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Nie wieder Kreischpositiv!!
Für ein helleres 8-Fuß-Fundament habe ich an meiner Orgel ein Gemshorn 8'. Da die Spitzflöte 4' ihre Pfeifen aus der Gemshorn-Reihe entlehnt (ist ne Extension...), klingt auch das Gemshorn untypisch scharf und laut, insgesamt schon recht prinzipalisch, jedoch nicht so überlaut wie der eigentliche Prinzipal 8'.
An die gute Riegerin müsste mal ein kundiger Intonateur ran... m.E. ist sie auf Lautstärke intoniert und nicht auf Klangschönheit.
#17 RE: Nie wieder Kreischpositiv!!
Dann müssten sich doch Gedackt und Gemshorn zu einer Art "Echoprinzipal" mischen. Wenn es eine Rieger ist (noch von Otto Rieger, Jägerndorf, vermute ich), dann ist das Ausgangsmaterial sicher nicht übel. Ich habe vor einigen Jahren beim Orgelmarathon im Böhmischen und in Oberschlesien einige richtig schöne Sachen aus den 30er Jahren von Gebr. Rieger zu hören bekommen. Da war wg. Realsozialimus nie was dran gemacht, barockisiert oder sonstwie verschlimmbessert worden. Das klang alles durchweg sehr ordentlich. Wenn natürlich eine zu große Kirche mit einer Minimalorgel gefüllt werden musste, war der Intonateur immer versucht, aus den Schlachtschiffmensuren des Prinzipalchores ein Maximum an Amplitude herauszuholen - schön ist das nicht ...
LG
Michael
Von dem müsste sie sein, ja.
Die Orgel hat schon Potenzial, keine Frage - aber die derzeitige Intonation ist einfach nur LAUT... vermutlich könnte man mit der Orgel problemlos eine Kirche von dreifacher Größe noch füllen.
Und dass das gesamte Orgelwerk auf jedem einzelnen seiner Teilwerke nur aus Extensionen besteht, ist natürlich auch nicht die reine Freude, Stichworte polyphone Transparenz, Registercharakteristik.
Zitat von Wichernkantor
Weigle baute um die Jahrhundertwende alle labialen Registerfamilien auf Wunsch auch als Seraphonstimmen (natürlich nur als (8'er). Die alte (1959 abgetragene) Trierer Domorgel und auch die im Krieg verbrannte der benachbarten Konstantinbasilika (Ev. Erlöserkirche) hatten das komplette Angebot: Prinzipal, Gedackt, Gamba und Flöte, dazu eine Labialoboe (leiser Geigenprinzipal plus scharf und laut intonierte Quintadena). Der langjährige Domorganist Ludwig Boslet war nach Aussagen meines ersten Orgellehrers von diesen Registern begeistert. Sie hatten übrigens nur leicht erhöhten Winddruck (120 mm), dafür zwei im 60-Grad-Winkel zueinander stehende Labien. Weigle hatte dafür ein Patent.
LG
Michael
Hier die Dispo der Trierer Weigle-Domorgel. Sie hatte mit 55 Registern eine "Tonkraft von 150 Registern gewöhnlicher Konstruktion", wie der Erbauer stolz in seinem Prospekt schrieb (bei diesem PDF fehlt die Seite mit der Dispo der Domorgel, dafür ist eine andere Seite doppelt gescannt). Der Prospekt zeigt auch die anderen von Michael erwähnten Trierer Orgeln in Bild und Dispo.
Wüsste mal gerne, wie ein HD-Prinzipalbaß 32' geklungen hat! Wahrscheinlich wie Klaus' derzeitige Orgel: hauptsächlich ziemlich laut...
Ich habe mal eine vorbildlich restaurierte Weigle-Orgel in unserer Gegend kennenlernen dürfen, in Kell am See. Wunderbar, ein Gedicht. Sehr charaktervoll, ganz anders als die Neobarock-Orgeln, von denen es auch bei uns zuhauf gibt.
#20 RE: Nie wieder Kreischpositiv!!
Interessant - in Behreths' "Geschichte der Trierer Dommusik" ist zu lesen, dass die Orgel schließlich von Klais fertiggebaut wurde, weil Weigle zwischenzeitlich zweimal in Konkurs gegangen war und der Motor nebst Umformer für das Hochdruckwerk nicht geliefert werden konnte. Deshalb habe Klais den Auftrag bekommen und das elektrisch angeschlossene Hochdruckwerk (da, wo heute die Chororgel steht) mit dem Pneumatikwinddruck von 120 mm fertiggestellt.
Ludwig Boslet - offiziell Domorganist bis zum Amtsantritt Schroeders 1937 und dann wieder mehrfach interimistisch bis kurz vor seinem Tod 1951 - schreibt in seinen Erinnerungen, er habe mehrfach "ehrenvolle Berufungen" ausgeschlagen, "vor allem wegen der Domorgel, welche immer imposant klingt".
Als Oehms in den späten 50ern Domorganist wurde, war das Hochdruckwerk wegen KriegsschäDen abgeschaltet und wurde nicht wieder instandgesetzt, weil man im Rahmen einer Generalsanierung des Doms auf einen Neubau setzte. 1959 begannen dann die bis 1974 dauernden Sanierungsarbeiten. Ich erinnere mich noch gut, wie gespannt wir auf die neue Domorgel waren und zu den ersten Konzerten pilgerten ...
Den Weigle-Firmenprospekt besitze ich übrigens im Original. Weigle hat (neben Späth, Ennetach) unmittelbar nach dem I. Weltkrieg viel in kath. Kirchen im Trierer Raum gebaut. Ich erinnere mich an einen weiteren Torso in Reinsfeld. Da kam die Inflation dazwischen und brachte den Bau zum Erliegen. Ein im Ort lebender Lehrer, der Orgelbauer gewesen war, hatte etliche der fehlenden Register dann in den 60er Jahren ergänzt.
LG
Michael
#21 RE: Nie wieder Kreischpositiv!!
@Gemshorn:
Zur Lautstärke Deiner Riegerin: Hat sie noch den originalen Winddruck? Ich habe es oft erlebt, dass Orgelbauer in den 60ern und 70ern bei der "Generalüberholung" romantischer Instrumente einfach ein paar Backsteine mehr auf den Magazinbalg gelegt haben. Entgegen landläufiger Meinung intonierten die Romantiker auch nicht auf viel mehr Wind als die meisten Barockmeister. Für die Pneumatik wurden i.d.R. 120 Millimeter Winddruck verwendet. Eine Druckdifferenzierung hätte zusätzlich gekostet, also gab man dem Pfeifenwerk denselben Druck und erreichte durch Zukulpen der Pfeifenfüße Druckverhältnisse, bei denen die Pfeifen gut ansprachen. Bei den "zwangsbarockisierten" Instrumenten wurden dann einfach die Füße aufgemacht. Und dann begannen die Prinzipale mit ihren ohnehin recht weiten Mensuren natürlich dumpf zu brüllen. Dann wurden die Kernstiche "ausgebügelt" um den Klang "klar" zu machen. Im Ergebnis wurde er dadurch scharf und brutal.
Nimm einfach mal ein paar Steine vom Balg und schau mal, was passiert - nicht auf die Stimmung achten, die geht natürlich den Bach runter, sondern nur auf Klangschönheit der Einzelpfeife und das Repetitionsverhalten der Pneumatik. Wenn das Wirkung zeigt, dann würde ich mir die nächste Generalstimmung einfach auf einen niedrigeren Druck legen lassen. Wir haben das mal mit Erfolg bei einer Steinmeyerin aus der Jahrhundertwende gemacht. Sie war hinterher halb so laut und doppelt so schön ...
LG
Michael
Interessanter Hinweis, leider weiß ich nicht, ob am Winddruck etwas verändert wurde.
Die Traktur ist übrigens rein mechanisch, nicht pneumatisch.
Ich werde wohl eine günstige Gelegenheit abwarten und den Pfarrer mal darauf ansprechen, ob wir einen kundigen Intonateur mit der Frage befassen wollen.
#23 RE: Nie wieder Kreischpositiv!!
Um so besser. Denn die Präzision der Pneumatik setzt der Druckreduzierung physikalische Grenzen. Ich würde es in jedem Fall mal einfach probieren, ob und wie sich eine Druckabsenkung auswirkt. Auf mechanischer Kegellade lässt sich so was gut machen. Da sind die Pfeifen etwas "toleranter" und sprechen leichter an. (Das war ja das schlagende Element gegen die Schleiflade, als Mitte des 19. Jhd. die Kegellade aufkam: endlich genug Wind für jede Pfeife, endlich leichtere Intonation am Pfeifenfuß.)
LG
Michael
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