Kennt jemand überzeugendes Prinzip mit Manubrien?

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06.11.2010 07:19
avatar  ventus ( gelöscht )
#1 RE: Kennt jemand überzeugendes Prinzip mit Manubrien?
ve
ventus ( gelöscht )

Hallo,
bei meinem letzten Orgelkauf hatte ich seeehr lange gesucht, bis ich ein Wunschinstrument hatte, obendrein bestmöglichst nicht zum "Preis von der Stange". Beim Klang muss man im heimischen Wohnzimmer im jeden Fall Kompromisse eingehen. Was Tasturen (s. mein anderes Thema) und Manubrien betrifft, hatte ich auch lange überlegt, wieviel Geld und Luxus ich anschaffen will. Das Thema Tastaturen ist ja noch nicht aus der Welt.
Beim Thema Manubrien war ich nach meinem Besuch im Orgelhaus bei allen Firmen (... zumindest den dort ausgestellten) arg enttäuscht: Ich habe früher an einer echten Orgel mit ausschließlich mechanischer Traktur gelernt und spiele heute selber an solch einer.Ich "liebe" es einfach, da wirklich "zugreifen" zu können und genau zu spüren, was man da in der Hand hat, zieht und abstößt. Aber das, was man bei einer EO mit Manubrien anfasst, ist schon auf den ersten Blick spürbar Plastik. Und dann kann man sie nicht ziehen und abstoßen sondern nur antippen. Der Grund liegt auf der Hand, Plastik ist viel billiger herzustellen und die Registerlampe deutlich einfacher zu integrieren. Antippen statt Ziehen&Abstoßen erspart jegliche Servomotoren, die man für gespeicherte Registerkombinationen bräuchte.
Aber es ist irgendwie enttäuschen. Und zudem noch "unwahrer" als Registerwippen. Die kann es selbst bei einer echten Orgel mit elektrischer Registertraktur wirklich geben. Nur antippbare Manubrien aber nicht. Entweder sind die wirklich mechanisch. Oder, wenn doch mal nicht und Wahrheit doch nur Schalter, haben sie wenigstens Servomotoren.
Weiß jemand, ob die "elektronische Orgelbranche" da nachgelegt hat?


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06.11.2010 08:29
avatar  PeterW
#2 RE: Kennt jemand überzeugendes Prinzip mit Manubrien?
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+ 12.1.2018

Zitat von ventus
Weiß jemand, ob die "elektronische Orgelbranche" da nachgelegt hat?

Da gab es nichts "nachzulegen", eher zu verschlimmbessern.
Diese - gewiß etwas sonderbaren und billig wirkenden - Manubrien stellen m. E. nur Kosmetik dar.
Offensichtlich wollten das viele Kunden haben, vor allem in Übersee.
Ich kann auf diese Gaderobehaken sehr gut verzichten - Potemkinsches Dorf.


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06.11.2010 09:11
#3 RE: Kennt jemand überzeugendes Prinzip mit Manubrien?
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Hallo,
Allen soll gute Manubrien haben, die gezogen werden müssen. Mir ist jedoch noch nie so ein Modell unter die Finger gekommen.
Auch van der Pool hat sehr schöne Manubrien:[attachment=0]Manubrien.jpg[/attachment]
Soweit mir bekannt ist steckt ein Federmechanismus dahinter, der ein Gefühl des "echten Schleifenziehens" vermittelt.
Nachteil: in Kombination mit Setzern macht es nur Sinn, wenn Servos / Hubmagnete eingesetzt werden. Und das ist seeeehr teuer.
Also bleibt es eher etwas für Puristen (keine Setzer) oder für Leute mit genügend Kleingeld (Hubmagnete/Servos).


Gloria Nobilis 352
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06.11.2010 10:03
#4 RE: Kennt jemand überzeugendes Prinzip mit Manubrien?
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Administrator

Redaktionelle Durchsage: Habe das Thema in den Bereich Zubehör verschoben!


Auf Orgelsuche.

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06.11.2010 10:48
avatar  PeterW
#5 RE: Kennt jemand überzeugendes Prinzip mit Manubrien?
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+ 12.1.2018

Zitat von Gemshorn
Redaktionelle Durchsage:

Du hättest in einer redaktionelle Durchsage gleich anfügen können, daß es hilfreich ist, wenn alle Forenmitglieder ihren Wohnort in die Stammdaten eintragen.
Das macht es leichter, auf manche Fragen sachgerecht zu antworten, weil eine Reihe von Vorlieben oder Abneigungen den regionalen Erfahrungen und Geschmäckern (i. d. R.) deutlich zugeordnet werden können.


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06.11.2010 12:39
avatar  ventus ( gelöscht )
#6 RE: Kennt jemand überzeugendes Prinzip mit Manubrien?
ve
ventus ( gelöscht )

o.k., bitte um Entschuldigung, hatte die Schublade "Zubehör Expander, Sonderausstattungen, Optionales" zwar gelesen aber dann dennoch nicht dort eingestellt weil ich dachte, dass das doch mehr den siebzehnten Zusatzlautsprecher betrifft -nicht aber das, was in der einen oder anderne Form unverzichtbar ist ... Aber ebensogut hier jetzt, Danke fürs Verschieben :-S
Aber die Herkunftsregion? Verstehe ich das gerade falsch ? Oder will ich da leichten Protest einlegen?
Womöglich erscheint mir an meiner EO (... ich spinne mal rum) ein Pedalwerk mit 7-8 Registern groß, wenn ich aus dem katholischen SüDdeutschland stamme, das gleichgroße Pedalwerk klein, wenn ich aus dem protestantischen Norden stamme.
Aber dass ich mich an der gefühlten Kleinheit störe oder an der gefühlten Größe erfreue ist doch erstmal Fakt und mein gutes Recht. Und nicht damit zu relativieren, wenn man mein Empfinden auf den regionaltypischen Maßstab zurechtrücken würde. Dagegen:


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06.11.2010 12:53
#7 RE: Kennt jemand überzeugendes Prinzip mit Manubrien?
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Administrator

Die Zuordnung zu den Unterforen ist gewiss nicht dogmatisch festgelegt; mir erschien dein Thema hier einfach besser aufgehoben. [wink] Es stimmt schon, dass die Unterabteilung Zubehör nicht automatisch mit wertigen Klaviaturen oder Manubrien identifiziert wird — aber auch dafür ist sie da.
Ich glaube, PeterW meinte nicht speziell dich und deine spezifische Fragestellung, als er den Wunsch nach geografischer Zuordenbarkeit der Forumsteilnehmer äußerte. In letzter Zeit gab es hier im Forum doch etliche Anfragen, die auf die klangliche Charakteristik des einen oder anderen Herstellers abzielten. Beim Eingehen auf solche Fragestellungen kann die Kenntnis der Herkunft des Fragestellers (oje, Genetivketten...) hilfreich sein. Aufgrund unterschiedlicher Hörgewohnheiten hat ein Österreicher möglicherweise ein anderes Klangideal als ein Norddeutscher oder ein Italiener oder ein Holländer.
Dessen ungeachtet bleibt es selbstverständlich im freien Ermessen jedes Forianers, ob er seine Herkunft outen will oder nicht. [smile] Ich selbst bin diesbezüglich sehr anspruchslos.

Aber zurück zur Sache: Bin mir nicht sicher, ob ich in einem anderen Thread schon über die schöne Monarke "van Eyck" geschrieben habe, die mir in Baunatal unter die Finger kam. Ins Auge sprangen mir bei diesem Instrument sofort die großen, schön gearbeiteten Manubrien, deren Handhabung mich kaum noch einen Unterschied zu einer mechanischen Schleiflade wahrnehmen ließ, sprich: Sie lagen gut in der Hand, hatten eine angemesse Größe (ganz anders als die Johannus-üblichen Zahnstocher) und ließen sich nur unter einigem Widerstand (haptisch ideal!) herausziehen, blieben auch draußen, und mussten zum Abschalten des Registers wieder abgestoßen werden. So soll es sein! Freilich: Eine Koppelung mit der Setzeranlage gab es nicht, wiewohl auch das — für teures Geld — möglich sein müsste.
Angesprochen auf die bei solch wertigen Zügen doch irgendwie unpassend wirkende Plättchenbeleuchtung, meinte Hr. Kisselbach, dass es durchaus schon Kunden gegeben hätte, die ganz bewusst darauf verzichtet hätten. Gerade bei einem teuren Instrument wie einer Monarke wird es kein Problem sein, Emaille- oder Messingschildchen anfertigen zu lassen — je nachdem, ob die Registerbezeichnung vorne am Registerzug oder hinter der Manubrie am Orgelgehäuse angebracht werden soll...
Der langen Rede kurzer Sinn: Wenn du wirklich schöne und edle Manubrien haben willst, wirst du ordentlich in die Tasche und zu einer Monarke greifen müssen. Viscount und Johannus bieten zwar Echtholzmanubrien an, diese unterscheiden sich in der Handhabung jedoch nicht von den Plastikzahnstochern. Putz:


Auf Orgelsuche.

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06.11.2010 14:23
avatar  PeterW
#8 RE: Kennt jemand überzeugendes Prinzip mit Manubrien?
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+ 12.1.2018

Zur geographischen Zuordnung der Mitglieder: Genauso habe ich's gemeint.
Es ist nicht ganz unwichtig zum Beantworten von Fragen auch die regionalen Horgewohnheiten des Fragerstellers abzuschätzen. Es gibt durchaus einen Unterschied zwischen dem "grundtönigen SüDen" und dem "obertönigen Norden" (wenn ich hier mal so schlapp pauschalieren darf).
Im schlimmsten Fall kann man mit einer Antwort danebengreifen, nur dafür verantwortlich kann man dann nicht gemacht werden. Von mir kommt mehr Output, je mehr ich Input bekomme - logisch.
Land und Bundesland preiszugeben, führt nicht automatisch zu Stalking


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06.11.2010 18:16
avatar  ventus ( gelöscht )
#9 RE: Kennt jemand überzeugendes Prinzip mit Manubrien?
ve
ventus ( gelöscht )

((( jaja, nichts für ungut, eigentlich schon klar. Wenn jemand zB (...mal auf echte Orgeln bezogen), weiß nicht, im HW neben der Mixtur noch die Zimbel vermisst, müsste ich´s mir wahrscheinlich auch mühsam verkneifen, ihn als aller erstes (unkonstruktiv) u.a drauf hinweisen, dass er doch im gerade im tiefesten Bayern lebt. Als "Frage-Leser" mag man das Problem oft besser einordnen können, wenn man evt. regionale Unterschiede erkennt. Nur - so what? Nicht die "Diagnose" hilft, sondern die "Therapie". Der diagnostische Hinweis "Du lebst in Bayern" therapiert noch nicht die vermisste Zimbel herbei. [sad] Nun gut, irgendwo hinkt der Vergleich, aber ich denke, es ist schon klar, was ich meine ... )))

Aber zurück zum Thema: Manubrien: Erstmal Danke für den Hinweis und das Bild, i-i-irgendwas hat sich also wirklich schon getan. Ähm, aber, nachdem auch Google unter "Orgl + Van der Pool" nichts ausspuckt, wer oder was ist das den überhaupt?

Zitat
Da gab es nichts "nachzulegen", eher zu verschlimmbessern.
Diese - gewiß etwas sonderbaren und billig wirkenden - Manubrien stellen m. E. nur Kosmetik dar.
Offensichtlich wollten das viele Kunden haben, vor allem in Übersee.
Ich kann auf diese Gaderobehaken sehr gut verzichten - Potemkinsches Dorf.



Beim Status quo stimme ich dir da vollkommen zu. Ein wenig erstaunt bin ich aber dennoch. Für mich ist das nicht nur eine kosmetische Frage und auch nicht nur eine Stilfrage. Fast direkt vor meiner Brust erwische ich die Tasten blind. So sehr man sich als Orgelschüler ab 2-3 Vorzeichen auch einst ärgerte, dass da so viele dumme Obertasten zu bedienen sind - zum blinden Zurechtfinden auf der Tastatur wohl unschätzbar wichtig. Bei den Registerwippen habe ich da immer 10-15 optisch haargenau gleiche im Block. Bis auf äußersten 1,2,bestenfalls 3 Wippen je Block erwischt man da nichts mehr blind.
Ganz anders sieht das bei echten Manubrien aus, die erwischt man fast alle auch blind. Das wäre erstmal der Hauptgrund für mich, welche haben zu wollen. Nur: wenn schon, und wenn diese schon ein "sauteues" Extra sind, dann will ich selbsverständlich kein nur antippbares, wabbeliges, innenbeleuchtes Plasik haben.

Was mich da nun wundert: 1) Bin ich wirklich fast der einzige, der so denkt, so dass es keine Marktnachfrage gibt? 2) Wäre das wirklich sooooo teuer? Ein gedrechselter Echtholzknopf im Baumarkt kostet 3 Euro, ein Servo gibts im RC-Modellbau inzwischen ab 5 Euro. Das wären bei 30 Zügen 240 Euro. Elektronik und Zugstangen aus Holz kosten auch was, aber auch nicht die Welt. Selbst wenn man zu gunsten besser QUalität die angenommen Kosten verdoppelt oder sogar verdreifacht, wären das 500-750 Euro mehr. Wenn ich, weiß nicht genau, 1000 oder 2000 Euro mehr für die Orgelvariante mit Plastik-Nöppeln statt Wippen drauflegen muss, dann würde ich die ca 500 Euro gerne auch noch drauflegen, um servogesteuerte Echtholzzüge zu erhalten.


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06.11.2010 18:50
avatar  PeterW
#10 RE: Kennt jemand überzeugendes Prinzip mit Manubrien?
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+ 12.1.2018

@ventus: Wenn wir die Sache funktionell betrachten, und das auch noch unter dem Aspekt, daß die ganze Registerwippenlatte über den Obermanual mit jeweils einem kleinen Abstand zwischen den Werken sitzt, gebe ich Dir in puncto Zielsicherzeit recht. Noch doofer ist es, wenn Koppeln und MIDI dort übergangslos mit einbezogen sind.
Stell Dir vor, wir hätten links und rechts auf dem Spieltisch jeweils ein schräges Seitenbord, leicht auch nach innen geneigt, auf denen Reihen von 6 bis 7 Register übereinander sitzen. Dabei reichen pro Werk i. d. R. zwei Reihen (das sind schon ~50 Register für die ganze Orgel). Koppeln und MIDI können meinetwegen in zwei Blöcken über dem Obermanual sitzen. So etwa sähe mein "Wunschcockpit" aus. Alles ist gut - und nahezu blind auf kurzen Wegen erreichbar.
Wenn ich jedoch sehe, daß z. B. das neue Johannus-Positiv 35 die Garderobehaken fürs Positiv in den Aufbauten über dem Spieltisch (oben!) und das zugehörige Manual ganz unten hat, wird mir klar, daß das Spiel durch Hampelmann-Übungen noch einen zusätzlichen Unterhaltungswert bekommt.
Übrigens gibt es einige wirklich gut funktionierende pneumatische Pfeifenorgeln (neben 90 % Schrott in dieser Bauart). Bei denen würde jeder Schein-Manubrien als abartig empfinden.

Ich denke, diese Fragestellung reduziert sich auf den Gusto, über den bekanntlich nicht gut streiten läßt.

P.S.: Von meinem Wohnort auf meine Orgelhör/-spielgewohnheiten schließen zu wollen, ist allerdings auch nicht möglich, weil mir sächsisch-thüringische Orgeln "von kleinauf" geläufig sind.


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06.11.2010 23:20
#11 RE: Kennt jemand überzeugendes Prinzip mit Manubrien?
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Adriaan van der Poel ist ein ehemaliger Mitarbeiter der Firma Cantor, die in den 80 Jahren durch ehemalige Johannus-Mitarbeiter gegründet wurde. Cantor hat sich ca Ende der 90er aufgelöst, Adriaan van der Poel hat seine eigene Firma gegründet.

http://www.vanderpoelkerkorgels.nl/


Gloria Nobilis 352

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07.11.2010 06:35
avatar  ventus ( gelöscht )
#12 RE: Kennt jemand überzeugendes Prinzip mit Manubrien?
ve
ventus ( gelöscht )

Jaja, da wirst du recht haben. Manches ist Geschmacksfrage.
Ich fürchte, über die Normalposition der Wippen einer EO wird man nicht diskutieren können. Damit der gesamte "Holzkasten im Wohnzimmer" möglichst klein bleibt, können die nur in einer (bestenfalls etwas geblockten) Reihe über dem ersten Manual liegen, solange der Platz dort ausreicht. Mit dieser "Seitenlage" beginnt wirklich auch die Geschmacksfrage, das mag ich zB immer gar nicht. Sieht dann schnell zu sehr nach Flugzeugcockpit aus, wenn die "Registertafelbretter" nicht in der Art eines Cavaille-Coll-Spieltisch (C.C. war es, glaube ich ?) abgerunded sind.

Die Orgel ist ja nun das einzige Instrument, bei der vieles nicht so richtig genormt ist. Auch Registerzüge über dem Spieltisch gibts hier und da mal. Entweder bei in den 50/60er Jahren kramphaft hinzugefügten BW, öfters bei seitenspieligen Orgeln. Aber entsprechendes,was tägliche Gymnastikübungen garantiert, würde ich mir niemals ins Wohnzimmer stellen wollen. Ich würde sogar noch viel weiter gehen: Eine EO kann und darf gerne viel mehr Register haben als das, was man sich früher in Form der echten Pfeifen-Üborgel ins Wohnzimmer gestellt hat, aber irgendwo bei 15-20 Registern ist eigentlich spätestens Schluss mit dem, was wirklich überzeugend in einem vielleicht 50m3-Raum klingt. Und das könnte man sowohl räumlich wie finanziell doch eigentlich als Manubrien unterbringen.

Zitat

Übrigens gibt es einige wirklich gut funktionierende pneumatische Pfeifenorgeln (neben 90 % Schrott in dieser Bauart). Bei denen würde jeder Schein-Manubrien als abartig empfinden.


.... [wink] schon wahr! schon wahr! Aber das wäre ein ganz neuer Themeneintrag. Da müsste man ganz lange diksutieren, wieweit Abbé Voglers Simplifizierung, die beginnende Industrialisierung, früher (aus heutiger Sicht) fehlendes Stil- und Zeitepochenbewusstsein, das romantische Klangbild mit folglich großen Ventilen und zwangsläufig neuen Trakturen sowie die beginnende Möglichkeit der Registerkombinationen einerseits "Schuld" an der "Abschaffung der Manubrien" sind. Und zweitens, wieweit man wirklich in jedem Fall wünschen kann, dass solche Orgelmonster (wie du schon sagst, oft auch Schrott) wirklich erhalten werden sollten - oder wie weit hier und da "aktueller Historismus" und/oder Denkmalschutz womöglich zu weit gehen. Und wenn dann bei 10% Nicht-Schrott wirklich pneumatische Wippen hingehören: Keine Frage! Nur: Diese Orgeln entsprechen ja nun nirgends dem, was ich mir als EO ins Wohnzimmer stelle. Hinsichtlich Disposition und Klang sind das ja oft "Kompromissorgeln mit erkennbar (neo)barockem Einschlag". Und die hätten, gleich ob 10,50 oder 250 Jahre alt, und erst recht bei einer Größe von "nur" 20-30 Registern, sehr wahrscheinlich Manubrien und keine Wippen.
Und da bin ich wieder bei meiner Ausgangsfrage, warum man inzwischen versucht, fast alles orginal nachzubauen/-bilden, vom Anblasgeräusch bis hin zu optionalen Echtholztasten. Nur die "Registerfrage" wird total stiefmütterlich behandelt.


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07.11.2010 10:01
#13 RE: Kennt jemand überzeugendes Prinzip mit Manubrien?
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Administrator

Puh, ein ganzes Bündel bedenkenswerter Beiträge und Gedanken. Dafuer:
Ich nehm mal in aller Kürze dazu Stellung.

Zum Thema "Registerzahl im Wohnzimmer". Ich hätte es von Anfang an begrüßt, eine kleine Hausorgel, nicht mehr als ca. 12 Register, in Monarkequalität zu einem stemmbaren Preis kaufen zu können. So etwas bieten die Hersteller aber nicht an; deren Philosophie scheint eher in die Gegenrichtung zu gehen: Je hochwertiger die Technologie, desto größer muss die Disposition sein... siehe Symphonica, die es gar nicht erst zweimanualig gibt.
Ja, ich hätte selbst mit einer einmanualigen Orgel mit Pedal gut leben können. Ich bin kein großer Literaturspieler, aber am Klang eines guten Instruments weiß ich mich sehr wohl zu erfreuen. Ich würde so eine Kleinorgel auch am allerwenigsten zum Üben für irgendwelche Auftritte verwenden; mir ginge es einfach darum, zu Hause schöne Musik machen zu können. Es muss nicht ein großes symphonisches Werk sein, das da in meinem Wohnzimmer erklingt. Gibt es nicht auch viel einfachere, "kleinere" Literatur für Orgelpositive und Harmonien? Und ist es schon Blasphemie, wenn man das eine oder andere Bachpräludium auf einer Kleinorgel darbietet? Ich glaube nicht. Gerade in den kleineren Kirchen auf dem Land stehen viele entzückende Kleinorgeln, die etlichen Beschränkungen unterliegen: Angefangen bei einem repetierenden 13-Töne-Pedal über die "kurze Oktave" im Manual bis hin zu einer mehr als bescheidenen Auswahl an Registern. Und Leute: Auch auf diesen Instrumenten wird musiziert — und ab und an gar nicht mal so schlecht.

Andererseits sehe ich die bewusst klein gehaltene Hausorgel nur als eine Möglichkeit im digitalen Orgelbau. Ich halte es nicht grundsätzlich für falsch, eine 40-Register-Orgel im kleinen Wohnzimmer stehen zu haben. Muss ich denn stets im Plenum spielen? Gibt es nicht bei einer reich disponierten Orgel eine große Auswahl an Klängen und Farben, die auch in kleiner Registrierung Freude machen?

Ich meine, beide Aspekte haben ihre Berechtigung. Der Digitalorgelmarkt hat sich eigentlich darauf eingeschworen, nur den zweiten Aspekt aufzugreifen. Das ist schade. :-S

Ein Wort zu den Manubrien: Klar gibt es Orgeln, bei denen die Registerzüge direkt oberhalb des Manuals positioniert sind; ich spiele selbst an so einem Instrument und schätze diese Anordnung sehr. Gewiss, es sind zierlichere Züge, aber die Anordnung ist ungemein übersichtlich — und man kann sehr schnell und zielsicher registrieren.


Auf Orgelsuche.

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07.11.2010 10:41
avatar  Klassikfreund ( gelöscht )
#14 RE: Kennt jemand überzeugendes Prinzip mit Manubrien?
Kl
Klassikfreund ( gelöscht )

Hallo Gemshorn!

Wie glücklich bin ich da dran als Hauptwerkianer!

Aber ich will hier keine Grundsatzdiskussion lostreten. Vielleicht können wir Dich ja doch irgendwann im Club begrüßen! [wink]

Zum Thema Manubrien findet sich hier ein Vorbild:

http://www.organartmedia.com/Waltershausen-VCons.html

Dieser fotorealistische Spieltisch entspricht dem Original (ich war am Original und durfte es auch spielen).

Herzliche Grüße aus dem immer noch verregneten Vogtland


Klassikfreund


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07.11.2010 10:47
#15 RE: Kennt jemand überzeugendes Prinzip mit Manubrien?
avatar
Administrator

Hallo Klassikfreund!
Aber gerade bei einer Bildschirmnachbildung eines historischen Spieltischs geht doch das haptische Moment verloren... War es nicht gerade das, woran sich unsere Diskussion entzündet hat?

Und ob ich je der Hauptwerkfraktion angehöre? Wer weiß! [wink] Zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann ich es mir nicht recht vorstellen, aber wer weiß schon, was die Zukunft bringt.


Auf Orgelsuche.

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