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Ein weiterer Hauptwerk Spieltisch
... es geht weiter. Es war zwar eine ziemlich lange Pause, aber das hatte ich je schon befürchtet.
Immerhin haben sich für mich zwei Dinge herausgestellt:
1. Ich komme mit Touchscreens nicht wirklich gut zurecht. Irgendwie fehlt mir die optische Orientierung "aus dem Augenwinkel" heraus, welches der gerade angepeilte Registerzug ist bzw. welche Register gerade gezogen sind. Außerdem ist es für mich fast unmöglich, mehrere Register gleichzeitig abzustoßen oder zu ziehen. Das nervt mich massiv. Daher habe ich beschlossen, "echte" Manubrien anzufertigen und den Spieltisch entsprechend zu gestalten.
Ich hatte das Glück, für wenig Geld (95ct./Stück) Möbelknöpfe aus Eichenholz zu finden, die sich prima als Registerzugknöpfe eignen.
Die Möbelknöpfe haben einen Durchmesser von 30mm. Um in die Stirnseite ein Registerschild einsetzen zu können, habe ich eine 27mm-Bohrung eingebracht. Das fertige Resultat:
Insgesamt habe ich 80 Stück gebohrt. Ein paar waren nicht exakt rund gedreht, weshalb die Bohrung nicht exakt zentriert war und am Rand Ausbrüche auftraten. 75 sind aber heil geblieben, sodass ich auf jeden Fall genug habe.
Ich habe sie dann schwarz gebeizt und mit Clou Treppen- und Parkettlack L10 lackiert. Schön finde ich, dass man die Markstrahlen im Eichenholz noch gerade eben erkennen kann. So sieht es nicht so nach Kunststoff aus.
Die Zugstangen liegen noch zugschnitten im Keller. Sie bestehen aus 20mm-Rundstab in Eiche und sind lediglich klar lackiert. Sie werden später mit Stockschrauben an den Registerknöpfen befestigt.
Die Kontaktierung wird durch sogen. Rollhebelschalter erfolgen. Es gibt dadurch einen definierten Punkt, an dem das Register physisch "einrastet", also gezogen ist.
Mit ein paar eingelegten Schildern sieht das schon ganz manierlich aus, wie ich finde:
Die Schilder habe ich online bei Schildermaxe.de bestellt. Es handelt sich um gravierten Kunststoff. Je nach Zeichenanzahl kostet ein Schild damit zwischen 80ct. und 2,30€.
Die Form der Registerzugknöpfe erinnert nicht nur zufällig an Cavaillé-Coll-Spieltische. Ich habe auch angefangen, runde Registertableaus anzufertigen. Insgesamt ist auf 5 Terrassen pro Seite Platz für bis zu 90 Registerzüge. Vorbild dafür war ein Modell aus Pappe, mit dessen Hilfe ich die Ergonomie überprüft habe. Noch fehlen die Bohrungen für die Registerzugstangen, die Lackierung und natürlich auch die Garnierungen der Löcher.
Das gebogene Vorderteil wurde mit der Bandsäge ausgeschnitten. Ausgangsmaterial war ein Block aus 3 miteinander verleimten MDF/Spanplatten. Das Deckstück der Terrassen besteht aus 8mm MDF. Beide Teile wurden jeweils miteinander verleimt und mit Eiche furniert. Am Rand ist der Aufbau ganz gut zu erkennen.
Die einzelnen Terrassen werden nicht miteinander verleimt, sondern nur verschraubt. Auf diese Weise kann ich bei Bedarf einzelne Segmente überarbeiten oder instandsetzen, falls es nötig wird. Die seitlichen Abschlüsse werde ich aus massivem Eichenholz anfertigen. Noch ist deren exakte Position allerdings noch unklar. Mehr dazu im nächsten Beitrag.
Der Hauptgrund, warum ich den Spieltisch noch nicht weiter aufgebaut habe, ist meine zweite Erfahrung - die FATAR-Klaviaturen. Momentan verwende ich 3 TP60/LF. Also eine einarmige Kunststoff-Klaviatur mit simuliertem Druckpunkt.
Zu Anfang habe ich mich sehr über diese Klaviaturen gefreut. Schließlich habe ich pro Stück 270€ berappt. Inzwischen bin ich totunglücklich damit.
Ein Druckpunkt ist so gut wie nicht vorhanden. Jedenfalls hat die Druckpunkt-Simulation mittels Gumminoppen nichts mit dem Spielgefühl einer mechanischen Traktur gemein. Eine Leerreise gibt es fast nicht und der Tastendruck nimmt mit zunehmender Spieltiefe sogar zu. Das ist total unrealistisch.
Die einzige Konsequenz: warum nicht selbst Klaviaturen anfertigen? Letztlich hat der Blog von Johannes Hüfken bei mir den Ausschlag gegeben, es selbst zu versuchen. Eine weitere sehr gute und ausführliche Informationsquelle fand ich im Hausorgel-Forum in einem Thread von Jens Ganter.
Nun aber Nägel mit Köpfen. Gebaut werden drei zweiarmige Klaviaturen. Die Tastenlänge beträgt 400mm, das Hebelverhältnis am Waagebalken 1:1,2. Die Führung der Tasten erfolgt mit Klaviaturstifen aus Edelstahl am Waagebalken und hinten. Der Einfachheit halber verwende ich Klaviaturbäckchen von der Marc Vogel Cembaloteile GmbH, die in die Tasten eingeleimt werden können.
Wer einen 1:1-Riss der Klaviaturtafel haben möchte, kann ihn hier als PDF im A0-Format herunterladen. Für die nötige Rückstellkraft bzw. das BDO-Norm-konforme Tastengewicht von 100g sorgen Bleiklötze, die an den Tastenenden aufgeschraubt werden. Insgesamt werden 3 Fang- bzw. Druckleisten (vorne in eine Aussparung unter den Tasten, über dem Waagebalken und hinten) hoffentlich für angenehme Klapperfreiheit sorgen.
Die Tastenkerne sind aus feinjähriger Gebirgsfichte mit liegenden Jahresringen. Das Holz ist 15 Jahre abgelagert und hat sich jetzt 4 Wochen am Aufstellungsort des Instrumentes aklimatisiert, ohne zu werfen oder rissig zu werden. Das wäre eh nicht zu erwarten gewesen, wenn man einen Blick auf die unglaublich gleichmäßigen Jahresringe wirft:
So schönes Holz habe ich vorher noch nie bekommen. Die Bretter wurden grob abgelängt und mit wechselnden Ausrichtungen zu Klaviaturtafeln gefügt.
Nach dem Verleimen wurden die Oberflächen verputzt. Jetzt lasse ich sie wieder 2-4 Wochen ruhen, um zu sehen, ob doch noch Risse o.Ä. auftauchen. Die Klaviaturen werden einen Creme-farbenen Kunststoff-Belag für die Untertasten (Ivory-Touch) und Obertasten aus geschliffenem Ebenholz z.B. hier erhalten.
Der Rahmen wird selbsttragend komplett aus Eiche erstellt. Die Seitenteile aus 15*60mm-Leisten, 3-schichtig verleimt. Der Waagebalken ebenfalls 3-schichtig verleimt in 21*80mm. Geschnitten sind die Rahmenleisten schon, aber noch nicht gehobelt und mit Nut und Feder für das Zusammenfügen versehen.
Ob ich eine Druckpunkt-Simulation einbaue oder nicht, ist mir noch nicht klar. Eine Schiene für die benötigten Magneten und ein paar Regulierschrauben sind ja schnell nachträglich angebracht. Auf jeden Fall probiere ich mal aus, ob ich eine mechanische Manualkoppel so verlustfrei hinbekomme, dass das Tastengewicht nicht zu groß wird.
Demnächst mehr dazu...
Ich kann nur sagen Wahnsinn, Wahnsinn, Wahnsinn! Was für eine tolle Arbeit! Das sieht sowas von perfekt aus, ich kann kaum glauben, dass da ein handwerklicher Laie am Werk ist. Ich freue mich auch die Fortsetzung der Reihe.
Schlussfrage: Warum hast Du die Manubrien nicht durchnummeriert? Das spart in der Praxis später einiges an Geschreibsel.
Danke für die Blumen [smile] . Aber das ist noch nicht das Finish. Wenn man genau hinsieht, ist zu erkennen, dass z.B. noch leichte Leimdurchschläge im Furnier sind usw. Bis das endgültig fertig (und auch von Nahem wirklich ansehnlich) ist, dauert es wohl noch eine Weile.
Bezüglich der Nummerierung meinst Du sicher die Eintragungen der Registrierung in die Noten, richtig? Ich bin dabei zumindest bei romantisch/symphonischer Musik nicht so darauf angewiesen. Entweder, der Komponist hat es eh vorgeschrieben oder die Registrierung ergibt sich aus Stil und Gattung. Der abgebildete Satz Registerschilder ist für das Sampleset ACC Caen (Sonus Paradisi), dass ich hauptsächlich nutze.
Daneben habe ich nur ein einziges weiteres Set gekauft (Pipeloops Führer Riddagshausen). Mir reicht das momentan völlig, weil ich damit ein Stilinstrument (die ACC) und eine Universalorgel (Führer) habe. Die Registerschilder für die 2. Orgel sind auf eine dicke, adhäsive Folie geplottet. D.h., die Folie haftet auf glatten Untergründen wie den Kunststoff-Schildern der Caen, klebt aber nicht und kann daher jederzeit einfach abgezogen werden.
Da ich mit der Führer-Orgel auch alte und Barock-Musik spiele, sind diese Schilder nummeriert, ganz wie im Original auch.
Hallo,
höchst interessant und informativ, dein Projekt!
Auch ich möchte weg von den FATAR-Kunststoffklaviaturen und baue gerade ebenfalls an einer Vollholzklaviatur. Ich habe mich auch schon über die Tastenführung Gedanken gemacht und bin ebenfalls auf den Artikel von Hüfken gestossen. Interessant finde ich die Alternative mit den Langlochhülsen.
Hier bin ich sehr gespannt auf deine Erfahrungen. Gibt es da kein Problem mit Klappergeräuschen oder Quietschen (zumindest bei den Vorderstiften?). Muss man da fetten/schmieren?
Ich bin gerade dabei, solche Teile aus POM zu fräsen, was bessere Gleiteigenschaften auf Metall besitzt. Werde damit mal eine Probe-Oktave aufbauen und berichten...
Hallo Lentinus,
wie schön - ich bin gespannt auf Deine Erfahrungen! Ein Cembalobauer sagte mir, dass die Stifte nicht gefettet werden sollen. Bei großer Schwergängigkeit evtl. etwas Graphit als Trockenschmiermittel.
Die Idee, POM-C zu verwenden finde ich aber klasse! Das probiere ich in jedem Falle aus. Ich bin nur nicht sicher, ob bei der Minimal-Drehzahl meiner Fräse von 11.000 U/min der Fräser nicht verklebt. Ich habe leider keine Möglichkeit, Kühlflüssigkeit zuzuführen. Vielleicht funktioniert es ja auch mit dem Dremel auf niedrigster Stufe.
Womit verklebt man eigentlich POM und Weichholz? CA? Epoxi?
Gruß
Alex
Hallo Alex,
ja, ich fürchte eben auch, daß Holzführungen noch arbeiten können. Wäre fatal, wenn dann die Tasten auf einmal klemmen würden :-(
POM lässt sich hervorragend fräsen. Ich fahre mit einem 3mm-Fräser eine Geschwindigkeit von 5mm/sec, und das bei ca. 15-20.000 U/min. Da verklebt gar nichts - nur die Späne überall an der Maschine durch die statischen Aufladungen [wink]
Das mit dem kleben ist so ne Sache. POM lässt sich eigentlich überhaupt nicht gut kleben, auch nicht mit Epoxy. Ist halt ein Material mit guten Gleiteigenschaften. Ich habe deshalb beschlossen, die Führungen einfach zu schrauben. Mit 2x10er-Schrauben oder sowas. Dann muss ich schon nicht fürchten, daß irgendwelche Klebungen aufgehen.
Das Teil sieht dann so aus, die Schrauben sind gleich noch versenkt, sodaß sie der Filzdämpfung nicht im Wege stehn:
Hallo Stephan,
danke für die Erklärung. Kern empfiehlt zur Verklebung entweder konzentrierte Ameisensäure (scheidet in Weichholz also definitiv aus) oder Cyanacrylat z.B. dies hier.
Mal sehen.
Ehrliche Antwort? 10k€+.
Wenn man alles, und ich meine wirklich alles, hinzurechnet, wird's eben doch sehr viel teurer als die reinen Materialpreise.
Ein Beispiel: ich will Leisten aus Eiche zuschneiden. Das geht natürlich auch von Hand, dauert aber einfach zu lange. In der Folge habe ich ursprünglich meine Bandsäge genutzt. Nachteil: durch den rauhen Sägeschnitt entsteht viel zu viel Nachbearbeitungsaufwand. Das wird besser, wenn man eine Tischkreissäge nutzen kann. Und schwupps, hat man mindestens schon eine Folgeanschaffung.
Jetzt passiert aber das, was in solchen Fällen oftmals passiert: als TKS habe ich ein preiswertes Einsteigermodell genommen. Das war natürlich falsch, das Ding ist furchtbar und versucht mich permanent zu verletzen oder zu töten.
Also baue ich derzeit eine TKS mit Hilfe eines befreundeten Maschinenbauers selbst. Ich habe mir eine Altendorf F45 angeschaut und mir dabei viele Konstruktionsdetails abgeguckt. Natürlich ist die Einzelteilanfertigung bzw. der Zukauf von Komponenten teuer. Insgesamt wird die Säge trotz Selbstbau über 1.200€ kosten.
Es gibt noch zahlreiche weitere Beispiele für versteckte Kosten beim Selbstbau. Aber: es ist ein Hobby. Und meine Definition von Hobby ist ungefähr "maximaler Aufwand für ein bescheidenes Ergebnis - Hauptsache, ein Projekt dauert möglichst lange und ist auch ein Bisschen verrückt".
Die bisher ausgegebenen 5.000€ für Klaviaturen, PC & Software kannst Du locker noch einmal in die nötige Werkstattausrüstung investieren. LOCKER! Leider.
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