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Orgel-Halbmarathon Oberlausitz 2018
#16 RE: Orgel-Halbmarathon Oberlausitz 2018
Die Prospektpfeifen in Zittau St. Johannis sind schon mächtige Kaliber. Hinzu kommt eine sehr weite Mensur. In den Aufschnitt der mittleren 32'-Pfeife passen zwei EG nebeneinander, bayerische Großdruck-Ausgabe ...
Ein paar Kilometer entfernt, in Seifhennersdorf, steht die kleinere Schwester mit ca. 70 Registern, ebenfalls in einem tadellos restaurierten Zustand.
Offenbar hatten die Gemeinden in der Oberlausitz genug Geld, um sich solche spektakulären Instrumente zu leisten. Seifhennerdorf ist ein kleiner Marktflecken, vordem bekannt durch seine Uhrenindustrie. In der Kirche aus den 30er Jahren vermutet man II/25 oder so, kommt durch einen Seiteneingang herein und steht geplättet vor dem gewaltigen Freipfeifenprospekt auf der Empore.
Morgen gibt's noch die letzte Etappe, jetzt gibt's erst mal einen Abendspaziergang mit anschließendem Zapfenstreich.
LG
Michael
#17 RE: Orgel-Halbmarathon Oberlausitz 2018
Gerade habe ich noch die Disposition von Seifhennersdorf gefunden:
A. Schuster&Sohn
Zittau, Bj. 1936
1. Manual (C-a''')
Principal 16'
Bordun 16'
Principal 8'
Oktave 8'
Viola da Gamba 8'
Dulzflöte 8'
Hohlflöte 8'
Oktave 4'
Gemshorn 4'
Quinte 2 2/3'
Oktave 2'
Cornett 3-5f
Mixtur 1 1/3'
Kleinmixtur 3f 1/2'
Dulzian 16'
Trompete 8'
Schalmey 4'
2. Manual (C-a''')
Quintaden 16'
Hornprinzipal 8'
Rohrflöte 8'
Spillflöte 8'
Oktave 4'
Schweizerpfeife 4'
Gedacktpommer 4'
Koppelflöte 2'
Rauschpf. 2f 2 2/3'
Scharf 4f 1'
Terzzimbel 3f 1/5'
Rankett 16'
Bärpfeife 8'
-Schwebung - (Tremulant)
3. Manual (C-a''')
Gedackt 16'
Geigenprinc. 8'
Violine 8'
Lieblich Ged. 8'
Zartgeige 8'
Vox coelestis 8'
Principal 4'
Blockflöte 4'
Nachthorn 2'
Septime 1 1/7'
Flageolett 1'
Glockenton 3f 4'
Mixtur 4f 2'
Oboe 8'
Singend Regal 4'
4. Manual (C-a''')
Gedackt 8'
Quintaden 8'
Principal 4'
Rohrflöte 4'
Nasat 2 2/3'
Oktave 2'
Terzflöte 1 3/5'
Scharfquinte11/3'
Sifflöte 1'
Helle Zimb. 3f 1'
Krummhorn 8'
Pedal (C-g')
Untersatz 32'
Prinzipalbaß 16'
Dolcebaß 16'
Violonbaß 16'
Subbaß 16'
Oktavbaß 8'
Baßflöte 8'
Oktavbaß 4'
Hinters. 6f 5 1/3'
Pedalrausch. 4f 4'
Bombarde 32'
Posaune 16'
Trompetenbaß 8'
Klarine 4'
Singend Cornet 2'
Manualkoppeln
II-I/ III-I/ IV-I/
IV-II/ IV-III
Pedalkoppeln
I/ II/ III/ IV
Oberoktavk.
III-I/ II-P/III-P
Unteroktavk.
III-I
4 Freie Komb.
3 Freie Komb.
Forte
Fortissimo
Tutti
Tuttipedal
Walze
Walze ab
Generalkoppel
Mixturen ab
Rohrwerke ab
Manual 16' ab
Schweller II/III
LG
Michael
#18 RE: Orgel-Halbmarathon Oberlausitz 2018
Der Pfingstmontag begann mit romantischen Klängen in Bernstadt. In der dortigen Kirche mit ihrer interessanten Raumaufteilung steht eine Orgel mit mechanischer Kegellade von Hermann Eule aus 1889. Für dieses Instrument gibt es eine "Orgelkammer" rechts oberhalb des Chorraumes. In einem ungewöhnlich tief gestaffelten Gehäuse (mit dahinter installierter und funktionsfähiger Balganlage aus fünf Kastenbälgen) stehen II/29. Der satte Grundstimmenfond und das zur Erbauungszeit in der Region eher seltene Schwellwerk (mit einem originellen Fußhebel aus Gußeisen, der aussieht wie die Anlasserkurbel eines Oldtimers) erlauben die Darstellung romantischer Großwerke. Matthias Grünert spielte u.a. Mendelssohns A-Dur-Sonate, den 1. Satz comme il faut mit leichtem Stringendo über das ganze Stück. Dazu Rheinbergers II. Sonate As-Dur, deren Hauptthema an den Choral "Jesus, meine Zuversicht" erinnert. Hier gab's dann im Auditorium auch wieder die unvernünftigen Eltern, die ihre Babys einem romantischen Orgeltutti aussetzten - vermutlich in der festen Überzeugung, damit einen zukünftigen Nobelpreisträger optimal zu fördern. Es kam, wie es kommen musste: Säuglinge reagieren nun mal "not amused", wenn man sie mit 100 Dezibel beschallt - egal ob Orgel oder Rockband. Und Kraft hat diese Orgel ...
Hier ist sie in ein paar Details zu sehen:
https://www.dropbox.com/s/9f04b8f98fr21r...ospekt.jpg?dl=0
https://www.dropbox.com/s/t238zjvu4d13c3...empore.jpg?dl=0
https://www.dropbox.com/s/n6bcexzl8g8grc...detail.jpg?dl=0
https://www.dropbox.com/s/g2qdqgbu4dueiu...0links.jpg?dl=0
https://www.dropbox.com/s/setfzq5o3g27dq...rechts.jpg?dl=0
https://www.dropbox.com/s/yf44u28iauqbkv...-Hebel.jpg?dl=0
In der Kirche von Walddorf baute Schuster anno 1909 eine pneumatische Orgel mit II/28 in ein Jugenstil-Gehäuse, das die barockisierenden Formen der gezimmerten Emporen aufgreift. Die Orgel wurde von der Erbauerfirma nach dem Krieg "orgelbewegt" erweitert, ohne den Grundstimmenfundus zu "kastrieren". Herausgekommen ist eine nicht schlecht klingende "Universalorgel". Das Bach-Programm, das Matthias spielte (Concerto a-moll, "Schmücke, dich, o liebe Seele" aus den Leipzigern und P&F h-Moll 544) passte gut zu Raum und Instrument.
Auch dazu ein paar Bilder:
https://www.dropbox.com/s/19nmuk3m19qjou...%A4use.jpg?dl=0
https://www.dropbox.com/s/bvgl5lnuhoxgy8...gister.jpg?dl=0
https://www.dropbox.com/s/l9umvtpqebz96p...ltisch.jpg?dl=0
In Spremberg erwartete uns - ebenfalls in einem Jugendstilgehäuse, diesmal mit farbenfrohen florealen Ornamenten - eine Orgel aus 1901 von Hermann Eule. Sie wurde kurz vor dem Krieg von Schuster barockisiert uns bekam dabei wohl neue pneumatische Taschenladen, sie recht flink reagieren. Auch hier gab's Bach: P&F c-moll 537 und P&F Es-Dur 552 mit schön gesteigerter Tripelfuge.
Und so sieht's dort aus:
https://www.dropbox.com/s/be1wh3ghjk6bbp...ospekt.jpg?dl=0
https://www.dropbox.com/s/ev0mj35gs1rxp6...nament.jpg?dl=0
https://www.dropbox.com/s/24t9xa3ve3wl3k...ltisch.jpg?dl=0
Wo das bekannte Oppacher Mineralwassser sprudelt, hat man auch eine interessante Orgel in der Kirche. Es dürfte die erste in der Region gewesen sein, die die Abkehr von der Romantik brachte. Hermann Eule stellte II/23 auf Taschenladen und disponierte orgelbewegt, aber unforciert. Das Instrument wurde von der Erbauerfirma 1980 überarbeitet, die damals zwangweise als "VEB Orgelbau Bautzen" firmierte.
Auch darauf gab's Bach - und zwar ganz großen: zuerst Fantasie und Fuge g-moll 542, dann die Partita über "Christ, der du bist der helle Tag" und abschließend als Bonbon für die "Laufkundschaft" die "Epidemische". Man kann sie schmähen, wie man will: Es ist und bleibt ein schönes, wirkungsvolles Stück des organistischen Repertoires, wenn man einfach spielt, was dasteht und sich nicht in Individualismen un Manierismen verliert.
Hier der optische Rahmen:
https://www.dropbox.com/s/oilubf7hoi34tj...ospekt.jpg?dl=0
https://www.dropbox.com/s/1unwn51ne3q76o...ltisch.jpg?dl=0
Das Schlußkonzert des Halbmarahtons führte nach Neukirch, an den äußersten westlichen Rand der Oberlausitz. In ein regionaltypisches Kastengehäuse mit drei Prospektfeldern hatte Hermann Eule anno 1873 sein Opus 1 gebaut. Seine Nachfolger bauten 1939 in das selbe Gehäuse eine "moderne" Orgel mit II/27, die genauso von Walcker, Klais, Steinmeyer oder anderen gebaut worden sein könnte - durchaus "orgelbewegt" aber immer noch mit fülligen Grundstimmen und keineswegs grellen oder vorstechenden Aliquoten und Mixturen. Mendelssohns 2. Sonate c-moll ließ sich jedenfalls in angemessener Farbigkeit und kompakter Akkordik gut realisieren. Auch in Rheinbergers 19. Sonate g-moll ließ sich die eingängige Thematik, die im 2. Satz zu einem Variationszyklus entfaltet ist, sehr gut darstellen. Liszts BACH-Fantasie wurde für den Interpreten zum Ritt auf der Rasierklinge, denn die Pneumatik erwies sich den Anforderungen an ein hochvirtuoses Spiel nicht unbedingt gewachsen ... Na ja, mit knapp 80 Lenzen werden ältere Damen dann doch meistens etwas träge ...
Hier die Bilder:
https://www.dropbox.com/s/npjm95juoobsqy...%A4use.jpg?dl=0
https://www.dropbox.com/s/18o4ia5z10vcd4...0links.jpg?dl=0
https://www.dropbox.com/s/lsbdwu4lszf5jw...rechts.jpg?dl=0
https://www.dropbox.com/s/1m7rwa22zb8rfh...ltisch.jpg?dl=0
Damit war der Orgel-Halbmarathon Oberlausitz 2018 Geschichte. Vom 8. bis zum 12. August gibt es dann den "ganzen" Marathon in der Eifel. Mehr dazu hier: https://orgelarena.de/orgelmarathon-eifel-2018/
Leider wird es keine Sendung mehr geben. Alles hat ein Ende - auch mein Berufsleben. Ich werde die Files bearbeiten und sie dem ausrichtenden Verein "Kirchenklang e. V." bereitstellen. Dort muss dann entschieden werden, ob eine Doku-CD gepresst wird oder einzelne Stücke auf die Page des Vereins gestellt werden. Der Interpret muss natürlich vorher die Aufnahmen freigeben. Bis ich soweit bin, kann es einige Wochen dauern. Auf jeden Fall werde ich um die Erlaubnis bitten, einige Sachen in meiner Dropbox zu parken.
LG
Michael
Auch von mir für Berichte und Bilder.
Sie erinnern mich an unsere Fahrt Anfang Juni letzten Jahres mit dem Kirchenchor und dem Orgelbau-Verein nach Sachsen. Wir fuhren über Leipzig mit Orgelvorführungen in der neuen Propsteikirche (Vleugels) und in der Nikolaikirche (Ladegast/Eule) ins Benno-Haus bei Bautzen. Am nächsten Tag gings dann durch die Oberlausitz mit Stationen in Cunewalde (Orgel von Gottfried Müller und Reiß, rest. von Eule), Ebersbach (Eule-Orgel), Zittau (Schuster-Orgel Johanniskirche und Fastentuch), Görlitz (mit Konzert an der Sonnenorgel) nach Bautzen (Eule-Orgel im Dom leider gerade in Überholung). Am dritten und leider schon letzten Tag dann nach der Betriebsbesichtigung bei Eule nach Dresden mit Mittags-Orgelkonzert in der Frauenkirche und abschließend der Orgelpunkt um 15 Uhr in der Kreuzkirche.
LG in die Runde
Thomas
#23 RE: Orgel-Halbmarathon Oberlausitz 2018
In der Gegend hat der Instrumentenbau eine lange Tradition. In den böhmischen Wäldern, die sich über den Kamm des Zittauer Gebirges entlang der Grenze zu Tschechien ziehen, wächst aufgrund der rauhen Witterung ein sehr feinjähriges Kiefernholz von hoher Dichte, das sich sehr gut zum Bau von Instrumenten-Corpora oder von Holzpfeifen eignet.
LG
Michael
Zitat von ThoFi
O ja! Die Premumlinie von C. Bechstein wird noch in Seifhennersdorf gebaut.
***off topic/Anfang***
Stimmt.
Vor ein paar Jahren, in der irrigen Annahme es wäre noch genügend Resttalent von früher vorhanden, habe ich tief ins Portemonnaie gegriffen und mir ein nagelneues C. Bechstein C8 Konzertklavier gekauft. Dies nach intensiven Vergleichen mit der Konkurrenz, insbesondere dem Steinway K-132.
Zur Erheiterung will Euch ich ein Video, das das Fragment des doch unerfreulichen Zwischenstands beim Einstudieren von Griegs "Hochzeitstag auf Troldhaugen" auf besagtem C8 dokumentiert und das als einziges Video überlebt hat, nicht vorenthalten. Da das alles nicht so lief, wie ich es mir vorstellte, habe ich das wirklich tolle Klavier bald wieder verkauft...
https://www.dropbox.com/s/uanurgjusbojyr4/bechstein%20troldhaugen%20matthias.MOV?dl=0
(Ich werde es allerdings höchstens eine Woche offen lassen)
LG
Matthias
***off topic/Ende
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