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CD-Tipps
#257 RE: CD-Tipps
Da der Text nicht in die Shoutbox passt, an dieser "ungewohnten" Stelle mal wieder eine CD-Besprechung ...
Gerhard Weinberger hat vor einigen Monaten die 7. Doppel-CD seiner Reger-Gesamteinspielung vorgelegt.
https://www.jpc.de/jpcng/cpo/detail/-/ar...-7/hnum/8977550
Wie in den vorangengangenen Alben eine gut ausbalancierte Mischung zwischen "pezzi grossi" und den vielen "kleinen" Reger-Werken, die im üblichen Konzertbetrieb untergehen, weil sie relativ viel Arbeit beim Einstudieren machen und im Vergleich zu franz. Romantikern den geneigten Hörer nicht so spontan ansprechen. Zur Gattung der letzteren gehören die "Fünf leicht ausführbaren Präludien und Fugen" op. 56. Vier von ihnen hat Weinberger für dieses CD-Album ausgewählt. Der Begriff "leicht ausführbar" ist immer in Relation zu sehen zu Regers berüchtigten "Riesenschinken". Wer kein versierter Vorzeichenleser ist, kapituliert auch in diesen "kleinen" Stücken vor dem bloßen Blick auf das Notenbild.
Gerade die Werke dieser Opusnummer eignen sich indes ganz besonders für den Einstieg in Regers üppige Harmonik. Das "Strickmuster" ist identisch: Auf ein verhaltenes Präludium in ruhigem Fluß folgt eine Fuge, die agogisch und dynamisch bis zum Plenum gesteigert wird. Weinberger hat gerade hier akribisch an der Umsetzung der vielen Vortragsangaben und dynamischen Zeichen Regers gearbeitet. Als ideales Instrument erweist sich dabei die Steinmeyer-Orgel der Mannheimer Christuskirche. Ich hatte das Vergnügen, 2011 zum 100. Geburtstag dieser Orgel mit dem Hausherrn, Landeskantor Johannes Michel, ein einstündiges Porträt über das "Mannheimer Wunderwerk" zu machen. Unglaublich, welche dynamischen Nuancierungen und Schattierungen diese Orgel bis ins satte Forte erlaubt, ohne über die 4'-Lage hinauszugehen. Genau diese Möglichkeiten nutzt Weinberger in den Präludien. Im Verein mit einem dichten Legatospiel entstehen samtig weiche Klangteppiche. Reger zum Wohlfühlen!
In den Fugen behält der Interpret den Einsatz von Schwellern und Walze den letzten Takten vor. So entstehen durch synchrones Crescendo und Stringendo imposante Schlußsteigerungen.
Die Jahn-Orgel der Versöhnungskirche in Dresden entspricht demselben Typus eines Idealinstrumentes, kann natürlich mit dem dynamischen Potential der Mannheimerin nicht ganz mithalten. Dennoch eine Reger-Orgel par excellence! Für dieses Instrument hat Weinberger op. 135b gewählt, ein Spätwerk, das losgelöst von der komplexen Problematik der Klangregie spieltechnisch zu den 4000er-Gipfeln des organistischen Repertoires gehört. Die "es ist erreicht"-Attitüde des auslaufenden Wilhelminischen Zeitalters bildet den kulturgeschichtlichen Hintergrund dieser Musik, deren bauliches Pendant der Berliner Dom und der Reichstag sind. Weinberger hat keine Scheu vor dem wilhelminischen Pomp. Dem virtuosen Anspruch dieses Werkes wird er mühelos gerecht. Die relativ direkte Aufnahmetechnik macht die Klangmassen erstaunlich und erfreulich durchhörbar. Wer keine eigenen vier Wände hat, braucht tolerante Nachbarn, wenn er seine Anlage etwas aufdreht. Mit Reger ist's nun mal wie mit Hardrock: Beides braucht Power!
Bei einem weiteren Titanenwerk, den Karl Straube gewidmeten Variationen und Fuge op. 73, zog sich sogar unser orgelaffiner Kater in den Garten zurück. Mit vierfachen Fortissimi und der spannungsgeladenen Harmonik wird er nicht so richtig warm.
Hat man dieses 40-Minuten-Werk im stets zupackenden Spiel Weinbergers gehört, stellt sich das wohlige Gefühl ein, den Kosmos "Orgel" nun zur Gänze durchmessen zu haben.
Eine handvoll Choralvorspiele aus op. 79b "garniert" dieses Bouquet üppigster Spätromantik. Kleine, köstliche Pralinen zwischen deftigem und saftigem Wildbret.
Weinbergers 8. und wohl letztes Reger-Doppelalbum ist in der Pipeline. Damit dürfte das Gesamtwerk auf 16 CDs komplett sein. Wer etwas warten kann, wird sicher mit einer kostengünstigen Komplett-Box des jpc-Hauslabels "cpo" belohnt. Schon jetzt gibt es einige Nummern der Edition zum Schäppchenpreis.
Wer noch nach einer Gesamteinspielung an zeittypischen Reger-Orgeln auf höchstem künstlerischem Niveau sucht: Hier wäre sie. Weinberger hat geliefert.
LG
Michael
Zitat von Wichernkantor im Beitrag #257Danke sehr! Ich kannte diese Reger einspielungen von Weinberger nicht, aber in der Tat: Spitzenklasse.
Wer noch nach einer Gesamteinspielung an zeittypischen Reger-Orgeln auf höchstem künstlerischem Niveau sucht: Hier wäre sie. Weinberger hat geliefert.
Hierist eine Vorschau zu hören, zwar nicht in CD-Qualität, aber dennoch schön.
LG PM
Ich bin auch sehr gespannt. Am 9.8. kommt Vol 8 heraus. Die anderen Einspielungen sind sehr gelungen. Die Mannheimer Aufnahme ist ja nach der großen Renovierung entstanden. Das renovierte Instrument klingt ganz anders und viel authentischer. Ich habe bei J.M. Michel studiert und kenne das Instrument bestens.
Ich habe u.a. ein Konzert mit Balas Szabo gehört und war über das neue Klangbild einfach sehr positiv überrascht.
Weinbergen hat bei seiner Gesamtaufnahme ein schönes Spektrum an Instrumenten beleuchtet.
#262 RE: CD-Tipps
Eben lag Weinbergers 8. Reger-Album im Briefkasten. Heute Abend steht es auf der Speisekarte. Besonders freue ich mich auf Variationen und Fuge über "Heil Dir im Siegerkranz" o.op.
Das war der erste Reger, den ich spielen "konnte". Heimlich geübt, um meiner bis ins Mark kaisertreuen Oma eine Freude zu machen ...
LG
Michael
#263 RE: CD-Tipps
So, hier ein paar Takte zur 8. und vermutlich lezten Doppel-CD der Reger-Gesamteinspielung von Gerhard Weinberger an typischen Instrumenten der Regerzeit. Befürchtungen, die beiden letzten Scheiben könnten zur "Resterampe" des Reger'schen Orgelwerkes werden, erwiesen sich als unbegründet. Denn für den Schluß der Reihe hatte sich der Interpret u.a. die nun alles andere als leichtgewichtigen Präludien und Fugen op. 85 aufgespart. Sie zeigen einen sehr abgeklärten, fast filigranen Satz in den Präludien, in den Fugen strenge Stimmführung. Die überbordenden, fast orgiastischen Klangmassen früherer Opera sind einem durchhörbaren Stimmgeflecht gewichen. Weinberger spielt diese Präludien an der Jehmlich-Orgel der Stadtkirche zu Pößneck, einem Instrument, das bereits von der Orgelbewegung geprägt ist. dennoch sind die Grundstimmen rund und differenziert, erlauben ein nuancenreiches Spiel mit stilleren Farben. Ausgewählte Choralvorspiele aus op. 67, Regers Antwort auf Bachs "Orgelbüchlein", nehmen in diesem Album breiten Raum ein. Weinberger macht daraus farbenprächtige Miniaturen, kongenial zu Regers Ausdeutung der Choraltexte in einer an Bachs "Affecten" gereiften Klangsprache.
Die zwölf Monologe op 63 eröffnen die Programmfolge. Programmatische Stücke, gleichfalls vor Ideen und Farbe sprühend. Weinberger spielt sie auf dere Walckerorgel der Wiesbadener Lutherkirche aus 1911, einer der ersten Walckerinnen, die auf der Grundlage der Reformbewegung um Albert Schweitzer und Emile Rupp entstanden.
Die Orgel klingt sehr kompakt und raumfüllend. Die Prinzipale rund und dicht. Eine mehrkanalige Aufnahmetechnik bietet bereits Stereo einen ungemein plastischen Klang, der durch ein Surround-System noch einen Kick bekommt. Kommentar der Hausfrau beim Monolog Nr. 8 (Fantasie): "Das drückt ja den Kitt aus den Fenstern."
Auf jeden Fall eine ausgesprochen abwechslungsreiche Programmfolge, die beide Instrumente ins beste Licht rückt und dokumentiert, dass ein Spitzeninterpret auch mit kleinen Formen brillieren kann. Ein gelungener Abschluss einer ausgezeichneten Einspielung, die jetzt meine Referenzaufnahme ist - und das gleich in dreierlei Hinsicht: Die Qualität der Interpretation und der Instrumente sowie der audiophile Standard bewegen sich auf gleicher Höhe.
Gute Noten kriegen bei mir auch die informativen Booklet-Texte zu Werken und Orgeln - ich vermute, sie werden stark gekürzt oder fallen unter den Tisch, wenn die Einspielung als 16-CD-Box zweitverwertet wird.
LG
Michael
#265 RE: CD-Tipps
Oh, wie schön!
Das wären dann 18 CDs. Ich schließe daraus, dass Weinberger sich bei aller hörbaren Virtuosität offenbar bei den Tempi etwas mehr zügelt als seine Vorgänger.
Die für rasante Tempi bekannte Rosalinde Haas kam mit 14 CDs aus, ebenso Kurt Rapf.
Bernhard Buttmann brauchte 16 Scheiben.
Die Naxos-Einspielung diverser Interpreten umfasst 15 CDs.
LG
Michael
#266 RE: CD-Tipps
Rosalinde Haas Aufnahme war lange Jahre allein auf weiter Flur. Sicher kann man sie nicht vergleichen mit den Aufnahmen, die im Dunstkreis des Reger Jahres 2016 entstanden sind. Der Ansatz war ein anderer. Mir hat diese Aufnahme immer geholfen. Ich habe hier Beispiele gefunden, wie man auch auf Orgeln, die nicht aus der Reger Zeit stammen, arbeiten kann. Sie verdient dafür großen Respekt.
Es gibt übrigens noch die Gesamteinspielung von Roberto Marini. Diese Aufnahme habe ich ebenfalls und finde sie sehr hörenswert.
Viola da Gamba
#268 RE: CD-Tipps
Zitat von Tuba_Mirabilis im Beitrag #266
Kleine Korrektur: Rosalinde Haas kam mit 12 CDs aus (13 und 14 sind die Reger-Bearbeitungen der Bach Klavierwerke).
Jo, stimmt. Schon irre, wie sie durch die Riesenschinken durchrast. Natürlich lässt Madame Albiez in Niederrad mit ihrem schlankeren Klangaufbau solche Tempi zu. Und die Orgel ist recht nah und direkt mikrophoniert, damit alles klar und durchhörbar bleibt.
LG
Michael
Für alle Liebhaber Franckscher Orgelmusik:
Heute brachte mir der Postbote eine frisch erschienene CD mit einer repäsentativen Einspielung Frankscher Orgelmusik:
Olivier Penin hat an "seiner" Orgel in St. Clotilde in Paris Franks wichtigste Werke neu eingespielt.
Es handelt sich um eine Box mit 3 CD, dazu ein bescheidenes Textbüchlein mit ein paar (englischsprachigen) Anmerkungen Penins zu den ausgewählten Werken.
Ich hab mal kurz in alle 3 CDs reingehört und bin ganz angetan von der Klarheit und Authenzität des Klangs, und Penins Interpretationsstil liebe ich eh . . .
Vincent Hildebrandt hat übrigens auf seinem Youtube-Kanal die meisten der eingespielten Werke als schön gestaltete Videos veröffentlicht.
Über Olivier Penins Homepage lassen sich diese Videos übrigens elegant nach Titel abrufen. Und nebenei bemerkt: Sehr höhrenswert sind auch Penins Improvisationen, allesamt Mitschnitte aus diversen Gottesdiensten . . .
Mit fröhlichem Gruß
Flauten
#270 RE: CD-Tipps
Ja, schöne Box! Die lag bei mir auch auf dem Weihnachtsteller. Die Orgel der Clothilde habe ich vor zwei Jahren live hören dürfen - mitten in der Pandemie, als Ausgangssperren und Reisebeschränkungen den Alltag bestimmten. Wir durften damals in die - ansonsten nahezu leere - Kirche, aus der der Gottesdienst per Video übertragen wurde, hörten ein sehr gutes gottesdienstliches Orgelspiel des Substituten und eine liturgische Kantorin, die ausgezeichnet und ausdrucksvoll gesungen hat.
Mir gefällt die Aufnahme Penins ausnehmend gut. Er kennt die klanglichen Möglichkeiten dieser Orgel en détail und nutzt sie souverän.
LG
Michael
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