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Gregorianik - Für und Wider
Ach ja. .
... als "Außenstehender", der, Gott sei Dank, dem liturgischen Mainstream mit seinen Fernsehköchetheken, "NGL" s bis zu "Kirchenbands", schon länger entronnen ist, kann ich immer wieder nur feststellen, wie froh ich bin, auf diesen ganzen theologischen und kirchenmusikalischen "Mainstream" nicht mehr angewiesen zu sein!
Wurde schon im "alten" GL der Gregorianische Choral", selbst noch nach der Liturgiekonstitution des II. Vatikanischen Konzils der "der römischen Liturgie eigene Gesang", dem danach sogar "der erste Platz eingeräumt" werden soll, recht stiefmütterlich behandelt, setzt sich dies im neuen GL konsequenterweise fort: Noch ein lateinisches Meßordinarium weniger. Besonders ärgerlich ist es, daß die an und für sich insgesamt neunmal zu singenden Kyrie-Gesänge, bedingt durch den antirituellen Kürzungswahn, auf sechs verkürzt wurden!
Dafür wird dann den - nichtliturgischen - Volks-Kirchenliedern (bei denen man etliche, glaubensmäßig zu klare Strophen einfach weggelassen oder auf harmlos umgedichtet wurden!) und "Kehrversen" dermaßen viel Raum gewährt, daß das Buch noch dickleibiger und unhandlicher ausgefallen ist, als das alte. Orgelbücher braucht (?) es nun drei..
Von der äußeren Gestaltung des Einbandes mit einer undefinierbaren, esoterisch angehauchten "Gestaltung" will ich gar nicht reden..
Mit der römisch-katholischen Liturgie hat diese "Vox-populi" - Sammlung nicht mehr viel zu tun.. Da ist mehr Zeitgeist als Heiliger Geist angesagt...
Umso positiver, daß sich doch, unter dem "Mainstream" , liturgisch bewußte Glaubensinseln bilden, in denen der Gregorianische Choral seinen ersten Rang auch tatsächlich erhält! Da gibt es einen wunderbaren "Volkschoral" , bei dem das Volk viele Gregorianische Ordinarien (aus dem Volks-Kyriale des "Schott" - Meßbuchs von 1962) gut beherrscht und eifrig mitsingt.
Für die paar deutschen Lieder wird das letzte Diözesangesangbuch verwendet, das viele wertvolle und vom Glauben geprägte Lieder enthält, die schon beim alten GL unter den Tisch gefallen sind. Vor allem bei den Andachten, besonders bei den Sakramebtsandachten, (jawohl, so etwas gibt es auch noch!), macht sich das alte Gesangbuch ("Magnifikat", Ausgabe 1960) äußerst positiv bemerkbar! Da hat das quantitativ dicke GL wenig zu bieten..
Ja, kaum zu glauben, aber so etwas gibt es auch "in unserer Zeit"! Und über "altes" oder "neues" GL brauchen wir uns keine Gedanken zu machen...Nur mal so...
#2 RE:Gregorianik - Für und Wider
So unterschiedlich können die Kontexte sein.
Ich wurde erst letzten Sonntag vom Pfarrer in großer Besorgnis angerufen, weil auf dem Liedplan die „Missa mundi“ stand... diese sei der Gemeinde (Domkirche! :facepalm:) unbekannt. Stimmt nicht, die sehr einfach Missa mundi wird im Großen und Ganzen beherrscht, die „Adventus et Quadragesima“ leider nicht. Realitäten, die man beklagen kann. Aber Realitäten.
Ja, klar.. Es geht um das unsägliche "GL". Will auch nicht weiter vom Thema abweichen, nur mal zum Thema "Realitäten" : Daß die Gemeinden die Gregorianischen Messen beherrschen, fällt ja nicht vom Himmel! Die müssen ja schließlich auch eingeübt werden! Das erfordert natürlich eine gewisse Zeit und auch Geduld!
Aber wenn man die Gemeinden jahrzehntelang nur Liedchen und Kehrverschen beschäftigt, kann man wohl kaum erwarten, daß sie stantepede gleich Choralmessen singen können! Also, eine solche Sichtweise, ist schon schizophren! Außerdem spielt auch die nachkonziliare des Chorals im "Gemeindegottesdienst" (!) eine nicht unerhebliche Rolle! Das "neue" GL macht es ja vor!
Choralgesang ist ja etwas "reaktionäres"!
Wir haben es immerhin auf 10 Ordinarien "gebracht" : 1. "Lux et origo" (Osterzeit) 4. "Cunctipotens genitor Deus" (An Festen a) 8. "De Angelis" (An Festen b, daß ist die bekannteste!), 9. “Cum jubilo" (An Marienfesten a, eine ganz wunderbare aber auch durchaus anspruchsvolle Messe), 10. "Alme Pater" (An Marienfesten b, die war noch im "alten" GL, allerdings ohne Gloria), 11. "Orbis factor" (An gewöhnlichen Sonntagen während des Jahres - Dies ist die am häufigsten gesungene Choralmesse!), 15. "Dominator Deus" (An einfachen Festen) 16. (An gewöhnlichen Wochentagen während des Jahres), 17. "Adventus et Quadragesima" (An den Sonntagen der Advents-und Fastenzeit; Bei dieser Messe gibt es zwei Kyrie: Kyrie 1 ist das gewöhnliche, das Kyrie 2, das heute ausschließlich in den Gesangbüchern steht, ist eigentlich nur an den "rosa Sonntagen" "Gaudete" und "Laetare" vorgesehen!), 18. (An gewöhnlichen Wochentagen während der Advents-und Fastenzeit, an Vigiltagen, an den Quatember-und Bittagen). Und natürlich das Requiem mit Liberia me(an Allerseelen und bei Totenmessen).
Dazu dann noch Credo 1,3 und 4 (das ist besonders festlich!).
An den Sonntagen wird noch zur Austeilung des Weihwassers die Antiphon "Asoerges me" gesungen (An den Sonntagen in der Osterzeit "Vidi aquam").
Am Ende der Messe werden die je nach Zeit des Kirchenjahres vorgesehenen vier Marianischen Antiphonen gesungen (die stehen "gnädigerweise" noch im "neuen" GL!)
Die Propriumsgesänge mit den wechselnden Texten werden von einer Schola bzw. vom Kantor gesungen: Introitus, Graduale, Alleluja, (in der Vorfasten- und Fastenzeit entfällt das Alleluja und wird durch den Tractus ersetzt), Offertorium und Communio (mit den dazugehörigen, Psalmversen während der Kommunionspendung.
Die Abhandlung ist zwar ausführlich geraten, will aber verdeutlichen, w e l c h e Gesänge an erster Stelle in ein katholisches Gesangbuch gehört, auch noch nach den Vorgaben der Liturgiekonstitution des II. Vatikanischen Konzils!
Aber davon sind wir in unseren westeuropäischen Mainstream-Kirchen weit entfernt Es fehlt jeder Wille von Seiten der Zuständigen, daran irgend etwas zu ändern!
DAS sind die Realitäten!
Herzliche Grüße
Bernhard
#4 RE: RE:Gregorianik - Für und Wider
Wie heißt doch das berühmte Zitat: Wenn ich einem Volk die Identität nehme, nehme ich ihnen ihre Lieder....
Das vieles an Choral in Vergessenheit geraten ist, liegt an den Klerikern, die ja häufig nicht einmal mehr eines gepflegten Lateins mächtig sind (von Griechisch und Hebräisch wollen wir gar nicht reden). Gehörte bis in die 70-iger Jahre eine persönliche Gesangsausbildung mit Stimmbildner inkl. Choral zur Regel, fällt das heute im Priesterseminar häufig völlig hinten runter. Von Josef Ahrens (Berlin) ist folgendes Dictum für die Klerikerausbildung überliefert: Jeder Kleriker, der eine vernünftige Liedauswahl anordnen will, solle zuerst in der Lage sein, einen mindestens zweistimmigen Kontrapunkt auszusetzen..... Wer die Wurzeln nicht mal kennt....
Man mag das ja bedauern, aber hierzulande ist nicht mehr viel mit Gregorianik zu holen. Ich habe neulich mal ein Choralamt mit der Engelmesse gemacht. Viel gesungen wurde da unten wohl nicht. Das ist eben aus den Gemeinden raus. Mit Lux et Oregano brauche ich dann erst gar nicht zu versuchen. Und man mus realistisch sein: Die Kirchen sind hier so kaputt, einer "Gemeinde" (die es eigentlich nicht mehr gibt) ein "Repertoire" beibringen zu wollen, ist bei diesen Verhältnissen hoffnungslos.
Sicherlich ist es lobenswert, wenn in den Gottesdiensten auch die lateinischen Gesänge gesungen werden. Man muß hier die Frage stellen wie das z.B. in einer kleinen Dorfkirche auf dem Lande überhaupt umsetzbar sein soll ?
Das GL. ist ein Gesangbuch für alle deutschsprachigen Diözesen. Die Fülle an Liedern und Gesängen aus allen Epochen ist unüberschaubar. Ein Gesangbuch kann somit nur einen kleinen Ausschnitt dieser Fülle bieten.
Ganz nebenbei erwähnt hat man auch in der Vor-GL-Zeit den lateinischen Messgesang sicherlich nur in einigen Gemeinden gepflegt. Meine Eltern (Vater wird dieses Jahr 80) kennen das lateinische Ordinarium jedenfalls nicht aus ihrer Kindheit und Jugend. Die Messe wurde zwar in Latein gehalten; gesungen wurde jedoch in Landessprache (Stichwort: Bet-Singmesse).
Jesaiah
(
gelöscht
)
#7 RE: RE:Gregorianik - Für und Wider
Ja, so kenne ich das auch. Ich liebe Gregorianik und praktiziere sie selbst auch bei Gelegenheit (naja, in den Psalmtönen halt...), aber schon in meiner Zeit als Ministrant in den frühen 70ern waren lateinische Lieder nicht mehr bekannt in unserem Dorf. Heute habe ich in unserer Kirche schon meine liebe Not, die Leute bei den Standardgesängen mitzuziehen.
Ein zunehmendes Problem ist, dass die zum Teil melodisch großartigen Lieder im GL den Jugendlichen heute textlich absolut nichts mehr sagen, weil jede Referenz fehlt - Beispiel: "Komm, du Heiland aller Welt; Sohn der Jungfrau, mach dich kund" - Was eine Jungfrau ist, ist ohnehin schon weitgehen unbekannt; aber den Terminus "Heiland" haben noch die wenigsten gehört bzw. können ihn deuten; und was "kund machen" heißt, naja ...
Sorry, ich glaube, ich habe heute meinen sprachpessimistischen Tag...
Zitat von Jesaiah im Beitrag #7
Ein zunehmendes Problem ist, dass die zum Teil melodisch großartigen Lieder im GL den Jugendlichen heute textlich absolut nichts mehr sagen, weil jede Referenz fehlt
So neu ist das Phänomen nicht. Ich erinnere mich dunkel, dass ich in meinen Kinder- und Jugendtagen auch so manches mitgesungen habe, ohne den Text zu verstehen oder mir über den Inhalt Gedanken zu machen. Um so mehr habe ich mich an den Melodien gefreut...
Zitat von Jesaiah im Beitrag #7
Sorry, ich glaube, ich habe heute meinen sprachpessimistischen Tag...
Aus Sicht des Kirchenmusikers ist das sicherlich zu bedauern, aus Sicht des Sprachwissenschaftlers höchst beruhigend. Jede lebendige Sprache und Kultur entwickelt sich weiter; tut sie das nicht mehr, dann ist sie tot oder im Sterben begriffen.
Ganz ehrlich: Wenn die Jugendlichen von heute zu "alten" Texten einen barrierefreien Zugang hätten, würde ich mir mehr Sorgen machen.
Hallo,
da in diesem Faden nicht nur das neue GL angesprochen wird, muss ich in einigen Passagen im Folgenden etwas OT werden.
Ich jedenfalls kann das Ausgangsposting nicht so recht nachvollziehen. Es kann ja sein, dass Gregorianik nicht recht bei den Gottesdienstbesuchern verankert ist. Aber was hat das mit dem neuen GL zu tun?
Ich bin mittlerweilen schon ein bisschen älter und habe auch noch die Zeit vor der Liturgiereform erlebt, auch als Ministrant. Da musste ich zwar lateinische Gebete wie das Stufengebet auswendig vor mich hinbrabbeln, aber was die Worte nun genau bedeuten, hat uns niemand verraten.
Und wenn ich auf diese Zeit (60er Jahre) zurückblicke, fällt mir beim besten Willen nicht ein, wo im Gottesdienst je Gregorianik erklungen wäre - außer vielleicht beim Halleluja an Ostern. Die tridentinische (Bet-Sing-)Messe, so wie ich sie in Erinnerung hatte, bestand darin, dass der Priester oben am Altar hantierte und das "Volk" irgendetwas zum Gloria, zum Sanktus etc. gesungen hat, jedenfalls nichts liturgisch Relevantes. In der Regel wurde eine von 3 oder 4 üblichen Singmessen gesungen.
Singen von Psalmen (wenn auch auf Deutsch) oder auch einmal etwas Lateinisches habe ich erst nach der Liturgiereform erlebt. Wir hatten in der ersten Hälfte der 70er Jahre eine Jugendschola, in der ich mit anderen begeistert neue Lieder und auch Kehrverse, Psalmen usw. mit der Gemeinde eingeführt und eingeübt bzw. vorgetragen habe. Das war ein bedeutender Qualitätssprung. Und das hat sich bis heute in meinem Erfahrungsraum im Nordosten Deutschlands sogar noch gesteigert.
Gerade das neue GL bietet für meine Bedürfnisse und nach Rückmeldung vieler Gemeindemitglieder eine sehr ausgewogene Mischung von Gesängen, Gebeten, Liedern aller möglichen Richtungen. Es ist meiner Erfahrung nach sogar so, dass das neue GL tatsächlich auch in Hauskreisen etc. stärker verwendet wird als das alte; bis vor Einführung des neuen GL hat man sich mit Kopien behelfen müssen. Damit ist ja wohl zumindest ein Ziel erreicht.
Wenn irgendwo das eine oder andere Ordinarium fehlen sollte oder das eine oder andere Lied, nu denn, Kopierer gibt es ja immer noch; insbesondere weil Gregorianik ja gemeinfrei ist, sollte das keine grundsätzlichen Probleme aufwerfen, einfach ins Notensatzprogram einhacken und schon kann man ein "Hefterl" machen.
Ich glaube im Gegensatz zu vielen, die die Vergangenheit verklären, dass Gottesdienste heute deutlich bewusster gefeiert werden, als das in den letzten 1000 Jahren der Fall war. In Lübeck gab es in der Marienkirche einen Raum, in dem die Kaufleute im Mittelalter Verträge schlossen, während an den einzelnen Altären hübsch durcheinander Messen für die unterschiedlichsten Anliegen "gelesen" wurden. In "katholischen" Ländern gibt es bis heute bisweilen das Phänomen, dass Leute in die Kirche gehen, einen Gottesdienst zu Ende besuchen und dann vom nächsten den Anfang, um ihre Sonntagspflicht komplett zu erfüllen.
Im orthodoxen Gottesdiensten, in denen ja liturgische Gesänge ähnlich der Gregorianik mehr oder weniger durchgesungen werden, habe ich ein dauerndes Kommen und Gehen beobachtet: Die Leute laufen herum, kaufen am Kiosk Kerzen, stecken diese vor Heiligenbilder und zünden sie an, treffen sich zum Ratschen in einem Seitenraum usw. Das ist ja auch einmal ganz spannend, entspricht aber nicht so ganz meinen Bedürfnissen. Die Liturgiereform hat für mich den Gottesdienst als Feier der aktiven Gemeinde neu konzipiert und das finde ich persönlich großartig. Priester, Ministranten, Kommunionhelfer, Organist, Kantor/Schola, Lektoren für Lesung und Fürbitten, Gabensammler und Küster wirken zusammen.
Das Problem, dass die Kirchen immer mehr in schwere Wasser geraten, hat m.E. weder mit Gregorianik noch mit dem GL zu tun.
Beste Grüße von der Waterkant
Christoph P.
Zitat von pvh im Beitrag #9
Ich glaube im Gegensatz zu vielen, die die Vergangenheit verklären, dass Gottesdienste heute deutlich bewusster gefeiert werden, als das in den letzten 1000 Jahren der Fall war. In Lübeck gab es in der Marienkirche einen Raum, in dem die Kaufleute im Mittelalter Verträge schlossen, während an den einzelnen Altären hübsch durcheinander Messen für die unterschiedlichsten Anliegen "gelesen" wurden. In "katholischen" Ländern gibt es bis heute bisweilen das Phänomen, dass Leute in die Kirche gehen, einen Gottesdienst zu Ende besuchen und dann vom nächsten den Anfang, um ihre Sonntagspflicht komplett zu erfüllen.
Das deckt sich mit den Erzählungen meiner Mutter (knapp 90) aus der Zeit vor der Liturgiereform. Als kleiner Junge habe ich im Bücherschrank das Schott-Messbuch aus ihren Jugendjahren aufgestöbert, und auf meine Frage, was das denn sei, antwortete sie sinngemäß, dass das aus der Zeit sei, als die Messe auf Latein gelesen wurde und dazu diente, dass die Gemeinde wenigstens ansatzweise versteht, was gerade passiert. In ihrem Umfeld war es damals auch gang und gäbe, dass ein Teil der Gemeinde (überwiegend ältere Männer) nach dem Evangelium die Kirche in Richtung des benachbarten Gasthauses verlassen hat und erst pünktlich zur Wandlung wieder zurück war...
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