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Regionale Melodievarianten
Am Weg zur Arbeit lauschte ich heute Früh einer Messübertragung im Radio, kommend aus Oberösterreich. Völlig unpassend (für das Fest der Apostel Petrus und Paulus) wurde zum Introitus das schöne Herz-Jesu-Lied GL 850 "Dem Herzen Jesu singe" gesungen, das auch in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland bestens bekannt (und geschätzt) ist.
Für das neue Gotteslob wählte die Kommission eine Melodiefassung aus, die an einer Stelle vom mir bekannten Verlauf abweicht. In meinen Gemeinden habe ich viel Mühe aufgewendet, diese - nunmehr "offizielle" Fassung zu etablieren.
Von meinen Kollegen in den anderen Pfarren scheint sich niemand diese Mühe gemacht zu haben. Egal ob im Burgenland oder in Niederösterreich oder in Wien (oder wie heute im Radio: auch in Oberösterreich): Wo immer ich das Liedchen höre - es wird nirgendwo so gesungen wie im Buch abgedruckt.
Kennt ihr diese Phänomene?
So kann (und ist) es geschehen, dass die Nachbargemeinde bereits eine andere Fassung singt als meine Gemeinde. Über diese neue Form von babylonischer Melodieverwirrung bin ich nach wie vor sehr unglücklich.
Mindestens würde ich mir eine Motivation für die vielen Organisten und Kirchenmusiker wünschen, die Gesangbuchfassungen zumindest in Erwägung zu ziehen.
Eines weiß ich schon heute: Der Versuch, für das regional so diverse Österreich einen gemeinsamen Eigenteil zu produzieren, muss als gescheitert betrachtet werden. Der Unstimmigkeiten und schlechten Kompromisse gibt es einfach zu viele.
Mit den allerbesten Grüßen an die Kirchenmusikkommission!
Hallo Klaus,
Das Phänomen ist selbst binnenregional allgegenwärtig. Es betrifft sowohl Melodieführung als auch Rhythmus (zB 2er vs 3er).
Irgendwann habe ich mir angewöhnt, einfach nur das zu spielen, was gedruckt steht. Es sei denn, ich wusste explizit, dass es am betreffenden Ort immer anders gemacht wird. Denn 80-jährige Omis umzuerziehen ist ein Kampf, den man nicht gewinnen kann.
VG
Stephan
#3 RE: Regionale Melodievarianten
Zitat von Gemshorn im Beitrag #1
Kennt ihr diese Phänomene?
So kann (und ist) es geschehen, dass die Nachbargemeinde bereits eine andere Fassung singt als meine Gemeinde. Über diese neue Form von babylonischer Melodieverwirrung bin ich nach wie vor sehr unglücklich.Mindestens würde ich mir eine Motivation für die vielen Organisten und Kirchenmusiker wünschen, die Gesangbuchfassungen zumindest in Erwägung zu ziehen.Eines weiß ich schon heute: Der Versuch, für das regional so diverse Österreich einen gemeinsamen Eigenteil zu produzieren, muss als gescheitert betrachtet werden. Der Unstimmigkeiten und schlechten Kompromisse gibt es einfach zu viele.
Und ob ich diese Phänomene kenne! Die Vielfalt der Melodievarianten gibt es auch in den Diözesanteilen des GL bei uns in Deutschland. Ich nenne aus dem Gedächtnis beispielhaft folgende Lieder:
Tauet Himmel, den Gerechten (statistischer Spitzenreiter)
Wunderschön prächtige
Auf Christen, singt festliche Lieder
Halleluja, lasst uns singen/Preis dem Todesüberwinder
Lobe Zion, deinen Hirten/Deinem Heilend, deinem Lehrer
Zu "Dem Herzen Jesu singe" habe ich fünf Melodie-Varianten entdeckt. Den Vogel schießt das Bistum Essen ab, das in seinem Diözesanteil gleich drei davon mit übereinstimmendem Text abdruckt. Im Bistumsvergleich ist die am häufigsten vorkommende Melodie aus Psälterlein 1877 von Joseph Mohr.
Mein Eindruck ist, dass am meisten davon Lieder der katholische Aufklärungszeit betroffen sind, also entstanden zwischen 1770 und 1820.
Hilfreich für den Umgang damit ist neben der Software "Gotteslob Digital" das Buch von Heinrich Riehm, "Das Kirchenlied am Anfang des 21. Jahrhunderts in den evangelischen und katholischen Gesangbüchern des deutschen Sprachbereichs", A. Francke Verlag Tübingen 2004. Es enthält vollständige Dokumentationen zu den landeskirchlichen Anhängen und Diözesanteilen, tabellarisch aufgelistet zum Gotteslob 1975, auch für Österreich, verbunden mit einer alphabetisch sortierten Tabelel, die auch Auskunft über die Herkunft der Melodie gibt. Leider gibt es etwas vergleichbares nicht für das Gotteslob 2014.
Viele Grüße,
Willi
Danke für eure Rückmeldungen.
Zitat von SJL im Beitrag #2
Irgendwann habe ich mir angewöhnt, einfach nur das zu spielen, was gedruckt steht. Es sei denn, ich wusste explizit, dass es am betreffenden Ort immer anders gemacht wird. Denn 80-jährige Omis umzuerziehen ist ein Kampf, den man nicht gewinnen kann.
Kommt auf die Gemeinde an. Da und dort ist es mir schon gelungen - Voraussetzung war natürlich der gute Wille, sich auf so etwas einzulassen.
@Willi: Ja, ich weiß, was du meinst. Im Österreichteil ist "Tauet, Himmel" in zwei völlig unterschiedlichen Varianten nebeneinander abgedruckt. Zusätzlich ist in jede dieser beiden Varianten mit kleinen Noten eine "interne" weitere Variante eingeschrieben. Einfach nur verwirrend. Krönung des ganzen ist der bei Nr. 791 in zartgrauer Schrift abgedruckte Hinweis: 3. und 4 Strophe unter Nr. 790
"Dem Herzen Jesu singe" ist dagegen nur in einer bestimmten Fassung abgedruckt, die es wahrscheinlich irgendwo schon geben wird - nicht aber in den östlichen Diözesen, wo eine Fassung in größtmöglicher Nähe zur Originalkomposition von Alberich Zwyssig verbreitet ist. Notabene: Die GL-Fassung entspricht der Originalfassung - bis auf einen Takt. Aber gerade das ist noch unangenehmer als wenn dort gleich eine völlig unbekannte Melodie stünde.
Ich frag mich halt, warum eine derart partikulare Fassung zum Standard erhoben wurde... Gerade junge Organisten "strugglen" mit solchen Dingen, da sie überkommene Fassungen nicht im Ohr haben und deswegen wie selbstverständlich zu der im Orgelbuch abgedruckten Variante greifen - wodurch es unweigerlich zu Interferenzen mit der singenden Gemeinde kommt.
Ich sehe schon eine gewisse Chance, dass die jetzt wegsterbende Generation ihre "Anhänglichkeit" an bestimmte Fassungen mit ins Grab nimmt und die nachrückenden Generationen etwas offener für "Melodien laut Gesangbuch" sind.
Ceterum censeo, dass im Gesangbuch solche Fassungen stehen müssen, die faktisch gesungen werden.
Nochmal @Willi: Für den Österreichteil gibt es so ein Kompendium, siehe hier: https://www.gotteslob.at/home/die-lieder-des-gotteslob-15876
Habe es zuhause und finde es recht informativ - habe allerdings in einigen Artikeln auch Fehler bzw. schlampige oder simplifizierende Rechercheergebnisse gefunden.
Zum Bistum Essen:
Da das Bistum 1958 aus den drei Mutternustümern Münster, Paderborn und Köln gebastelt wurde, gibt es zu einigen Liedern bis zu drei Varianten u.a.
Tauet, Himmel und Das Grab ist leer, sowie Maria, breit den Mantel aus. Als ich früher dort rumgetingelt bin und Vertretung spielte, musste ich immer vorher fragen, welches Bistum früher zuständig war.....
Ich nehme an, dass Du die Fehler bzw. schlampige oder simplifizierende Rechercheergebnisse bereits an die Herausgeber gemeldet hast. - Übrigens haben die Autor/inn/en der Kommentare jeweils ein umfangreiches Quellen-Dossier erhalten, aufgrund dessen sie ihre Beiträge verfassen konnten. Natürlich können einzelnen Autor/innen Fehler unterlaufen sein.
Nichts dergleichen habe ich getan.
Meine bisherigen Kontakte mit der Kirchenmusikkommission und ähnlichen Stellen waren wenig ermutigend, was das Vorbringen kritischer Einwände betrifft.
Einsamer Lichtblick war Christoph Freilinger, mit dem man zu jeder Zeit vernünftig reden konnte. Auch das will gesagt sein.
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