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Harmonium: Gebläse nachrüsten?
Liebe Leute, in Ermangelung einer Unterrubrik "Harmonium" stelle ich die Frage hier:
Ist es aus eurer Sicht möglich, ein Harmonium nachträglich mit einem Gebläsemotor auszurüsten?
Ist es sinnvoll?
Hintergrund der Frage: In unserem Altenheim steht ein voll funktionsfähiges, wunderschön klingendes Harmonium. Allerdings muss man ganz schön in die Pedale treten, wenn man Plenum spielt...
#2 RE: Harmonium: Gebläse nachrüsten?
Es geht natürlich nur bei Druckwind-Systemen. Und das ist nicht mal ein großer Akt. Bei Meidinger und Laukhuff gibt es spezielle Gebläsemotoren für Harmonium - die kriegt man auch gebraucht. Ein kleiner Dämmkasten drumherum und ein Flexschlauch zum Balg - fertig. Sollte aber ein Orgelbauer machen. Der braucht dazu keine zwei Stunden.
LG
Michael
Hallo,
Zitat von Gemshorn
Danke für den ermutigenden Tipp.
nun ja, da die meisten Harmoniums, die so in Kapellen, Altenheimen etc. herumstehen, Saugwindinstrumente sind, ist das nur teilweise ermutigend. Auch Saugwindinstrumente können kernig klingen (meines zum Beispiel).
Ich überlege gerade: Wieso kann ich an einem Saugwindharmonium die Luft aus dem Balg nicht irgendwie mit einem Motor heraussaugen, was ich ja sonst mit der "Tretpumpe" mache?
Beste Grüße von der Waterkant
Christoph P.
#5 RE: Harmonium: Gebläse nachrüsten?
Hallo,
Zitat von Wichernkantor
Du brauchst dafür einen "Staubsaugermotor" - also ein lautes Düsentriebwerk, das genügend Unterdruck fabriziert. Ich glaub' nicht, dass es für diesen Zweck so was gibt. Mir ist jedenfalls noch nichts derlei untergekommen.
Wirklich nicht? Gab es da nicht einmal etwas? [wink]
(-> ab 2:30)
Zitat von Gemshorn
BlöDe Frage, aber: Wie finde ich raus, ob das Harmonium saugt oder angeblasen werden will?
Siehe hier.
Beste Grüße von der Waterkant
Christoph P.
#8 RE: Harmonium: Gebläse nachrüsten?
Wenn ich mir die Unterscheidungsmerkmale so anschaue, sprechen bei meinem Harmonium (GebrüDer Placht, 1910 von meinem Großvater gekauft, der Landorganist war), der fehlende Expression-Zug und der Tonumfang für ein Saugwindharmonium.
Was mich aber wundert:
Man hört beim (unregelmäßigen) Treten ganz deutlich, dass es im Moment des Tretens, also beim "Gasgeben" mehr Wind hat und kräftiger tönt, man kann also bei ohne Wind angeschlagenen Tasten durch "Gasgeben" direkt den Ton auslösen.
Müßte ein Saugwindharmonium nicht im Moment des Loslassens mehr Kraft haben, also indirekt auf das "Gasgeben" ansprechen ?
#10 RE: Harmonium: Gebläse nachrüsten?
Eigentlich sorgen die Federn an den Saugbälgen für einen gleichmäßigen Unterdruck. Deshalb wurde in Deutschland ja das Saugwind-System bevorzugt. Die Lautstärke war dank gleichmäßigen Windflusses stabil und unabhängig vom Rhythmus des Tretens.
Beim Druckwind-System kann man die Lautstärke mit der Intensität des Tretens dosieren. Auch da gibt es Federn, die Gleichmaß bringen sollen, aber die sind mit dem Zug "Expression" abstellbar. Das ist ein Konstruktionsprinzip, das vor allem in Frankreich verwendet wurde. Dort heißt das Harmonium "Orgue expressif".
Lautstärkeveränderungen - also "Windstößigkeit" - bei einem Saugluftharmonium sind also wohl ein Defekt. Kann es sein, dass das Unterdrucksystem irgendwo Nebenluft zieht? Oder sind die Federn falsch justiert?
Jeder Orgelbauer kann das schnell feststellen und beheben. Schließlich ist er auch Harmoniumbauer.
LG
Michael
Zitat von Wichernkantor
Beim Druckwind-System kann man die Lautstärke mit der Intensität des Tretens dosieren.
Genau das kann man hier auch, das war aber schon immer so, seit ich dieses Harmonium kenne. Mein Großvater hat mir in meiner Kindheit oft darauf vorgespielt, das hat bei mir das Interesse für Orgeln geweckt.
Könnte es nicht auch ein Druckwindharmonium ohne Windausgleichsfedern sein ? Es ist offensichtlich ein kleines, eher billiges Modell, vielleicht haben nicht alle diese Vorrichtung.
Aber es ist sicher allgemein in keinem guten Zustand, es gehen auch nicht mehr alle Pfeifen, ich will es irgendwann generalrestaurieren lassen, muss mal meinen Bekannten Michael Walcker fragen, was er dafür verlangt.
Danke für den Link, chp. Bin nun wieder ein wenig klüger.
"Unser" Harmonium ist übrigens von Nemetschke (k. und k. Hoflieferant), aber laut Einlegearbeit im Holz ist es ein Importinstrument aus den USA. Und es klingt wahrlich symphonisch. Das Bassfagott 16' klingt wie das entsprechende Orgelregister, die 2' Aeoline ist einfach entzückend, die Superkoppel(n) verleihen dem Instrument einen majestätischen und zugleich brillanten Klang. Ich staune nur so, was mittels der Zungen an gänzlich unterschiedlichen Klängen möglich ist.
Hallo,
Zitat von Romanus
Genau das kann man hier auch, das war aber schon immer so, seit ich dieses Harmonium kenne. Mein Großvater hat mir in meiner Kindheit oft darauf vorgespielt, das hat bei mir das Interesse für Orgeln geweckt.
Könnte es nicht auch ein Druckwindharmonium ohne Windausgleichsfedern sein ? Es ist offensichtlich ein kleines, eher billiges Modell, vielleicht haben nicht alle diese Vorrichtung.
Aber es ist sicher allgemein in keinem guten Zustand, es gehen auch nicht mehr alle Pfeifen, ich will es irgendwann generalrestaurieren lassen, muss mal meinen Bekannten Michael Walcker fragen, was er dafür verlangt.
Auch bei einem Saugwindharmonium kann man die Lautstärke ein kleines bisschen variieren: Wenn man nur wenig tritt, also nur ein bisschen Luft entleert, sind die Feder nur wenig angespannt und der Druck der einströmenden Luft auf die Zungen ist etwas geringer als wenn man kräftig tritt. Dazu kommen die von wichernkantor angesprochenen Undichtigkeiten. Wenn man den Balg ganz leert (kräftig treten bis Luft durch das Ausgleichsventil zischt) und dann aufhört zu treten, kann man einmal schauen, wieviele Sekunden der Ton a' (lauter 8' anhält. Bei mir sind das gut 10 Sekunden, das ist soweit OK. Wenn es deutlich weniger ist, müssten Balg und Dichtigkeit geprüft werden. Das Instrument auf dem Bild sieht aus wie ein kleines Saugwindharmonium. Die GebrüDer Plath in Wein waren keine Hersteller, sondern ein Musikhaus. Irgendwo wird auch ein Herstellerschild verborgen sein.
Wenn einzelnen Zungen (nicht Pfeifen) nicht funktionieren, klemmt vermutlich ein Staubkörnchen an der Zunge. Die Zungen sehen ungefähr so aus. Mittels eines "Zungenziehers" kann man sie an der "Mulde" (links neben der Tonbezeichnung "D" herausziehen und sehr, sehr vorsichtig mit einem Stück Papier reinigen. In der Regel werden die Töne 2er Register mit einer Zungenreihe erzeugt. Normalerweise wird bei dem lauteren Register einfach zusätzlich eine Dämpfungsklappe geöffnet.
Zitat von Gemshorn
Danke für den Link, chp. Bin nun wieder ein wenig klüger.
"Unser" Harmonium ist übrigens von Nemetschke (k. und k. Hoflieferant), aber laut Einlegearbeit im Holz ist es ein Importinstrument aus den USA. Und es klingt wahrlich symphonisch. Das Bassfagott 16' klingt wie das entsprechende Orgelregister, die 2' Aeoline ist einfach entzückend, die Superkoppel(n) verleihen dem Instrument einen majestätischen und zugleich brillanten Klang. Ich staune nur so, was mittels der Zungen an gänzlich unterschiedlichen Klängen möglich ist.
Wenn es aus den USA kommt, ist es mit hoher Sicherheit ein Saugwindharmonium, in alten Katalogen ist von "Harmoniums nach amerikanischem System" die Rede. Ich habe auch einen sehr kräftigen Subbass (leider nur 1 Oktave). Leider gibt es kaum spezielle Literatur für Saugwindharmonien und die Stücke von Boellmann oder Franck sind nicht so ohne weitere darstellbar, weil sie oft andere Register (Fußtonlagen) erwarten und die Manualteilung nicht bei h/c' sondern bei e'/f' ist.
Mein Instrument läD wie andere dafür sehr zum Improvisieren ein, ich spiele etwa mit der rechten Hand eine Melodie in Tenorlage (Clarinette 16' und begleite mit der Aeoline 2' in der linken Hand, die sphärische Klänge über die Melodie legt. Wie bei einer Orgel auch, werden die Zungen in der Höhe übrigens meist deutlich schwächer.
Beste Grüße von der Waterkant
Christoph P.
Zitat von Wichernkantor
Eigentlich sorgen die Federn an den Saugbälgen für einen gleichmäßigen Unterdruck. Deshalb wurde in Deutschland ja das Saugwind-System bevorzugt. Die Lautstärke war dank gleichmäßigen Windflusses stabil und unabhängig vom Rhythmus des Tretens.
Beim Druckwind-System kann man die Lautstärke mit der Intensität des Tretens dosieren. Auch da gibt es Federn, die Gleichmaß bringen sollen, aber die sind mit dem Zug "Expression" abstellbar. Das ist ein Konstruktionsprinzip, das vor allem in Frankreich verwendet wurde. Dort heißt das Harmonium "Orgue expressif".
Lautstärkeveränderungen - also "Windstößigkeit" - bei einem Saugluftharmonium sind also wohl ein Defekt. Kann es sein, dass das Unterdrucksystem irgendwo Nebenluft zieht? Oder sind die Federn falsch justiert?
Jeder Orgelbauer kann das schnell feststellen und beheben. Schließlich ist er auch Harmoniumbauer.
LG
Michael
Genauso ist es wshrscheinlich. Schau mal die Hölzer an den Tretbälgen und dem Magazinbalg nach. Schau dir an wie das Leder aussieht was den Übergang vom Balg aufs Holz darstellt und das Leinentuch, was auf den Hölzern klebt. Da pfeift es durch. Die Schrauben auf der Lade sind ebenfalls nachzuziehen. Ich habe mal ein 2 manualiges Lindholm frisch abgedichtet mit Material vom Orgelbauer. Das war schon ne Menge Arbeit, die sauber durchzuführen ist. Aber das Ergebnis war erstaunlich. Hatte mann vorher einen Affenzahn beim Treten hinzulegen um das Magazin aufzublasen, konnte man dies hinterher in gemächlichem Tempo tun.
LG
Martin
Nun sollten mal wieder Ketzereien aus meiner digitalen Feder erlaubt sein. Oder?
Das Harmonium stellt instrumentengeschichtlich eine Entwicklungssackgasse dar, sollte sie doch als "Orgel für Arme" einen Ersatz schaffen, vorwiegend für Liturgischen Gebrauch in Gemeindesälen. Die Hersteller sind Legion, einer der bekannten ist Lindholm in Grimma. Letztere Firma hat sich vom Harmonium schon lange verabschiedet, als sie noch ganz brauchbare Cembali und Spinette herstellte (eins davon steht bei mir).
Gleichsam wie sich heutzutage Wölfe aus Polen über Brandenburg und Sachsen deutschen Lebensraum wieder erobern und durch nostalgisch intendierte Schutzmaßnahmen zu Unberührbaren werden, vermitteln den jüngeren unter uns (<55 Jahre) Nostalgiegefühle mit ihrer Liebe zum Exotischen die Wiederentdeckung des Harmoniums, das sich in voller Ausbaustufe gar "Orgel", mit Präfix des Herstellernamens, nannte.
Da meine Erinnerungen relativ weit zurückreichen, ein paar Kostproben davon.
A!s Konfirmand hatte ich das zweifelhafte Vergnügen, nach Auszug der Gören aus der Kirche den Kindergottesdient im Gemeindesaal auf einem solchen Hobel musikalisch zu bespaßen. Nichts sehnte ich stärker herbei, als dieses Amt an den nächsten übergeben zu können.
Spärer hatte ich dann Gelegenheit die Restaurierung einer "Späthe-Orgel", die aus musikgeschichtlichen Gründen vorgenommen wurde, hautnah beizuwohnen und hilfswillige Dienste bei der überaus anstrengenden Stimmung zu leisten.
Letztenendes befriedigten mich die Klänge solcher Instrumente kaum, weil aus durchschlagenden Zungen trotz vieler Trickserei mit Mensuren der Stimmplatten und Kanzellen der Register klanglich einfach nicht mehr herauszuholen war.
Warum sollte man heuzutage noch Mühe in ein Fossil stecken, das vielleicht noch als Beleg fürs Museum taigt?
Ach so: Warum ist bisher keiner der Digitalorgelhersteller in aller Welt auf die Schnapsidee gekommen, ein "Digitalharmonium" auf den Markt zu bringen?
Gewiß, es gab Komponisten, die speziell fürs Harmonium komponierten. War diese Arbeit vielleicht nicht nur dem Mitleid zu schulden?
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