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Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
#17 RE: Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
Zitat von Gemshorn im Beitrag #16
Nicht um einer Beliebigkeit das Wort zu reden: Aber gerade beim Registrieren finde ich Kreativität gut. Wenn eine Kombination gefällt, warum soll man sie nicht verwenden? Weil irgendein Lehrbuch sagt, das tut man nicht?
Das sehe ich auch 100% gleich! Es bleibt ja oft auch nichts anderes übrig, wenn man einen bestimmten Klangcharakter erzielen möchte. Und oft kommen genau dann spannende Kombinationen raus, die im „Buch“ so definitiv nicht gelehrt werden...
Das Basiswissen, wie Stile sich aber grundsätzlich zusammensetzen, hilft dabei natürlich immens, die Grundauswahl auszuprobieren.
Cavaille-Coll St. Sernin / Toulouse - oder so was in der Richtung... ;-)
Gloria Concerto 469 CC - 2021
www.orgelmusik-kelkheim.de
#18 RE: Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
Ja, oft ist es vor allem wichtig einen Klang im Kopf zu haben (der ist häufig durch die Lehrmeinung vorgeprägt), dem man sich annähert. Häufig bieten unkonventionelle Lösungen am Ende das überzeugendste Ergebnis, gerade wenn man Werke an stilistisch eher artfremden Instrumenten interpretiert. Manchmal entspringt da natürlich auch ein neuartiger Klang, der wiederum auch überzeugen kann. Jedoch gibt es natürlich auch Musik, wo natürlich ein gewisser Klang zentraler Teil der Erfindung des Stückes ist, dem man dann vielleicht schon eher nacheifern sollte, anstatt ihn neu zu erfinden?
Ach es ist immer so schwierig Grundsatzurteile zu fällen, also sollte man das vielleicht besser unterlassen...
#19 RE: Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
Zitat von Gemshorn im Beitrag #16
Aber gerade beim Registrieren finde ich Kreativität gut. Wenn eine Kombination gefällt, warum soll man sie nicht verwenden? Weil irgendein Lehrbuch sagt, das tut man nicht?
Das entbindet nicht von der Kenntnis der Regeln. Wer Regeln beherrscht, darf sie durchbrechen. Bach sagt man nach, dass er beim Registrieren die Regeln konsequent genutzt und sie dann ebenso konsequent durchbrochen hat.
LG
Michael
#20 RE: Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
Plakativstes Beispiel dafür war das meiner Generation noch als eherne Regel eingebleute Aequalverbot. Ich habe das nie beachtet. Denn mit einer "breiten" Flöte 8' lässt sich mancher magere Prinzipal pimpen. Flöte und Streicher 8' im Nebenwerk mancher Neobarockerin ergeben einen brauchbaren Echoprinzipal und koppelt man die beiden leisen 8'er zusammen, erhält man durch die leichte Stimmungsdifferenz bei etagenweise aufgestellten Werken bisweilen eine noble Flötenschwebung.
Entstanden ist das Aequalverbot wohl aus dem ökonomischen Denken. Wind war in den engen Kanzellen mancher Barockorgeln eine spärlich vorhandene Ressource. Also nahm man von den Windfressern in 8'- und 16'-Lage nur das Nötigste. Die Kegellade trat Mitte des 19. Jh. ihren Siegeszug an (vor allem durch E.F. Walcker und seinen großen Schülerkreis), weil man jedem Register jetzt ausreichend Wind zuweisen konnte und die Intonation der kleinfüßigen Stimmen leichter wurde, wenn die großen Windfresser den kleinen nicht die Atemluft raubten ...
Zudem verbesserte sich die Stimmhaltung, weil sich Pfeifen desselben Registers auf gleicher Kanzelle im Akkord gegenseitig "rein" zogen.
LG
Michael
Den im letzten Satz genannten Effekt würde ich gerne verstehen lernen.
Oft darüber gelesen erschien mir das immer wie schwarze Magie; woher weiß denn die eine Pfeife, in welche Richtung sie sich stimmungsmäßig zu bewegen hat? Gibt es dafür eine kurze und einleuchtende Erklärung für einen Nichtphysiker?
#22 RE: Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
Zitat von Gemshorn im Beitrag #21
Oft darüber gelesen erschien mir das immer wie schwarze Magie; woher weiß denn die eine Pfeife, in welche Richtung sie sich stimmungsmäßig zu bewegen hat? Gibt es dafür eine kurze und einleuchtende Erklärung für einen Nichtphysiker?
Schwarze Magie trifft es ganz gut . Ich habe gerade ein wenig in die Dissertation von Jost Leonhardt Fischer hineingelesen, die den Titel Nichtlineare Kopplungsmechanismen akustischer Oszillatoren am Beispiel der Synchronisation von Orgelpfeifen trägt und sich mit solchen Fragestellungen beschäftigt. Allerdings ist es eine Arbeit in theoretischer Physik . Der Volltext ist über den ersten Link oben abzurufen.
Wenn ich es richtig verstanden habe, einigen sich die beiden Pfeifen auf den Mittelwert ihrer beiden Frequenzen, wenn eine bestimmte Frequenzdifferenz unterschritten und das sogenannte "Synchronisationsplateau" erreicht wird. Eine bedeutende Rolle spielt dabei die Distanz zwischen den beiden Pfeifen, weshalb in diesem Beitrag im Deutschlandfunk die Rede davon ist, den Orgelbauen Karten erstellen zu können, wie die Pfeifen idealerweise angeordnet sein sollten, um Synchronisationseffekte zu vermeiden.
Es gibt doch auf YouTube diese Videos, in denen Metronome sich miteinander synchronisieren und am Ende alle zusammen im Takt schwingen. Ich denke, das dürfte derselbe Effekt sein - erklären kann ich ihn allerdings nicht.
Viele Grüße
Trompetendulzian
#23 RE: Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
An solchen Effekten hat Carl Jung, Lehrer an der Meisterschule für Orgelbau in Ludwigsburg, bereits Ende 50er/Anfang 60er Jahre experimentell gearbeitet. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse seinerzeit in den "Walcker-Hausmitteilungen". Ich glaube, auf der Page von Gerhard Walcker-Mayer sind die Hefte inzwischen vollständig faksimiliert.
Ich könnte mir auch vorstellen, dass Prof. Werner Lottermoser von der PTB Braunschweig, in dieser Zeit der Fürst der Orgelakustiker, in diese Richtung gearbeitet hat. Im zweibändigen Buch "Orgeln, Kirchen und Akustik", hat er in den 60ern eine recht verständliche Zusammenfassung seiner Untersuchungen veröffentlicht.
Da sich die Naturgesetze inzwischen nur marginal verändert haben , dürfte es heute noch aktuell sein.
Im ZVAB habe ich das hier gefunden - leider teuer. Ein Vielfaches des damaligen Verkaufspreises.
https://www.zvab.com/servlet/SearchResul...d+Akustik&isbn=
LG
Michael
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