Mal zurück zum Thema:

Heute früh stand ein Brautpaar post festum an der Emporentreppe und brachte die Lieder für die Trauung am kommenden Samstag - allesamt aus dem EG, natürlich die aus der eigenen Konfi-Zeit bekannten (und dazu zählen in der Wichernkirche auch "gruftige" Choräle).
Dann kam die zaghafte Anfrage wg. Hochzeitsmarsch.
Da hab' ich sie beide mit an die Orgel genommen und ihnen David Germans "Festive Trumpet Tune" vorgespielt. Und gesagt, dass das für Orgel komponiert sei, während der bekannte Mendelssohn nur in irgendwelchen Bearbeitungen durch die Szene geistere (die ich alle nicht besitze). Sie fanden natürlich den German fetziger. Dann habe ich ihnen eine wilde Fantasie über "Lobe den Herren" vorgedröhnt und gesagt: "So was spiel' ich Euch zum Schluss." Und das Thema "Hochzeitsmärsche" war abgehakt.

Wir lernen daraus: Es geht auch anders ...

LG
Michael

P.S. Die Temperatur auf der Orgelempore betrug 32 Grad (im Schatten), die Stimmung der Orgel lag fast einen Halbton über Normalnull ...
Ich habe alle Choräle einen Halbton tiefer spielen müssen ...

Normalerweise habe ich immer eine Metallsäge dabei zum Höhertransponieren und eine Kiste mit Papphülsen in unterschiedlichen Durchmessern, um die Orgel tiefer zu legen. Aber gestern hatte die Hitze mein Hirn so ausgedörrt, dass ich sie glatt vergessen habe ... [grin]

LG
Michael

Ja, das war einfach eine Lochleiste mit Verführungen, die an einer Station zwischen die Pneumatikrohre gesetzt war und per Handzug seitlich verschoben werden konnte. Gebr. Späth/Ennetach haben sowas bei ihren Pneumatiken auf Wunsch gebaut - bei denen gab es oft auch das Registercrescendo als Handhebel neben einer Klaviaturbacke. Sah aus wie der Maschinentelegraph eines Ozeanliners ...

Wir lernen daraus: Es gibt nichts Neues unter der Sonne. Auch zum Ausgleich des im Felde für Kaiser und Reich gefallenen Organistennachwuchses hatte Walcker bereits anno 1914 ein Mittel parat - die "Organola". Das funktionierte sogar, solange niemand danach zu singen versuchte. Genau wie heute ...

LG
Michael

Die ersten Transponiervorrichtungen gab es in den 1870er Jahren bereits im französischen Harmoniumbau. Da wurde einfach die Klaviatur leicht angehoben und über den Stechern seitlich verschoben.

LG
Michael

Zitat von Aeoline

---

Hallo Michael,

"Hast Du denn an Deiner Pfeifenorgel keinen Transposer - einen Drehregler mit dem Du die Orgel in Halbtonschritten auf- und abstimmen kannst? - Neee? - Phhh... - sowas haben wir ja sogar an unserer lüDden Benedikt..."

---

Ich revanchiere mich mit folgendem live erlebten Mega-Brüller:

Da hatte, lang ist's her, ein Brautpaar angekündigt, es werde zwecks optimaler Interpretation einschlägiger "Literatur" seinen eigenen "Organisten" mitbringen. Aus Erfahrung gewitzigt, bestellte ich den Jüngling vorher zur Einweisung ein. Der kam dann auch, hoch erhobenen Hauptes und mit den einschlägigen Heften der Bontempi-"Organ-Pops" unter dem Arm. Meine damalige Dienstorgel hatte pneumatische Traktur. Und da der junge Mann wohl seine Farfisa gewohnt war, wurde sein "Spiel" immer laaaaaaaaaaangsamer ...
Eines leichten Grinsens konnte ich mich darob nicht enthalten. Und da blaffte er mich allen Ernstes an: "Wo hat denn die das Rhythmusgerät?"

Ich erklärte ihm mit todernster Miene, dass es sich um eine fürchterlich veraltete Orgel handele, bei der man den Rhythmus noch selber machen müsse, schwang mich an den Spieltisch und tupfte ihm lächelnd die Es-Dur-Sortie von Léfebure-Wely in die Tasten (die mit den nachschlagenden Blasorchester-Akkorden über getupften Bässen), die ich gerade am Üben war. Wenn Blicke töten könnten ...

Hinterher in der Sakristei habe ich zusammen mit dem Mesner gebrüllt vor Lachen. Der berichtete mir dann später, schon der Einzug des Brautpaares sei so "ergreifend" gewesen, dass ein Teil des Auditoriums die Flucht ergriffen habe ... [grin]

LG
Michael