Wie verändert sich das "kirchliche Millieu"?

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14.03.2022 18:30 (zuletzt bearbeitet: 14.03.2022 21:03)
#1 Wie verändert sich das "kirchliche Millieu"?
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Moderator

Konkreter Anlass, mal diese Frage aufzuwerfen, ist ein Gottesdienst, den ich dieser Tage zur Eröffnung der diesjährigen Fastenaktion "sieben Wochen ohne" erlebt habe.
Es ist also eine völlig subjektive Schilderung meines Erlebens in einer Ev. Landgemeinde - insofern weder repräsentativ noch für alle Konfessionen gültig.
Es war einer dieser Gottesdienste, zu denen es offizielle Lesetexte gab, die von "kirchenamtlicher" Seite erarbeitet wurden - zum Vortrag durch engagierte Gemeindemitglieder. Inhaltlich war es das, was ich gerne als "Betroffenheitslyrik" bezeichne - ein Genre, in dem mehr Soziologie als Theologie zu entdecken ist. Hat man dem Protestantismus und seinem Gottesdienst lange vorgeworfen, verkopft zu sein, so scheint mir das Pendel jetzt in die Gegenrichtung auszuschlagen: Da wird viel mit Gefühlen und Stimmungen und Befindlichkeiten gearbeitet, wenig mit biblischen Bezügen und theologischen Gedanken.
Mein besonderes Augenmerk galt natürlich der Liedauswahl. Mein "Lieblingslied" "Morgenlicht leuchtäääät" war selbstverständlich dabei - so richtig passend für einen Abendgottesdienst.
Dann ein mir unbekanntes NGL, dessen "G" ich nicht fand. Denn ich wurde in drei Versen aufgefordert, meine Treue, meine Freiheit und meine Liebe "festzuhalten". Einen irgendwie gearteten Gottesbezug habe ich nicht entdeckt. Die Goginnen und Loginnen, die als Lektorinnen agierten, hatten das wohl nicht weiter gestört. Immerhin wandten sich die Fürbitten noch an Gott - sogar auf Taizé-Latein.
So was könnte auch im "esoterischen Spruchkalender" der öko-feministischen Strickgruppe einer " alternativen Basisgemeinde" stehen. Auf einem mittelhessischen Dorf wirkt das - auch soziologisch - so deplatziert wie ein Eskimo in der Wüste Gobi.

Gern wurde bisher für eine ev. Kerngemeinde, die eine gewisse Geistigkeit und auch Geistlichkeit pflegte, der Begriff des "protestantischen Bildungsbürgertums" verwendet. Ich habe den Eindruck, diese tragende Zielgruppe unserer Kirchengemeinden hat sich grundlegend verändert.
Sie gewinnt offensichtlich zunehmend Distanz zu überlieferten Kulturgütern, definiert "Kultur" offenbar neu und sehr gegenwartsbezogen.
Mich würden Eure Erfahrungen und Beobachtungen dazu interessieren. Ich habe lediglich einen ländlichen Raum im Blick, in dem "volkskirchliche" Strukturen zwar rückläufig, aber in Ansätzen noch vorhanden sind. Vielleicht haben sich in urbaner Sozialisation bereits Prozesse abgespielt, die uns (i.e. mir) noch bevorstehen ...

LG
Michael


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15.03.2022 19:45
#2 RE: Wie verändert sich das "kirchliche Millieu"?
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Zitat von Wichernkantor im Beitrag #1
... "Betroffenheitslyrik" ... Hat man dem Protestantismus und seinem Gottesdienst lange vorgeworfen, verkopft zu sein, so scheint mir das Pendel jetzt in die Gegenrichtung auszuschlagen: Da wird viel mit Gefühlen und Stimmungen und Befindlichkeiten gearbeitet, wenig mit biblischen Bezügen und theologischen Gedanken.

Ich für meinen Teil bin sehr »diesseitig« veranlagt und kann mit »pastoralem Schmus« nicht viel anfangen. Bei meiner Suche nach dem Göttlichen werden mir die »7 Wochen ohne« wohl nicht weiterhelfen.


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15.03.2022 20:08
#3 RE: Wie verändert sich das "kirchliche Millieu"?
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Administrator

Zitat von Mark Elert im Beitrag #2
Ich für meinen Teil bin sehr »diesseitig« veranlagt und kann mit »pastoralem Schmus« nicht viel anfangen.

Zwei Seelen, ein Gedanke!

Wie immer hängt halt alles von den handelnden bzw. planenden Personen ab.
Dass Rationalität, Theologie, Argument schon längere Zeit nicht sonderlich hoch im Kurs stehen, wird für niemanden, der die Gesellschaft Mitteleuropas beobachtet, eine große Neuigkeit sein...
Je älter ich werde, desto mehr Abscheu habe ich vor Übertriebenheit, großen Gesten und hochtrabenden Worten. Am liebsten sind mir Liturgien, die einem nüchternen Formular folgen und wo der Geschwätzigkeit der Zelebranten so wenig Raum wie möglich eingeräumt wird.

Kirchenmusikalisch kann man anhand der offiziellen Bücher immer noch so gestalten, wie es die leitenden Personen haben möchten. Von traditionell bis progressiv ist alles drin, von seicht bis tiefgründig ebenso.

Michaels Schilderungen erinnern mich an die Fakultätsgottesdienste meiner Studienzeit (auch schon eine Weile her...), die ich mehr aus Neugier als aus Frömmigkeit oder Zugehörigkeitsgefühl besucht habe. Da fanden sich auch Gesänge, in denen ich jeden Gottesbezug vermisst hatte: "Finde den Raum, deinen Traum zu entfalten..." So humanitär der Text auch ist, für eine Liturgie halte ich ihn für untragbar.

Taizegesänge liebe ich sehr; in einer katholischen Messe würde ich sie allerdings sparsamst (!) anwenden - dafür wurden sie nicht geschaffen, der Rahmen passt einfach nicht. Da und dort ein kurzer Ruf, z.B. zum Kyrie oder zu den Fürbitten: Möglich. Mehr aber schon auch nicht, das lässt die Atmosphäre im Regelfall nicht zu.

Doch zurück zu den Schilderungen des Eingangspostings. Wenn die Gesellschaft sich grundsätzlich in Schmus und Beliebigkeit ergeht - warum sollte es dann gerade im Gottesdienst anders sein?
In den sozialen Medien gibt es inzwischen ja auch genügend "spirituelle" Angebote. Da bestellen die Follower "Lichtenergie" für ihre Katzen, Omis, Schularbeiten, Gaming-Groups und für ihre Lateinlehrer... und der Yoga-Lehrer sendet sie bereitwillig, indem er altehrwürdige Mantras in Sanskrit rezitiert. Einmal bestellte - wohl vor Ostern - ein Follower "Lichtenergie für Jesus, damit er aufersteht". Der Yogi - selber ursprünglich getaufter Christ - korrigierte in seinem Antwortvideo die "Bestellung" subtil auf: "Lichtenergie von Jesus Christus!" und schloss - ungewöhnlich wie vielsagend - die Bitte mit dreimaligem "Om", welches ja die heilige Silbe des Göttlichen ist. Wer möchte da nicht an das dreimalige Heilig der Engel in der Vision Jesajas denken, in dem der Ursprung des liturgischen Sanctus liegt?
Die Bereitschaft des guten Mannes, allen, die darum bitten, "Segen" (ich übersetze den Terminus Lichtenergie einmal so) zu s(p)enden, beeindruckt mich. Gleichwohl frage ich mich, ob das die Zukunft der Spiritualität sein soll - egal, nach welcher Religion: Lichtenergie über einen Kanal in den sozialen Medien zu beziehen.
Aber ist das wirklich so viel anders wie die Bestellung einer Messintention oder das Aussprechen einer Bitte oder Fürbitte im Gottesdienst oder im persönlichen Gebet?
Oder: Ist das wirklich so wesentlich verschieden von einem Eintrag in einem jener ungezählten Gästebücher/Fürbittbücher, die inzwischen in vielen Kirchen aufliegen?
Und was ist, wenn die gläubige Oma in der "Seelsorgestunde" im Radio für ihre Enkel beten lässt? Ist das wirklich etwas gänzlich Anderes?

Vielleicht habe ich noch viel zu lernen.
Vielleicht haben auch unsere Kirchen noch viel zu lernen.


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16.03.2022 09:56 (zuletzt bearbeitet: 16.03.2022 11:37)
#4 RE: Wie verändert sich das "kirchliche Millieu"?
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Moderator

Zitat von Gemshorn im Beitrag #3
Und was ist, wenn die gläubige Oma in der "Seelsorgestunde" im Radio für ihre Enkel beten lässt? Ist das wirklich etwas gänzlich Anderes?


Ja, ich denke schon. Denn - wohl verstanden - ist auch und gerade das Bittgebet Ausdruck einer vertrauenden Gottesbeziehung und keine Bestellung beim göttlichen Wunschautomaten. Natürlich muss man sich klar machen, dass Gott souverän handelt und nicht mit "Zauberfomeln" genötigt werden kann, Wünsche zu erfüllen. Aber wer sitzt denn in unseren Gottesdiensten? Sind es nicht die "Mühseligen und Beladenen", denen Trost verheißen ist? Das Wissen darum, dass dieser Trost für immer zugesagt ist, halte ich für den wesentlichen Glaubensakt christlicher Existenz. Daher muss das m.E. eine Kernaussage jedes Gottesdienstes sein.
Ich denke, dass ein "Eventgottesdienst" dieser Klientel nichts geben kann. In einem Gottesdienst, in dem Gottes Wort gelesen und erklärt wird, in dem Lob-, Dank- und Bittgebete gesprochen werden, kommen indes - auf objektivierter (und hoffentlich nicht zu abstrakter) Ebene eigene Seelenzustände wie Freude, Angst, Hoffnung oder auch Gelassenheit und Zufriedenheit zum Ausdruck. Und das allemal besser als in dem NGL, in dem ich aufgefordert wurde "halte deine Treue fest" ohne dass mit gesagt wurde, zu was oder zu wem.

LG
Michael


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16.03.2022 11:12
#5 RE: Wie verändert sich das "kirchliche Millieu"?
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Administrator

M.E. kommt in der Bitte um das Gebet bereits jenes Vertrauen zum Ausdruck.
Die Gefahr, dass Religion zur Magie degeneriert, gibt es immer - schon klar.
Ich sehe mehr Parallelen als Unterschiede.

Om!


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16.03.2022 11:42
#6 RE: Wie verändert sich das "kirchliche Millieu"?
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Moderator

Jo, das pflegen die Pastoraltheologen als "Volksfrömmigkeit" einzuordnen. Dagegen sind wir Protestanten historisch bedingt weniger anfällig - aber es gibt magische Ersatzrituale. Viele Leute lesen täglich die Herrnhuter Losung. Ich gestehe es: ich auch. Aber etliche lesen diesen Bibelvers, wie so mancher das Tageshoroskop im Lokalblättchen. Sie betrachten die Losung als Orakel und versuchen, in allem, was ihnen an diesem Tag passiert, die "Erfüllung" dieser "Prophetie" zu entdecken.

LG
Michael


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16.03.2022 11:50
#7 RE: Wie verändert sich das "kirchliche Millieu"?
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Administrator

Vielleicht braucht der Mensch das?
So wie er eben Kultur im weitesten Sinne braucht... ob in Dichtung, Musik oder allen anderen Arten von Künsten.

Ob wir es nun Volksfrömmigkeit oder Aberglauben nennen - gilt der "Magieverdacht" nicht für jegliche "göttliche" Verordnung? Jedes Gebot, jedes Ritual... alles Menschenwerk, sogar die sakrosankte Liturgie.
Die Bibel liefert das Bilderverbot als kritisches Instrumentarium zur Hinterfragung oder gar Zerschlagung aller möglichen Götzen. Aber trotzdem gibt es weiterhin Kult, Liturgie, Feste, Gebote, Verbote...

Ein in die Jahre gekommenes NGL formuliert m.E. ganz richtig: "Wir erfinden neue Götter / und vertrauen ihnen blind." (GL 140,4) Kurzsichtig, wer diese neuen Götter nur in der bösen Welt sucht; sie existieren auch im Inneren des Glaubens bzw. der Religion. Vielleicht haben sie eine relative Existenzberechtigung?


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16.03.2022 12:58
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#8 RE: Wie verändert sich das "kirchliche Millieu"?
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trm

Zitat von Gemshorn im Beitrag #7
Vielleicht braucht der Mensch das?
Ein in die Jahre gekommenes NGL formuliert m.E. ganz richtig: "Wir erfinden neue Götter / und vertrauen ihnen blind." (GL 140,4)

War das vor 10 000, 5 000, 2 000 oder 200 Jahren anders?


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16.03.2022 14:33
#9 RE: Wie verändert sich das "kirchliche Millieu"?
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Moderator

Ich habe es (nicht in meiner Gemeinde) mehrfach erlebt, dass die Besucher am Schluß eines Gottesdienstes einen Stein oder etwas Ähnliches mitbekamen. Wäre das dann die "geistlich verbrämte" Variante des "Glückskekses"?

LG
Michael


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16.03.2022 17:37
#10 RE: Wie verändert sich das "kirchliche Millieu"?
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Zitat von trm im Beitrag #8
War das vor 10 000, 5 000, 2 000 oder 200 Jahren anders?

Ich glaube nicht. Da gebe ich dir ganz recht; der Mensch schreitet nur technologisch voran - der Hang zur Irrationalität oder (ein bisschen freundlicher) zum Numinosen und Mythischen scheint eine Konstante der conditio humana zu sein...
Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich verurteile das nicht.

@Wichernkantor und Glückskeks: (endlich mal ein direkt passendes Emoji!)
Menschen nehmen gerne etwas mit, siehe die Souvenirläden am Urlaubs- oder auch am Wallfahrtsort. Zuhause bekommen die Andenken dann entweder einen Ehrenplatz oder einen Freiflug in die Mülltonne.
Ich glaube, Jesus wusste sehr gut um das Bedürfnis nach einem Andenken, sonst hätte er sich nicht gewünscht, dass das Brotbrechen "zu seinem Gedächtnis" geschehen solle.


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16.03.2022 17:46
#11 RE: Wie verändert sich das "kirchliche Millieu"?
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Zitat von Gemshorn im Beitrag #10
der Hang zur Irrationalität oder (ein bisschen freundlicher) zum Numinosen und Mythischen scheint eine Konstante der conditio humana zu sein...
Um nicht falsch verstanden zu werden: Ich verurteile das nicht.

Man kann es ja auch von der anderen Seite her sehen -- Obwohl wir ein Steinzeitgehirn haben, gibt es Sachen wie Zahlentheorie oder Quantenfeldtheorie, oder Baupläne und Software für eine Gloria-Orgel, oder die Kunst der Fuge. Das ist nicht nix! =)


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16.03.2022 18:17
#12 RE: Wie verändert sich das "kirchliche Millieu"?
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Moderator

Zitat von Gemshorn im Beitrag #10
Ich glaube, Jesus wusste sehr gut um das Bedürfnis nach einem Andenken, sonst hätte er sich nicht gewünscht, dass das Brotbrechen "zu seinem Gedächtnis" geschehen solle.


Huuh .
Du bist doch nicht etwa ein Krypto-Calvinist?

LG
Michael


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16.03.2022 19:15
#13 RE: Wie verändert sich das "kirchliche Millieu"?
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Administrator

Weil ich die Bibel zitiere?


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16.03.2022 19:40
#14 RE: Wie verändert sich das "kirchliche Millieu"?
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Moderator


Das sind die Schlimmsten!

LG
Michael


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16.03.2022 20:44
#15 RE: Wie verändert sich das "kirchliche Millieu"?
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Administrator

Zitat von Wichernkantor im Beitrag #1
Gern wurde bisher für eine ev. Kerngemeinde, die eine gewisse Geistigkeit und auch Geistlichkeit pflegte, der Begriff des "protestantischen Bildungsbürgertums" verwendet. Ich habe den Eindruck, diese tragende Zielgruppe unserer Kirchengemeinden hat sich grundlegend verändert.
Sie gewinnt offensichtlich zunehmend Distanz zu überlieferten Kulturgütern, definiert "Kultur" offenbar neu und sehr gegenwartsbezogen.

Um zur zitierten Fragestellung zurückzukehren:
Ich erinnere mich noch gut, dass vor ca. dreißig Jahren eine Handvoll wehrhafter Omis für die Erhaltung "ihres" Liedguts kämpfte. Ich war damals noch nicht lange Organist; die Gemeinde war durch meine Vorgängerin daran gewöhnt, dass das überkommene Liedgut eifrig weitergepflogen wurde, auch wenn es nicht mehr im Gotteslob stand. Emsige Seelen hatten sich an der Schreibmaschine die Finger wundgeklopft, um ein Ergänzungsheft zu produzieren, das auch noch das letzte bekannte Liedchen aus dem "früheren" Gesangbuch enthielt und so für den gemeindlichen Gebrauch vor dem Vergessenwerden rettete. Obwohl ich durchaus in der Spur der erwähnten Altorganistin stand und immer wieder auch Lieder aus dem traditionellen Liedgut spielte, war das den wehrhaften Omis nicht genug: Nicht nur einmal stellten sie mich nach der Messe am Emporenaufgang, wo ich beim Verlassen der Kirche ja unweigerlich vorbeikommen musste, und bestürmten mich lautstark und händeringend, warum dieses oder jenes Lied schon so lange nicht mehr gespielt bzw. gesungen wurde. Es war eine schwierige Zeit für mich.
Die Zeit selber beendete den aufreibenden Kampf zwischen der traditionellen Fraktion und dem mäßig progressiven jungen Organisten: Die Omis starben der Reihe nach weg - und die nächste Generation interessierte sich nur noch mäßig für die Liedauswahl. Solange gewisse "Essentials" zu den geprägten Zeiten vorkamen, war man zufrieden: Stille Nacht zu Weihnachten, O Haupt voll Blut und Wunden in der Passionszeit... Neues wurde leidlich gut angenommen, Altes zunehmend weniger vermisst.
Ich nehme an, dass diese Entwicklung bis heute nicht zum Stillstand gekommen ist.
Inzwischen ist eine weitere Generation weggestorben - und die heute dastehende Gottesdienstgemeinde kennt kaum noch Anhänglichkeiten an Lieblingslieder. Längst bin ich dort nicht mehr im Amt; die Kollegen, die nach mir kamen, hielten sich sklavisch an den diözesanen Liedplan, wie mir erzählt wurde. Gespielt wurde, was ein Mensch in Wien geplant hatte - ungeachtet der Frage, ob es vor Ort geeignetere oder bekanntere Gesänge für den einen oder anderen Anlass gab. Eine Versteppung der kirchenmusikalischen Landschaft ohnegleichen. Sic transit gloria mundi.
Corona - ich bitte um Entschuldigung für die Erwähnung des leidigen Themas - hat dem Ganzen noch nachgeholfen. Nach etlichen Lockdowns, in denen man nicht einmal zum Gottesdienst zusammenkommen durfte, waren die Gemeindemitglieder schon froh, wenn sie zumindest im Garten neben der Kirche die Sonntagsmesse feiern durften. Im Vorbeifahren sah ich fast jedesmal einen Mann mit Gitarre dort stehen - ich nehme nicht an, dass er Altvertrautes aus dem Gotteslob gespielt hätte...
Widerstand? Man war doch schon froh, überhaupt Messe feiern zu können... Und die wehrhaften Omis gibt es schon seit Jahrzehnten nicht mehr.


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