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Elbphilharmonie-Orgel: Eröffnungskonzert mit Iveta
#31 RE: Elbphilharmonie-Orgel: Eröffnungskonzert mit Iveta
#33 RE: Elbphilharmonie-Orgel: Eröffnungskonzert mit Iveta
Glaubst du im Ernst, dass Michael hier in einem öffentlichen Forum ein Bootleg dieses Konzerts hochladen würde?
Zitat von Aeoline
Ich werde dann so gegen 18 Uhr auf meinen Balkon gehen und die Augen 'gen Himmel richten. Irgendwo da oben schwebt dann der Wichernkantor über mein Haupt 'gen Hamburg zur Elphi und zu Iveta.
Und ich darf nur zuguggen...
Hallo Harald, du könntest dich ein wenig mit dem Programmheft trösten!
Hallo lieber Wichernkantor Michael,
in diesen Minuten sitzt Du im großen Saal von Elphi und lässt Dir von der elfengleichen Iveta die ersten Akkorde auf der elefantösen Klaisine um die Ohren blasen...
Das Konzert beginnt um 20 Uhr. Es dürfte ca. 21.30 Uhr zu Ende sein. Danach schließt sich das "sehen-und-gesehen-werden" an. Sagen wir, dass das bis ca. 23 Uhr geht. Da Du eine Übernachtung in HH eingeplant hast, wirst Du Dich im Anschluss in Dein Hotel begeben. Einschließlich PVZ erwarte ich Dich um Mitternacht vor Deinem Notebook um uns den ersten, groben Bericht über das erlebte und gehörte mitzuteilen...
Standby...
LG
Aeoline
Erste Eindrücke aus der Welt.
Zitat von Martin78
Erste Eindrücke aus der Welt.
Zitat aus dem o.a Text:
"Wenn mit ihm mal jemand einen ganzen Abend lang richtige Musik macht."
[wink]
#42 RE: Elbphilharmonie-Orgel: Eröffnungskonzert mit Iveta
#43 RE: Elbphilharmonie-Orgel: Eröffnungskonzert mit Iveta
Hu, Leute, ich habe gerade eine Stunde lang wieder hessischen Boden unter den Füßen.
23 Uhr Zapfenstreich? Harald, Du Optimist. (Sorry, dass Du vergeblich gewartet hast - ich hatte nicht mal ein Notebook mit. Die leichte Infanterie geht - wie der Name schon sagt - immer mit leichtem Gepäck vor ... [grin])
Wir haben ziemlich heftig Party gemacht. Es kristallisierte sich ein harter Kern heraus, der den Rat aus Psalm 2 ignorierte: "Wohl dem, der nicht im Kreis der Spötter sitzt ..."
Das Hotelzimmer habe ich eigentlich nur zum Umziehen, Duschen und Rasieren gebraucht. (Das hätte ich auch auf dem Flughafenlokus machen können ...)
Lasst mich erst mal mein Schlafdefizit aufholen. Dann gibt es vermutlich erst mal was Anständiges zwischen die Zähne. Wenn ich ausgeschlafen und satt bin, werde ich wohl zwei Texte machen: einen über die Orgel und einen über das Konzert. Beides ist zwar nicht zu trennen, aber ich mach's trotzdem. Inzwischen wird es ja Leute geben, die sich schon an allen Verrissen delektiert haben, die im Web zu finden sind.
Da ich selber da war, werd' ich sie nicht lesen ... [grin]
LG bis später
Michael
#44 RE: Elbphilharmonie-Orgel: Eröffnungskonzert mit Iveta
So ihr Lieben,
nach einer anständigen Runde Schlaf und einem ebensolchen Stück Rindvieh auf dem Teller sieht die Welt doch schon wieder ganz anders aus.
Also von vorn: Man kommt rein in den Kulturtempel und muss nach gebührender Legitimation erst mal durch einen rollbetreppten U-Bahn-Tunnel nach oben. Wirkt edel, aber nicht protzig, hanseatisches Understatement. Weiter nach oben geht’s zum Sitzplatz – auf der Räubergalerie, ganz oben, Etage 16, Bereich S, Reihe 1, Platz 10. Idealer Blick auf die Arena, die Orgel auf zwei Uhr, also halbrechts, der Spieltisch auf der Bühne.
Spätestens Sofia Gubaidulinas „Hell Dunkel“ zeigte (wenn man es denn als Registervorführung auffassen wollte), dass dieser Raum keine Gnade kennt. Man hört einfach ALLES. Hätte eine Jalousie am Schweller geknarzt, hätte ein Piston gequietscht oder geklappert - nicht nur die Interpretin, jeder Hörer hätte es gehört. Und zwar deutlich.
Puh, darf man in diesen Raum überhaupt eine Orgel bauen? Das deuchte mir jedenfalls nach wenigen Takten. So hört man Register sonst nur, wenn sie auf der Intonierlade stehen – nach der Behandlung durch begnadete Hände, wohlgemerkt. Inzwischen hat sich dieser Gedanke relativiert. Es kommt darauf an, was man auf ihr spielt.
Ungeachtet dessen: Diese Orgel muss perfekt sein. Und sie ist es. Konzertsaalorgeln müssen universell verwendbar sein. Solo-Literatur aller Stilepochen, die gesamte (nicht gerade riesige, aber durchweg gewichtige) „Konzert-für-Orgel-und-Orchester“-Sparte muss abzudecken sein. Die Begleit- und Continuofunktion fällt dabei fast als Nebenprodukt an, ist aber in der Praxis wohl ebenso wichtig.
Um das Instrument in die Hamburger Orgellandschaft einzubinden und den norddeutschen „genii loci“ zu huldigen, müsste eigentlich ein „Schnitger-Plenum“ darstellbar sein. Es ist sogar darstellbar – cum grano salis. Die Prinzipale sind keine Schnitger-Prinzipale. Sie sprechen rheinischen Dialekt (mit leicht britischer Färbung, datt "ellll" janz tief hinten im Kehlkopp [grin]), sind füllig, ohne jede Schärfe. Für die polyphone Zeichnung sorgt – neben der perfekten Egalisierung – der Raum. Selbst im Legatissimo sind die Mittelstimmen deutlich zu verfolgen. Die kleinste artikulatorische Finesse kommt beim Hörer an, ebenso die kleinste Nachlässigkeit.
Dieses Instrument ist sicher das Ideal eines Virtuosen, aber der Alptraum des Mittelmaßes. Es flößt in seiner Perfektion Respekt ein. Den Respekt der Bodenturner vor dem doppelten Hochreck. Und ich vermute mal, dass selbst Hochseilartisten wie Cameron Carpenter es als Herausforderung betrachten würden.
Ich weiß nicht, ob die Hamburger MHS die Orgel als Prüfungsinstrument nutzen wird. Wenn ja, tun mir die Kandidaten jetzt schon leid. Brutaler geht’s nicht. Diese Orgel muss jeder fürchten, der sich auf seine zwei, drei Sekündchen „Gnadenhall“ eingeschossen hat.
Das Klanggerüst der Elbklaisine hat Kraft, aber keine Brutalität. Die Flöten haben Farbe, verschmelzen aber phänomenal. Die Solozungen sind glatt, fast aalglatt, die Bässe rund und sonor. Die Fortezungen spielen mit den Muskeln, aber protzen nicht. Klar, im Solomanual geht es mit den Dezibel-Werten zur Sache. Aber die Orgel ist noch weit entfernt von den auf Amplitude getunten Hochdrucktröten anderer Nobelschmieden. Mit den Schwelltritten lassen sich die Klangmassen gut dosieren und domestizieren. Rrrrrrespekkt!
Diese Orgel klingt – dem toten Klangraum rundherum zum Trotz und Trutz.
Ganz nebenbei: Der Spieltisch ist ein Bonbon für jemanden, der seine Lehrjahre an dem Standardmodell von Hans Klais verbracht hat. Die kleinen, gekröpften Wippen aus Opas Zeiten sind für mich einfach ein Ideal an Ergonomie.
Mein erstes Fazit: Für diesen Raum und das Anforderungsprofil an eine vielseitig verwendbare Saalorgel ist dieses Instrument ein Ideal. Zugleich bietet es an diesem Standort Idealbedingungen zu Spiel von Literatur, die nicht für den Gottesdienst oder auch nur für den Kirchenraum geschrieben ist.
Der Umkehrschluss liegt nahe. Es ist ein Problem der besonderen Art, an dieser Orgel und in diesem Raum Musik darzustellen, die mit Kirchenakustik rechnet. Dazu zählen vor allem, aber nicht zuletzt, die langsamen Sätze der französischen Sinfonik. Es wird auch wenige Interpreten geben, die sich und den Hörern dort ein reines Bachprogramm zumuten werden. (Demjenigen, der da z.B. Bastis sechs Triosonaten hintereinander spielt, gebührt – ungeachtet vom Ergebnis – allein für das Wagnis ein Sixpack von meinem besten Roten!)
Die reinen Orgelkonzerte dort werden – wie das Einweihungsprogramm – also völlig anders sein müssen als klassische „Kirchenprogramme“, wenn sie Spieler und Hörer nicht überfordern sollen.
Andererseits denke ich mir, dass von solchen Orgeln Inspiration ausgehen kann für Komponisten, die sich dem Thema „Saalorgel“ zuwenden. Da könnte die Elbklaisine zum Kristallisationskeim einer „säkularen Orgelbewegung“ werden ...
So jetzt geht’s mit der Hausfrau erst mal ein Ründchen durch die sonnige Flur.
Mals sehen, ob ich dann schon in der Lage bin, ein paar vernüftige Sätze zum Konzert selber abzusondern. Der NDR hat übrigens im Auftrag des Hauses einen Mitschnitt gemacht. Dafür gibt’s eine eigene Anlage, die verdeckt steht – nobel, nobel.
LG
Michael
Mit Deiner Bemerkung "Puh, darf man in diesen Raum überhaupt eine Orgel bauen?" hast Du, lieber Michael, meine Phantasie vollständig eingeholt und bestätigt. Der Kreis der Orgel-Alphatiere aus aller Welt, die dort gastieren wollen, wird wohl nicht besonders groß sein. Man kann sich offensichtlich auf diesem Instrument an diesem Ort mit Leichtigkeit die ganze Karriere versauen, und auch ein "Hochseilartist" wie Cameron Carpenter wird daran Momente tiefster Verzweiflung erleben, wenn sein hochvirtuoses Spiel vom Raum gnadenlos in Gestümper zerhackt wird.
Ich stelle mir gerade den Aspiranten vor, der um sein Leben (!) Bastis Triosonaten 1-6 in einem Ritt spielen muß. Dagegen ist Waterboarding unter Zuhilfenahme Deines Rotweins ein Spaß.
Die Schlußfrage des Welt-Rezensenten, wann denn darauf Musik entstehen soll, ist gar nicht so schwer zu beantworten: wenn die Orgel z. B. einen ausgeklügelten Digital-Hall bekommen wird. Damit würde Deine Angst ("Diese Orgel muss jeder fürchten, der sich auf seine zwei, drei Sekündchen „Gnadenhall“ eingeschossen hat." ein wenig gemildert. Bloß ob dann nach der "Raumreparatur" das Instrument noch authentisch klingt?
Jetzt fällt uns Laurie Phelbs' Spruch voll auf die Füße: "Das wichtigste Register einer Orgel ist der Raum".
Was nun angesichts akustischer Raumvernichtung?
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