Hallo Leute,

im ersten Büchsenlicht sind wir heute früh durch die Schären in Stockholm eingelaufen. Gerade wird festgemacht und ab acht läßt man die Kreuzfahrer auf die Schweden los. Schon in den Schären gab's stabiles Netz. Da kann sich die ruhmreiche Telekom mit ihren abertausend Löchern im Netz eine fette Scheibe abschneiden.
WLAN an Bord ist nur was für Leute, die zuviel Geld haben ...

Um zehn habe ich ein Date in der deutschen Gertrudenkirche - mit dieser Dame:

https://de.wikipedia.org/wiki/Tyska_kyrkan_%28Stockholm%29

Es ist mir gelungen, ein Zoom ins Gepäck und an Bord zu schmuggeln. Mal sehen, was geht.

Die Bordkapelle hier ist orgellos und optisch eine ästhetische Katastrophe. Nazarener Stil meets Postmoderne. Kitsch as kitsch can ... *grusel*. Ich bin in einem solchen Ambiente nur mit geschlossenen Augen einer frommen Anwandlung fähig.
Da ist man bei Sonnenaufgang auf dem Peildeck dem Himmel erheblich näher ...

Morgen ist Helsinki dran. Mal sehen, ob ich an das Gerät in der Felsenkirche komme.

LG
Michael

Ist es in Deutschland so heiß, dass ihr so kalte Kalauer absondert?


Leute, das Gerät klingt super - für Buxtehude und Konsorten ideal. Zum Glück war der Kollege notenmäßig exzellent sortiert. Denn Der Platz in den Überseekoffern der Hausfrau war für abendliche Wechselgarderoben reserviert...
Die Prinzipale der Hauptorgel in der Gertrudenkriche sind kaum lauter als die Flöten, aber natürlich intensiver, die Mixturen sehr dezent, die Zungen am Spielschrank natürlich sehr "schnarrend", im Raum erheblich runder und weicher. Die Orgel ist "quer" eingebaut, ziemlich in der Mitte des Hauptschiffes auf einer umlaufenden Empore. Hinten links ist noch eine Musikempore, die das Hauptschiff beschallt. Da steht ein Teil von Marcussen 'rum - die typischen Schrankgehäuse-Kästen aus den 70ern und 80ern. Ich bin da nicht hin. Da ich direkt nach der Öffnung um 10.30 kam und der Schlüssel bei einer netten (Deutsch sprechenden) Dame hinterlegt war, wollte ich die Zeit nutzen - und siehe, es war wohl getan.
Keine Stunde später wurden im fünf-Minuten-Takt Touri-Horden in Kompaniestärke durchgeschleust, deren Kamera-Klacken Flötenmischungen zur Kakophonie "verschönte". Der Raum hat ziemlich heftigen und durch die Vielgliedrigkeit des Baukörpers recht komplexen Hall.

So, gleich legen wir ab. Vielleicht noch was aus Helsinki, bevor wir in Putins nebulösem Reich verschwinden.

LG
Michael

So, gerade kam eine Mail vom Büro des Domes zu Helsinki. Ich darf die dortige Marcussen betasten ...

Gleich trollen wir uns von Bord Richtung City (so etwa 100 Meter ... [grin]).

Den Frühaufstehern hier an Bord unterstellt man offenbar eine Affinität zu anständiger Musik. Wenn ich morgens in den Frühstückssalon komme, spielen sie immer Bach !!!
Vorgestern Kantate "Nun danket alle Gott" und ein Choralvorspiel aus dem Orgelbüchlein, gestern Auszüge aus der h-moll-Messe, heute früh "Jesu, meine Freude", danach immer etwas Orgelbüchlein. (Ab 7.30 wird dann auf etwas leichtere Muse geschaltet, aber immer erträglich.) Ich habe den Stewards signalisiert, dass ich darob äußerst amused bin ...

Die See im Blick, Bach im Ohr und auf dem Teller ein französisches Frühstück mit Croissant, Éclairs, Brioche, Quark und Orangenmarmelade ... um 6.30 Uhr genau das Richtige für den ehemaligen Verlobten meiner Gattin!

Unter meinem Notebook fand sich doch tatsächlich ein Band mit den Schüblerchorälen ...
Wer hat die da nur hingetan?


LG
Michael

Kurzreport evtl. heute Abend.

Zitat von Tuba_Mirabilis

---

auch ich wünsche einen schönen Urlaub.

(Die morgendlichen Kunstgenüsse haben hoffentlich nichts mit dem Zustand des Schiffes zu tun...Nun danket alle Gott...)

LG nach Helsinki

Martin

---

Ich würde wohl erst misstrauisch, wenn sie "Ich steh` mit einem Fuß im Grabe" spielen würden ... [grin]

So, die GnäDigste ist landfein. Auf geht's ...

LG
Michael

So, liebe Leute,

zurück aus Helsinki. Im Dom war die äußerst freundliche und zuvorkommende Küsterin so nett, mich während der mittäglichen Schließzeit in der Kirche zu lassen, so dass ich ungestört von Sozialgeräuschen der Touris die Tonmaschine laufen lassen konnte. Die Orgel aus den späten 60ern ist von Marcussen, viermanualig mit Schwellwerk und den üblichen Schwelltüren am Brustwerk. Natürlich typisch Marcussen, kantig, klar, neobarock. Aber erstaunlich rund intoniert. Ein paar Choralberbeitungen ins Gepäck zu schmuggeln, hat sich gelohnt.

Man höre (passwortgeschützt) hier:

https://www.dropbox.com/s/bx9z7b33ltaqz6b/Helsinki%20%22Wachet%20auf%22%20645.wav?dl=0

r.H. mit Sesquialtermischung, l.H. mit der Trompette harm. des SW. Ja, das ist wirklich eine Marcussen-Trompete!
Der Raum ist ein Zentralbau, wirkt von außen pompös, ist aber innen eher intim. Das Langhaus hat keine 20 Meter Länge. Im Altarraum steht ein Spieltisch, von dem sich die in ein klassizistisches Altgehäuse eingebaute Orgel elektrisch traktieren lässt, während oben der übliche mechanische Spielschrank ins Untergehäuse eingebaut ist.
Ich habe den elektrischen benutzt und vom Spieltisch aus aufgenommen.

"Schwimmt" halt ein bisschen und die Bässe kommen etwas ungenau -
letzteres liegt am Interpreten , der immerhin mit einer 30tel Sekunde Laufzeitverzögerung leben musste ...

LG
Michael