Bitte geben Sie einen Grund für die Verwarnung an
Der Grund erscheint unter dem Beitrag.Bei einer weiteren Verwarnung wird das Mitglied automatisch gesperrt.
Vom Frust an der Kirchenorgel ...
... berichtet man auf www.evangelisch.de.
Im gelben Forum wurde ebenfalls die zugehörige Diskussion im Fratzenbuch verlinkt, die auch dort Nichtregistrierte wie ich einsehen können (auf "Kommentare" klicken) [wink], sowie ein konkretes Beispiel katholischerseits.
#2 RE: Vom Frust an der Kirchenorgel ...
Hm, "berichten" würde ich das nicht nennen. Das ist eindeutig ein Tendenzartikel. Was mich an der Sache peinlich berührt: Der Text steht auf einer Page, die vom "Gemeinschaftswerk der Ev. Publizistik" betrieben wird - also einer Einrichtung der EKD. [sad]
Da kann schon der Gedanke kommen, dass die lieben Kollegen da dem eigenen (Kirchenmusik-)Personal in den rücken fallen. Genau diesen Gedanken habe ich ihnen gerade gemailt - nicht als "Leserbrief", sondern unter uns Pfarrerstöchtern.
Es würde mich sehr nachdenklich machen (in die Richtung: Ich habe ja auch eine sehr schöne Orgel daheim und die gnäDige Frau als "geneigtes Publikum" genügt mir durchaus.), wenn in der Ev. Kirche Zustände einträten wie in vielen Freikirchen, in denen bisweilen das Motto gilt: Jeder ist durch Taufe, Konfirmation und allgemeines Kantorentum aller Gläubigen Experte für Kirchenmusik - mit Ausnahme derer, die sie sonntags machen ...
Hier im Raum WZ/GI gibt es ja eine differenzierte Freikirchen-Szene. Und da wird über zwei Themen immer besonders heftig gestritten:
1. Wer ist der frömmste im ganzen Land?
2. Wer macht die einzige Gott wohlgefällige Musik?
In meinem landeskirchlich sozialisierten Umfeld sind solche Debatten eher die Ausnahme. In lediglich zwei Gemeinden in der Umgebung - beides "rheinische" - beschäftigt man sich seit Jahren mit der 2. Frage. Es sind die, für deren Anfragen um Vertretungsdienste ich immer ein Alibi habe ...
Denn zur Teilnahme an solchen fruchtlosen Debatten bin ich zu alt, zu verdorben durch Fachwissen und nicht dumm genug ...
LG
Michael
Dieses Thema scheint ein echter Dauerbrenner zu sein... warum nur? Bei mir verspüre ich durchaus eine gewisse ErmüDung hinsichtlich dieser Thematik. Geht es euch nicht auch so?
Aus meiner Sicht geht es weniger darum, ob eine Musik "Gott gefällig", sondern ob sie "mir gefällig" ist. Verzeiht mir diesen hochmütigen Satz. Wenn ich vom sonntäglichen Orgeldienst nach Hause fahre, suche ich im Radio oft nach einer laufenden Messübertragung. Wenn ich dann eine gefunden habe und ich höre, dass fröhlich geklampft wird, schalte ich das Gerät wieder aus. Gitarrenmusik in der Kirche interessiert mich fast gar nicht. Ich würde mich auch keiner Gemeinde anschließen, wo solches mehrheitlich gepflogen wird.
Klar wird es schwierig, wenn jedes Gemeindeglied genau "seine" musikalischen Vorlieben im Gottesdienst wiederfinden will. So viele Köpfe, so viele Meinungen. Expertentum sichert (schon wieder aus meiner Sicht) vielleicht die "Objektivität" der musikalischen Qualität - sofern es so etwas überhaupt gibt.
#4 RE: Vom Frust an der Kirchenorgel ...
Jo, man könnte meinen, die Platte hat einen Sprung. Aber sie läuft nun mal. Aber wir sollten uns davor hüten, uns die Ohren zuzuhalten. Den eigenen Standpunkt nicht mehr deutlich und konsequent darzulegen, wird oft als "Kapitulation" interpretiert ...
Denn man kann mit solchen Debatten sehr gut die tatsächlichen Probleme in den Gemeinden vertuschen. Hier in der Gegend machte vor wenigen Wochen ein Pfarrer mediale Furore, der sich (in einem wilden, zugigen Bergdorf, in dem es an diesem Sonntagmorgen höllisch glatt war) des Sonntags alleine in der Kirche vorfand - nicht mal die "glorreichen vier" (Küster, Organist und zwei Kirchenvorsteher fürs Kollektezählen) waren da ...
Nun will man im Kirchenvorstand überlegen, wie der Gottesdienst "attraktiver" werden soll ...
Das war natürlich vergangenen Sonntag unser Thema beim Kirchenkaffee. Und es hagelte "konstruktive" Vorschläge - von regelmäßigen Rockkonzerten über Freibier für alle, Smarties statt Oblaten bis hin zu kleinen reformatorischen Events wie der öffentlichen Verbrennung von Bannbullen, Thesenanschlägen ans Kirchenportal (Bundesliga-Tabelle, Lottozahlen, chinesisches Wochenhoroskop) etc. [grin] D
Dass der böse, böse Kirchenmusiker mit seiner gruftigen Mucke Schuld ist, kann man in einschlägigen Gremien und Debattierclubs halt folgenloser behaupten, als dafür eine von inhaltlicher Beliebigkeit und lebenspraktischer Irrelevanz geprägte "Predigtkultur" verantwortlich zu machen ...
In meiner Gemeinde ist es zum Glück (noch) anders. Und wir gewähren mittlerweile Besuchern aus den Nachbargemeinden "Asyl", die Wert auf ordentlich vorbereitete und relevante Predigten legen und gern singen.
Außerdem gefällt unserer Klientel sicher, dass wir uns als Team gut verstehen und in der Binnenkommunikation die Kunst des geistreichen BlöDelns kultivieren. Zudem kann unser Kirchenkaffee qualitativ mit so mancher italienischen Espresso-Bar mithalten - vom satirischen Potential dieser Veranstaltung ganz zu schweigen ... [grin]
LG
Michael
Was ich noch viel schlimmer finde ist die Verflachung von Allem. Es soll alles gleich gemacht werden egal ob bei kath. oder ev. Aber leider geht das Gleichmachen nach Unten. Es sollte doch immer noch gelten, daß man Bewährtes bewahrt und nicht Bewährtes verbessert. In der Disco würde doch auch nicht Panis angelicus gespielt wenn ich mir das wünschen würde, vermutlich würde ich ausgelacht. Wir denen die Musica Sacra wichtig ist, sollten den Label oben halten auch gegenüber den Pfarrern, denn die knicken am ersten ein. Sorry aber so ist meine Beobachtung.
#6 RE: Vom Frust an der Kirchenorgel ...
Zitat von Gemshorn
Gitarrenmusik in der Kirche interessiert mich fast gar nicht. Ich würde mich auch keiner Gemeinde anschließen, wo solches mehrheitlich gepflogen wird.
Das unterschreibe ich sofort. In WZ gibt es eine Baptistengemeinde, da spielt eine gelernte russische Konzertpianistin - und das ausgezeichnet. Aber ich halte das Klavier nicht für ein geeignetes gottesdienstliches Instrument. Und wenn ich eine Valse von Chopin oder Auszüge der englischen Suiten Basti Bachs hören will, gehe ich ins Klavierkonzert.
In meinem Wohnort hingegen gibt es eine sog. "Landeskirchliche Gemeinschaft". Das sind die "wirklich evangelischen Evangelischen" (im Gegensatz zum gemeinen Taufscheininhaber), also das, was man im Schwabenländle oder im Erzgebirge als "Pietisten" bezeichnen würde. Sie sind keine eigene Freikirche, sondern eine Gruppierung innerhalb der Landeskirchen. In den Gottesdiensten dieser Gemeinschaft wird eine hohe bibelzentrierte Predigtkultur gepflegt und ich kenne da viele und wirklich nette und authentische Leute. Die Musik hingegen wird in dieser örtlichen Gemeinschaft von diversen "Musikteams" gemacht. Und die ist einfach handwerklich grottenschlecht. Da lutschen Sängerinnen am Mikrophon, die glauben, dass ein Verstärker aus falschen Tönen richtige macht, da drehen dann Jünglinge an den Reglern der Verstärker, die glauben, dass es sich vor allem an ihrem Mischpult und in ihrer Mickymaus auf den Ohren "geil" anhören muss - und nicht im Raum. Da gibt es "Musiker", die es nicht für nötig halten, Gitarre und E-Bass aufeinander und beide aufs Digitalpiano zu stimmen. Nicht zuletzt verlässt man sich darauf, dass der Schlagzeuger alles rhythmisch zusammenhält, indem er konsequent die Konsonanten der Sänger auf den schweren Taktteilen zudröhnt, statt im Offbeat mit dezentem Einsatz von Besen statt hammerharter Stöcke die Verständlichkeit der - angeblich so wichtigen - Texte zu fördern.
Meine Frau geht da gelegentlich sonntagabends hin - auch wegen der sozialen Kontakte im Ort, denn zu dieser Gemeinde gehören einige unserer Freunde und Bekannten. Sie hat die Lizenz (und die Freiheit) die Frage "warum hast Du denn Deinen Mann nicht dabei?" wahrheitsgemäß zu beantworten: "Dem ist Eure Musik zu schlecht ..."
Falls mir das irgendjemand als "Arroganz" auslegt ... na und?
Dabei habe ich nix gegen Gitarrenmusik. Einer meiner Freunde ist Konzertgitarrist mit professoralen Weihen. Wenn der Bastis Lautensuiten spielt - holla, die Waldfee! Hat er bei meiner jüngsten Geburtstagsorgie spontan gemacht - auf gestimmter Gitarre. Aber im Gottesdienst wollte ich ihn nicht missbrauchen, um "Einsteins Wasserfall" zu untermalen ...
Ich würde auch keine Gottesdienste besuchen, in denen Frl. Hauptlehrerin i.R. im Schneckentempo und mit unterirdischer Trefferquote an einem asthmatischen Harmonium (oder an einem "Pornophon" aus dem Hause Yamaha, Bontempi etc.) das tut, was man so vor gefühlten 100 Jahren am ev. Lehrerinnenseminar als "Orgelspiel" bezeichnete ...
LG
Michael
#8 RE: Vom Frust an der Kirchenorgel ...
LKMD Michael Lochner ist halt auch ein reflektierter Zeitgenosse, der noch aus seiner Zeit als Kantor in Bad Kissingen die Knackpunkte und Konfliktbereiche der praktischen Arbeit an der Basis kennt.
In Bayern gehen die Uhren auch in Sachen professioneller Kirchenmusik noch anders ...
LG
Michael
Zustimmung zu allen Beiträgen bisher!
Zitat von Wichernkantor
Hier in der Gegend machte vor wenigen Wochen ein Pfarrer mediale Furore, der sich (in einem wilden, zugigen Bergdorf, in dem es an diesem Sonntagmorgen höllisch glatt war) des Sonntags alleine in der Kirche vorfand - nicht mal die "glorreichen vier" (Küster, Organist und zwei Kirchenvorsteher fürs Kollektezählen) waren da ...
Nun will man im Kirchenvorstand überlegen, wie der Gottesdienst "attraktiver" werden soll ...
Auch dieses Ereignis hat's auf www.evangelisch.de geschafft.
Wenn ich mir die Kommentare darunter durchlese und mir die Ansprüche so ansehe, die der gemeine (Nicht-)Gottesdienstteilnehmer so an den "Här" stellt, so kann mir ebenselbiger einfach nur leid tun. Für die einen ist er / sie zu aktiv / pushy / neumodisch, für den anderen eher lethargisch / konservativ etc. Das nimmt der mündige Christ von heute dann einfach als Vorwand, um gar nicht mehr in der Kirche aufzuschlagen. Um die Sache an sich, Bibeltexte, Eucharistie / Abendmahl / gemeinsames Beten / Gemeinschaft geht es wohl nicht mehr.
Bei uns Katholiken ist man froh und dankbar, wenn man in diesen mittlerweile priesterarmen Zeiten überhaupt noch (irgend)einen Geweihten für den Sonntagsgottesdienst hat bzw. wenn wenigstens Wort-Gottes-Feiern zugelassen werden!
"Bei uns Katholiken" herrscht in diesen Fragen längst keine einhellige Meinung... Der eben zitierte Substanzverlust ("Die Sache an sich" bereitet auch mir große Sorgen. Die Häme der Fundis ebenfalls, die uns nun entgegenschleudern: Das habt ihr von eurer Öffnung zur Welt. Man möchte nicht glauben, was ich schon alles zu dem Thema gehört habe. Sätze wie "Ich gehe erst wieder, wenn die Messe wieder auf Latein gelesen wird" bis hin zum liturgischen Gruß des Priesters am Hohen Donnerstag: "Ich find's ganz super, dass Sie heute alle gekommen sind"...
Wir Kirchen sind der Eventgier unserer Zeit hinterhergelaufen und suchten sie zu bedienen. Wahrscheinlich fällt uns das gerade massiv auf den Kopf.
Ist es nicht verwunderlich, dass stockkonservative Gemeinschaften enormen Zulauf verzeichnen, während sich die "normalen" Kirchen leeren?
Bei uns werden teilweise Ferienvertretungen aus Indien oder auch Pastöre aus Polen eingesetzt, die oft hörbar Probleme mit dem Vorlesen bzw. dem Verständnis einer fertigen Predigtvorlage (!) haben. Das wäre dann für die o.a. Kritiker undenkbar, die würden dann (spätestens!) am zweiten Sonntag gleich ganz zu Hause bleiben?
Zitat von Martin78
Bei uns werden teilweise Ferienvertretungen aus Indien oder auch Pastöre aus Polen eingesetzt, die oft hörbar Probleme mit dem Vorlesen bzw. dem Verständnis einer fertigen Predigtvorlage (!) haben.
Das ist auch mühsam und peinlich.
Bei massiven Sprachproblemen wäre ich eher einer Messe ohne Predigt zugeneigt, die sich sozusagen "auf das Formular" beschränkt. Wenn die anderen liturgischen Rollen (Gemeinde inkl.) funktionieren, ist die Schwäche des Zelebranten kein unüberwindliches Problem... sofern das nicht zu einer Dauereinrichtung wird.
Das sehe ich auch so!
Übrigens, manche Tendenzen bzw. Probleme von heute waren vor 46 Jahren auch schon absehbar (obwohl die Verhältnisse von damals einem heute teils paradiesisch erscheinen).
#14 RE: Vom Frust an der Kirchenorgel ...
Zitat von Martin78
Übrigens, manche Tendenzen bzw. Probleme von heute waren vor 46 Jahren auch schon absehbar (obwohl die Verhältnisse von damals einem heute teils paradiesisch erscheinen).
Zur selben Zeit sagte der damalige Orgelprof. Paul Schneider an der KMS des Saarlandes uns hoffnungsvollen Orgeljüngern, dass die Schwemme an hauptamtlichen Stellen ein vorübergehendes Phänomen sei und wir uns auf jeden Fall ein zweites Standbein schaffen sollten - ich habe seinen Rat befolgt und es nicht bereut ...
Ich entsinne mich, dass bereits Monate vor den Abschlussprüfungen bei uns das "schwarze Brett" vollhing mit Schreiben, in denen sinngemäß stand: "Finanziell gut ausgestattete Gemeinde mit 60köpfigem Oratorienchor sucht händeringend Kantor. Wir bieten Ihnen 140 qm Dienstwohnung und beabsichtigen den Bau einer neuen Orgel (III/50) nach Ihren Vorstellungen ..."
Keine fünf Jahre später hatte sich zumindest die Orgelneubauwelle angesichts inflationär steigender Preise für Hartholz und Buntmetalle im Verein mit Lohnkostensteigerungen von 10 % p.a.von selbst erledigt. Musste man für eine gemeine saarländische Dorforgel (II 25-30) aus gutem Hause anno 1970 noch mit etwas mehr als 100 TDM rechnen, waren 1980 bereits 300 TDM zu berappen - und eine Dreimanualige gab's ab der halben Million, wenn kein Billigheimer auf dem Firmenschild stehen sollte ...
LG
Michael
Mir stellen sich immer zwei Fragen:
- Warum gibt es ausgerechnet in der Kirche immer wieder Disharmonien zwischen geistlicher und musikalischer Seite?
- Sind es nicht meistens zwischenmenschliche Probleme der Akteure, wo doch gerade die christlichen Grundwerte gute Lösungsansätze bieten?
Vor 5 Jahren habe ich meine damalige Kirchgemeinde verlassen, weil sich dort ein Klima in der Zusammenarbeit (in verschiedenen Bereichen) entwickelt hat, das für viele sehr belastend wurde. Die geistlichen "Führungsprotagonisten" versuchten dann die vielfältigen Probleme (vor allem die Fehler) auf eine Sparte (leider die Musik - das war am einfachsten!) abzuwälzen.
Heute arbeite ich in 2 verschiedenen Kirchgemeinden als Teilzeit-Organist. Da kommt eine recht grosse "Mannschaft" ( Pfarrer - auch Pfarrerinnen, Katechetinnen, Sigristen, Kolleginnen und Kollegen - und nicht zuletzt die Kirchenbesucher) zusammen. Ich fühle mich hier wohl und akzeptiert. Warum?
- gegenseitige Wertschätzung.
- Offen für die jeweiligen Belange des Anderen.
- Vorschläge, Ideen können eingebracht, und sachlich diskutiert werden.
- Offen für Neues.
Ich leiste meinen Beitrag zur Verständigung untereinander und stecke manchmal mit meinen Vorstellungen zurück. Das gemeinsame Ziel muss doch sein - Gottesdienste und Anlässe so zu gestalten, dass Kirchenbesucher diese als bereichernd erleben. Für mich ist dabei der Rahmen (Kirche - Ruheort - Kraftquelle - Christentum) unabdingbar.
Da hat nicht alles Platz es muss Grenzen geben. Hilfreich ist für mich, dass hier ausnahmslos alle Pfarrpersonen auch glauben, was sie predigen. Das ist leider nicht mehr überall so.
Für mich ist die Kirche ein idealer Ort, meine "persönliche Musik" zu leben, weil das Christentum ein wichtiger, positiver Faktor ist für mein Leben. Die Institution (sprich das "Bodenpersonal" handelt manchmal unverständlich - nicht erst heute - aber auch ich gehöre nun mal zu diesem "Bodenpersonal".
Jetzt anmelden!
Jetzt registrieren!