Popmusik im Raum der Kirche

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07.10.2020 11:45
#16 RE: Popmusik im Raum der Kirche
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Administrator

Zu dem kontroversen Thema melde ich mich selten zu Wort.
In der Kirche, wo ich Dienst tue, lag zufällig noch das Programm des Firmungsgottesdienstes herum; ich sage nur so viel: Qualitätsvolle Dichtung ist im Bereich des Neuen Geistlichen Liedes eher die Ausnahme. Oft bestehen die Liedtexte aus nur wenigen Sätzen oder gar nur einem Statement, welches oft wiederholt wird. Musikalisch findet eine Art von Stilkopie statt - Lieder, wie man sie aus dem Radio kennt, die aber in ihrer Machart nie für Gemeindegesang, sondern für den Vortrag durch einen Solosänger komponiert sind.

Mir hat schon in meiner Kindheit und Jugendzeit das NGL nicht gefallen - von wenigen Ausnahmen, die ich bis heute mag, abgesehen.
Abgesehen von einer Geschmacksdiskussion wünsche ich mir aber musikalisch und sprachlich fundierte Stellungnahmen, warum diese oder jene Melodie schlecht (oder gut!) gemacht ist, ebensolches für die Texte.
Manches NGL möchte ich aus dem Gemeinderepertoire nicht mehr wegdenken, z.B. Klaus Heizmanns "Meine Seele ist stille in dir".

Mein Religionslehrer in der Volksschule, zugleich der Pfarrer, hat sich Zeit genommen, mit uns Kindern Lieder aus dem GL nicht nur zu erlernen, sondern auch zu besprechen - gerade auch jene, die für Kinder schwer verständlich sind, wie z.B. "O Heiland, reiß die Himmel auf". Plötzlich konnten wir mit den alten Texten etwas anfangen. Gott vergelte ihm, was er uns damit Gutes getan hat.


Auf Orgelsuche.

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07.10.2020 12:08
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#17 RE: Popmusik im Raum der Kirche
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Zitat von Gemshorn im Beitrag #16
Abgesehen von einer Geschmacksdiskussion wünsche ich mir aber musikalisch und sprachlich fundierte Stellungnahmen, warum diese oder jene Melodie schlecht (oder gut!) gemacht ist, ebensolches für die Texte.

Genau daran happert es, und das schon seit langem: Eine fachlich fundierte und öffentliche Diskussion um die Qualität der Texte und Melodien, und zwar quer durch alle Stil-/Zeit-Empochen. Bis dato kenne ich leider nur wenige Verantwortliche die dazu fachlich in der Lage oder willens sind . . .

Zitat von Gemshorn im Beitrag #16
Mein Religionslehrer in der Volksschule, zugleich der Pfarrer, hat sich Zeit genommen, mit uns Kindern Lieder aus dem GL nicht nur zu erlernen, sondern auch zu besprechen

Und an solchen Personen mangelt es scheinbar leider gewaltig - weswegen meine Grundhaltung zu dieser Thematik (Und parallel dazu gilt m.E. das gleiche auch für die Kulturszene . . .) eher pessemistisch ist.

Mit mittäglichem Gruß

Flauten


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07.10.2020 13:02 (zuletzt bearbeitet: 09.04.2021 10:53)
#18 RE: Popmusik im Raum der Kirche
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Moderator

Diese Diskussion um theologische Qualität der Texte und musikalische Qualität der Melodik/Harmonik wird unter den Fachmusikern seit den 60er Jahren geführt. Aber nahezu ausnahmslos "in foro interno". Ich dürfte in den vergangenen 40 Jahren an mindestens zwei Dutzend Tagungen teilgenommen haben, deren Thematik um NGL und deren Qualitätskriterien kreiste - u.a. mit Siggi Fietz, Manfred Siebald, Fritz Baltruweit, Piet Janssens, M.G. Schneider, Klaus Heizmann und anderen anerkannten Komponisten des Genres. Es gibt da durchaus eine "erste Garnitur" von Komponisten, denen sinnstiftende Texte und von der Gemeinde stolperfrei singbare Melodien ein ernstes Anliegen sind. Aber die Szene wird zu einem großen Teil von klampfenden Reimschmieden und -schmiedinnen geprägt.

Aus "pastoralen" Gründen lässt man - leider - die "vox populi" entscheiden, statt geschmacksbildend zu wirken. (Die Texte eines Friedrich von Spee oder Gerhardt Tersteegen hätten zu Lebzeiten der Dichter sicher kein Publikumsvotum überlebt.) Dazu muss man natürlich 'raus aus dem elfenbeinernen Turm, muss sich und seine Arbeit allgemein verständlich erklären. Der Satz "ich mache hier Kunst und davon versteht ihr Banausen nix," ist eine absolute Killerphrase. Mein Kernsatz lautet hingegen: "Mein Job ist es, Euch dabei zu helfen, gut und vor allem gern zu singen."

Ich hatte dieser Tage noch ein interessantes Gespräch mit einem Presbyter, dem ich erklärt habe, warum auf einer einmanualigen Denkmalorgel viele NGL noch schlechter zu realisieren sind als auf einem modernen Instrument. Ich habe ihm z.B. vorgemacht, wie die Orgel auf schnelle Repetitionen vielstimmiger Akkorde in der l.H. reagiert. Hinterher hatte ich den Eindruck, dass dem Mann ein Licht aufgegangen ist. Er selber fand den Vergleich mit einer "Kirmesorgel". Er wird sicher nicht mehr auf die Idee kommen, mich um "was Modernes" zu bitten ...

LG
Michael


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