"Orgelautomat" im Gottesdienst!?

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10.03.2015 14:36
avatar  jogo31 ( gelöscht )
#1 RE: "Orgelautomat" im Gottesdienst!?
jo
jogo31 ( gelöscht )

Programmierte Orgel soll erstmals Messe begleiten
Eine selbstspielende Orgel begleitet künftig die katholischen Gottesdienste in Adelebsen in Niedersachsen. Ein professioneller Organist sei zu bezahlbaren Preisen nicht zu finden, sagte der Vorsitzende des Pfarrgemeinderates, Michael Uhrmacher …"

http://www.rp-online.de/kultur/programmi...n-aid-1.4931549

Was haltet ihr davon? Ich finde das äußerst bedenklich.


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10.03.2015 15:34
#2 RE: "Orgelautomat" im Gottesdienst!?
Ma

Besser als kein Orgelspiel - das war es dann aber auch schon...

Kein "professioneller Organist" - kein Nebenamtler greifbar, wollte er wohl sagen. Das Argument "können wir nicht bezahlen" ist in sofern nicht wirklich eines, wir reden ja nicht über einen Vollzeitjob.

Bedenklich vor allem, dass jetzt vermutlich die Wartung der eigentlichen Orgel - die ja anscheinend funktionstüchtig ist - zurückgefahren wird, sie wird ja nicht mehr benötigt. :S

Ich habe dagegen schon mehrfach beobachtet, dass eine gute Orgel auch Orgelspieler anzieht.
Zumindest war das in der Vergangenheit in der Regel so.

Gloria Concerto 350 Trend

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10.03.2015 19:01
avatar  Machthorn ( gelöscht )
#3 RE: "Orgelautomat" im Gottesdienst!?
Ma
Machthorn ( gelöscht )

Naja, ich ziehe den Organisten am Instrument eindeutig vor. Gebaut hat das übrigens Kisselbach:

http://www.kisselbach.de/index.php/deu/a...7081-goettingen


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10.03.2015 19:20
#4 RE: "Orgelautomat" im Gottesdienst!?
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Administrator

Ich finde so etwas ebenfalls höchst bedenklich — und zwar noch bevor ich hier einen Katalog gut sortierter und argumentativ hochwertiger Argumente vorlegen kann. Doch wie wäre es, wenn wir einen solchen Katalog hier gemeinsam erstellen?


Auf Orgelsuche.

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10.03.2015 19:29
#5 RE: "Orgelautomat" im Gottesdienst!?
Ti

Da würde mich mal interessieren wie die Begleitung der Akklamationen, Psalmen und Rufe in der Praxis abläuft.
Von Tonartwechseln der Kantoren ganz zu schweigen. Aber vermutlich gibt es auch keine bezahlbare Kantoren und Diakone......

Gruß aus Osthessen wo noch selbst und mit Fehlern georgelt wird

Gloria Excellent 360

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10.03.2015 19:45
#6 RE: "Orgelautomat" im Gottesdienst!?
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Administrator

Psalmen? Da gibts natürlich Liedstrophe 3 nach der ersten Lesung.


Auf Orgelsuche.

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10.03.2015 19:52
#7 RE: "Orgelautomat" im Gottesdienst!?
Ma

Herr Renkens ist doch der Mitarbeiter in Kisselbachs Kölner Filiale - oder? Die Namensgleichheit wäre mehr als Zufall.

Auf der verlinkten Seite gibt es einen aufschlussreichen WDR-Tonbeitrag über das System. Sogar der Lumpensammlerakkord ist möglich!

Gloria Concerto 350 Trend

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11.03.2015 07:45
#8 RE: "Orgelautomat" im Gottesdienst!?
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Moderator

So etwas erledigt sich in der Regel nach wenigen Sonntagen von selber. Es ist die sicherste Methode, der Gemeinde die letzte Freude am Singen zu nehmen. Ich habe einmal Mäuschen gespielt beim Versuch einer Gemeinde hier in der Nähe, "Choral-Karaoke" zu machen. Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen soll ... Schade, dass ich kein Aufnahmegerät einstecken hatte ...
Allen Mc-Kinsey-Enthusiasten sei zudem vorgerechnet: Vom Preis einer solchen Musikbox kann man sich rund 120 Gottesdienste lang einen A-Musiker, für mehr als 200 Gottesdienste einen C-Musiker leisten (die Vertretungssätze der EKHN zugrunde gelegt).

Viel bedenklicher finde ich die Entwicklung, dass (jedenfalls hier in der Gegend) die Gemeinden inzwischen ziemlich viel Geld für "Band-Equipment" in die Hand nehmen. 500 Euronen für eine Orgelstimmung oder ein Tausender für eine Reparatur sind nicht da, aber wenn Keyboards, E-Gitarren, Schlagzeuge und Verstärker gebraucht werden, fließen vierstellige Beträge, ohne dass der Kirchenvorstand auch nur mit der Wimper zuckt. In einem Nachbarort steht im Gemeindesaal Unterhaltungselektronik für knapp 10.000 Euro ungenutzt herum, weil die "Band" (die übrigens gar nicht schlecht war) sich aufgelöst hat. Es ist nun mal eine empirische Erkenntnis der Soziologie, dass Gruppierungen in der kirchlichen Jugendarbeit eine durchschnittliche Bestandsdauer von drei Jahren haben. Dann sind die Mitglieder in alle Winde zerstreut.

Trotzdem sagte mir kürzlich ein Pfarrer hier in der Gegend, dass seiner Meinung nach "Orgelmusik ein Auslaufmodell" sei. Die Zukunft gehöre "Bands" und "Gospel-Projektchören". Seltsam nur, dass ich seit zwei, drei Jahren in einer wachsenden Zahl von Vertretungsanfragen aus einem ebenfalls wachsenden Radius schwimme ...
(Sollte mal eine aus seiner Gemeinde kommen, habe ich allerdings leider schon was anderes vor ... Soll doch die "Band" bei der Beerdigung spielen ... )

Auch die oben beschriebenen Phänomene sind ja nicht neu. In meinen Jungkantorsjahren beschafften alle Kirchengemeinden, die etwas auf sich hielten, Orff-Instrumente. (Und das war ein sehr teures Vergnügen!) Es brauchte einige Jahre bis zur Erkenntnis, dass sich Paul-Gerhardt-Choräle eher nicht für's Topfdeckel-Schlagen eignen ...

Also, macht Euch nicht verrückt. Ihr spielt ja noch selber ... [grin]

LG
Michael


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11.03.2015 07:55
avatar  Tabernakelwanze ( gelöscht )
#9 RE: "Orgelautomat" im Gottesdienst!?
Ta
Tabernakelwanze ( gelöscht )

Stimmt in der Tat! Meine Gemeinde hat sich gerade ganz aktuell und ohne mit der Wimper zu zucken ein neues E-Piano für um die 4000 Euronen zugelegt, das seinen dauernden Stellplatz in der Kirche hat. Man war das Schleppen des bereits vorhandenen Instrumentes im Gemeindezentrum leid! Ich hab das Teil (von Yamaha) letzten Sonntag vor dem Gottesdienst kurz mal ausprobiert, da meinte mein Pfarrer gleich, ich könnte ja einige NGL-Lieder in Zukunft auch mit dem Gerät begleiten (allerdings wollte ich mich damit wohl aufziehen, er kennt meine Meinung dazu). Ich hab ihm nur gesagt ich bliebe lieber Diener der Königin da oben auf der Empore.


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11.03.2015 09:17
avatar  Guilain
#10 RE: "Orgelautomat" im Gottesdienst!?
Gu

In Italien sind sowohl Orgelautoaten wie sakrale Music-Boxen ("animatori liturgici" sehr verbreitet. Beispiel:
http://www.bpaudio.it/animatori.html


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11.03.2015 09:34
#11 RE: "Orgelautomat" im Gottesdienst!?
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Moderator

Die nächste Stufe des "Fortschritts" ist dann der Predigtautomat. Das senkt die Kosten für Pfarrersgehälter und behebt den Pfarrermangel bei Katholens schlagartig. Und von dort ist es dann nicht mehr weit hin, bis sich die Gottesdienstbesucher durch ihr i-Phone vertreten lassen.
Irgendwann lässt sich dann wohl der liebe Gott durch vertreten ...

O schöne, neue Welt ... [sad]

LG
Michael


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11.03.2015 11:48
#12 RE: "Orgelautomat" im Gottesdienst!?
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Administrator

Bis zum Predigtautomaten sind noch einige Zwischenschritte zu gehen. Einer davon heißt Internetseelsorge. Beichten per Skype? Ehrlich gesagt: Warum nicht?

Bei Begräbnisgottesdiensten fühle ich mich indes selbst wie ein Orgelautomat. Der Pfarrer hat — ohne mit mir Rücksprache zu halten — ein volumenschwaches Mini-E-Piano angeschafft. Der Klang dürfte sich bereits nach 2-3 Meter auf "gerade noch hörbar" verflüchtigen. Als ich vorsichtig auf diesen Umstand hinwies, meinte der Pfarrer nur: "Es genügt aber." In gewisser Weise hat er Recht; singen tun nur er und ich, die Trauergemeinde steht schweigend da und schaut zu. Liturgische(r) Alleinunterhalter.


Auf Orgelsuche.

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11.03.2015 14:00
avatar  jogo31 ( gelöscht )
#13 RE: "Orgelautomat" im Gottesdienst!?
jo
jogo31 ( gelöscht )

Zitat von Wichernkantor
Die nächste Stufe des "Fortschritts" ist dann der Predigtautomat. Das senkt die Kosten für Pfarrersgehälter und behebt den Pfarrermangel bei Katholens schlagartig. Und von dort ist es dann nicht mehr weit hin, bis sich die Gottesdienstbesucher durch ihr i-Phone vertreten lassen.
Irgendwann lässt sich dann wohl der liebe Gott durch vertreten ...

O schöne, neue Welt ... [sad]

LG
Michael



Danach folgen die Gemeindeakklamationen vom Tonband, der Kult kann weiter gefeiert werden, wieso auch die Gläubigen durch lästige Gottesdienstbesuche ihrer Freizeit berauben.


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12.03.2015 01:07
avatar  chrimo ( gelöscht )
#14 RE: "Orgelautomat" im Gottesdienst!?
ch
chrimo ( gelöscht )

In unserer Nachbargemeinde ist seit etlichen Jahren so ein Teil im Einsatz:

http://www.organola.de/organola.htm

Lieder, Strophen, Vorspiel werden vorher eingestellt, Pfarrer (oder irgendwer sonst) kann aber auch "bei laufendem Betrieb" noch von unten das Tempo ändern und dgl. - und im richtigen Moment starten.
Sie sind recht zufrieden ... ... vorher hat die Frau des Pfarrers öfter einsam mit der Sopranblockflöte (Tenor wär notfalls noch ne Option!) mitgepiept...

Allerdings: dort ist nur noch eine 70%-Kantorin für eine große Region angestellt (6 Pfarrstellen, die ihrerseits auch aus vorher je 2-3 Pfarrstellen bestehen... pro Pfarrer 4 - 9 Predigtstellen), Vertretung ist kaum zu bekommen (da fährt auch keiner extra aus Berlin aufs platte Land). So werden nur noch besondere Gottesdienste "live" beörgelt.

Das Problem ist nur, daß mitunter eben lieber das Geld für einen Vertretungsorganist gespart wird, selbst WENN es einen gäbe ... oder gleich die ganze Kantorenstelle. Meine ist gerade komplett aus dem Sollstellenplan geflogen...

Ansonsten ... die meisten NGL (und komplette Bandgottesdienste, ca. 6 im Jahr) spiele ich am Keyboard - und ich hätte sehr gern ein ordentliches E-Piano (und da gibt es auch etwas unter 4T&euro. Bandequipment sehe ich nicht unbedingt als Konkurrenz-Geschäft, sondern (genauso wie bspw. Blasinstrumente) als ein anderes Arbeitsfeld meiner Tätigkeit.
Allerdings haben wir einen ganz guten Deal und bekommen den größten Teil der Technik samt Techniker vom CVJM und müssen von daher nur wenig selbst anschaffen. Das, was wir selbst haben, reicht aus, um mal noch nen Gitarristen neben mein Keyboard zu stellen und vielleicht auch noch ein Mikro vor unsere Nasen ... fürs Krippenspiel, damit die Kids noch in der letzten Reihe zu hören sind ... und letzte Woche (Weltgebetstag, Bahamas) hab ich zu einem Lied Steeldrum auf dem iPad gespielt - kam gut an.

Aber die Orgel (wenn auch klein) steht und spielt und ist gerade mal ordentlich durchgesehen worden... im Grunde ist ALLES auf (auch finanziell) eher unterem Niveau, aber es paßt zur Gemeindegröße. Und alles, was noch "Handarbeit" ist mit "echt Mensch" dahinter, ist m.E. halt doch besser als "Maschine" (na gut, Organola versus Blockflöte......)


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12.03.2015 08:15
#15 RE: "Orgelautomat" im Gottesdienst!?
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Moderator

Zitat von chrimo
Allerdings: dort ist nur noch eine 70%-Kantorin für eine große Region angestellt (6 Pfarrstellen, die ihrerseits auch aus vorher je 2-3 Pfarrstellen bestehen... pro Pfarrer 4 - 9 Predigtstellen), Vertretung ist kaum zu bekommen (da fährt auch keiner extra aus Berlin aufs platte Land). So werden nur noch besondere Gottesdienste "live" beörgelt.Das Problem ist nur, daß mitunter eben lieber das Geld für einen Vertretungsorganist gespart wird, selbst WENN es einen gäbe ... oder gleich die ganze Kantorenstelle. Meine ist gerade komplett aus dem Sollstellenplan geflogen...


Da überkommt mich nur [sad] , wenn ich gleichzeitig vom "Finanzminister" der EKD persönlich erfahre, dass die Kirchensteuereinnahmen in 2014 so hoch waren wie noch nie ...
Vom "anderen Gesangbuch" dürften doch mittlerweile genügend Erfahrungen vorliegen, welche Auswirkungen der "Rückzug aus der Fläche" auf die Präsenz und die Verankerung von christlicher Gemeinde in der Lebenswirklichkeit der Menschen hat.

Du lebst sicher in einer Sondersituation, aber möglicher Weise in einer, die bereits in zehn oder zwanzig Jahren flächendeckende Realität sein könnte...
Dabei hatte ich voriges Jahr beim Urlaub in der Uckermark durchaus den Eindruck, dass es da um die Ev. Kirchenmusik gar nicht so schlecht bestellt ist. In Templin und Zehdenick standen brauchbare Orgeln mit rührigen Kantoren.

Hier bei uns macht mir eher Sorge, dass die Organistenzunft überaltert und kaum noch junge Leute nachkommen. Ein (ev.) Gottesdienst ohne Musik ist unvorstellbar, denke ich. Paulus' "Der Glaube kommt vom Hören" ist zu tief verankert im lutherischen Gottesdienstverständnis und auch in protestantischer Frömmigkeit. Das "Singen" und das "Sagen" des Evangeliums gehören zusammen. Auch nur eines davon zu "automatisieren", halte ich für sehr problematisch.

Vor einigen Jahren waren wir in der Altmark in Urlaub und kamen an einem alten Kloster vorbei, einem ev. Damenstift, in dem eine Kommunität lebt. Da war gerade Mittagsgebet in der herrlichen Backsteinkirche und wir haben mal die Nase 'reingesteckt. Die Orgel war kaputt, so sangen die durchweg älteren Damen (und der unterfertigte "Quotenmann" Psalmen und Choräle unbegleitet. Sie waren natürlich aufeinander eingespielt - und das klang sehr gut. Auf jeden Fall besser als das "Kirchen(chaos)karaoke", das ich hier mal gehört habe...

LG
Michael


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