Sommerloch

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26.07.2015 21:33
#46 RE: Sommerloch
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Administrator

Die Thread-Zerschnippselung ist wieder einmal nicht so leicht, Aeoline... Das Ineinander verschiedener Themen und Aspekte macht eine Trennung schwierig; ich überlege mir etwas. [wink]

Zum Thema "Einsteigermodelle" ganz allgemein: Ich halte sie für exzellente Türöffner. Bei meinem Erstkontakt mit Digitalorgel erschrak ich gewaltig ob der hohen Preise; niemals hätte ich gedacht, dass Instrumente dieser Art dermaßen teuer sind. Beim Durchforsten diverser Homepages klickte ich von den hochpreisigen abwärts zu den allergünstigsten Modellen und wog ab, ob deren Ausstattung (soweit ich es damals beurteilen konnte) für mich ausreichen könnte.
Beim realen Erstkontakt begann ich dann bei den Low-Cost-Modellen; vom Klang war ich sofort begeistert. Das relativierte sich allerdings schon Minuten später, als ich zur nächsthöheren Serie weiterschritt. Am Ende kaufte ich im Einsteigerbereich - jedoch nicht das kleinstmögliche Modell. Langjährige Forianer wissen, dass meine "Orgelupgrades" in sehr kurzen Intervallen erfolgten. [wink]

Mein Interesse an Orgeln aus dem Einsteigersegment ist mir geblieben; bei unserem Forumstreffen in den Räumen von Bauer-Music prüfte ich vor allem die Studio und die Clavis intensiv. Eigenartig: Beide Modelle sagten mir mehr zu als ihre Schwestern aus der nächsten Modellreihe.
Was meint ihr: Werden Low-Cost-Modelle nicht in viel größerer Stückzahl unters Volk gebracht als Mittelklasse- oder Oberklasse-Orgeln? Falls ja, dann prägen Einsteigerinstrumente das Bild einer Marke in nicht unerheblichem Maße mit; aus der Sicht des Herstellers müsste das ein starkes Votum sein, Physis endlich auch in den Bereich unterhalb von EUR 5.000 zu bringen.


Auf Orgelsuche.

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26.07.2015 22:56
avatar  Flute8
#47 RE: Sommerloch
Fl

Vielleicht ist da schon eine SONUS 30 in der Pipeline, 25 Register, kleine Bibliothek...


Viscount UNICO CL-6 vom 14.3.2011 bis Febr. 2013
Roland C-380DA vom 6.10.2011 bis Mai 2013
Content Cantate 346R vom 14.11.2012, bis 16.3.2018
Ab 1. März 2017 Gloria Klassik 352 bis 23. Sept. 2019

Ab 11. Mai 2019 Böhm Orgel SEMPRA SE-40, P25


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27.07.2015 07:39
#48 RE: Sommerloch
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Moderator

Haralds handelspolitische Argumente wider eine Einsteiger-Physis sind nicht von der Hand zu weisen. Die Physis-Technologie ist per se und hardwareseitig sicher etwas aufwändiger als das "gewöhnliche" Sampling.
Wobei ich sagen muss, dass eine samplebasierte Einsteiger-Orgel anno 2015 ja sehr ordentlich klingen kann.

Wir haben ja jetzt seit einigen Wochen eine Gloria Cantus 230 (Viscount-Plattform) im Gottesdienstraum des Seniorenzentrums im Einsatz. Und ich bin jeden Sonntag erneut erstaunt und erfreut, wie gut sich diese Orgel für diesen Zweck (Literaturspiel und Gemeindebegleitung im Godi) eignet. Wenn ich daran denke, was ich (und die Hörer) da jahrelang ertragen haben ...
Die stattliche und überlegte Disposition (mit allem, was man so braucht im gepflegten gottesdienstlichen Spiel) ermöglicht dank vollbesetzter Prinzipalreihen in beiden Werken ein abwechslungsreiches, dynamisch anpassungsfähiges Begleiten. Die Samples sind durchweg gut. Natürlich nicht "premium". Es muss ja noch Luft nach oben geben. Aber die drei vorhandenen Klangcharaktere - barock, sinfonisch und romantisch - sind mit eigenständigen Samples besetzt (heute eigentlich selbstverständlich) und sind charakteristisch ausdifferenziert.
Die barocke Intonation - ich verwende sie in unterschiedlicher Mischung wegen ihrer deutlichen Konturen und wegen der Neigung der Gemeinde (rund 50 Köpfe jenseits der 70, die meisten mit Hörhilfen in Ersatzkassen-Minimalqualität) zu unfreiwilliger Polyrhythmie zum Begleiten - hat klare Kontur. Die Zungen könnten etwas weniger "meckern". Sie klingen mir etwas nach "Synthi". Aber gemessen an dem, was vor ein paar Jahren noch im Einsteigersegment an "Sägen" zu hören war, sind sie wirklich ordentlich. Die Mixturen machen aber ganz schön Krawall - auch ohne Tweeter. Da bedauere ich es ein wenig, dass die Orgel keine Veränderung der Balance unter den Einzelstimmen ermöglicht. Denn raumbedingt kommen Mixturen sehr dominant und meine erste Amtshandlung bestünde darin, sie zurückzunehmen. Dass diese Option eingespart wurde, ist nun mal dem "low-cost"-Desiderat geschuldet.
Ich verwende daher für das Literaturspiel in Organo Pleno gern die romantische Intonation, deren Mixturen erheblich weicher daherkommen. Die leichten Einbußen an polyphoner Plastizität in den Mittelstimmen nehme ich zugunsten des abgerundeten Gesamtklangs gern in Kauf - zumal ich meine dortige Klientel nicht überstrapaziere, indem ich häufig Rinck-Sachen von überschaubarer Länge und andere Sachen aus der Generation nach Bach (Krebs, Kittel, Sorge, Rembt etc.) spiele. Rinck war mehr als zehn Jahre Stadtorganist in Gießen und schon deshalb pflege ich seine Musik, die ja weit über die "Kadenzenschusterei" hinausgeht, die seine didaktischen Arbeiten dominieren.
Die Abstrahlung - klassische "Hosenbeinbeschallung" - reicht für den Raum völlig aus. Ich hatte schon das Dave 8 in Reserve, falls der Klang sich als zu körperlos erweisen sollte. Aber was da aus dem Gehäuse herauskommt, hat Fülle genug, ohne laut oder grell zu werden.
Ganz wichtig: Die Orgel steht so, dass kein Hörer direkt im Schallkegel der LS sitzt. Der Schall wird vor der Abstrahlung in den Raum an der hölzernen Vorderfront des ausgemusterten Orgelpositivs gebrochen, das ich dort zuvor traktieren musste. Am Spieltisch sorgt das schon für etwas Dröhnung. Aber der Klang im Raum ist voll und angenehm.
In Ermangelung jedweder Akustik habe ich den Hallregler ganz leicht aufgedreht. So, dass es noch "glaubwürdig" wirkt und keinesfalls verzeichnet.
M.E. ist die Cantus 230 eine sehr ordentliche, überlegt konzipierte Orgel "von der Stange" im Einsteigersegment.
Für unsere Erfordernisse war sie genau das Richtige - wiewohl ich eine Gloria Klassik 226 auch genommen hätte. Großes Plus der Cantus sind die ordentlichen Klaviaturen mit gut ausgebildetem Druckpunkt. Das Pedal dürfte dem hingegen deutlich "knackiger" sein.
Wer auf den Cent sehen muss, darüber hinaus zufrieden ist mit dem Prinzip "aufstellen und losspielen", kriegt da eine sehr brauchbare, wenig Platz beanspruchende Orgel für das Übekämmerlein, auf der sich alles machen lässt, was man mit zwei Manualen und Pedal machen kann.
Wie sich die Orgel im "Dauerbetrieb" macht (ein GoDi pro Sonntag plus lizenzierte "Fremdnutzung" durch die Freunde von Katholens und Neuapostolens einmal im Monat), kann ich gern in ein paar Jährchen berichten, so Gott will und wir leben ... [smile]

LG
Michael


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28.07.2015 19:34
#49 RE: Sommerloch
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Danke Harald,
ich finde daß Du es auf den Punkt gebracht hast! Das ist das was ich damit meinte und sagen wollte. Alleine mir fehlten die Worte.
Ohne Not würde ich als Hersteller mir den Ertrag auch nicht kaputt machen!

In diesem Sinne

PORTA PATET MAGIS COR

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28.07.2015 22:29
avatar  Romanus ( gelöscht )
#50 RE: Sommerloch
Ro
Romanus ( gelöscht )

Zitat von Wichernkantor
Die Mixturen machen aber ganz schön Krawall.
Ich verwende daher für das Literaturspiel in Organo Pleno gern die romantische Intonation, deren Mixturen erheblich weicher daherkommen. Die leichten Einbußen an polyphoner Plastizität in den Mittelstimmen nehme ich zugunsten des abgerundeten Gesamtklangs gern in Kauf - zumal ich meine dortige Klientel nicht überstrapaziere, indem ich häufig Rinck-Sachen von überschaubarer Länge und andere Sachen aus der Generation nach Bach (Krebs, Kittel, Sorge, Rembt etc.) spiele.


Das ist fast genau meine Rede - mit dem kleinen Unterschied,daß diese Beobachtung meiner Meinung nach nicht nur auf die Gloria Cantus,sondern auch auf die Gloria Concerto und im weiteren auf fast alle digitalen Sakralorgeln auf dem Markt zutrifft !
Was von den meisten Herstellern als "barock" verkauft wird,klingt bestenfalls "neobarock",man möge sich bitte zum Vergleich echte historische Barockorgeln anhöre und kann dabei über den Unterschied nur staunen.
Ich spiele aus oben genannten Gründen - auf der Concerto,aber auch auf der guten,alten Johannus - Plenostücke bereits ab Carl Philipp Emanuel Bach lieber mit der romantischen Intonation als mit der barocken,aber auch damit habe ich noch lange nicht den Klang,den ich eigentlich erwarte.

Ich sage euch - auf die Gefahr hin,mich zu wiederholen [wink] - der große Schwachpunkt fast aller Digitalorgeln sind und bleiben die Mixturen !

Ausnahme: Ahlborn Organum - siehe interaktives Registerdemo:
http://www.ahlborn-orgeln.de/organum2/organum2.html
- und eventuell Ahlborn Praeludium. Leider sind diese - an sich qualitativ hochwertigen - Instrumente im Preis-Leistungs-Verhältnis nicht wirklich überzeugend und werden meiner Meinung nach auch nicht optimal vermarktet,ein Teufelskreis !

Wenn einmal ein Hersteller - egal ob Sampling,Physis,Obertonrekonstruktion oder welches Klangerzeugungsverfahren auch immer - eine Orgel mit authentischen Mixturen vernab vom Klang-"Ideal" der bis zur Karrikatur übersteigerten neobarocken Kreissäge zu einem überzeugenden Preis auf den Markt bringt,dann wird unter Organisten und Orgelliebhabern eine wahre Revolution beginnen,die der Pfeifenorgel echte Konkurrenz - im positiven Sinn - bescheren könnte ! Dafuer:


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29.07.2015 07:03
#51 RE: Sommerloch
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Moderator

Ich empfinde diese Mixturen keineswegs als "schlecht". Sie sind - unter den obwaltenden räumlichen und akustischen Gegebenheiten - lediglich zu laut. Gäbe es die Möglichkeit, die dynamische Balance der Register untereinander zu verändern, wäre das Problem in ein paar Minuten gelöst. Der Raum ist - vor allem bei sonntäglich üblicher Vollbesetzung mit ca. 50 Personen - ein "Mensurfresser". Die Bässe und Mitten verschwinden im Nirwana und alles ab 4' kommt 1:1. Die weicheren Mixturen der romantischen Intonation runden - unter diesen Bedingungen, wohlgemerkt - das Plenum weit besser ab. Der romantische Prinzipal-Unterbau ist natürlich runder und liefert nicht ganz die polyphone Plastizität, die ich gern hätte - klar, dafür ist die romantische Intonation nicht gedacht. Bei Rinck, Merkel (Gustav - nicht Angela!), Mendelssohn (Sätze 3 und 4 der 2. Sonate) & Co. klingt das aber bezaubernd.
Wir sind sehr zufrieden mit dieser Orgel.

LG
Michael


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