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Elbphilharmonie-Orgel: Eröffnungskonzert mit Iveta
Machthorn
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gelöscht
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#61 RE: Elbphilharmonie-Orgel: Eröffnungskonzert mit Iveta
Zitat
Dort ist die gesamte Orgelliteratur darstellbar - zum Genuß der Besucher -, weil's im Saal eben nicht klang, als wäre er in Eierpakungen eingehüllt.
Ich verstehe den Trend zum akustisch toten Raum auch noch nicht so ganz. Wir Bielefelder lieben unsere Oetkerhalle, die durchaus etwas Hall hat, und trotzdem einstmals zu den "besten zehn Tonhallen der Welt" gezählt wurde. Hier macht musizieren richtig Spaß, ich durfte hier bereits als Chorsänger auf der Bühne stehen. Das klingt einfach gut, weil der Raum mitklingt.
#62 RE: Elbphilharmonie-Orgel: Eröffnungskonzert mit Iveta
Zitat von PeterW
Gab es Diskussionen, die Orgel noch mit einem regelbaren Hall zu versehen?
Am geeignsten erscheinen mir dafür Grenzflächenmikrophone. Bloß gibt es dort kaum Flächen vor der Orgel, auf die man diese legen könnte.
Für die Akustik scheint im Augenblick zu gelten: noli me tangere!
Die Orchestermusiker sind begeistert. Jeder hört jeden. Und in der Tat denke ich, dass sinfonische Musik und Kammermusik Spielern und Hörern ein ideales Hörerlebnis ermöglichen, Ich kann mir auch vorstellen, dass die Tonmeister bei Einspielungen dankend niederknien.
Um den Raum "orgeltauglich" zu machen, fehlt m.E. der konkrete "Leidensdruck". Denn für Orgelmusik, die Raum benötigt, gibt es in HH ausgezeichnete Alterativen. An der Orgelanlage im Michel z.B. hat der Hausherr zwei hervorragende Einspielungen mit Bach und Reger gemacht, die klanglich und spielerisch kaum Wünsche offen lassen. Der Raum hat eine traumhafte Orgelakustik, der der Dresdener Frauenkirche ähnlich.
Authentische (historische) Orgeln für norddeutschen Barock und Bach finden sich in Hamburg und Umgebung wie die Flöhe auf einem Hund.
Diese Orgel wird sich zur Spezialistin für hochkomplexe Literatur entwickeln. Und damit sicher nur den Interpreten entgegenkommen, die allerhöchste Perfektion bieten können.
Dass die Luft da etwas dünn wird, liegt auf der Hand. Und auch ich sehe die Gefahr, dass sie in Vergessenheit gerät, wenn alle mal darauf gespielt haben, die es wirklich können - und dann möglicherweise zum Schluss kommen, dass es dankbarere Jobs gibt.
Das wäre fatal. Denn das Instrument ist ein ganz großer Wurf aus Bonn.
Der ketzerische Gedanke, die Orgel durch künstliche Verhallung "literaturkompatibel" zu machen, drang nicht an meine Ohren. Ich vermute, nur der Mangel an bereitliegendem formschön geschnittenem Brennholz hätte den, der solches laut gedacht hätte, vor dem Scheiterhaufen bewahrt. Glas, Stahl und Beton brennen so schlecht ... [grin]
Ich hab' schon einmal erlebt, Mitte der 80er in München, dass eine sehr gute neue Saalorgel (auch sie aus Bonn) schnell in Dornröschenschlaf versank. Das möge der Elbklaisine erspart bleiben ...
LG
Michael
Tja, Wichernkantor und Machthorn, wir scheinen uns ziemlich einig zu sein in der Prognose.
Deshalb erlaubte ich mir, das Subject etwas zu modifizieren, um es auf den Punkt zu bringen.
Natürlich kann man mir vorwerfen, ich hätte keinerlei Ahnung, weil ich dieses Instrument an diesem Ort nicht gehört habe. Richtig! Aber manche Sachen bekommt man durch Nachdenken heraus.
Nachdenken kann man bereits vor Realisierung eines Projekts. Aber gut... Wie meinte Lenin? "Das Kriterium der Wahrheit ist die Praxis." (Hätte er mal auf sich gehört!)
Wollen wir mal hoffen, daß sich das Hamburger und herangekarrte Publikum auf Dauer "hochkomplexe Literatur" gefallen läßt.
Doch was, wenn ein orgelinteressiertes Kind (ja, sowas gibt's) dort, auf allen Sitzplätzen gut verständlich, ruft: "Die Orgel hat ja gar keinen Raum an!"
Na, wo ist nun mein Scheiterhaufen?!
#64 RE: Elbphilharmonie-Orgel: Eröffnungskonzert mit Iveta
#65 RE: Elbphilharmonie-Orgel: Eröffnungskonzert mit Iveta
Michael,
besten Dank für deine interessanten Ausführungen. Du bist natürlich gesegnet die Akustik life erlebt zu haben. Ein netter Mensch ließ mir die Erstaufnahme von der Elphi zukommen, mit den Werken von Brahms, Symphonie 3 & 4. Natürlich ist das kein Lifeempfinden, wer sich aber was Gutes antun möchte kann ich die Edition nur empfehlen. Klanglich ein Traum .. habe selten eine solche Klarheit der Töne gehört. Ist auch noch eine DVD beigepackt.
https://www.jpc.de/s/elbphilharmonie
#67 RE: Elbphilharmonie-Orgel: Eröffnungskonzert mit Iveta
Bin mal gespannt was der Herr Olivier Latry zur Orgel und Akustik sagt.
Er hat zumindest Mut. Die Frau Apkalna hat ja etwas mehr Zeit sich mit Orgel und Raum zubeschäftigen. Ich denke es ist spannend zu beobachten und zu hören wie künftige Gastorganisten damit umgehen. rgel:
Zitat von Orgelfan
...Die Frau Apkalna hat ja etwas mehr Zeit sich mit Orgel und Raum zubeschäftigen...
Sie konnte ja nur üben, wenn der große Saal zur Verfügung stand. Sie wird also nur wenig Nächte geschlafen haben vor dem Konzert. Ob sie jemals vor besetzten Rängen hat üben können? - Ist man tatsächlich mal "an die Hecken und Zäune gegangen" und hat "Lahme und Blinde" eingeladen um die Ränge des Nachts zu füllen? - oder war das Konzert wirklich die erste Erfahrung vor vollbesetzten Rängen?
Die absolute Horror-Vorstellung für mich...
Neues Instrument...
Neuer Raum...
Neue Akustik...
Sauschweres Programm...
Ultrahohe Erwartungen...
Die Welt schaut + hört auf mich...
Vor Künstlern, die sich solchen Anforderungen stellen, habe ich allerhöchsten Rrrrrespekt...
Bin wirklich sehr gespannt, was die Gastorganisten an dem Instrument vollbringen. Latry ist ja auch so ein Virtuose...
LG
Aeoline
#70 RE: Elbphilharmonie-Orgel: Eröffnungskonzert mit Iveta
Solostücke, die ich gern an dieser Orgel mal hören würde, gäbe es genug. Da wäre vor allem Regers op. 127, geschrieben für die Inauguration der Sauerin in der Jahrhunderthalle zu Breslau, damals mit so um die 200 Registern die größte Orgel des Kontinents. Da sind in der Passacaglia sicher Sachen zu hören, die in großer Kirchenakustik immer verschütt' gehen.
Oder Jeanne Demessieux' "Études". Liszts "ad nos", "Weinen, Klagen" und die "Elisabeth"-Legende. Die Hindemith-Sonaten. Oder die größeren Sachen von J.N. David. Heiller stell' ich mir auch ganz apart vor.
Nicht zuletzt die ganzen Arrangements, die derzeit so durch die Repertoirelisten geistern - angefangen bei den fünf "pomp-and-circumstance"-Elgars über Mussorgskys "Bilder" bis hin zu Mendelssohns "Reformations-Symphonie". Da gäb's viel zu tun für die erste Garnitur ...
LG
Michael
Zitat von PeterW
Wollen wir mal hoffen, daß sich das Hamburger und herangekarrte Publikum auf Dauer "hochkomplexe Literatur" gefallen läßt.
Warum nur "hochkomplexe Literatur"? Es gibt doch auch massenhaft Transkriptionen, die bestimmt dort gut klingen und nicht unbedingt riesigen Kirchenhall brauchen, z.B. Werke aus der englischen Townhall-Tradition. Oder Kinoorgel-Improvisationen. Aus der unübersehbaren Fülle der Orgelliteratur sollte noch immer ein mehr als reichhaltig gedeckter Tisch übrigbleiben. Super zum Improvisieren sollte die Klaisine ebenfalls geeignet sein. Die Verantwortlichen müssen nur wollen! [wink]
Zitat von PeterW
Ich erinnere an die Eisenbergschen Orgelvespern im Gewandhaus, das über eine ausgeklügelte Akustik verfügt, die international Bewunderung einheimste. Dort ist die gesamte Orgelliteratur darstellbar - zum Genuß der Besucher -, weil's im Saal eben nicht klang, als wäre er in Eierpakungen eingehüllt.
Hmmmh, war da der Saal auch bis zum allerletzten Platz gefüllt wie die Elphi jetzt?
Trotz der Millionen, die bei der Elphi in die Akustik investiert wurden, befürchte ich, dass kein Kathedralraumfeeling optional eingeplant wurde. Ist eine digitale Verhallung schon irgendwann einmal in good old Europe realisiert worden? Bei einer Klais-Orgel in Birmingham wurden Nachhallkammern eingebaut, die optional zuschaltbar sind. In Hamburg liegen vermutlich an deren Stelle Eigentumswohnungen. [grin]
Machthorn
(
gelöscht
)
#72 RE: Elbphilharmonie-Orgel: Eröffnungskonzert mit Iveta
Zitat von Martin78
Warum nur "hochkomplexe Literatur"?
Das war ein Zitat von Wichernkantor (s. u.)
Zitat von Martin78
Hmmmh, war da der Saal auch bis zum allerletzten Platz gefüllt wie die Elphi jetzt?
[Betr. Gewandhaus] Ja, richtig gefüllt.
Es gab auch kaum einen akustischen Unterschied zu "halb gefüllt", und wir haben uns gefragt, wie das sein kann. Aber es war eben.
Es waren seinerzeit Akustiker aus Japan dort und haben ausgemessen und herumprobiert.
Offenbar haben sich deren Erben an die Elphi herangemacht und versucht, die Erkenntnisse der Altvorderen zu übertrumpfen.
Zitat von Martin78
Trotz der Millionen, die bei der Elphi in die Akustik investiert wurden, [...]
Was richtig teuer ist, muß doch richtig gut sein. Ist doch klar.
Um nicht mißverstanden zu werden: Für symphonische und Kammermusik ist dieser Saal superedel.
Was allerdings Sänger dazu sagen, müßt ihr diese fragen - oder einfach mal selber dort singen. Viel Spaß!
Zitat von Machthorn
Vielleicht nicht in dem Stil, wohl aber in 60er-jahre-Betonkirchen mittels RSS.
Ja, so hatte ich das gedacht. Als Wandler dachte ich an Grenzflächenmikrophone, weil die die wenigsten Artefakte erzeugen und wegen derer Richtcharakteristik. Dürfte aber ein Problem mit den nicht verfügbaren "Flächen" werden, worauf die liegen könnten.
#75 RE: Elbphilharmonie-Orgel: Eröffnungskonzert mit Iveta
Zitat von Martin78
Hmmmh, war da der Saal auch bis zum allerletzten Platz gefüllt wie die Elphi jetzt?
Es gab ihm Saal auch freie Plätze. Den Block direkt vor der Orgel wollte man niemandem zumuten. Aus verständlichen Gründen. Denn dort hätte der Intonierladen-Effekt wohl zu heftig zugeschlagen. Dafür waren ein paar Stühle mehr zum Rand der Bühne hin aufgestellt. Der Saal war also "voll". Und auf diesen Zustand hin ist wohl intonert worden. Denn der gelegentlich zu beobachtende Effekt, dass eine Orgel bei vollbesetztem Raum erheblich an Substanz verliert, war nicht zu spüren.
LG
Michael
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