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Gloria Concerto 468 - das neue Flaggschiff
#16 RE: Gloria Concerto 468 - das neue Flaggschiff
Wenn ich nach B. komme, erweist sich immer, dass Einstein Recht hatte: Zeit ist relativ.
Denn sobald ich den Laden betrete, vergeht sie deutlich schneller. Obwohl ich früher dort war als geplant, war es gefühlte Sekunden später 17 Uhr ...
Der Prototyp der CC 468 steht im hinteren Ausstellungsraum an der Stirnwand, da wo bisher die „kleine Schwester“ stand, die CC 355.
Ich habe die Orgel so vorgefunden, wie sie vom Lastwagen gefallen ist, d.h. sie war lediglich aufgebaut und eingepegelt. Die Feinintonation steht erst kommende Woche auf der Agenda. Nach ein paar Akkorden habe ich misstrauisch gefragt, ob da noch die Kabinette in den Wandecken dranhängen. Das war natürlich nicht der Fall, aber der Klang der eingebauten Abstrahlung (8x60W, 1x100W, Hallkanäle seitlich, 2 Tweeter) wirkt an diesem günstigen Standort ungemein flächig und substantiell.
Die Gehäusekubatur entspricht exakt der CC 355. Die stattliche Breite von 1,88m wirkt dank der klaren, schnörkellosen Linienführung nicht klotzig, sondern fast filigran. Möbel sind Geschmackssache – mir gefällt’s.
Das IV. Manual ist dort aufgesetzt, wo bei der CC 355 eine Füllung den oberen Abschluss bildet, so dass das Gehäuse nicht erhöht werden musste. Das Notenbrett ist serienmäßig höhenverstellbar. Und das ist sehr gut so. Über vier Manuale nach oben gucken geht doch etwas auf die Nackenmuskulatur.
Dauerndes Spiel auf dem IV. Manual geht etwas auf Arme. Es ist aber nicht anstrengender als das Spiel auf dem III. der historischen Holzhey-Orgel in Rot. Und das ist ja auch eher als Solo- und Echomanual konzipiert.
Die Ergonomie wäre durch eine leichte Schrägstellung der beiden oberen Manuale zu steigern – das ist im PO-Bau üblich und dürfte wenig zusätzlichen Aufwand machen. Die Excellent 360 hat dieses Feature z.B.
Serienmäßig verbaut werden übrigens die ordentlichen Viscount-Standardklaviaturen, der Prototyp hatte allerdings die verstellbaren Holzklaviaturen. (Bei einer Orgel dieser Wertigkeit sollten letztere schon Standard sein, denke ich.) Sie waren zu Demo-Zwecken in den verschiedenen Werken auf unterschiedliche Tastendrücke eingestellt. Mir persönlich ist die stärkste Einstellung – sie lag in II. – am angenehmsten. Sehr angenehm spielt sich ein offenbar überarbeitetes Pedal. Doppelt geschweift, C-g1. Statt der Schenkelfedern, die beim Anschlag nach dem ersten Widerstand etwas labbrig werden, sind Blattfedern verbaut, die bis zum Anschlag gleichmäßigen Widerstand leisten. Die vordere Führung läuft leider nicht zwischen Rundstäben, sondern in dem ausgesägten Brett. Allerdings versicherte mir der Chef, dass dieses Pedal nicht so seitlich wegschere (und damit die Befilzung rasiere), wie das bei den Pedalen aus Ede zeitweise der Fall war. In der Tat wirkt es sehr präzise geführt. Pedal dis unter Manual dis1 ist für mich ebenfalls gewöhnungsbedürftig, aber ich vermute mal, das lässt sich beim Bestellen mühelos auf c unter c1 ändern.
Die Inflation der Schwelltritte wurde gebremst: links (wo es hingehört) liegt das Crescendo, nach rechts folgen Positiv und Schwellwerk – das wars. Und das reicht. Mit dem Bordmenü lässt sich die Zuordnung ändern. Die Tritte werden eingerahmt von den Sequenzerpistons. Links der Schweller liegen die Pedalkoppeln, rechts die für die Manuale. Es sind allesamt Normalkoppeln, nur das SW hat noch eine Oktavkoppel an HW. Auf die Sub hat man verzichtet – eine gute Entscheidung, finde ich. Denn Gravität hat die Orgel genug.
(Ich stehe Querkoppeln von je her kritisch gegenüber, weil sie oft das Mensurgefüge durcheinanderbringen oder zu langweiligen „Einheitsmensuren“ führen. Ganz zu schweigen von den „Tonlöchern“ in polyphoner Musik. Ich habe sie selten als Bereicherung, oft aber als klangliche Verschlimmbesserung wahrgenommen, vor allem in kleinen Instrumenten, wo sie immerhin fehlende Farbwerte einbringen können.)
Die Koppeln sind ausschließlich als Tritte angelegt. Um sie den Handregistern auf den Staffeleien zuzuordnen, hätte das Gehäuse die zwei-Meter-Marke geknackt. Und darunter hätten Ergonomie und Optik sicher gleichermaßen gelitten. Beim Serienmodell kommen die Koppeln zusätzlich noch als Drucktaster ins Vorsatzbrett des Manuals, auf das sie wirken. So wie es kluger Weise bei den Angelsachsen üblich ist. (Johannus macht es in der Live III überzeugend vor)
Die Züge sind exakt geführt, machen einen wertigen Eindruck, reagieren auf Zug und Druck. Die Registerschilder sind auswechselbar.
Die Disposition ist reichhaltig. Alles, was man so braucht und es ist dort, wo es hingehört.
Der überblasende Labialchor im Solo ist durchgebaut bis zur Septime und zum 1’ – die Mixtur macht aus IV ein vollwertiges Werk mit eigenständigem Plenum. Die Chamaden wirkten (unintoniert, wohlgemerkt) mehr durch die Farbe als durch die Kraft, über die Tuba muss der Intonateur nochmal kräftig drüber. Mir war sie – ihr werdet’s erraten – erheblich zu laut.
Das schöne an der Disposition: Man kann die Register mit Bordmitteln gegen X Alternativstimmen austauschen. Mindestens 20 Prinzipale 8’ stehen allein zur Auswahl, und sie sind dann auch noch mit eingebautem Menü zu intonieren – inzwischen ja üblicher Physis-Standard. Mit dem Editor (Zubehör) kann man auch die ganze Disposition eigenen Vorstellungen anpassen. Die Datenbank bietet da - neben alten und guten Bekannten - einen (vor allem in den höheren Fußlagen) deutlich überarbeiteten Fundus. (Nein, ich habe die Register nicht gezählt, ich spiele lieber ... [grin])
Die Standard-Disposition wird in vier Intonationen ausgeliefert: Barock, Romantisch, Sinfonisch, Modern.
Vier weitere Speicher sind für eigene Kreationen reserviert (z.B. nach Bornefeld, Dumpfhofner, Piepshuber, Brüllmeier Duckundweg.
Die Latte für eine interne Abstrahlung war ja durch die CC 355 sehr hoch gelegt. Die CC 468 überspringt sie noch um einen Tick. Ich habe mich angesichts tickender Uhr auf die barocke Intonation konzentriert und mich dabei wesentlich auf die Prinzipalchöre, Plena und ein paar Solomischungen beschränken müssen.
Die Klangproben findet ihr in einer halben Stunde in „for members only“.
Um diese Orgel und ihr Potential mehr als nur oberflächlich kennenzulernen, müsste ich mindestens eine Woche Urlaub nehmen und mich von morgens bis abends durch die Klangfarben probieren.
Ich bin immer wieder verblüfft, wie differenziert, klar und druckvoll die Plena mit interner Abstrahlung aus diesem Gehäuse klingen. Wem das nicht gut genug ist, der kann serienmäßig mit fünf Kanälen, im Endausbau mit 13 Kanälen nach draußen gehen. Aber selbst im größeren Wohnraum sind die Einbauten allen Herausforderungen und hohen Ansprüchen gewachsen.
Und jetzt der Preis: In der Standardausführung (mit K-Klaviaturen) gibt es das Gerät zum Einführungspreis von sagenhaften 25 T€ !! Der Listenpreis für die Zögernden wird sich um die 30 T€ bewegen.
Bei Holzklaviaturen betrügen die Mehrkosten 1.400€ pro Manual – aber man denke über eine finanziell attraktive Paketlösung nach, meinte der Junior.
Ich hatte den Kopf noch voller Registrierungen, die ich gern probiert hätte, als es 17 Uhr schlug.
Mein Fazit: Diese Orgel ist schlicht ein Wurf! Knapp unterhalb bzw. in der Überschneidungszone zum Hochpreis-Segment ist sie m.E. die absolute Referenz. Mehr ist sicher nur für erheblich mehr Geld zu haben.
LG
Michael
Zitat von Romanus
Okay, optisch nettes Prunkstück für Gigantomanen, aber wozu eigentlich das ganze ?
...
...wozu brauche ich dann eigentlich ein 4. oder auch nur 3. Manual ?
Hallo Romanus,
Deine Frage ist natürlich erlaubt und berechtigt. Dennoch erlaube ich mir erneut die Vermutung (wie schon bei meiner Beurteilung der Content Concerto 476), dass das Wort "brauchen" bei einem solchen Schiff eher unangebracht ist.
Ich zitiere mich mal wieder selbst:
[sad]
Ich beginne mal mit dem Wort "brauchen"...
[wink]
Die Frage nach dem "brauchen" drängt sich zwangsläufig auf, wenn man so einen Koloss unter die Finger nimmt. Ich möchte das aber etwas beiseite schieben. Sicherlich "braucht" man keine vier Manuale. Von 100% der Leute, die hier im Forum mitlesen - und da sind ja wahrscheinlich schon einige echte Freaks dabei - dürfte der Anteil derer, die aus welchen Gründen auch immer eine 4man-Orgel "brauchen" - oder sinnvoll einsetzen / auslasten können, nochmals sehr gering sein.
"Brauchen..."
"Brauche" ich ein Auto mit mehr als 230 PS?
[sad]
Nö. Aber cool ist es doch irgendwie...
Also bitte - lassen wir das mal bei der Beurteilung des Instruments außen vor.
Wenn die Gloria Concerto 468 (oder jedes andere 4man-Modell oder auch viele der 3man-Modelle...) nur von den Leuten gekauft würden, die sie "brauchen" - dann wären das möglicherweise nur eine Handvoll Domorganisten... - und von denen auch wieder nur ein kleiner Kreis, weil ja Digitalorgeln bei vielen PO-Spielern szeug sind.
Also gibt es eine weitaus größere Anzahl von Käufern, die es sich schlicht leisten können und es abgefahren finden, so was zu Hause stehen zu haben.
Ich schließe mich da ganz bewusst ein. Meine Orgelfähigkeiten "brauchen" längst keine drei Manuale. Ich hab' sie trotzdem...
[grin]
(Die Manuale - nicht die Fähigkeiten...)
Es liegt in der Natur des Menschen - zumindest einiger Menschen - dass bei der Beschaffung solcher Güter die Rationalität hinter dem Suchtfaktor zurück bleibt.
Wäre das nicht so, würden sich 80% der Automodelle nicht mehr verkaufen. Auch 4-Kern-Highend PC's mit 16GB Hauptspeicher und 8 TB Festplatte würden zum Surfen im Internet und zum Schreiben von drei Briefen im Jahr nicht mehr gekauft. Was ist mit den digitalen SLR-Kameras mit 32 Megapixeln Auflösung, die dann verwendet werden um im Gegenlicht amateurhafte Aufnahmen zu machen?
So - jetzt aber den Philosophiemodus auf FALSE und zurück zum Thema:
Sehe ich das richtig? - obwohl der Hersteller das Modell noch gar nicht offiziell im Angebot hat, hat ein großer Händler bereits eine Custom-Version spielbereit in der Ausstellung?
Chapeau!
Ist ja so, als würde der 9er BMW schon beim Händler Probe gefahren werden können, bevor man in München offiziell das Modell präsentiert hat...
Cool.
LG
Aeoline
Danke an Michael für den Bericht.
Ich sehe bzw. höre schon Herzblatt-Susi vor meinem geistigen Auge bzw. Ohr, die ihn fragt, ob er sich dann doch lieber die LIVE oder diese Orgel zulegen möchte! [wink]
Schade, dass man auf Suboktavkoppeln verzichtet hat. Ich bin zwar kein Profi, aber persönlich habe ich diese schon oft als klangliche Bereicherung erlebt - nicht unbedingt zum Krachmachen, sondern zur Bereitstellung zahlreicher Farbwerte. Da könnte ich mir durchaus vorstellen, dass auch weitere Feldwaldundwiesenorganisten meine Meinung teilen.
Ich weiß, dass man noch wesentlich mehr Geld für DO ausgeben kann und empfinde EUR 25k auch wahrlich nicht überteuert für ein viermanualiges Modell - aber für mich liegt auch das schon im Hochpreissektor. [grin]
Zitat
Und jetzt der Preis: In der Standardausführung (mit K-Klaviaturen) gibt es das Gerät für sagenhafte 25 T€ !!
Das ist wirklich ungewöhnlich. Offensichtlich platziert Viscount die Viermanualige im normalen Preisgefüge und verkneift sich den "Luxuszuschlag", auch wenn 25.000€ außerhalb der Möglichkeiten der meisten DO-Käufer liegen dürften.
Zitat
Schade, dass man auf Suboktavkoppeln verzichtet hat.
Physical Modelling ist ein unglaublich rechenintensives Verfahren und jede Koppel erhöht die nötige Leistung weiter. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, dass der Fundus an Querkoppeln, die die 355cc noch hat, bei der 468 schlichtweg die Möglichkeiten der Hardware überschritten und eine leistungsfähigere Plattform ausschließlich für das Flaggschiff dessen Preis nochmals deutlich nach oben getrieben hätte.
#20 RE: Gloria Concerto 468 - das neue Flaggschiff
Die Orchesterstimmen sind zumindest in meiner Unico gesampelt.
Die abzuspielen dürfte dann doch die Rechnerleistung weitaus weniger herausfordern, als das physical moddeling?
Oder irre ich hier technisch?
Mir scheint Machthorn's Erklärung plausibler: Man hat das Gehäuse der 355cc genommen und nur minimal wenn überhaupt geändert. Die Klaviaturblöcke scheinen - der Optik nach - aus den großen Unico's genommen worden zu sein. Also auch: Vorhanden.
Dann hat man versucht, auch die Hardware nicht künstlich aufbohren zu müssen... Um mit der vorhandenen Rechenleistung das vierte Manual realisieren zu können, hat man halt auf die Querkoppeln verzichtet.
Wo war doch gleich das Smiley mit dem Kaffeesatz??!?
[grin]
LG
Aeoline
Zitat
Die Orchesterstimmen sind zumindest in meiner Unico gesampelt.
Die abzuspielen dürfte dann doch die Rechnerleistung weitaus weniger herausfordern, als das physical moddeling?
Oder irre ich hier technisch?
Absolut richtig. Beim Sampling muss "nur" der fertig Klang aus dem Speicher gelesen, ggf. leicht modifiziert und dann addiert werden. Es muss nicht wirklich viel errechnet werden. PM spart Speicher, muss dafür aber den Klang errechnen, was wesentlich mehr Rechenlast erzeugt.
Zitat von Machthorn
Absolut richtig.
Dann bin ich - obwohl spät-Babyboomer - doch noch halbwegs auf dem rechten Pfade...
Wichernkantor hat keine Verwendung für die Orchesterstimmen - das hat er schon mehrfach hier im Forum kund getan. Ich hingegen mag die ein oder andere Stimme. Klar - man "braucht" diese Stimmen nicht unbedingt, aber es ist doch "cool" z.B. eine schöne Querflöte oder ein Cembalo zu haben...
Dafuer:
LG
Aeoline
Hier gib es eine ausführliche (englische) Beschreibung zu den Klaviaturen, falls noch nicht bekannt:
http://www.viscountinstruments.com/media/wysiwyg/pdf/supporto/awk_v_1_4.pdf
#26 RE: Gloria Concerto 468 - das neue Flaggschiff
Zitat von Wichernkantor
Sorry, aber ich weiß nicht mal, wie man an diesen Orchestralkram herankommt. (...) In der rechten Schublade sind die Bedientasten und das Display für die Menüsteuerung. Vermutlich muss man da irgendwie herumtasten.
Für die Orchesterstimmen gibt's bei den "CCs" unter dem Man. II Drucktaster (pro Klaviatur einen), die ebenso variabel belegt werden können wie die Register selbst auch. Alle Änderungen lassen sich ganz einfach über das Menü in der Schublade vornehmen.
Über Geschmack lässt sich ja immer trefflich streiten. Das betrifft sicherlich auch die Orchesterstimmen. Ich persönlich finde es durchaus charmant, mal eine schmetternde Trompetenbatterie mit Pauken zu unterlegen. Und die Klarinette lässt meine Frau geradezu dahinschmelzen. Für Meditationen trefflich geeignet... . [wink]
Hmmm, Röhrenglocken sind ja ok. Man hätte auch dazu ein Manualglockenspiel bauen können sowie ein paar Harmoniumregister. Das Cembalo fände ich auch in mehreren Fußtonlagen sinnvoll - wenn schon, denn schon. Den Rest an "unorgeligen" Solisten brauche ich eigentlich nicht.
Cool wäre es, wenn man bei der Hammond-Orgel die Geschwindigkeit des Leslies mit dem Schweller regeln könnte! [wink]
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