen Beitrag aus diesem Forum:

Zitat
Ich habe vor einiger Zeit einmal mit einem international rennomierten und tätigen Konzertorganisten gesprochen und bedauert, dass ich leider große Stücke nicht oder kaum hinbekommen kann. Da meinte er: "Macht nix, dann hätten wir Profis ja nichts mehr zu tun!"



Falls bereits ein Thema dieser Art hier durchdiskutiert wurde, dann will ich das nicht nochmal neu aufrollen. Habe aber im Schnellverfahren nichts derartiges gefunden.

Gibt es Einübetechniken, die auch einem Amateur, der nicht jeden Tag und auch dann nicht 6 oder 8 Stunden üben kann, erlauben, Präludien und Fugen von J. S. Bach mit System in einem überschaubaren Zeitraum hinzubekommen und vorallem, ohne diese Werke jede Woche wiederholen zu müssen? Offen gesagt, kann ich selbst ein Bach-Werk irgendwann mal nicht mehr mit Konzentration und Hingabe spielen bzw. nicht mehr ertragen, wenn ich es täglich wiederholen würde.

Von Clemens bekam ich mal den Tip, mir "Das Buch von der Orgel" von Hans Klotz zu kaufen. Da steht auch einiges Brauchbares zum Einstudieren drin, z.B. die Stücke von hinten anzufangen. Das ist sehr ungewöhnlich aber sinnvoll, denn wenn man immer vorne anfängt, kann man das Stück eingangs sehr gut und nach hinten immer schlechter spielen.

In der Schule war auswendig lernen von Gedichten nie mein Fall. Ich kann auch kein einziges schwierigeres Orgelstück auswendig spielen. Das ist auch nicht mein Ziel. Selbst Profis, die von den Noten spielen, schauen abundan auf die Manuale und das Pedal, um zwischendurch eine Art "Abgleich" zu machen. Somit arbeiten ihre Gliedmaßen wohl auch nicht mit der Präzision eines Uhrwerks oder Roboters.

Was genau passiert beim Einüben? Ich vermute zumindest bei mir, daß das Stück irgendwie ins Unterbewußtsein eindringen muß. Wenn es dort angekommen ist, könnte ich es vermutlich sogar auswendig spielen, wenn ich nicht darran denken und daran zweifeln würde. Das ist nur ein Hinweis auf die Vielschichtigkeit, mit der man bei diesem Thema konfrontiert werden kann.

Was geschieht in unserem Gehirn? Wird das Notenbild in eine Art motorischen Ablauf von Fingern und Füßen umgewandelt und dabei allmählich verinnerlicht? Das geht stark ins Analytische hinein und muß nicht unbedingt hilfreich für das Einüben sein.

Ich habe zuhause eine Sammlung von 20 CDs mit sämtlichen Orgelwerken von Bach, alles von Wolgang Stockmeier gespielt. Bislang habe ich keinen einzigen Fehler hören können. Sind das Ausnahmebegabungen ähnlich jenen, die 63 : 127 bis auf 50 Stellen hinter dem Komma im Kopf ausrechnen können? Oder werden Fehler vor der Herstellung der CD mit einer Software digital weggebügelt?

Was ist das Geheimnis der Profis?

Ich bin gespannt, was hier im Forum zu diesem Thema beigetragen wird.

Gruß

Kontrabombarde 32


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30.01.2014 09:02
avatar  Erik ( gelöscht )
#2 RE: Einübetechniken für schwierige Orgelwerke
Er
Erik ( gelöscht )

Meiner Lehrer macht es strikt nach Metronom. Wenn ich mir dazu setzen kann muss ich auch sagen dass ich dann am besten Vorwärts komme mit die wenigste Fehler. Leider scheint es (mir) manchmal schwierig zu fallen das Metronom auch wirklich zu benutzen aber dass ist eine reine Motivationssache . Wenn er es dann wirklich gut spielen kann, liegt er es vor einige Monate auf die Seite. Wenn er es nachher wieder aufnimmt (zuerst in 1/3 oder 1/2 Geschwindigkeit wieder einüben) dann macht er es fürs Konzert wirklich Fehlerfrei.

Wir machen uns übe-reihen und fangen z.B. mit Achtelnoten an:
1. Durchgang Achtel: 40 - 44 - 48 - 52 - 56 - 60 - 66 - 72 - 78 Viertel: 42 - 46 - 50 usw
2. Durchgang Achtel: 42 - 46 - 50 - 54 - 58 - 63 - 69 - 75 Viertel: 40 - 44 - 48 ...
3. Durchgang Achtel: 44 ....
usw

Natürlich nicht das ganze Stück auf Einmal, aber kleine Abschnitte konzentriert einstudieren.
Die Reihen habe ich in meinem Orgeltagebuch (pro Abschnitt!) und setzte ein Strich durch jeder absolvierter Durchlauf: So kann ich auch in Nachhinein mal schauen wie lange es gebraucht hat das Stuck zu lernen.

Um die Fehler gut im Griff zu bekommen ist es wirklich sehr hilfreich auch immer wieder ganz Langsam zu spielen.

Wie auch immer: Richtig üben ist einfach Langwierig und kostet viel Zeit. Auch für die Profis.
Persönlich erfahre ich es auch als wichtig nicht jeder Tag das gleiche Stück zu üben. Einige "Ruhetagen" zwischendurch hilfen extrem.

Gruss
Erik


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30.01.2014 09:27
avatar  Erik ( gelöscht )
#3 RE: Einübetechniken für schwierige Orgelwerke
Er
Erik ( gelöscht )

Hier übrigens noch interessante Lektüre über Auswendiglernen. Es ist ein online Buch über Klaviertechnik von C. Chang, aber das ist ja denke ich auch gut umzusetzen für Orgel.

Deutsche Übersetzung: http://foppde.uteedgar-lins.de/foppde.html#c1iii6

Auch hier wird übrigens wert gelegt auf sehr langsames spielen. Es ist nicht einfach dies anzugewöhnen, aber ich glaube auch dass es eine erfolgreiche oder vielleicht sogar die einzige Möglichkeit ist etwas gut zu lernen.


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30.01.2014 09:50
#4 RE: Einübetechniken für schwierige Orgelwerke
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Moderator

An dieser Erkenntnis führt kein Weg vorbei: Üben, üben und nochmals üben. Konzertorganist in 14 Tagen (sicher gibt es in Amerika ein Buch mit diesem oder ähnlichem Titel) – das geht einfach nicht.

Zur Methodik des Übens gibt es kein Patentrezept – das ist typenabhängig. Und Aufgabe eines fähigen Lehrers ist es, herauszufinden, wie sein Schüler tickt und eine individuelle Übemethodik für ihn zu entwickeln.
Ich habe z.B. ein visuelles Gedächtnis. Ich merke mir genau, wo etwas steht. Folglich tue ich mich bis heute schwer, das selbe Stück aus unterschiedlichen Ausgaben mit anderen Seitenspiegeln oder Satzbildern zu spielen. Bei kniffligen Passagen brauche ich (wieder) das Notenbild. Und wehe, ich habe mir gemerkt, dass es links unten steht und es ist jetzt rechts oben ...

So richtig bewusst geworden ist mir das eigentlich erst vor gut zwei Jahren, als sich meine Bach-Dupré-Ausgabe nach mehr als 40jährigem Gebrauch in Wohlgefallen auszulösen begann und ich sie sukzessiv durch Breitkopf ersetzt habe. Stücke, die ich länger nicht gespielt habe, lerne ich jetzt wieder „neu“. Eigentlich ist das nicht verkehrt, denn in der Reife (und Steife) des Alters macht man manches anders als ein „junger Wilder“.

Mein Verfahren: Am Anfang steht die Werkanalyse. Welche Abschnitte weist das Werk auf? Wo gibt es Analogien, wo wörtliche Zitate? Welcher Modulationsplan ist erkennbar? Wie lassen sich die einzelnen Abschnitte zu sinnvollen Übeeinheiten zusammenfassen? Durch Analyse entdeckt man die heiklen Stellen – komplexe Finger- oder Fußsätze, schwierige oder ungewohnte Modulationen, die erst mal ins Ohr müssen (Reger!), Vorzeichenfallen, vertrackte Rhythmen etc.

Wo nötig, trage ich Finger- und Fußsätze ein und lege exakt die Stimmenverteilung auf beide Hände fest – vor allem wichtig in polyphonen Werken, um Artikulation und Themenphrasierung in den Binnenstimmen konsequent durchzuhalten. Dann zerlege ich das Stück in Übeabschnitte und beginne (nach Klotz und vielen anderen) mit dem Schluß. Heikle Stellen werden separat beackert – in Zeitlupe, bis sie technisch klappen. Zuerst die Hände einzeln, dann zusammen, dann r.H. und l.H. getrennt mit Pedal. Erst wenn alle Bewegungsabläufe sitzen, die Passage mit allen Stimmen – zunächst mit einem oder zwei Takten Vorlauf, dann in immer größerem Zusammenhang. Bis die Spielbewegungen im Hirn festgerastet sind, spiele ich relativ langsam, damit Zeit bleibt, die schwierigen Stellen „vorzudenken“. Ich arbeite dabei immer nach der Methode: Ich spiele von Unbekanntem und/oder Schwierigem ins Bekannte hinein.

Um die Ohren zu schonen, spiele ich mit einer „Übungsregistrierung“, die eine exakte Hörkontrolle ermöglicht, ohne zu ermüDen. Das sind meistens Gedackt 8‘ und Oktave 4‘ im Manual, Subbass und Oktavbass im Pedal. Bei romantischer Literatur nehme ich gern Prinzipal 8‘ und eine Flöte 4‘ für den Manualpart. Erst wenn ich das Stück technisch drauf habe und im Endtempo flüssig durchkomme, nehme ich die vorgesehene Registrierung, die ja auch Artikulation und Phrasierung mit beeinflusst. Es gibt jüngere OrgelpäDagogen, die empfehlen, stets mit der realen Registrierung zu üben, damit Artikulation und Phrasierung von Anfang an auf die Endverhältnisse angelegt sind.
Wenn ich das Stück konzertant spielen will, dann jage ich es abschließend durch die „fünffache Kontrolle“. D.h. ich spiele es fünfmal hintereinander fehlerfrei. Jeder grobe Fehler setzt die Uhr zurück auf „null“. Dadurch entsteht spätestens beim vierten Durchgang ein „künstliches Lampenfieber“ - „hoffentlich passiert jetzt nix“.
Bei der Aufführung selber &bdquoDarf“ dann ruhig etwas passieren. Mein allererster Orgellehrer hat mir etwas ganz Wichtiges beigebracht: weiterspielen.

Das ist natürlich richtig viel Arbeit. Aber um die kommt man (ich jedenfalls) nicht herum. Wenn man sie nicht investieren will, ist es sinnvoller, auf das Studium komplexerer Stücke zu verzichten und sich mit umso mehr Erfolgserlebnissen auf Sachen mit geringerem Schwierigkeitsgrad zu stürzen.
Noch eine meiner Erfahrungen: Lieber oft statt lange üben. Man kann Passagen auch „überüben“. Eine ganz vertrackte Stelle, die partout nicht werden will, lieber mal ein paar Tage ruhen lassen, als Ängste vor ihr aufbauen. Es kann nämlich passieren, dass man sich Fehler „merkt“. Die muss man dann erst wieder „vergessen“. Nach zwei, drei Tagen wieder gaaaanz gelassen daran arbeiten. Und plötzlich macht es „klick“ im Hirn.
Mit Sicherheit gibt es andere und wohl auch „modernere“ Methoden, die mit mehr „Motivation“ arbeiten. Ich denke, ein Organist braucht beim Üben ein gehöriges Maß an Selbstmotivation und Selbstdisziplin.
Und der Spruch meines ersten Orgellehrers bleibt bis dato unwiderlegt: „Wer viel übt, der kann viel.“

LG
Michael


PS: Noch ein paar Takte zum Üben mit Metronom: Das ist im Elementarunterricht unverzichtbar. Und in meinen Lehr- und Wanderjahren galt es als Nonplusultra, Bachs Triosonaten streng auf Metronom zu spielen. Marie-Claire Alains stringente und konsequent durchgehaltene Tempi habe ich immer bewundert. Die modernen Interpretationen leben u.a. von einer musikalischen Rhetorik, deren wesentliches Element auch die Agogik ist - also ein Wechsel von organischem Fluss und leichten "Stauungen" an den dynamischen und harmonischen Kulminationspunkten - z.B. in der Fuge BWV 547 vor dem Pedaleinsatz des vergrößerten Themas. Mit Metronom spielt man diesen Höhepunkt zuschanden. Die Fähigkeit, Tempo zu halten, ist m.E. eine organistische Basistugend. Viel schleppender Gemeindegesang geht wohl auch darauf zurück, dass Generationen von Dorfschulmeistern nicht sauber im Metrum spielen konnten oder wollten.


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30.01.2014 10:50
avatar  Guilain
#5 RE: Einübetechniken für schwierige Orgelwerke
Gu

Zur Agogik: Hören Sie sich Aufnahmen von Anton Heiller (1923-1979) an! Für seine Zeit eine Sensation.


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30.01.2014 11:09
avatar  Kontrabombarde 32 ( gelöscht )
#6 RE: Einübetechniken für schwierige Orgelwerke
Ko
Kontrabombarde 32 ( gelöscht )

Hallo,

erst mal vielen Dank an alle. Das ist bereits sehr hilfreich für mich. In vielem erkenne ich auch meine eigenen Schwächen und Probleme wieder und das ist schon viel wert.

Für mich ist das deshalb sehr wichtig, weil ich - jetzt wird einigen wohl ein mitleidiges Grinsen ins Gesicht steigen - in Sachen Orgel völliger Autodidakt bin. Ich habe nur Violine gelernt oder besser gesagt lernen müssen. Als ich 16 war, kauften meine Eltern ein Klavier und ich fing mit der Toccata d-moll (BWV 565) an, was gegen alle Regeln dieser Kunst sein dürfte. Um keinen falschen Eindruck zu erwecken: ich mußte mir da schon die Zähne ausbeißen, aber ich war motiviert. Alles in allem könnte man sagen, daß ich das Spielen solange probiert habe, bis es irgendwie ging.

Als ich mit 21 Jahren den Wehrdienst abschloß, habe ich mir mit dem ersparten Wehrsold eine Analogorgel von Dr. Böhm, Typ DnT gebaut und mir das Pealspielen beigebracht. Das Spielen auf den Tastaturen hat mich manchmal wahnsinnig gemacht. Die Tasten gingen so leicht runter wie bei einem Keyboard. Aber ich durfte auch auf Pfeifenorgeln spielen.

Wofür ich noch immer keine Erklärung habe: wieso kann ein Herr Stockmeier alle Bachwerke fehlerlos auf 20 CDs bringen, die zusammen eine Spieldauer von über 20 Stunden haben?

Das muß doch eine außergewöhnliche Begabung sein, oder?

Gruß

Kontrabombarde 32


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30.01.2014 11:28
avatar  Falcon 2000 ( gelöscht )
#7 RE: Einübetechniken für schwierige Orgelwerke
Fa
Falcon 2000 ( gelöscht )

Zitat von Kontrabombarde 32
?..

Wofür ich noch immer keine Erklärung habe: wieso kann ein Herr Stockmeier alle Bachwerke fehlerlos auf 20 CDs bringen, die zusammen eine Spieldauer von über 20 Stunden haben?

Das muß doch eine außergewöhnliche Begabung sein, oder?

Gruß

Kontrabombarde 32



Hallo Kontabombarde 32,

Ich denke, dass das vergleichbar mit Lesen, Autofahren, eigentlich allem eingeübten Fähigkeiten.
Unser Gehirn schiebt vieles Automatisierte in Schubladen, dort wird es bei Nutzung ruasgeholt und wir könne vieles ohne Anstrengung ausführen.

Wenn ein Profi vor einer Partitur sitzt, dann braucht er nicht jede Note einzeln zu analysieren, sondern er erfasst vieles auf einem Blick. Wie Profischachspieler schnell eine Stellung analysieren können, wo ein Amateur sagt, das ist doch gar nicht möglich, oder wenn wir beim Lesen selbst mit verdeckter oberer Hälfte trotzdem noch den Text lesen können.

Trotzdem ist es bewundernswert, da diese Organisten dasmWerk im Ohr haben müssen.
Ausnahmemusiker eben.


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30.01.2014 11:36
avatar  emsig ( gelöscht )
#8 RE: Einübetechniken für schwierige Orgelwerke
em
emsig ( gelöscht )

Zitat von Kontrabombarde 32

Wofür ich noch immer keine Erklärung habe: wieso kann ein Herr Stockmeier alle Bachwerke fehlerlos auf 20 CDs bringen, die zusammen eine Spieldauer von über 20 Stunden haben?


Ich habe mich das auch schon oft gefragt. Die Stockmeier-CDs habe ich auch, und auch die Bach-Einspielungen von Walcha. Wie kann man so lange und schwierige Sachen in einem Stück fehlerfrei durchspielen? Oder braucht es mehrere (wieviele?) Versuche? Wenn ich etwas aufnehme, brauche ich selbst bei ganz kurzen (1-2 Seiten) und einfachsten Stücken unzählige Anläufe und oft einen ganzen Nachmittag, ehe die Aufnahme zufriedenstellend "im Kasten" ist. Und auch dann genügt das Ergebnis gewiß keinen hohen Maßstäben. Reichen Begabung und irre viel Üben, um solche Leistung zu bringen, oder wird da noch was geschnitten und nachbearbeitet? Selbst wenn man in Konzerte bekannter Leute geht, hört man doch hin und wieder leichte Patzer, wenn man die Stücke kennt.

Gruß,
Markus


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30.01.2014 11:39
avatar  hahoern
#9 RE: Einübetechniken für schwierige Orgelwerke
ha

Zitat von Kontrabombarde 32

Wofür ich noch immer keine Erklärung habe: wieso kann ein Herr Stockmeier alle Bachwerke fehlerlos auf 20 CDs bringen, die zusammen eine Spieldauer von über 20 Stunden haben?


Ich hab grad mal das Begleitheftchen zu diesen 20 CDs herausgezogen. Die Einspielungen waren vom 14.09.77 bis 16.2.81 - das sind keine 6 Stunden pro Jahr (und digital nachgebessert wurde damals sicher auch noch nichts).


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30.01.2014 11:43
#10 RE: Einübetechniken für schwierige Orgelwerke
Ma

Zitat von Kontrabombarde 32

Für mich ist das deshalb sehr wichtig, weil ich - jetzt wird einigen wohl ein mitleidiges Grinsen ins Gesicht steigen - in Sachen Orgel völliger Autodidakt bin. Ich habe nur Violine gelernt oder besser gesagt lernen müssen. Als ich 16 war, kauften meine Eltern ein Klavier und ich fing mit der Toccata d-moll (BWV 565) an, was gegen alle Regeln dieser Kunst sein dürfte. Um keinen falschen Eindruck zu erwecken: ich mußte mir da schon die Zähne ausbeißen, aber ich war motiviert. Alles in allem könnte man sagen, daß ich das Spielen solange probiert habe, bis es irgendwie ging.



Hallo, so ähnlich lief es bei mir auch, allerdings hatte ich schon ein paar Jahre Klavier gespielt:

Ich hatte damals im Advent als anfahrender Orgelschüler die Schlüssel von Orgel und Empore bekommen, zu Weihnachten schenkte mir mein Bruder eine CD mit Orgeln unserer Region.

Da war die dorische Toccata BWV 538 drauf. Gleichzeitig lag dieses Stück in einer zerfledderten Bach-Ausgabe bei uns auf der Orgelempore rum.

Neben dem offiziellen Orgelunterricht (Pedalübungen aus der Schildknecht-Orgelschule sowie dann weiter in den beiden Bänden der Kaller-Orgelschule [grin] ) habe ich mir also den Bach reingezogen. Im Prinzip völlig wahnsinnig als Orgeleinsteiger, aber unsere recht steil disponierte Stockmann-Orgel (Hauptwerk, Brustwerk, Pedal) hatte im Pedal eine Rauschpfeife, d.h. dieses Stück mit dem schönen Werkkontrast kann man dort wirklich gut auch ohne Koppeln spielen. Das Stück habe ich dann auch schließlich mehr oder weniger fehlerfrei hinbekommen und ich habe daran jede Menge Spaß am Orgelspiel gefunden, der bis heute anhält .

Zitat von Kontrabombarde 32

Wofür ich noch immer keine Erklärung habe: wieso kann ein Herr Stockmeier alle Bachwerke fehlerlos auf 20 CDs bringen, die zusammen eine Spieldauer von über 20 Stunden haben?

Das muß doch eine außergewöhnliche Begabung sein, oder?



Naja, als Prof an der Musikhochschule werden diese Stücke im Unterrichtsalltag mit den Studenten sein täglich Brot gewesen sein, für ihn als konzertierenden Organisten sowieso.

Es muss ja auch nicht sein, dass alle Aufnahmen (damals LPs) am Stück hintereinander aufgenommen worden sind - vielleicht alle zwei Wochen ein oder zwei Scheiben, so dass er dazwischen das jeweilige Programm neu aufwärmen konnte. Außerdem gibt es auch bei Bach Stücke, die nicht sooo superschwierig sind (manche Neumeister-Choräle z.B.). Trotzdem ist das natürlich eine Wahnsinnsleistung.

Die Stockmann-Einspielung (nice-price) war auch meine erste Bach-Gesamteinspielung. Mittlerweile sind noch einige dazugekommen, die ich eigentlich öfter höre.

Viele Grüße!
Martin

Gloria Concerto 350 Trend

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30.01.2014 12:50
avatar  Kontrabombarde 32 ( gelöscht )
#11 RE: Einübetechniken für schwierige Orgelwerke
Ko
Kontrabombarde 32 ( gelöscht )

Nochmals vielen Danke an alle.

Die rege Beteiligung freut mich sehr, weil sehr interessante Fakten auf den Tisch kommen.

J. S. Bach war selbst ja ein "gefürchteter" Orgelspieler, der wohl manche Orgel mit seinen Künsten an die Wand gefahren hat, falls man dem Wenigen, was von ihm bekannt ist, Glauben schenkt.

Daß er einer der Hochbegabtesten, wenn nicht sogar der Begabteste überhaupt gewesen ist, steht für uns alle wohl außer Frage, denke ich.

Liebe Grüße

Kontrabombarde 32


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30.01.2014 14:26
#12 RE: Einübetechniken für schwierige Orgelwerke
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Moderator

Zitat von Kontrabombarde 32
Wofür ich noch immer keine Erklärung habe: wieso kann ein Herr Stockmeier alle Bachwerke fehlerlos auf 20 CDs bringen, die zusammen eine Spieldauer von über 20 Stunden haben?



1.) Eine solche Einspielung ist - je nach Tagesform und "Mikrophonfestigkeit" (Mikros erzeugen bei vielen - auch bei mir - ein größeres Fracksausen als 1.000 Zuhörer) des Interpreten - immer eine längere Sache. Ein Werk wird grundsätzlich in mehreren Durchgängen eingespielt, dann hinterher vom Interpreten und den Tontechnikern mehrfach durchgehört. Das dauert schon mal zwei Tage, bis allseitige Zufriedenheit herrscht.
2.) Im Zweifelsfall wird auch geschnitten. Das war auch im Analog-Zeitalter so gut möglich, dass wirklich nur rattenscharfe Tonmeister-Ohren die Schnitte bemerkten - oder auch nicht.

Ein längeres Stück (fast) fehlerfrei zu spielen, gehört nun mal zum Anforderungsprofil an einen gelernten Kirchenmusiker. Es gibt Leute, die spielen hochmusikalisch und haben gelegentlich mal einen Danebentippser drin, andere spielen mit der Präzision und Makellosigkeit einer Maschine - und machen keine Musik ...
Ich kenne (auch unter bekannteren Organisten) Repräsentanten beider Fraktionen. Erstere sind mir bedeutend lieber ...

Und dann muss man immer damit rechnen, dass "shit happens". Mein persönliches Horrorerlebnis: Ich habe vor gut 30 Jahren mal bei einer Orgelweihe Bruhns e-Moll gespielt. Die Orgel hatte (damals) neue BDO-Norm, d.h. Pedal dis0 unter Manuals dis1. Und ich bin nun mal bis ans Ende meiner Tage auf c0 unter c1 gepolt ... Prompt habe ich im Eifer des Gefechts F statt E getreten ... Das sind Momente, in denen sich Sekundenbruchteile zu Ewigkeiten dehnen und man glaubt, gleich öffne sich der Hölle Schlund und verschlinge den Übeltäter ... Ich habe einfach E "nachgetreten" und weitergespielt - wenngleich mit leicht erhöhtem Adrenalinspiegel. Nur meine "Blattlaus" hat es gemerkt. Und die habe ich zu Stillschweigen verdonnert - schließlich ist sie mit mir verheiratet und hat mir auch in "schlechten Zeiten" ihren Beistand zugeschworen. [grin]

@Guilain: Heiller habe ich in meinen Münchener Jahren selber mal gehört. Damals war ich schon vom Glauben "geheilt", Bachs Musik sei klingende Mathematik. Heillers Spiel hat mir ausnehmend gut gefallen (u.a. spielte er Hindemith und andere Sachen, die damals gerade "bäh" waren), der Kritikus (von der Notenmathematiker-Fraktion) hat's verrissen - dem war es zu "ungenau". Er zieh Heiller der "Schlamperei".
Ich glaube, ich habe sogar noch eine Heiller-LP in meinem privaten Fundus - muss ich am Wochenende mal suchen ...

LG
Michael


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30.01.2014 15:31
avatar  Guilain
#13 RE: Einübetechniken für schwierige Orgelwerke
Gu

Als Student in Wien habe ich an einem Seminar Anton Heillers über die Hindemith-Sonaten teilgenommen. (Heiller war mit Hindemith persönlich bekannt und wusste um dessen Intentionen.) Heiller variierte die Lautstärke innerhalb der Fußton-Lagen, zog also für FORTE zwei 8- und zwei 4-Fuß-Register und stieß für leisere Stellen z. B. ein 4-Fuß-Register oder 8 und 4 Fuß ab.


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03.07.2019 12:32 (zuletzt bearbeitet: 03.07.2019 12:40)
avatar  Kontrabombarde 32 ( gelöscht )
#14 RE: Einübetechniken für schwierige Orgelwerke
Ko
Kontrabombarde 32 ( gelöscht )

Hallo zusammen,

nachdem ich vor über 5 Jahren diesen Thread eröffnet hatte, melde ich mich heute nach langer Zeit wieder. Inzwischen habe ich 15 kürzere Stück von Buxtehude, Böhm, Bach und Reger auf Youtube gestellt. Das längste Stück (Präludium a-moll) umfasst 3,5 Seiten und enthält einen Fehler. Je mehr Seiten, umso schrieriger wird für mich eine fehlerlose Aufnahme. Für einen Zusammenschnitt aus mehreren Aufnahmen bin ich mit dem verwendeten Aufnahmegerät offenbar nicht ausgerüstet, was die Sache mühsam macht.

Mein Gedanke bei der Entscheidung für Youtube war in erster Linie, diese Art der Veröffentlichung als Motivation zum Üben zu nutzen.

Enttäuschend finde ich aber, dass einige Stücke nach Monaten nicht einmal 10 mal angeklickt wurden, während Stücke von namhaften Organisten Tausende von Klicks verzeichnen können. Das erwarte ich als Laie ohne Namen auch nicht, aber ich frage mich, ob ich überhaupt weitermachen soll, wenn es doch "für die Katz ist".

Nun habe ich mir gedacht, ich wende mich an die "Forumsgemeinde" und frage nach, ob sich einige mal ein paar Stücke anhören und Kommentare dazu in diesem Thread abgeben wollen. Dabei würde ich keine Lobreden erwarten, sondern einigermaßen sachliche Kritik von Orgel- und Orgelmusikliebhabern.

Die Kritik kann sowohl die Interpretation, die Intonation als auch die Aufnahmequalität betreffen. Das Aufnahmegerät, eine Sony-Videokamera (ca. 400€), ist im Text zur Toccata F-Dur von Dietrich Buxtehude benannt. Da ich über Mikrophone aufgenommen habe, ist manches Geräusch vom Spieltisch, besonders von den Pedaltasten zu hören, was mich inzwischen selbst stört.

Die meisten Stücke erscheinen einigermaßen kompakt hintereinander, wenn ihr "Fiedrich Schwarz Physis Unico 400" eingibt. Der folgende Link führt direkt zur Beschreibung der externen Abstrahlung und der Bezeichnung des Aufnahmegerätes:

https://www.youtube.com/watch?v=Zpx8mZTASjE

Nun bin ich gespannt auf Eure Reaktionen. Fragen zur Orgeleinstellung würde ich gerne beantworten, sofern welche aufkommen. Wer von den Besitzern einer Unico 400 mal eine andere Intonation genauer kennenlernen möchte, kann die entsprechende Datei von mir haben. Zumindest war es meine Absicht, so barock wie möglich zu intonieren. Die Zungen hätte ich gerne noch etwas "ungeschliffener" über den Tastaturverlauf hinweg gestaltet, aber ich vermute, dass hier Grenzen gesetzt sind, weil mancher das vielleicht reklamieren würden, weil es aus heutiger Sicht als unvollkommen angesehen würde.

LG

Kontrabombarde 32*

*) die heutige Disposition enthält statt der originalen Kontrabombarde nun ein Kontrafagott 32, weshalb ich gerne meinen Namen ändern würde


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03.07.2019 20:49
avatar  Larigot
#15 RE: Einübetechniken für schwierige Orgelwerke
La

Hallo Kontrabombarde 32,

mit ernster Musik als Amateur bei youtube viele Klicks zu bekommen, ist heute eigentlich kaum noch möglich - dazu ist das Angebot inzwischen viel zu groß. Natürlich sind so wenige Views enttäuschend, aber das ist inzwischen normal und geht vielen so.

Machst du die Videos für DICH (z.B. um einen Anreiz zu haben, ein Stück präsentationsreif zu üben)? - Dann mach einfach weiter so und lass dir die Klicks egal sein. Oder machst du das, um andere zu erreichen (und Klicks zu bekommen)? Dann sind mir ein paar Dinge aufgefallen:

Wie sollen deine Videos gefunden werden? Über die Suchfunktion wird das kaum klappen. Du hast fast ausschließlich bekannte und beliebte Stücke eingestellt, die es schon zig mal auf YT gibt. Wenn ich "Buxtehude Toccata F-Dur" eingebe, ist dein Video auf Platz 36 (hinter einigen anderen Buxtehude-Werken). Dabei sind namhafte Interpreten und/oder interessante (historische) PO. Wer nach Interpretationen dieses Stücks sucht, wird dort fündig und scrollt nur in den seltensten Fällen so weit runter. Außerdem sind einige Werke sehr ungenau bezeichnet ("Johann Sebastian Bach Choralvorspiel").
Wenn du Views bekommen willst, sind seltene und wenig gespielte Stücke sicher die bessere Idee - wer danach sucht, landet dann direkt bei dir.

Der Kamerastandpunkt ist sehr ungünstig. Welchen Gewinn habe ich durch das BETRACHTEN des Videos? Hart aber ehrlich: ich habe keinen gefunden. Bei einer seitlichen Perspektive könnte ich mir evtl. Finger- und Fußsätze abgucken, oder es gibt die Möglichkeit, den Notentext einzublenden (finde ich extrem praktisch bei Stücken, die ich noch nicht selbst gespielt habe).

Schließlich lebt YT wie alle sozialen Netzwerke vom Mitmachen: Kommentierst du viel bei anderen Organisten? Das ist die beste Einladung, auch auf deinem Kanal vorbeizuschauen und einen Daumen oder Kommentar dazulassen. (Funktioniert natürlich nur bei anderen Hobbyorganisten, die Profis haben da nur selten die Geduld bzw. das Interesse).


LG
Larigot


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