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Historische Orgel
[schild=16,1,00008B,FFFFFF]seufz[/schild]
Du hast leicht reden, Michael. In unserer Gegend gibt es eine ganze Menge solcher Orgeln... und irgendwelche Märtyrer finden sich immer, die darauf zu spielen bereit sind. Druck zu machen ist somit immer etwas schwierig, vor allem, wenn man - wie ich - die Gemeinde ja auch nicht wirklich aufgeben will.
Die zweite von mir beorgelte Pfarre besitzt eine ergonomisch korrekte Orgel aus der Romantik: 2 Manuale und Pedal, jedes Werk auf 16'-Basis. Obwohl es sich auf diesem Instrument völlig problemlos spielt, inspiriert mich diese Orgel kein bisschen. Sie klingt einfach nicht schön. Das kleine unergonomische Barockörgelchen hingegen klingt recht gut.
Einen Kreiskantor wie dich wünsche ich mir für meine Diözese; da hätte man beim Verhandeln mit dem BDA gewiss einen besseren Stand.
Interessante Beiträge zu unserer Diskussion:
Restaurierpraxis heute, Teil 1
Restaurierpraxis heute, Teil 2
Manche darin vertretene Auffassung finde ich zum Gruseln... :help:
Zitat von Gemshorn
Einen Kreiskantor wie dich wünsche ich mir für meine Diözese;
Da pflichte ich Dir mit 120 % bei. Aaaaaber: Das gibt Krieg!
Trotzdem: Mindestens zwei Gefolgsmänner hätte Michael in seinem Heer.
@Gemshorn: Oder hast Du schon einmal erlebt, daß hier Selberdenker willkommen sind?
Ich muß sagen, daß ich auch kein großer Freund von kurzen Oktaven und Radikal-Rückbauten (nachträgliche Entfernung aller Manuale,Register und Spielhilfen,die nicht bereits zur Stunde 0 da waren) bin.
Natürlich ist es mit etwas Training möglich, auf einer kurzen Oktav ordentlich zu spielen, aber schon allein die Einschränkung, daß gewisse Stücke, für die sich der Klang gut eignen würde, aufgrund des Fehlens einiger Töne nicht ausführbar sind, rechtfertigt meiner Meinung nach eine Erweiterung auf chromatische Klaviaturen.
Ich selbst kenne z.b. die historische Pfliegler-Orgel in Kalksburg (Bj.1801,kurze Unteroktav in Manualen und Pedal), klanglich wunderschön, aber das Pedal ist nur für Leute mit abnorm kurzen Oberschenkeln bequem (und natürlich blind) spielbar. Hier hat man anscheinend die Bezeichnung "kurze Oktav" zu wörtlich genommen und auch auf die Länge der Pedaltasten bezogen.
Solche Spielschikanen tragen nur dazu bei, daß wertvolle historische Orgeln zum Organistenschreck werden und die Pfarren per Email-Rundschreiben schon im Sommer einen Organisten für die Christmette suchen müssen.
Ich finde, sinnvolle Erweiterungen, die die originale Klangsubstanz unangetastet lassen, haben noch keiner Orgel geschadet.
Zitat von Wichernkantor
Ich würde mir ein Vollpedal mit Umfang C-d1 bauen lassen. Damit geht das gesamte Repertoire, das auf diesem Instrumententypus Sinn macht.
Das ist kein Vollpedal,sondern nur ein chromatisches 27-Tasten-Pedal.
Darauf kann man z.b. Bach´s Präludium und Fuge in A-Dur nicht spielen,das weiß ich aus eigener Erfahrung und das ist ein Stück,das für eine Barockorgel absolut Sinn macht.
Ein richtiges Vollpedal hat 30 Töne (C-f1),auf die 3 Tasten und die paar Pfeifen mehr sollte es da auch nicht mehr ankommen.
32 Pedaltasten habe ich bis jetzt noch nie gebraucht,aber 30 sollte eine Orgel schon haben !
#110 RE: Historische Orgel
Jaaa, F-Dur-Toccata von Bach und die von Widor gehen auch nicht. Mal ehrlich - wann habt Ihr die zum letzten Mal gespielt?
Alles, was Bach in Weimar und früher geschrieben hat, geht. Denn dort war sein Pedalumfang? Richtig. C-d1.
Und von den großen Leipziger Präludien gehen G 541, C 547, a543. Wer die ordentlich "Drauf" hat, der spielt A-Dur und F-Dur 540 dann eben mal nur im Nachbardorf ...
C-d1 war bis zum (hoffentlich) letzten Weltkrieg im deutschen Orgelbau weit verbreiteter Standard - vor allem auf dem Lande. Ich kenne noch Nachkriegsbauten mit diesem Umfang. Und auf denen ließ sich durchaus adäquat musizieren. Wenn auch nicht Duprés P+F g-moll ...
Wenn das Manual gerade mal C bis d3 Umfang hat, sieht ein Spieltisch mit 2 1/2 Oktaven Pedal einfach zusammengepfriemelt aus.
Da wäre z.b. noch der Pedaltriller in Buxtehude´s Präludium und Fuge D-Dur, Takt 37, zufällig eines meiner Lieblingsstücke und ich könnte noch viele Beispiele nennen.
Ich möchte mich auch nicht unbedingt auf Bach´s Frühwerke beschränken müssen, gerade die Spätwerke zeigen das reife Genie. Außerdem glaube ich, auch der junge Bach hätte sich über ein Vollpedal gefreut.
Übrigens, was spricht eigentlich dagegen, das Manual bis g3 zu erweitern ?
In Anbetracht des Mißverhältnisses zwischen Kirchenraum und Orgelgröße wäre auch ein 2. Manual nicht völlig verkehrt, dann könnte man z.b. auch die 6 Orgelsonaten von Carl Philipp Emanuel Bach darauf spielen, die sind absolut passende Literatur für eine Spätbarock-Orgel.
Meine Dienstorgel in der Atzgersdorfer Kirche hat, so schön sie auch ist, leider auch nur das Pedal bis zum d1, daher weiß ich nur zu gut, welche Einschränkung das bedeutet.
Und wenn etwas vor dem 2.WK "Standard" war, heißt das nicht, daß man es nicht besser machen könnte.
Zitat von Romanus
Ich finde, sinnvolle Erweiterungen, die die originale Klangsubstanz unangetastet lassen, haben noch keiner Orgel geschadet.
Ich gehe noch einen Schritt weiter: Was spricht gegen ein Antasten der Klangsubstanz? Ist jede Substanz denn schon automatisch erhaltenswert, nur weil sie alt ist? Das halte ich für blinden Fundamentalismus. Nicht jede Orgel, barock oder modern, ist von hoher Qualität. Also was solls?
Ich fände es hoch an der Zeit, wenn die Allmacht des Bundesdenkmalamtes sinnvoll eingedämmt würde.
Eine große Katastrophe war und ist die Tatsache, dass Orgeln, ob historisch wertvoll oder nicht sei mal dahingestellt, sich den Wünschen des Organisten anpassen mussten. Das führte zu teils verheerenden Um- und Anbauten, Erweiterungen und dergleichen mehr. Wenn ich dann Beschwerden höre, dass das Präludium in X oder die Fantasie in y nicht spielbar sind, obwohl das gerade zum Repertoire des amtierenden Orgelschlägers gehört, könnte ich k....Vor einigen Jahren wurde meine Dienstorgel gereinigt. Ich hätte an dieser Stelle die Möglichkeit gehabt, zumindest in die Intonation einzugreifen, man hat ja immer Wünsche, die vom Istzustand abweichen. Aber das liegt mir fern. So lange ich amtiere bleibt die Orgel in dem Zustand, in dem sie geplant und erbaut wurde.
Ihr mögt mich steinigen, aber ich gehöre eher zu denen, die die Instrumente möglichst im Orignialzustand bewahren wollen. Wir leben in einer Zeit in der alles möglich ist, wir stellen uns Domorgeln in die Wohnzimmer, wir sind überaus mobil, Instrumente verschiedenster Art sind im Allgemeinen schnell erreichbar. Es wäre schön, wenn manch ein Orgelspieler diese Ressourcen nutzen würde, als gleich nach dem Umbau seiner Dienstorgel zu schreien.
Natürlich heißt das auch nicht, dass ich jedem Umbau ablehnend gegenüber stehe, nur wird mir hier in dieser Diskussion zu sehr verallgemeinert, da werden historische Tastenumfänge gleich als unüberwindliche Schwelle für ein gutes Orgelspiel hochstilisiert, und dass halte ich für falsch und unangemessen. Jeder Einzelfall ist zu prüfen. Je mehr historische Substanz da ist, desto weniger soll verändert werden. Das ist meine Devise.
@Gemshörnlein
Als ich die Fotos Deiner Orgel sah, überkam mich ein Grausen. Es wäre wirklich mal zu prüfen, was überhaupt noch historisch ist. Und diese Motoraufhängung - hilfe!!!!! Hier könnte ich mir schon einige Eingriffe vorstellen - eine Pedalerweiterung könnte ich mir u. U. denken, allerdings alles in reversibler Art.
#114 RE: Historische Orgel
Zitat von Romanus
Ich möchte mich auch nicht unbedingt auf Bach´s Frühwerke beschränken müssen, gerade die Spätwerke zeigen das reife Genie.
Quod erat demonstrandum: 547, 541, 543, 544, 546. Und die Weimarer Präludien gelten gemeinhin als Werke der Reifezeit (545, 532, die Concerti, Orgelbüchlein) ...
Wo braucht man in Buxtedudes D-Dur ein e1 im Pedal? Statt des Trillers im Thema der Fuge kann man Mordent d-cis spielen. Hat der Maestro vermutlich auch so gemacht, denn sein Pedal in der Marienkirche ging bis d1. Steht auch so in einigen Ausgaben. Buxtehudes Tabulaturschrift ist nämlich weniger eindeutig als uns die Editores weismachen.
Wir können jetzt wetten, wer mehr Stücke aufzählt, die gut auf C-d1 gehen. Aber keine Angst, es geht mir nicht darum "recht" zu behalten. Natürlich ist Umfang bis f1' "besser". Und auch Manual bis g3. Der reduzierte Manualumfang wäre für mich das weitaus ägerlichere Handicap. Aber - so Klaus' Schilderungen - pfeift die Gemeinde ja finanziell aus dem letzten Loch. Und wenn man hier und da und dort noch "erweitert", ist schnell der Punkt erreicht, an dem der Neubau die kostengünstigere und orgelbautechnisch sinnvollere Alternative wäre - und damit letztlich unrealistisch. Meine Berechnung für einen Neubau mit Augenmaß landen bei ca. 180T €. Das ist für die Verhältnisse vor Ort wohl jenseits von Gut und Böse. Es sei denn, eine gute Fee oder ein reicher Sponsor tauchen auf.
FG
Michael
Zitat von GemshornZitat von Romanus
Ich finde, sinnvolle Erweiterungen, die die originale Klangsubstanz unangetastet lassen, haben noch keiner Orgel geschadet.
Ich gehe noch einen Schritt weiter: Was spricht gegen ein Antasten der Klangsubstanz? Ist jede Substanz denn schon automatisch erhaltenswert, nur weil sie alt ist? Das halte ich für blinden Fundamentalismus. Nicht jede Orgel, barock oder modern, ist von hoher Qualität. Also was solls?
Ich fände es hoch an der Zeit, wenn die Allmacht des Bundesdenkmalamtes sinnvoll eingedämmt würde.
Hast du nicht selbst gesagt, daß sie schön klingt (siehe früherer Beitrag)
Warum willst du dann die historische Klangsubstanz "antasten" und was genau verstehst du darunter?
Solange eine bestehende historische Orgel nur ergänzt, aber nicht zerstört wird, d.h. alle historischen Register bleiben erhalten und es kommen höchstens ein paar neue dazu, die zur vorhandenen Orgel stilistisch passen, würde ich als Orgelgutachter durchaus meinen Segen dazu geben.
Unter "blindem Fundamentalismus" verstehe ich eher das Festhalten an einer vorhandenen "kurzen Oktav" oder das nachträgliche Entfernen sinnvoller Erweiterungen wie z.b. Zungenregister bei der Sonntagberger Christoph-Orgel oder 2. Manual bei der Viktringer Barockorgel. Letzteres finde ich fast noch schlimmer als würde man eine Cavaillé-Coll-Orgel auf Clicquot rückführen. [sad]
Eine (laut deinen eigenen Aussagen) klangschöne historische Klangsubstanz zu erhalten ist kein Fundamentalismus, sondern einfach nur konservativ im wahrsten Sinn des Wortes und dazu bekenne ich mich gern!
Übrigens,was hindert dich eigentlich daran,die Organistenstelle zu wechseln oder dich einfach an Sonn- und Feiertagen auszuschlafen und nur noch daheim auf deiner Roland-Digitalorgel zu spielen, die dir sowieso besser gefällt?
Muß man eine historische Orgel (und das ist sie zumindest teilweise) um jeden Preis völlig zerstören, nur weil sie einem Organisten nicht paßt
Hallo,
heute habe ich in einem Dörfchen im Allgäu an einem kleinen Örgelchen einen Gottesdeinst begleitet, die mich an diese orgel erinnert hat:
Zitat von Gemshorn
Die Disposition sieht so aus:
Manual: (C,D,E,F,G,A-c'''
Coppel 8' (Holz, gedackt, recht kräftig intoniert)
Principal 4' (rekonstruiert)
Flöte 4' (Holz, weich, bezaubernd)
Quinte 3' (prinzipalisch, sehr laut)
Octave 2' (brillant, schön)
Mixtur III (strahlend, silbrig, gleichbleibender Plafond)
Pedal: (12tönig repetierend, C-f0)
Subbass 16' (Holz, gedackt, füllig rund)
Octavbass 8' (Holz, offen, aber nicht prinzipalisch)
Der Kirchenraum ist mittelgroß, sonntags kommen im Schnitt 70 Leute zum Gottesdienst, an Festtagen auch mal doppelt so viel; Platz hätten noch mehr. Die Kirche selbst ist barock mit traumhafter Akustik.
Die Orgel von heute steht in einem Kirchlein romanischen Ursprungs, mit spätgotische Fresken (u.a. Christophorus von 1420; 16-teilige Bilderbibel), bemalte Kasettendecke von 1690, wirklich sehr beeindruckend. Die Orgel selbst hat folgende Disposition:
Viola 8'
Gedackt 8'
Salicional 8'
Prinzipal 4'
Flöte 4'
Mixtur 2'
Tremulant
Pedal (C-f) fest angehängt, 1 Manual C-f'''.
Die Orgel klang sehr schön und füllte den kleinen Raum mi viel Charakter. Allerdings hatte ich mich nach 1 Stunde Üben gestern noch nicht an das Pedal gewöhnt hatte (es liegt F unter c) und daher bis auf einzelne Töne lieber manualiter gespielt, auch weil das klanglich keinen Unterschied macht (keine eigenen Pedalregister). Umregistrieren zwischen Vorspiel und Gemeindegesang (kräfig) war etwas mühsam, weil die Register links und rechts vom Manual im 90 Grad Winkel zum Manual innen postiert sind. Das ist schwer zu beschreiben: das Manual liegt zwischen zwei hochkanten Quadern, die die Pfeifen enthalten und die Register sind an der Innenseite der Quadern gelegen, die linke Seite sieht im Schema also von oben gesehen so aus:
I-o
I
I-o
I
I-o
I
###### (Manual) ########
Was soll ich sagen, es hat wirklich Spaß gemacht. Zum Kommunion habe ich von Pachelbel etwas aus dem Hexachordum Apollinis gespeilt, als Nachspiel zunächst passend zum Sommerwetter ein Sortie von Abbé Goupil im Stil französischer Dorforgelromantik (frohlich mit Kirmesanklängen) und dann noch ein etwas herbes Lleno in g von Juan Cabanilles (spanischer Barock), weil das m.E. gut zum Kirchlein passte. Hoffentlich kommt keiner auf die Idee, das Örgelchen durch eine DO zu ersetzen...
Beste Grüße aus dem Allgäu
Christoph P.
Klingt nett. Die Orgel hat anscheinend zwar eine kleine Disposition, aber keine kurze oder gebrochene Oktave? Auch ist das Manual an das Pedal angehängt.
Würde dich diese Orgel auch dann begeistern, wenn du dort Sonntag für Sonntag zu spielen hättest? Um einem Missverständnis zu begegnen: Ich meine diese Frage durchaus ernst!
Hallo,
Zitat von Gemshorn
Klingt nett. Die Orgel hat anscheinend zwar eine kleine Disposition, aber keine kurze oder gebrochene Oktave? Auch ist das Manual an das Pedal angehängt.
Nein, von C bis c alle Zwischentöne da. Das Pedal ist fest an das Manual gekoppelt.
Zitat von Gemshorn
Würde dich diese Orgel auch dann begeistern, wenn du dort Sonntag für Sonntag zu spielen hättest? Um einem Missverständnis zu begegnen: Ich meine diese Frage durchaus ernst!
Im Prinzip schon, der Pfarrer war sehr nett und hat das trotz dreier Gottesdienst am Sonntagvormittag sehr würdig gestaltet. Die Gemeinde sangesfreudig, was will man mehr. Ich würde natürlich schon gerne regelmäßig auch auf einer II/P 10+X Orgel spielen können, so das jede Hand und die Füße mal unterschiedliche Klangfarben zur Verfügung haben (z.B Trio, Solo...). Unsere II/P 19(16) reicht mir ja auch. Eine I6 stellt von der Literatur her, die ich gerne spiele, schon eine EInschränkung dar. Aber es waren doch erstaunlich viele Klangfarben möglich.
Wenn so ein Örgelchen geteilte Schleifen hätte wie die spanischen, wäre das natürlich eine enorme Aufwertung.
Beste Grüße von der Waterkant
Christoph P.
P.S.: So ein kleines Örgelchen mitgeteilter Schleife habe ich in Wien in der Kapelle des oberen Belvedere gesehen (und gehört). Das ist schonganz nett.
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