Kirchenmusiker verzweifelt gesucht: die Organola

  • Seite 2 von 2
04.02.2018 14:39
#16 RE: Kirchenmusiker verzweifelt gesucht: die Organola
cl

Das gab es schon zur Zeit meiner Orgeljugend in der Diasporadiözese Hildesheim. 1976 habe ich dort als jüngster Absolvent mal meine D-Prüfung abgelegt. Heute ist man dort sogar soweit, daß die Nachwuchsausbildung der Nebenamtler bis zur C-Prüfung ökumenisch erfolgt. Für meine anschl. C-Prüfung benötigte ich noch eine Ausnahmegenehmigung, um bei der ev. LK überhaupt in den Kreis der Auszubildenden aufgenommen werden zu können.... Heute bin ich über meine Bereicherung aus der Beschränkung immer noch dankbar.

Liebe Grüße vom Clemens

 Antworten

 Beitrag melden
04.02.2018 22:06
avatar  hahoern
#17 RE: Kirchenmusiker verzweifelt gesucht: die Organola
ha

Zitat von Rauschbass

Ein positives Signal hinsichtlich der Nachwuchsförderung kommt aus Eichstätt:


Nachwuchsförderung bringt aber noch lange keinen Nachwuchs. Wenn ich mir die C/D-Ausbildungsjahrgänge in Eichstätt anschaue, dann gibt es in den letzten Jahren einen deutlich sichtbaren Rückgang.
Und das ist, ehrlich gesagt, kein Wunder. An begabtem Nachwuchs fehlt es sicher nicht. Aber dem potentiellen Auszubildenden wird in den Gemeinden schon rechtzeitig demonstriert, dass Qualität weder erwünscht ist noch sich irgendwie auszahlt.
Ich schätze aber, dass dies kein lokales Phänomen ist...
LG


 Antworten

 Beitrag melden
04.02.2018 22:48
avatar  Rauschbass ( gelöscht )
#18 RE: Kirchenmusiker verzweifelt gesucht: die Organola
Ra
Rauschbass ( gelöscht )

Zitat von hahoern

Wenn ich mir die C/D-Ausbildungsjahrgänge in Eichstätt anschaue, dann gibt es in den letzten Jahren einen deutlich sichtbaren Rückgang.


Hast du da genaue Zahlen? Ich schau morgen mal ins Amt und sehe nach, ob diese Aussage zu validieren ist. Grundsätzlich ist die Nachwuchs- und Jugendarbeit in allen Bereichen in Bayern durch das G8 in Schieflage geraten, viele der Kandidaten, die das früher - zu meiner Zeit des uralten G9 - nebenbei gewuppt haben, kamen aus dem gymnasialen Bereich. Sowohl die Verkürzung (ein Jahr weniger zuhause) als auch der deutlich erhöhte Zeitaufwand ab der Mittelstufe führen zu einem Rückgang in allen Sparten des Ehrenamtes, so womöglich auch hier.
Dennoch ist eine ansprechende Ausstattung, ein anregendes Kursangebot und die gezeigte Wertschätzung der Kirchenmusik der Nachwuchspflege sicher zuträglich. Deutlich wird das am hohen Zuspruch der Jugendlichen in der Stadt und dem näheren Umland, was das Engagement in den Chören anbelangt - weder der Domchor noch die Jugendchöre können über mangelnden Zuspruch klagen.
LG


 Antworten

 Beitrag melden
05.02.2018 00:55
#19 RE: Kirchenmusiker verzweifelt gesucht: die Organola
cl

Zitat von hahoern

.... Aber dem potentiellen Auszubildenden wird in den Gemeinden schon rechtzeitig demonstriert, dass Qualität weder erwünscht ist noch sich irgendwie auszahlt. Ich schätze aber, dass dies kein lokales Phänomen ist...


Musikalisch un- oder verbildete Kleriker, oder auch die würdevollen Hasen aus dem Kirchenvorstand taten und tun das ihrige genau im Abschreckungsbereich. Zur Ausbildung müßte sicher auch ein "Kommunikationskurs" zum Umgang mit Klerikern und "Gemeindehonoratioren" gehören....
Diese Erfahrungen machen übrigens auch viele "Alte Hasen" (Haupt- und Nebenamtler) im Orgel/Chorfach... (Herzinfarkt, Schlaganfall, Depressionen, Burnout ... bis zum Suizid hinter der Orgel) war schon alles da. Auf ev. Seite habe ich in der Regel ein professionelleres Arbeitsfeld für die Musica sacra vorgefunden.

Liebe Grüße vom Clemens

 Antworten

 Beitrag melden
05.02.2018 17:42
#20 RE: Kirchenmusiker verzweifelt gesucht: die Organola
tr

Zitat von hahoern

Aber dem potentiellen Auszubildenden wird in den Gemeinden schon rechtzeitig demonstriert, dass Qualität weder erwünscht ist noch sich irgendwie auszahlt.


Also wenn ich mich an meine eigene Schulzeit zurückerinnere, habe ich mir mit dem Orgelspielen durchaus das Taschengeld deutlich aufgebessert. Wer kann schon von sich behaupten, mit seinem Hobby auch noch Geld zu verdienen? Besser als im Supermarkt Leergut zu sortieren oder in der Gastronomie zu jobben, was typische Tätigkeiten meienr Mitschüler waren, war der Sonntagvormittag auf der Orgelbank allemal. Auf das Erarbeiten der Literatur für den Unterricht und darüber hinaus, haben sich die regelmäßigen Dienste auch ausgezahlt, denn mit dem Ziel der Aufführung vor Augen übt es sich nunmal deutlich motivierter und die meisten Gemeinden signalisieren meiner Erfahrung nach durchaus Gefallen.


 Antworten

 Beitrag melden
06.02.2018 08:13
#21 RE: Kirchenmusiker verzweifelt gesucht: die Organola
Ti

Zitat von hahoern

An begabtem Nachwuchs fehlt es sicher nicht. Aber dem potentiellen Auszubildenden wird in den Gemeinden schon rechtzeitig demonstriert, dass Qualität weder erwünscht ist noch sich irgendwie auszahlt.
Ich schätze aber, dass dies kein lokales Phänomen ist...
LG



In der hiesigen evangelischen Gemeinde wird den Kirchenmusikern vom Pfarrer, der selbst Musiker, Gitarrist und Bandleader ist, immer wieder kommuniziert das er durchaus auch ohne Orgel, Chor und Kirchenmusiker ganz gut alleine zurecht kommt. Wie muss diese Einstellung auf unsere junge Nachwuchsorganistin wirken?! Zum Glück gibt es immer noch einige Gemeindemitglieder die sich am Orgelklang erfreuen. Ich finde es hängt sehr viel von der Einstellung der "Gottedienstverantwortlichen" zur Orgelmusik ab, ob das Instrument gepflegt wird und ob der Nachwuchs sowie die aktiven KiMus motiviert werden.
Als gelernter Verkäufer habe ich immer noch den Spruch meines Lehrherrn im Ohr der sagte: Wenn du die Ware die du verkaufen willst selbst nicht wertschätzt, dann erzielst du auch keinen guten Preis dafür.

Viele Grüße aus Osthessen
Stefan

Gloria Nobilis 352 Edition

 Antworten

 Beitrag melden
06.02.2018 09:10
#22 RE: Kirchenmusiker verzweifelt gesucht: die Organola
cl

Der Weisheit Deines Lehrherrn ist absolut beizupflichten.

Liebe Grüße vom Clemens

 Antworten

 Beitrag melden
07.02.2018 01:47
#23 RE: Kirchenmusiker verzweifelt gesucht: die Organola
avatar

Es kommt natürlich sehr auf das Milieu an. In meiner Studienzeit in Frankfurt hatte ich schon den Eindruck, dass die kleineren Kirchen sehr gerne möglichst wenig Orgel haben wollten (die Hauptkirchen sind natürlich etwas anderes). Ich glaube viele sahen in der Flucht vor der Orgel so etwas wie eine Möglichkeit der starken Säkularisation Frankfurts entgegen zu wirken. Mich hat das immer sehr gewurmt, dass man mich immer wieder an ein miserables Klavier zwingen wollte, weil das ja "schöner" sei.

Seit ich mich in ländlicheren Gefilden befinde, stelle ich auf jeden Fall fest, dass der Stellenwert der Orgel insgesamt höher ist. Auf vielen Dörfern auch bedingt durch eine "Das war schon immer so"-Mentalität. Diese Argumentationsgrundlage ist zwar an sich recht zweifelhaft, aber im Resultat durchaus von Vorteil. Die Jugendlichen hören noch regelmäßig Orgelmusik in ihrer Konfirmandenzeit in der Kirche und es gibt doch einige die Interesse zeigen. Meine Schüler kommen zumindest alle vom Dorf und keiner aus der Stadt.

Ein großes Problem der Motivation bleibt häufig die furchtbare Qualität bzw. der furchtbare Zustand vieler dörflicher Instrumente. In meiner Jugend war ich durch unsere Stadtkirchenorgel motiviert zu orgeln. Hätte ich nur die Dorforgeln meiner damaligen Region gekannt, hätte mich das nicht im geringsten gereizt. Ich kann mir schon vorstellen, dass viele Menschen keine Idee davon haben, was das Instrument Orgel eigentlich hergibt, da sie häufig nur ihre kleine Dorfkirche kennen, wo häufig auch nur noch notdürftig Organisten gefunden werden und man froh ist, wenn überhaupt jemand auf der Orgelbank sitzt. Natürlich kommt es auch immer darauf an ein die jeweiligen Instrumente ihrer Eigenart entsprechend zu spielen, aber häufig gibt es auch einfach Instrumente, die einfach keine Freude machen. Die "guten Orgeln" sind meist in der Hand der hauptamtlichen Kirchenmusiker oder aber von sehr versierten nebenberuflichen Organisten "besetzt". Was dann häufig übrig bleibt motiviert vielleicht nicht unbedingt zum Orgellernen und den eigenen Charme historischer Instrumente weiß man meist ja auch erst ab einem gewissen fachlichen Niveau zu schätzen.

Es mag sein, dass nicht alle Musiker an Gott glauben; an Bach jedoch alle. - Mauricio Kagel

 Antworten

 Beitrag melden
07.02.2018 06:28
#24 RE: Kirchenmusiker verzweifelt gesucht: die Organola
avatar
Moderator

Treffende Analyse. Ich sehe das ganz genau so.
Ich beobachte zudem hier in der Gegend immer öfter, dass Kirchenvorstände inzwischen problemlos ein paar Tausender für ein Digitalpiano hinblättern, das dann vorn im Altarraum mehr schlecht als recht traktiert wird, statt für dassselbe oder weniger Geld die Orgel zu pflegen zu lassen.
Von den hundert und mehr Jahre alten Wirthausklavieren in den Gemeindesälen, in die Generationen von Konfirmanden den Flohwalzer geklopft haben, ganz zu schweigen ...
Wir haben auch so ein Ding im Gemeindesaal. Ich habe es einmal probehalber angerührt. Seither nie wieder ... *grusel*

LG
Michael


 Antworten

 Beitrag melden
Bereits Mitglied?
Jetzt anmelden!
Mitglied werden?
Jetzt registrieren!