Unterschiede Mixtur, Acuta und Co

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15.05.2021 17:00
#1 Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
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Hallo zusammen,

was macht man besseres an so einem grauen und verregneten Samstag-Nachmittag, als sich Gedanken über Orgelregister zu machen... Insbesondere zum x-ten Mal die Dispo der geplanten GC CC anzuschauen.

Dabei ist mir aufgefallen, dass ich zwar weiss, was ein Mixturregister ist, wie es aufgebaut ist, welche Repetieranordnung es gibt (grob zumindest). Aber was der Unterschied zu anderen Mixtur-Registern sind, da bin ich mir gar nicht mehr sicher...

Ein „Scharf III“ ist noch klar, aber was ist anders bei einer „Acuta“? Was macht eine Zimbel zu einer Zimbel? Und Rauschpfeife oder Hintersatz hatte in meinem Klanggedächtnis den eher kratzenden und röhrenden Charakter neoklassischer Barockorgeln. Aber was diese Register tatsächlich anders haben??

Und was genau ist der Unterschied zwischen einer deutschen Mixtur und dem Plein Jeu französischer Stilrichtung? Ist doch auch eine „grosse“ Mixtur, halt mit französischem Pfeiffenmaterial.

Danke für ein bisschen Licht im Dunkel

Lieben Gruss
Stephan

- - -
Cavaille-Coll St. Sernin / Toulouse - oder so was in der Richtung... ;-)
Gloria Concerto 469 CC - 2021
www.orgelmusik-kelkheim.de

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15.05.2021 17:40
#2 RE: Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
C-

Ich kann hierzu sehr das Standardwerk von Eberlein empfehlen: z.B. bei Stretta. Ich schaue da oft hinein, wenn mich ähnliche Fragen quälen.


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15.05.2021 17:41 (zuletzt bearbeitet: 15.05.2021 17:41)
#3 RE: Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
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Vielleicht hilft als Einstieg das Nachschauen auf folgenden Seiten:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Orgelregistern
http://www.organstops.org/index.html
http://www.walcker-stiftung.de/Orgelregistrierung.html

Mir fällt dazu der Spruch ein: Namen sind wie Schall und Rauch...
Einheitliche Definitionen, die für alle Orgeltypen gelten, gibt es kaum.
Rauschpfeife und Hintersatz sind in der Regel nicht repetierende Mixturen.
Dass Rauchpfeifen übrigens wunderschön klingen können, hört man an den Beispielen bei Arp Schnitger.


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15.05.2021 17:57 (zuletzt bearbeitet: 15.05.2021 17:58)
#4 RE: Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
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Ich klinke mich mal mit einem ähnlichen Thema ein: Gibt es einen guten Registrierungsleitfaden? z.b. welche Register sich in welcher Tonlage gut kombinieren lassen?
Konkret: Wann und wie setze ich gut eine Terz ein, wann eine Quint, mit welchem Grundregister?

Die Sammlung an historischen Registeranweisungen überfordert mich etwas...


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15.05.2021 18:15
#5 RE: Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
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Moderator

Oh, da legst Du den Finger in eine klaffende Lücke in der neueren Fachliteratur.
Das jüngste m.W. erschienene Fachbuch zum Thema Registrierung war m.E. das Buch von Ferdinand Klinda, erschienen bei Breitkopf in den späten 80ern.
Das gibt das ZVAB dazu antiquarisch her:

https://www.zvab.com/servlet/SearchResul...strierung&isbn=

Auch Eberleins "Geschichte der Orgel" ist ergiebig, verfolgt aber einen anderen Ansatz. Er erklärt die verschiedenen "Orgeltypen" und ihre Entstehungsgeschichte. Dabei steht die Frage im Vordergrund, wie eine Disposition in einem bestimmten Stil und einer bestimmten Orgellandschaft strukturell aufgebaut ist und welche Klangbilder sie ermöglicht.

https://www.stretta-music.de/eberlein-di...-nr-604846.html

Ansonsten gibt es zahlreiche Essays in Fachbüchern und Zeitschriften, die sich mit Teilaspekten befassen. Registrieren lernt man lebenslang - und nicht aus Büchern. Dort findet man eigentlich nur Regeln für diese und jene Musik. Der Lernprozess besteht darin, diese Regeln am konkreten Instrument kreativ und undogmatisch anzuwenden.

Ach, ich sehe gerade im Regal das Uralt-Werk von Paul Smets: "Die Orgelregister, Ihr Klang und Gebrauch".
ZVAB gibt folgendes her:

https://www.zvab.com/servlet/SearchResul...lregister&isbn=

Das dürfte auch für unseren Frankfurter Kollegen in Sachen Mixturen ergiebig sein.

LG
Michael


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15.05.2021 18:49
#6 RE: Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
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Also ist konkret eine Acuta das gleiche wie Scharff, nur sie heisst Peter und nicht Martin?

- - -
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15.05.2021 18:58
#7 RE: Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
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Zitat von kargelertfan im Beitrag #3
Vielleicht hilft als Einstieg das Nachschauen auf folgenden Seiten:
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Orgelregistern
http://www.organstops.org/index.html
http://www.walcker-stiftung.de/Orgelregistrierung.html

Mir fällt dazu der Spruch ein: Namen sind wie Schall und Rauch...
Einheitliche Definitionen, die für alle Orgeltypen gelten, gibt es kaum.



Danke Dir für die Links. Die Bezeichnungen der Register habe ich auch schon nachgelesen bzw sind noch vom D und C-Kurs in den 90er Jahren da. Was Registrierung und Klangfarben betrifft bin ich ebenso mit wenigen Fragen unterwegs - jahrelanges Spielen auf Orgeln in Dorfkirchen und Kleinstädten schärfen den Erfindungsreichtum beim Klang ;-) Und ein echtes Kornett musste ich mir damals immer selber „mischen“.
Aber die konkreten Differenzen bei den Bezeichnungen habe ich mir nie so richtig zu eigen gemacht. Werde das jetzt aber mal nachholen. Also lieben Dank! Es kann weiter regnen, es gibt genug zu lesen :-)

Und ich gebe der Rauschpfeife nochmal eine Chance

- - -
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15.05.2021 19:31
#8 RE: Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
cl

Acuta ist bei Klais ein Scharff.
Dies kann mitunter sogar Terz als färbendes Klangelement enthalten.
In St. Andreas Köln hatte die nachkriegs Seifert/Köln im HW ein(e) Acuta, die ab C eine 4/5' repetierende Terz (in Salicionalmensur!) enthielt und ab c ' lief die Terz als 1 3/5' durch.

Liebe Grüße vom Clemens

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15.05.2021 19:33
#9 RE: Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
cl

#4.
Hallo St. Plattner,
der Klinda als Ausgangsbasis für die eigenen Experimente (jede Orgel reagiert anders und so auch jeder Raum!) macht immer noch eine gute Figur.

Liebe Grüße vom Clemens

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15.05.2021 19:38 (zuletzt bearbeitet: 15.05.2021 19:39)
#10 RE: Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
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Moderator

Da ist mir gerade auch noch "Umgang mit Orgeln" von Josef Michel aus dem Regal entgegengefallen. Gibt's auch noch antiquarisch:

https://www.zvab.com/servlet/SearchResul...rh=&n=100121503

Michel war übrigens der erste "ernsthafte" Kirchenmusiker, der sich (auch in diesem lesenswerten Buch) mit elektronischen Orgeln emotionslos auseinandersetzte - in einer Zeit, da das "Elektronium" als besonders schwere Form der Perversion galt.

LG
Michael


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15.05.2021 19:39
#11 RE: Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
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Administrator

Zitat von stplattner im Beitrag #4
Ich klinke mich mal mit einem ähnlichen Thema ein: Gibt es einen guten Registrierungsleitfaden? z.b. welche Register sich in welcher Tonlage gut kombinieren lassen?

Voraussetzung für so ein Büchlein wäre, das ähnlich benamste Register auch ähnlich klingen - was aber nicht der Fall ist.


Auf Orgelsuche.

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15.05.2021 19:56 (zuletzt bearbeitet: 15.05.2021 19:56)
#12 RE: Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
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Moderator

Es kann da nicht um Kochrezepte gehen - nach dem Motto: "Man nehme eine Rohrflöte 8', ziehe dazu eine Sifflöte 1' und spiele schnelle Arpeggien in lockerem Portato."
Es geht vielmehr um die Beschreibung von Klangbildern, nicht um eine Auflistung von Registernamen.

Klar, ein Scharff liegt i.d.R. höher als eine Mixtur, Betonung auf i.d.R.!
Und es ist üblicher Weise enger mensuriert. Klais nannte dieses Register dann gern "Acuta", einfach der lat. Name für "die Scharfe".

Zimbel ist i.d.R. (!) die hellste und engste Mixtur eines Werkes, meistens auf 1' oder 2/3' beginnend und öfter repetierend, da die Tonhöhengrenze schnell erreicht wird.

Neben der klassischen Mixtur mit Oktaven und Quinten wurden zeitweise und in verschiedenen Schulen Terzen, sogar Septimen eingeführt. (In Deutschland u.a. durch Heinrich Koulen, Albert Moser.)
In der experimentellen Phase der Orgelbewegung hegten manche Firmen eine Vorliebe für "Buntzimbeln" mit entlegenen Aliquoten, Nonen, Elften, Tredezimen etc.
Der vorerwähnte Paul Smets war ein entschiedener Verfechter solcher Farbenzimbeln und sah darin eine Weiterentwicklung der Klangpalette. Bornefeld trieb das dann auf die Spitze und brachte die entlegenen Aliquoten in Verruf, weil sie in seinen Dispositionen bei kleinen Instrumenten oft wichtigere Stimmen verdrängten.
Da gab's 14-registrige Dorforgeln, die hatten keinen engräumigen Prinzipalchor, aber Septencornettino im Pedal und eine "Unruh" als solistische Farbe im Nebenwerk ...
Je nachdem, welcher Intonateur am Werk war, waren das keine Orgeln, sondern Tinnitusbeschleuniger. Es gab einige Fälle, da schrieb der Orgelbauer aufs Firmenschild: "Disposition und Intonation von Helmut Bornefeld". Damit machte er deutlich: "Ich war's nicht und wollte es nicht so!"

LG
Michael


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15.05.2021 20:06 (zuletzt bearbeitet: 15.05.2021 20:07)
#13 RE: Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
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Zitat von clemens-cgn im Beitrag #9
der Klinda als Ausgangsbasis für die eigenen Experimente (jede Orgel reagiert anders und so auch jeder Raum!) macht immer noch eine gute Figur.


Nur beim Mendelssohn-Kapitel sollte man mit Vorsicht lesen. Wie er auf die Idee kommt Mendelssohns Klangvorstellung von der Walcker-Paulskirchenorgel abzuleiten, obwohl Mendelssohn für die private Aufführung der Sonaten die spätbarocke Stumm-Orgel der Katharinenkirche wählte ist mir absolut rätselhaft.

Ansonsten ein tolles Buch.

Es mag sein, dass nicht alle Musiker an Gott glauben; an Bach jedoch alle. - Mauricio Kagel

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15.05.2021 20:14
#14 RE: Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
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Moderator

Zu Mendelssohn empfiehlt sich dies:

https://butz-verlag.de/notenbeispiel/Bub26.pdf

Das Buch hat den Vorteil, dass keine Einzelmeinung vertreten wird, sondern mehrere Autoren die verschiedenen Aspekte aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten.

LG
Michael


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15.05.2021 21:02
avatar  PM
#15 RE: Unterschiede Mixtur, Acuta und Co
PM
PM

Laut die Walcker Stiftung ist das Urteil uber Klinda nicht nur bei Mendelssohn negativ, sondern auch bei Französische Barock und im allgemeinen bei Historische Registrieranweisungen. Zitat:

Leider kommt in diesem Buch den historischen Registrieranweisungen, auf die sich jede Darstellung der geschichtlichen Entwicklung der Orgelregistrierung und der stilgemäßen Einregistrierung von Kompositionen stützen muß, nur eine sehr untergeordnete Rolle zu. Von den zahlreichen heute bekannten Registrieranweisungen werden nur wenige berücksichtigt, und diese werden meistens nur summarisch wiedergegeben oder allenfalls auszugsweise im Wortlaut zitiert. Bei der Zusammenfassung der zahlreichen französischen Registrieranweisungen aus barocker Zeit sind Klinda überdies viele Fehler unterlaufen. Zudem hat Klinda nur sehr wenige Quellentexte zur Registrierungspraxis des 19. Jahrhunderts wiedergegeben.

In 'Het Orgel' (Hollandisch Fachblatt) war damals eine recension zu lesen, das endete mit 'nicht kaufen - unzuverlässig' (oder so etwas).

@stplattner: wie schon gesagt, es gibt leider (besser: zum Gluck!) keine 'kochbuch anweisungen' wie ein Tertz, Quint oder was auch sich am besten kombinietren lasst.
Ich weiss nichts von deine Musikwahl, aber wen du historische oder an historische vorbilden inspirierte Musik spielt is die Walckerstiftung m.E. eine fundgrube, man muss nicht ALLES lesen, sondern nur was was man braucht fur Stil x oder y.

LG PM

„Bach ist Anfang und Ende aller Musik, auf ihm ruht und fuszt jeder wahre Fortschritt“  - Max Reger


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