Und hier nun der Rest vom Schützenfest:
Nach dem - leider viel zu kurzen - Besuch in Tholey erwartete uns der Orgelbauer Thomas Gaida in der Kirche im benachbarten Dirmingen. Dort schlägt er des Sonntags selber die Orgel und hat aus der vorhandenen Haerpfer-Orgel der 50er Jahre (in der Reste einer kriegszerstörten Klaisine wiederverwendet worden waren) sein op. 1 geschaffen, das er uns als "persönliches Ideal einer kath. Kirchenorgel" vorstellte. Seine Überarbeitung beschränkte sich - über die rein restaurativen Arbeiten hinaus - weitgehend auf eine gründliche Neuintonation und Mensurkorrekturen der 27 Stimmen. Das Ergebnis ist in jeder Hinsicht vorzeigbar. Der abgerundete, kompakte Klang füllt den Raum, ist tragfähig und voll, dabei nie klebrig oder aggressiv. Nicht nur die Streicherei, vor allem die schön ausdifferenzierten Flötenfarben geben dieser Orgel Charakter und Kolorit.
Beim anschließenden Werkstattbesuch zeigte uns der Chef seine stattliche Sammlung alter Kegelladen, die er nach sorgfältiger Aufarbeitung in die Instrumente einbaut, die er restauriert/überarbeitet/erweitert. Die Firma trägt bundesweit Kegelladen-Orgeln aus den 50ern ab und betreibt quasi Reycling der Laden und des Pfeifenmaterials, sofern es den qualitativen Anforderungen genügt.
Ich stellte erstant fest, dass Gaida einen eigenen Typus des Radialpedals entwickelt hat, der Anleihen nimmt beim Walcker-Radialpedal der 60er Jahre, das sich nicht durchgesetzt hat. Bei dieser Bauweise sind die Pedaltasten in der Mitte der Klaviatur (zwischen H und f0) parallel geführt, nach außen verlaufen sie leicht radial.
Das vermittelt demjenigen, der ein Parallepledal gewöhnt ist, zunächst ein sehr sicheres Spielgefühl. Die Radialstellung nach außen ist der Fußbewegung gut angepasst. Und wer weit vorn spielt (wie es Dupré lehrte), gewöhnt sich leicht an die Radien der äußeren Tasten.
Drei Spieltische waren in der Werkstatt in verschiedenen Stadien des Umbaues zu sehen. Die ehemals elektrischen Trakturen sind elektronischen Systemen gewichen. Gaida verwendet zur Steuerung von Spiel- und Registertraktur die im Industrie- und Hochleistungsbereich üblichen Micro-Controller-Systeme, bei denen Störungsfreiheit absolute Priorität hat.
Auf dem Rückweg machten wir noch an der Pfarrkirche von Bietzen bei Merzig Station. Die Kirche ist - rechtwinklig quer zur Dorfstraße - talseitig an den Berghang gebaut. Dort hat Hans Klais in den 30er Jahren eine Dorforgel mit II/17 gebaut. Die Windladen stehen in den offenen Gehäusen, mit denen Klais damals experimentierte; die großen Pfeifen über Eck entlang der Außenwand, die Mixturen vorn. Die Orgel ist links vorne in eine offene Seitenkapelle eingebaut, der Spieltisch steht im hinteren Drittel der Kirche, wo die Bankreihen in Stufen angeordnet sind. Die distanzbedingte Laufzeitverzögerung hält sich in Grenzen. Ich kenne Elektropneumatiken, die bei angebautem Spieltisch zäher sind. Peter Maas, zu dessen "Seelsorgebereich" auch Bietzen zählt, führte uns die Schönheiten dieser kleinen, aber feinen Klaisine vor, u.a. eine ausgesprochen hübsche Holzflöte mit edlem Tonansatz, die im Diskant anwächst, ein fein zeichnendes Salizional, das in der tiefen Lage prompt anspricht und repetiert, und ein Krummhorn mit Messingbechern, das mit seinem kecken Klang im Plenum würdig eine Trompete vertritt. Jedes Register hat eine ausgeprägte Eigenfarbe. Dennoch entstehen keine "Spaltklänge", wie sie vergleichbare Intrumente der "Orgelbewegung" oft aufweisen. Alles mischt sich gut und verschmilzt zu einem abgerundeten Vollklang. Seit die Orgel gebaut wurde, amtierten dort nur zwei Organisten. Und auch diese Orgel wurde bis heute lediglich zweimal ausgereinigt. Die Kegelladen von Hans Klais sind schlicht unkaputtbar.
Weil es uns im Mettlacher Abtei-Bräu gut gefallen hatte, verbrachten wir dort wieder den Abend bei saarländischen Spezialitäten, diesmal ohne Biergarten-Blasmusik-Geräuschkulisse.
Ich musste am Sonntag im ersten Büchsenlicht los, um pünktlich um 10.00 im Hessenlande auf dem Orgelbock zu sitzen, alle anderen durften ausschlafen. Zum Glück servierte unser Hotel ab 6.30 Uhr Frühstück.
Danke an alle, die dabei waren und - wie immer - konstruktiv mitgearbeitet haben. Ich habe mich unter Euch wohlgefühlt und hoffe, dass es Euch auch so gegangen ist.
So Gott will und wir leben, wird das ja nicht unser letzter Besuch in der Gegend gewesen sein. Patrick Colombo steht im Wort, uns ein Exklusiv-Konzert in der Luxemburger Kathedrale zu geben. Und wie ich unseren Freund Guy erlebt habe, wird er dafür sorgen, dass diese Zusage nicht in Vergessenheit gerät ...
LG
Michael
für eure Feedbacks.
