Anthony Newman: Bach - beliebte Orgelwerke

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19.11.2014 14:36
#16 RE: Anthony Newman: Bach - beliebte Orgelwerke
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Auf Orgelsuche.

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21.11.2014 11:56
#17 RE: Anthony Newman: Bach - beliebte Orgelwerke
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Zitat von Martin78
Die Bachschen Orgelwerke in der AEOLUS-Gesamteinspielung auf den elsässischen Silbermann-Orgeln, die Aufnahme, die mit Kooiman begonnen und dann nach seinem Tod von drei seiner deutschen Schüler vollendet worden ist.



Genau DIE Kassette hat mir Geburtstagslausi in den Kamin geworfen. Erst heute konnte ich sie auspacken, da ich bis vor ein paar Minuten Insasse einer Klinik war, aus der man mich wegen guter Führung und latenten Organistenmangels zum Wochenende nach Hause geschickt hat. Jetzt werde ich mir erst mal einen ordentlichen Kaffee kochen und dann mal die erste Scheibe in den Player werfen.
Ich hatte vor mehr als 20 Jahren das Vergnügen, bei Kooiman einen Kursus zum Thema Bach-Interpretationen zu machen - eine Woche an damals taufrisch überholten, herrlichen historischen Orgeln in Thüringen. Da bin ich nicht dümmer nach Hause geangen ...
Um so mehr freut es mich, die elsässischen Silberfrauen zu hören, die ich seit meinen Orgelsäuglingstagen kenne und liebe. Ich will jetzt keinen Glaubenskrieg lostreten, aber ich finde, sie haben gerade für die großen Bäche mehr "Wumms" als die meisten sächsischen Geschwister - volle Mitten (vor allem die sehr körperhafte 4'-Lage) und absolut volumengesättigte Bässe. Die Dickschiffe in Freiberg oder Dresden natürlich ausgenommen.

LG
Michael

PS: Kleiner Tipp: jpc bietet die Kassette mit 19 SACD gerade zum Schäppchenpreis - UHU - unter hundert Euronen. Das hat den WAF bei der stets sparsam kalkulierenden Hausfrau erheblich gesteigert.


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21.11.2014 14:36
#18 RE: Anthony Newman: Bach - beliebte Orgelwerke
Ma

Hallo zusammen,

zu dieser Box hatte User Friedrich Spondel im gelben Forum eine schöne Kritik in gewohnter Qualität geschrieben, die ich euch nicht vorenthalten möchte. Da es sich um ein geschlossenes Forum handelt, stelle ich den Text hier direkt ein (danke, Friedrich!). Für 99 EUR ist diese Box derzeit wirklich ein Schnäppchen!

Auf die Forenbeiträge

Zitat
"Wer noch gar keine [Bach-Orgelwerke-Gesamteinspielung] hat - Diese ist zu überlegen..."



und

Zitat
"Tja, ist die Frage, wer noch keine hat … Zielgruppe dürften eher Orgelfans sein, die sich die Dritt- oder Vierteinspielung zulegen, Kooiman-Fans, solche, die sich für das Thema "Bach auf A.-Silbermann-Orgeln" interessieren oder solche, die eine Klangdokumentation der schönen elsässichen Sibermännerinnen suchen, oder?"



schrieb er:

Zitat

Gutes »oder«, weil berechtigt.

Diese Zielgruppen-Analyse stimmt, aber sie reicht nicht ganz aus.

1. Dritt- oder Vierteinspielung: Wem der Sinn nach dem gesamten Bach steht, der weiß, dass jede Aufnahme ihre Lücken hat, in die eine jeweils andere greift. In der Aeolus-Sammlung hört man vieles, was bisher keine der anderen zu bieten hat, unter anderem Orgelchoräle aus inzwischen aufgetauchten Sammlungen jenseits des BWV, die Reinmar Emans in einem eigenen Katalog erfasst hat. Dabei ist auch Zweifelhaftes, das aber mit aufgenommen wurde. Die Einspielung ist also in dieser Hinsicht »gesamter« als zum Beispiel Vernet.

2. Bach auf Silbermann-Orgeln: Diese Kombi hat mich lange genervt, weil sie sich für mich anhörte wie »Hasselhoff singt Verdi«: zwei berühmte Namen, die nichts über die Güte aussagen, sich aber verkaufen sollen. Inzwischen denke ich aber anders darüber. Die elsässischen Silbermann-Orgeln stehen in französischer Tradition, und oft hört man sie so gespielt: das heißt, in den Ensembles der französischen Orgeltradition. Bach dagegen wird inzwischen gern mitteldeutsch aufgenommen – Grauhof, Waltershausen, Alten- und Naumburg und ihre kleineren Geschwister, Vettern und Cousinen – wobei Gottfried Silbermann inzwischen auf dem zweiten und dritten Platz landet, denn die vielen Unterscheidlichen seiner ungleichen Zeitgenossen findet man interessanter, was oft als »wahrer« und »echter« verkauft wird (Komparative, die nicht besser sind als »gesamter«.

Nichts dagegen – aber die Kombination Bach plus elsässer Silbermänner hat ihr Gutes: Bachs Musik kennt unendlich viele unterschiedliche Satzarten, die zu ebenso vielen unterschiedlichen Registrierungen einladen. Nun liest man die Dispositionen von sieben mindestens teilweise echten und einer rekonstruierten Silbermann-Orgel: Alles ein Schema, alle vergleichsweise klein, kein einziges Prinzipal 16' manualiter, geschweige denn ein 32-Fuß.

Aber was für Klänge!

Ich weiß gar nicht, wo anfangen: Vielleicht bei einer Nebensache, zum Beispiel den samtigen, gar nicht so leisen 16'-Bourdons der Hauptwerke, die wunderbar präsent eingefangen wurden, ob in Grundstimmen-Ensembles oder unter dem Prinzipalchor. Bei den weichen, in der Höhe flötig singenden 8'-Prinzipalen, auf denen Prinzipalchöre stehen, die nahtlos verschmelzen, mit warmer Fülle und feinem, manchmal wunderbar mürbem Glanz. Bei den farbig-dunklen 8'-Bourdons, mit denen alles geht – ein gut greifendes Petit plein jeu, ein Nazard, weiche Lückenregistrierungen. Den markigen Grands-jeux, die etwas feiner, weniger dominant tönen als das, was man so von den Pariser Orgeln kennt; das gilt auch für die feinen Cromornes und Voix-humaines. Den markigen Bombarden, die jedes Plenum zum Ereignis werden lassen und sich grandios stabil unter die Zungenensembles setzen; die zwar etwas zu hart sein mögen für mittlere Plena, sich aber in dem Fall sehr schön von ihren 8'-Nachbarinnen vertreten lassen; dank der labialen 16-Füße steht der Bassklang immer gravitätisch im Raum.

Man lernt, soweit Aufnahmen das zulassen, viel über die extrem qualitätvolle Intonation und musikalisch durchdachte Gesamtanlage dieser Orgeln. Alles geht mit allem. Auf dem Papier wirken sie begrenzt, in der Aufnahme staunt man über ihre Vielfalt und hat niemals das Gefühl, dass irgendeine Grenze erreicht wäre. So schön die mitteldeutschen Streicher und Flöten sein mögen: Ich habe sie hier keine Minute vermisst.

3. Klangdokumentation: Im Sinn von 2. ist es eine sehr ergiebige. Alle Orgeln scheinen in gutem bis sehr gutem Zustand zu sein; die Aufnahmetechnik ist nah dran, ohne den Raum zu vernachlässigen; jede Orgel wird unter vielen Aspekten ausmusiziert. Höchstens einen Einwand habe ich, vielleicht ist der sehr spitzfindig: Oft ist der Gebläseklang unvermeidlich mit eingefangen, einschließlich des Eigentons. Da wäre mir ein wenig Balggeächze hier und da lieber gewesen. Ich habe aber nicht im Blick, wieviele der Orgeln überhaupt mit Bälgen betrieben werden können (ich glaube, zumindest Wasselonne hat noch Dachboden-Bälge).
Die Villinger Rekonstruktion kommt eindrucksvoll zur Geltung. Sie klingt allerdings auch in der Aufnahme tatsächlich so, wie es ihr nachgesagt wird – ziemlich laut. Dafür aber auch sehr charakteristisch in allen Registrierungen, was man Gaston Kern zu Gute halten muss: Wie getreu er nun auch seine Rekonstruktion angelegt haben mag – ein äußerst musikalischer Orgelbauer ist er auf jeden Fall. Sein Tremulant weht übrigens auch eine Idee dezenter als die alten Gegenstücke, die doch ziemlich kräftig zulangen. Und mit Villinger Power das G-Dur-Präludium BWV 550 – das ist schon super. Das volle Pedal samt HW-Plenum für die Pedalsoli: ein Ereignis!

Nun noch ein paar Anmerkungen zu den Spielern der Bach-Gesamtaufnahme von Aeolus.

Nach dem Tod Ewald Kooimans 2009 hatte Christoph Martin Frommen in dessen Schülerkreis drei Organisten gefunden, die bereit waren, die Gesamteinspielung zu vervollständigen.

Zu tun war noch viel: So hatte Kooiman zwar schon acht Scheiben Musik eingespielt, dabei waren aber zum Beispiel nur eine Triosonate (C-Dur), drei Schübler-Choräle, etwa das halbe »Orgelbüchlein« und von den großen Bächen nur drei: C-Dur BWV 547 (9/, c-Moll BWV 546, Pièce d’orgue BWV 572. Immerhin waren aber alle Choräle aus der Leipziger Handschrift, ebenso die Choräle aus der Neumeister-Sammlung und die vier bekannten Partiten aufgenommen, außerdem sozusagen aus der zweiten Reihe der freien Stücke die d-Moll-Toccata, die c-Moll-Fantasie BWV 537, das kleine g-Moll BWV 535, das kleine C-Dur BWV 545 mit Largo aus der Sonate BWV 529.

Da fehlten Brocken: die großen Präludien und Fugen in a-, e- und h-Moll und in G- und D-Dur, die Passacaglia, die g-Moll-Fantasie BWV 542, die »Dorische« und die F-Dur-Toccata samt Fugen; der dritte Teil der Clavierübung; die Sonaten und Concerti … Also lauter Stücke, die dem Interpreten interpretatorisches Profil abverlangen und deswegen eine Gesamteinspielung entscheidend prägen – wenn man sie denn als Zeugnis einer einzigen Spielerpersönlichkeit begreifen will.

Hier sind es nun vier geworden. Ute Gremmel-Geuchen, Gerhard Gnann und Bernhard Klapprott spielen einen jeweils sehr individuellen Bach, und es ist klug von Frommen, dass er von einer »Hommage« an Kooiman schreibt und jeden Anschein vermeidet, da sollte etwas im Sinn des Verstorbenen zu Ende gebracht werden.

Ute Gremmel-Geuchen steigt mit dem dritten Teil der Klavierübung ein, und gleich das Präludium Es-Dur (in Straßburg, St. Thomas) zwingt den Spieler ja dazu, Farbe zu bekennen. Gremmel-Geuchen spielt in majestätischem Tempo, trotzdem mit einem flüssigen Beinahe-Legato und geschmackvollen Tempobeugungen, ohne übertriebenes Abziehen in den Echo-Partien. Der Gesamteindruck ist sehr souverän und auch etwas distanziert, was zum Stück und seinem Tonfall offiziellen Prunkens passt. In den Chorälen bestätigt sich das, wobei sie in kammermusikalischen Registrierungen eher ins »ordentliche Fortgehen« hinein spielt. Besonders gefällt mir bei ihr die große Geste: »Aus tiefer Not« (CÜ 3) etwa, die E-Dur-Toccata BWV 566 (hier in majestätischem C-Dur) oder das schon erwähnte grandiose G-Dur BWV 550. Sie spielt übrigens auch die »Acht Kleinen« und nimmt sie angenehm ernst – eben nicht so, dass man sich fragt, was die hier sollen.

Gerhard Gnanns Bachspiel ist für mich der Inbegriff von eleganter Könnerschaft, dabei ohne auch nur einen Anflug von Kühle – er drängt zum Beispiel gerne einmal, spielt ins Tänzerische hinein, artikuliert auch mal offen und fast klavieristisch (z. B. a-Moll-Fuge BWV 543), lässt Liegestimmen wunderbar singen … Dem höre ich einfach immer gerne zu. Mit den »großen« a-, h- und e-Moll und der g-Moll-Fantasie, den Concerti und den Sonaten BWV 525 bis 528 hat er einen großen Teil der Schwergewichte auf sich genommen, und das sind tolle Interpretationen – der Gipfel an Gewicht und klanglicher und formaler Wucht, und das legt Gnann wohl ganz bewusst so an, ist das große e-Moll in Straßburg. Gerade höre ich ein extrem virtuoses Finale der d-Moll-Sonate, aufgenommen in Wasselonne – so etwas ist wirklich Spitzenklasse. Schön ist auch sein Umgang mit der ungleichstufigen Stimmung in Soultz: Das f-Moll BWV 543 knarzt schon ziemlich; im Präludium h-Moll BWV 544 zieht er den H-Dur-Schlussakkord – rhythmisch plausibel – kurz ab, am Ende der Fuge gönnt er uns aber das scharfe Dis, das nun mal ein Es ist, ganz ausgiebig.

Auch in Bernhard Klapprotts Anteil steckt viel Großes: G-Dur BWV 541, D-Dur BWV 532, F-Dur-Toccata, Passacaglia, Toccata-Adagio-Fuge und die »Dorische«, dazu einige der schönsten Orgelbüchlein-Choräle (»Durch Adams Fall«, die G-Dur-Sonate … Bei Klapprott finde ich am ehesten die kalkulierte, individuelle Überraschung: eine Dehnung hier, eine Girlande da (Adagio 564), ein breiter Triller (Fuge 540) dort. Dabei spielt er absolut sicher, dicht und flüssig und liebt – zu Recht – die Silbermannschen Zungenplena: Die Fugen F-Dur BWV 540 und d-Moll BWV 538 klingen damit ungeheuer prachtvoll und deutlich; die »Dorische« Fuge gibt so einen herrlichen Schlusspunkt der Einspielung ab. Die Passacaglia übrigens erklingt, gegenüber heutigen Gepflogenheiten, ein wenig im Büßergewand – in den wunderbaren Arlesheimer Grundstimmen 16, 8, 4 und 2. Schön, weil so die expressiven Härten der ungleichstufigen Stimmung, die dieses Stück anbietet, schön herauskommen, ohne zu schreien.

Das sind also fraglos drei Meister – mein Herz schlägt für einen mehr als für die beiden anderen, aber sie zu hören lohnt sich auf jeden Fall. Zuguterletzt aber Kooiman.

Sein Bachspiel ist das am schärfsten profilierte und für den Hörer das forderndste. Er kombiniert bedächtige bis sehr langsame Tempi mit offener, manchmal extremer Artikulation und oftmals unerwarteter Agogik: Weghören unmöglich. Alles ist rhetorisch aufgeladen, bis in die Registrierungen hinein aufs Mitteilen, ja Predigen hin angelegt; manchmal bis an die Grenze zur Unterbrechung des Spielflusses, die er aber nie überschreitet. Sein Eröffnungsstück ist das Neunachtel-C-Dur: Was könnte das für eine prachtvolle Klangmaschine sein, in der eins dicht ins andere greift. Nicht so hier. Alles offen, alles frei, prägnant bis überdeutlich, immer redend; die Pedalstimme so scharf artikuliert, dass die Bombarde manchmal passen muss. Wenn das Stück um ist, fühlt man sich nicht angenehm erbaut, sondern bearbeitet, durchgeknetet, überredet. Wie gesagt: Weghören unmöglich.

Dafür wird man belohnt mit der Schönheit, in der Kooiman seine Spielweise und die Klänge zusammenbringt. Er hat ein Ohr für die Eigenheiten all dieser herrlichen Orgeln – aber was er in Marmoutier an Farben zutage fördert, das ist sensationell. Diese strenge, als »große« geradezu karg ausgestattete Orgel offenbart sich einem da – auch dank Frommens Aufnahmen – in einer fantastischen musikalischen Tiefe. Nur ein Beispiel (Scheibe 1, Track 13): »O Mensch«. Pedal 16+8, HW Montre, RP Bourdon + Nazard, Tremulant aufs Werk. Dürre Worte.

Das muss man gehört haben.

@ Friedrich Sprondel 2012

Gloria Concerto 350 Trend

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21.11.2014 14:46
#19 RE: Anthony Newman: Bach - beliebte Orgelwerke
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Langsam dämmerts..... Habe auch eine Sammlung von Anthony Newman gefunden, 3 Cassetten aus den Mitte der 70er, "The 24 Organ Preludes and Fugues" Volume 1.
Kann mich nur noch daran erinnern, dass der Anfang der Toccata C (die 564) in so einem irrsinnigen Tempo und mehr oder weniger nur mit der Zimbel gespielt worden ist, dass ich der Meinung war, das kann nur an der Kassette liegen - die sollte man vielleicht mit der halben Geschwindigkeit abspielen....
Aufnahme in der "Chapel of the Wooster School in Danbury, Connecticut"


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