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Historische Orgel
Ja, das könnte eines Tages so kommen... ich kenne eine Gemeinde in der Nähe von uns, dort steht eine Kombiorgel in der leider nur noch Sub- und Oktavbass echt sind. Der Rest besteht aus zwei jämmerlichen Lautsprecherboxen, die man an die Rückwand im Orgelgehäuse schraubte. Dumpf, mumpfig, keine klanglichen Feinheiten und selbst das Oktävlein 1' klingt wie ein eingesperrter Kanarienvogel...
Wenn ich den Klang in Form eines Essens beschreiben sollte wuerde ich sagen... HAFERBREI...
Derjenige, der sich an dieser Orgel vergriff, hat sich wahrlich kein Denkmal gesetzt.
Leider gibt es sehr viele Gemeinden, die sich mit solch einer Lösung auseinandersetzen, zumal sich mit der Orgel Lieder einspielen lassen und per Fernbedienung in der Tasche des Pfarrers abspielen lassen. Die Antwort des Kirchenvorstandes auf mein Mosern war... "Wieso, klingt doch wie eine Orgel". Ich habe abgewunken und die Runde verlassen.
Gruss Martin
Wo bleibt eigentlich die versprochene Hörprobe
In der Wallfahrtskirche Loretto steht übrigens eine der hier beschriebenen sehr ähnliche Orgel (auch 1-manualig,kurze Unteroktav,im Pedal nur Subbass und Oktavbass,keine Pedalkoppel),die übrigens zu den Denkmalorgeln Österreichs zählt. Sie hat auch in Alois Forers (leider seit 1983 nicht mehr aktualisiertem) Buch "Orgeln in Österreich" Ihren Eintrag.
Bei einer Orgelexkursion des Diözesankonservatoriums hat uns der damalige Direktor Walter Sengstschmid die Bandbreite dieser Orgel (von Buxtehude bis Sengstschmid) eindrucksvoll demonstriert.
Den Vorschlag,eine DO daneben hinzustellen,finde ich übrigens gar nicht so schlecht,vorausgesetzt,die alte Orgel wird nicht dem Holzwurm überlassen,sondern weiterhin gewartet und für die Zukunft konserviert.
Und nach ein paar Jährchen (10+),wenn bei der DO Soundchips und/oder Lautsprecher ausfallen und der Techniker keine Lust mehr hat,die alte Kiste zu reparieren oder es keine Ersatzteile mehr gibt,wird man sich vielleicht auf die zeitlose Qualität der Pfeifenorgel rückbesinnen.
Das ist eben der Unterschied:
Eine Digitalorgel,so vielversprechend sie auf den 1. Blick aussehen mag und vielleicht (für Nicht-Kenner) auch klingt und so sehr man sich auch bemüht,sie gut zu pflegen,nach 10 bis maximal 15 Jahren ist sie eine alte Kiste,über die der Servicetechniker nur noch die Nase rümpft,bei der die Reparaturkosten den Zeitwert des Instrumentes übersteigen (man könnte boshaft sagen,ein Haufen Schrott).
Eine Pfeifenorgel hält,wenn man sie ordentlich wartet,viele Jahrhunderte:
http://de.wikipedia.org/wiki/Orgel_der_H...%28Innsbruck%29
Natürlich kann man auf der Ebert-Orgel nicht so einfach einen GL-Satz vom Blatt spielen und garantiert keine Lieder auf Diskette speichern ! [wink]
Es grüßt
ein ehemaliger Digitalorgel-Fan nach 16 Jahren Erfahrung mit insgesamt 4 angeblich hochwertigen und neu auch nicht ganz billigen Digitalorgeln eines bekannten holländischen Herstellers.
Loretto kenne ich gut, hab dort auch oft schon gespielt. Die Orgel ist in allem komfortabler als die unsrige.
Warum?
Weil sie eine Pedalkoppel hat. Damit geht alles leichter, obwohl in Loretto sowohl im Manual als auch im Pedal eine kurze Oktave gebaut wurde. Der Klang ist schön, wenn auch zu klein für die Wallfahrtskirche. Da wäre eine Orgel mit 30 Register gewiss nicht verkehrt.
Möglicherweise haben wir uns gegenseitig ein paar Denkhürden in die Diskussion eingebaut, weil die Ansichten über den emotionalen Sakrifizierungsgrad der "Orgel" als solche hier im Plenum weit auseinandergehen und z. T. schon marianische Dimensionen annehmen.
Zuförderst ist die "Orgel" ein Musikinstrument, nicht mehr und nicht weniger, und auch das ausschließlich. Sie ist kein Kuscheltier, sondern eine (kunst-)handwerkliche Arbeit.
Damit hat sie eine definierte Funktion, nämlich dem Organisten das Musizieren auf seinem Werkzeug zu ermöglichen.
Die eigentliche Frage ist jedoch: Wird sie den Ansprüchen an die ihr zugeschriebene Funktion gerecht. Sicher wurde eine Orgel des 13. Jhdts., die noch "geschlagen" wurde, dem damals einzigen Anspruch vollauf gerecht, den Gesang schwachbrüstig gewordener Mönche unisono zu unterstützen. Aber heute...?
Was sind Eure Ansprüche heutzutage an eine Orgel? (... wenn man den Dienst an ihr nicht gerade mit masochistischem Bußübungs-Genuß motiviert)
Wenn eine Auffassung einhellig wird, ein Instrument erfülle seine Funktion in unserer Zeit und für ihren Zweck nicht mehr oder nur inakzeptabel unvollkommen, dann ist sie ein Fossil und gehört ins Museum, wozu fraglos auch ein Teil des Kirchenraumes reserviert werden kann, möglichst am Originalstandort. Als Fossil ist sie nur noch ebenso im Dienst wie ein versteinerter Seeigel.
Nun aber kommt der Knackpunkt: Wollen wir dann weiterhin auf einer Orgel, die das Fossil funktionell zu ersetzen hat, musizieren? Damit sind wir bei genau den Sachzwängen (Geld, Hierarchie, (Un-)Sachverständige) und Lösungsvarianten (Orgel, Keyboard oder Klampfe) angelangt, die schon umfassend diskutiert wurden.
Jetzt bleibt nur noch, die nächste, endlose Runde zwischen Realos und Fundis einläuten?
Zitat von Gemshorn
Loretto kenne ich gut, hab dort auch oft schon gespielt. Die Orgel ist in allem komfortabler als die unsrige.
Warum?
Weil sie eine Pedalkoppel hat. Damit geht alles leichter, obwohl in Loretto sowohl im Manual als auch im Pedal eine kurze Oktave gebaut wurde. Der Klang ist schön, wenn auch zu klein für die Wallfahrtskirche. Da wäre eine Orgel mit 30 Register gewiss nicht verkehrt.
Wenn die Orgel von Loretto jetzt eine Pedalkoppel hat,wurde sie nachträglich eingebaut. Damals,okay,es ist schon ein paar Jahre her (198,hatte sie wirklich keine. Das weiß ich ganz genau,denn ich erinnere mich noch gut,wie Herr Sengstschmid das Pedalsolo in Buxtehude´s C-Dur-Präludium mit der linken Hand am Manual mitgespielt hat.
Das beweist wieder,daß es durchaus möglich ist,eine historische Orgel sinnvoll zu ergänzen. Ich denke,das müßte dann auch bei eurer Orgel machbar sein und sollte auch kein Vermögen kosten.
Zitat von PeterW
Zuförderst ist die "Orgel" ein Musikinstrument, nicht mehr und nicht weniger, und auch das ausschließlich. Sie ist kein Kuscheltier, sondern eine (kunst-)handwerkliche Arbeit.
Was die Pfeifenorgel in der Kirche betrifft ist sie auch ein liturgisches Gerät, so wie ein Kelch auch nicht nur ein Trinkwerkzeug ist oder ein Taufbecken auf eine ordinäre Waschschüssel reduziert werden sollte.
Ein Kreuz ist auch ein Symbol und nicht nur eine Ansammlung von zwei Balken. Ebenso ist eine Kirchenorgel ein Symbol.
Was die Digitalorgel betrifft, so ist es eben keine kunsthandwerkliche Arbeit, sondern eher eine Fabrikware.
Eine Kirchenorgel wird ja auch nicht ohne Grund in der Regel "geweiht" bzw. "gesegnet".
Zitat von PeterW
Was sind Eure Ansprüche heutzutage an eine Orgel? (... wenn man den Dienst an ihr nicht gerade mit masochistischem Bußübungs-Genuß motiviert)
Also 5 Manuale sollte sie schon haben, ausreichende Anzahl spanischer Trompetenbatterien, 16´-Prinzipalbasis selbstverständlich und reichlich 32-Füßer bitte!
Und eine Orgel auf der nicht das gesamte weltweite Orgelrepertoire authentisch dargestellt werden kann ist sowieso nicht viel Wert - ach ja, und Orgeln älter als Baujahr 1980 zähle ich zu den Fossilien aus der Steinzeit
Zitat
Wenn eine Auffassung einhellig wird, ein Instrument erfülle seine Funktion in unserer Zeit und für ihren Zweck nicht mehr oder nur inakzeptabel unvollkommen, dann ist sie ein Fossil und gehört ins Museum, wozu fraglos auch ein Teil des Kirchenraumes reserviert werden kann, möglichst am Originalstandort. Als Fossil ist sie nur noch ebenso im Dienst wie ein versteinerter Seeigel.
Genau durch so eine Auffassung hatte man haufenweise wertvolle romantische Orgeln von den Emporen geworfen und durch Neobarocke "Werkzeuge" ersetzt!
Zitat
Nun aber kommt der Knackpunkt: Wollen wir dann weiterhin auf einer Orgel, die das Fossil funktionell zu ersetzen hat, musizieren? Damit sind wir bei genau den Sachzwängen (Geld, Hierarchie, (Un-)Sachverständige) und Lösungsvarianten (Orgel, Keyboard oder Klampfe) angelangt, die schon umfassend diskutiert wurden.
Die Frage ist doch: Wozu muß man jedem Organisten die Orgel zur Verfügung stellen auf die er gerade Lust hat? Das kann keine Kunst sein dann darauf was zu spielen. Kunst ist, mit dem gegebenen Werkzeug etwas Schönes zu erschaffen!
Natürlich kann man mit einer Laser-Schneidemaschine für 1 Mio. € viel fortschrittlicher und genauer Brot schneiden als mit dem fossilen Werkzeug "Messer", das es schon seit wieviel tausend Jahren gibt?!
Muß man deshalb in allen Haushalten das Brotmesser gegen eine Laserschneidmaschine austauschen nur weil der neue Hausfreund 2 Linke Hände hat? [sad]
Zitat
Jetzt bleibt nur noch, die nächste, endlose Runde zwischen Realos und Fundis einläuten?
Die Frage wäre dann, wer sich wohl welcher Gruppe zurechnet
Wenn hier das Denkmalamt diese Orgel unter Denkmalschutz gestellt hat, dann doch um die Orgel eben vor Zerstörung durch "Pseudo-Realos" zu bewahren, da sie offensichtlich bewahrenswert ist. Und ich gehe davon aus, daß man dann selbstverständlich auf den Erhalt bedacht sein soll und das Instrument auch regelmäßig verwenden und nicht verkommen lassen soll!
Wenn es plausible Gründe gibt die gegen eine Erhaltung oder auch für eine Veränderung oder Verbesserung der Orgel sprechen, so sollte man das meiner Meinung nach auch mit dem Denkmalamt besprechen. Möglicherweise wird es dann eine Lösung geben wie auch andernorts schon geschehen. Aber das Ganze einfach zu hintergehen halte ich nicht für so gut.
Gruß Michael
Ich komme gerade von einer 'Exkursion' in den Nachbarort zurück; habe die dortige Orgel in Augenschein genommen und einmal mehr erkannt, dass jede Orgel ein Einzelfall ist - und es deswegen keine globalen Lösungen geben kann.
Aus der Zeit des Hochbarock stammend, dispositionell ident mit 'meiner' Orgel, d.h.:
Manual (gebrochene Oktave: C,D,E - c''':
Gedackt 8'
Prinzipal 4'
Flöte 4'
Quint 2 2/3'
Oktav 2'
Mixtur III
Pedal (kurze Oktave C,D,E,F - a, 12tönig repetierend, keine Pedalkoppel):
Subbass 16'
Oktavbass 8'
Spieltechnisch ein Horror, aber welch bezaubernder Klang! Vor etlichen Jahren wurde diese Orgel restauriert und - wenn ich mich nicht irre! - mit einer neuen Manualklaviatur ausgestattet. Organisten mit etwas größerem Bäuchlein müssen sehr darauf achten, nicht an der Manualklaviatur anzustehen, das Pedalspiel muss aufgrund der beengten Verhältnisse mehr oder minder blind bewältigt werden. Aber ich wiederhole: Welch bezaubernder Klang!
Wie soll man so eine Orgel bewerten?
Klanglich selbst für mich Skeptiker absolut überzeugend, aber allwöchentlich darauf spielen zu müssen: Unvorstellbar! Wie viel wäre gewonnen, hätte man dort - quasi als Kompromiss - mindestens einen neuen Spieltisch mit regulärer Tastenbelegung und Pedalkoppel gebaut...
Zitat von Gemshorn
und einmal mehr erkannt, dass jede Orgel ein Einzelfall ist [...]
Wie soll man so eine Orgel bewerten?
Klanglich selbst für mich Skeptiker absolut überzeugend, aber allwöchentlich darauf spielen zu müssen: Unvorstellbar! Wie viel wäre gewonnen, hätte man dort - quasi als Kompromiss - mindestens einen neuen Spieltisch mit regulärer Tastenbelegung und Pedalkoppel gebaut...
Das klingt als wenn man hier für den Spieltisch die BDO vermisst (kam def. erst später).
Für den Klang gibts zum Glück noch keine Normvorschrift. Nur Idealvorstellungen die von Person zu Person abweichen.
Ganz nebenbei: ich hab noch nie auf einer kurzen Oktave gespielt. Das stell ich mir auch sehr seltsam vor z.B. für das D das C# (?) anzuschlagen etc.
Kurze Erklärung zur 'kurzen' Oktave: Die Klaviatur beginnt mit der 'weißen' Taste C, gefolgt von der 'weißen' Taste F. Das D liegt bei kurzer Oktave auf der Fis-Taste, das E auf der Gis-Taste.
Noch lustiger hat man es auf sog. 'gebrochenen' Oktaven; da sind die Tasten Fis und Gis zweigeteilt: auf der vorderen Tastenhälfte liegen die Töne D und E, auf der hinteren Fis und Gis. Cis und Dis wurden auch in dieser Variante komplett eingespart.
Übrigens ist die Kritik an diesen Bauweisen keineswegs neu. Als gewiss unverdächtigen Zeugen darf ich Jacob Adlung nennen, der in seinem Werk 'Musica mechanica Organoedi' aus dem Jahr 1726 schrieb:
Zitat
Kurze Oktaven sind auch ein Hauptfehler an Orgeln.
Dem habe ich nichts hinzuzufügen - außer: Die hochwerten Damen und Herren Denkmalschützer mögen bei der Restaurierung historischer Instrumente einmal darüber nachdenken, wem mit dem Erhalt solcher 'Hauptfehler' gedient ist. Junge OrganistInnen entwickeln Berührungsängste mit solchen Orgeln oder machen von vornherein einen großen Bogen um sie, und die Kirchgemeinden bleiben ratlos zurück, wenn sich der Expertenkreis nach abgeschlossener Renovierung verabschiedet hat.
#101 RE: Historische Orgel
Genau das ist hier in der Nähe passiert - die Organisten meiden eine klanglich ausgezeichnete Orgel, ein Juwel des mittelrheinischen Barock, weil bei der jüngsten Restaurierung ein angeblicher "Originalzustand" wiederhergestellt wurde.
D.h. konkret: Ein Mitte des 19. Jh. hinzugebautes Pedal auf Schleiflade mit 2 Oktaven Umfang wurde auf eine Oktave "rückgebaut". Es waren - wohlgemerkt - keinerlei Originalteile mehr vorhanden, weder Lade, noch Mechanik oder Pfeifen. Aber immerhin ist der "denkmalpflegerischen Idee(ologie)" gehuldigt ...
Nun ist diese Kirche die beliebteste Kausalienkirche der Gegend. Und die mitgebrachten Organisten der Brautpaare stellen dann oft erschreckt fest, dass auf dieser Orgel alles, was sie vorbereitet haben, nicht geht - einschließlich Choralbegleitung. Denn wo der Normalorganist im Pedal c0 vermutet, liegt G (!).
Der Obergutachter der das durchgesetzt hat, wohnt in sicherer Entfernung (300 km) und soll gesagt haben, als man ihn auf die eingeschränkte Tauglichkeit der Orgel für das ganz gewöhnliche gottesdienstliche Spiel angesprochen hat: "Wer mit diesem Pedal nicht zurecht kommt, der soll halt die Finger von dieser Orgel lassen."
Und so geschieht es im Jahr mehrmals, dass die Sakristanin - eine alte Diakonisse - bei mir anklingelt, ob ich nicht mal gerade eben ...
Ich frage sie dann jedesmal zum Spaß, ob sie schon Herrn Professor X in Y angerufen habe, er möge sich mal schnell in seinen Diensthubschrauber werfen und eine Hochzeit beorgeln ...
Hätte dieser Diakonissenkonvent nicht erhebliche Finanznöte, um eine umfangreiche historische Bausubstanz zu pflegen, die - der heldenmütigen Denkmalpflege sei Dank - mit erheblich erhöhtem Aufwand erhalten werden muss, hätte ich schon längst vorgeschlagen, eine digitale Zweitorgel zu beschaffen für die, die Pedal spielen wollen, wie sie es gelernt haben und nicht vorher an den Meisterkursen zum Thema "süddeutsche Werke des Barock an Orgeln mit eingeschränktem Tastenumfang" teilnehmen können, die besagter Oberexperte einmal im Jahr dort hält.
Die musealen Prioritäten der Denkmalpfleger haben ganz klar verhindert, dass eine herrliche Orgel mit wundervollen, poetischen Flöten, singenden Prinzipalen und würzigen Aliquoten eher selten ihrem bestimmungsgemäßen Zweck zugeführt werden kann, nämlich in all ihrer Schönheit im Gottesdienst zu erklingen. Die Organisten, die dort den Regeldienst versehen, spielen nämlich alle manualiter ...
Seltsam, dass in Frankreich oder England immer auf "gewachsenen Bestand" restauriert wird. Sonst hätte Paris, St. Sulpice, drei reine Diskantmanuale und im Pedal natürlich altfranzösische "Messerrücken", Umfang AA-a0. Cavaillé-Coll hatte auch nur den Auftrag, diese Cliquot-Orgel instand zu setzen. Und dann baute er der Gemeinde statt eines Denkmals ein "Organon", ein Werkzeug. Es gibt Leute (den Unterfertigten eingeschlossen), die behaupten, des sei das schönste Klangwerkzeug der Welt. Deutschen denkmalpflegerischen Standards hätte es niemals genügt ...
FG
Michael
Wenn ich mir vorstelle, daß der Herr Coll damals nicht zufällig so begabt gewesen wäre, hätte er in St. Sulpice auch einfach nur eine wundervolle Cliquot Orgel für alle Zeiten ruinieren können
Die Pariser hatten da vielleicht auch ein Quentchen Glück, daß der Umbau so gut gelungen ist.
Wenn ich dann bedenke, daß etliche wunderbare Silbermannorgeln ruiniert wurden um sie dem romantischen Zeitgeschmack zuzuführen, dann werde ich schon nachdenklich. Umsomehr, da auch der bekannte Albert Schweitzer sich für solche Umbauten stark engagiert hatte, so z.B. auch in St. Thomas Straßburg. Später hat man dann meist mühevoll versucht diese Orgeln zu rebarockisieren. Die Andreas Silbermann in Ebersmünster ist nur deshalb noch so weitgehend original erhalten, weil der Gemeinde damals Gott sei Dank das Geld für einen Umbau fehlte.
Schweitzer hatte deshalb auch diese Orgel immer gemieden, da sie seinem Klangideal eben nicht entsprach.
Wie froh ist man doch heute um diesen Umstand! Man konnte damals auch schon nicht alles darauf spielen und vielleicht hat man da auch schon ähnlich argumentiert wie wir hier heute.
Es ist eben ein heikles Thema eine historische Orgel zu verändern mit viel Für und Wider. Ungewohnte Tastaturumfänge sind natürlich schon ein sehr schwerwiegendes Argument. Eine vertretbare Lösung müsste doch aber tatsächlich sein, den Originalspieltisch abzuhängen und wie z.B. in St Thomas Straßburg, als museales Exponat im Eingangsbereich der Kirche zu präsentieren. Ein zeitgemäßer Spieltisch mit üblichen Tastenbelegungen und Normalkoppeln wäre sicher auch in Gemshorns Fall eine große Hilfe und ließe sich ja ganz einfach wieder zurückbauen. Solche Spieltische gibt es auch am Gebrauchtmarkt schon sehr preisgünstig, wenn es aufs Geld ankommt.
Gruß Michael
Klingt für mich nach einem brauchbaren Kompromiss.
Meinethalben kann der alte Spieltisch (der ja selber nicht original ist!) in einem goldenen Schrein verwahrt werden. [grin]
Also: Alte Orgel mit neuem Spieltisch wäre für mich ein Kompromiss, mit dem ich leben kann.
Reguläre Tastenbelegungen und Pedalkoppel sind dafür freilich eine Voraussetzung. Nur, was klingt dann auf den Tasten Cis, Dis, Fis, Gis der großen Manualoktave? Und wieviele Tasten soll das 12tönige Pedal erhalten?
Schlussendlich: Was kann so ein neuer Spieltisch wohl kosten?
Zitat von Gemshorn
Kurze Erklärung zur 'kurzen' Oktave: Die Klaviatur beginnt mit der 'weißen' Taste C, gefolgt von der 'weißen' Taste F. Das D liegt bei kurzer Oktave auf der Fis-Taste, das E auf der Gis-Taste.
Was für eine Oktave haben wir denn hier (Pedal und Manual D ist auf "C#" (?), worauf ich mich bezog und dies offensichtlich mit der kurzen Oktave verwechselte. Wie gesagt: damit bin ich noch nie in Berührung gekommen)?
https://www.youtube.com/watch?v=gjHkzqSOxnw
#105 RE: Historische Orgel
@mikelektric: Ich habe einen konkreten Einzelfall beschrieben, in dem der „Rückbau“ des Pedals schlicht Blödsinn war. Das „alte“ Pedal war gewachsener historischer Bestand und hat das bezaubernde spätbarocke Klangbild der Orgel in keiner Weise verfälscht. Das „neue“ Pedal enthält keinerlei historischen Bestand, ist vollständig Konstrukt und schränkt die Tauglichkeit der Orgel in der gottesdienstlichen Alltagspraxis erheblich ein. Da ist einfach Unfug passiert – mit Steuermitteln übrigens.
Ich lerne daraus: Jeder Fall ist ein Einzelfall und bedarf einer sorgfältigen Prüfung. Am Ende steht dann wohl meistens ein Kompromiss – gelegentlich mag eine geniale Lösung herauskommen. Mit in Ewigkeit gültigen, unumstößlichen Regeln oder „par Ordre de mufti“ kommt man der Problematik nicht bei.
@Klaus: Ein neuer Spieltisch für ein Manual und Pedal – der muß in Eurem Fall eigens gebaut werden, da keinerlei normierte Stichmaße vorliegen. Da geht nichts gebraucht, da geht nichts „von der Stange“. Und da bist Du schnell mit 20T € dabei.
Ich würde mir ein Vollpedal mit Umfang C-d1 bauen lassen. Damit geht das gesamte Repertoire, das auf diesem Instrumententypus Sinn macht. Die fehlenden Pedaltöne könnte man auf einer Zusatzlade anbauen (es wären gerade mal 15 Holzpfeifen, die tiefste davon ein gedeckter 8‘ – kriegt man neu für nicht mal zwei Fünfhunderter, gebraucht natürlich günstiger).
Ich würde das elektrisch machen lassen, damit die Eingriffe in die vorhandenen Trakturbahnen so gering wie möglich bleiben. Das hat man z.B. an der berühmten Holzhey-Orgel in Neresheim so gemacht und es funktioniert seit x Jahren. Mit einer solchen Lösung wäre die „Erweiterung“ deutlich „Zutat“, der Purist könnte sich voller Abschaum schütteln und sich in zuchtvoller Askese üben. Und der Musiker könnte Musik machen.
Wenn Du die fehlenden Töne der tiefen Manualoktave ergänzen willst, wird es teuer – selbst wenn man eine relativ kostengünstige elektrische Einzelventillade baut. Die Frage lautet: Wieviel ist der Gemeinde der Erhalt des offenbar erhaltenswerten Klangbildes wert - bei gleichzeitiger Steigerung der gottesdienstlichen Tauglichkeit?
Ich muß gestehen, dass ich die von Dir beschriebenen und fotografisch dokumentierten Arbeitsbedingungen für unzumutbar halte und mich sofort anderweitig orientieren würde, wenn mir keine verbindliche Zusage auf baldige Verbesserung gemacht würde.
FG
Michael
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